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09.10.2018 | (rsn) - Hallo und willkommen zu meinem allerletzten Bericht über unsere diesjährige Radbundesliga. Nachdem ich mich in einer dreiwöchigen Rennpause noch so fit wie möglich gehalten habe und mir mein Coach Paul Voss noch einige eklige Sachen auf den Trainingsplan geschrieben hatte, bestritt ich am vergangenen Sonntag mein letztes Saisonrennen und gleichzeitig auch das letzte und entscheidende Rennen der Radbundesliga. Dieses fand wieder einmal an einem doch eher speziellen Ort statt: der Autoteststrecke am Bilster Berg. Über 4,2 km gibt es auf diesem Kurs 19 Kurven, 70 Höhenmeter und sogar eine Steigung von 21% zu bewältigen.
Komisch ist nur, dass sich diese interessanten Daten magischerweise in Luft auflösen, wenn man mit dem Rad und einem Peloton auf der Strecke unterwegs ist. Dann fühlt sich das ganze ungefähr so selektiv an, wie der 4-spurige und 2-prozentige Schäferberg bei uns zuhause zwischen Berlin und Potsdam. Auf dem Bilster Berg gibt es zwar viele Höhenmeter, vor allem bei zu fahrenden 35 Runden, doch durch den Wechsel von Steigungen und Abfahrten sowie dem Fakt, dass man für keine Kurve bremsen muss, sind diese nicht mit normalen Höhenmetern vergleichbar. So kommt man zum Beispiel vor der 21-prozentigen Steigung gerade mit ca. 70km/h aus einer 26% steilen Abfahrt. Sachen wie einfache Organisation, kurze Wege oder guter Straßenbelag sprechen aber durchaus für diese Rennstrecke. Und so nahm auch unser Rennen seinen Lauf.
Nochmal kurz zur Auffrischung: Vor dem Rennen führte ich die Bundesliga-Gesamtwertung mit 136 Punkten Vorsprung an. Ein relativ komfortables Polster, das aber bei einem Tagessieg vom Gesamtzweiten Jonas Rutsch und den dazu gehörenden 210 Punkten auch mal sehr schnell sehr klein werden kann. In diesem Fall hätte ich noch auf Platz 10 fahren (sprinten) müssen, um mir den Gesamtsieg zu sichern. In der ersten Hälfte des Rennens versuchte ich mir vor allem einen Einblick in die Charakteristik dieser Strecke zu schaffen. Wo ist es schwer? Wo kann man attackieren? Wo bringt eine Attacke nichts? Dadurch, dass ständig Ausreißversuche gefahren wurden, unter anderem durch meine Jungs vom P&S Team Thüringen, konnte ich ganz gut beobachten wie die Verhältnisse auf der Strecke waren.
Irgendwann in der zweiten Rennhälfte versuchte ich dann selbst einmal das Feld ein wenig zu minimieren und zu sortieren. Vorerst gelang mir das auch ganz gut, nur leider hatte ich mir dadurch selbst ein Ei gelegt, da ich kurz nach meiner Tempoverschärfung nicht ganz sauber schaltete und mir meine Kette irgendwo zwischen Rahmen und Kettenblatt fiel. Das ganze auch noch an bereits beschriebener 21%-Welle.
Wohl oder übel musste ich dann die eben mit viel Mühe gebastelte Gruppe ziehen lassen und eine 11-sekündige Kettenpause einlegen. Nun noch irgendwie aufspringen und anfahren am Steilstück und ich war wieder im Feld… Glücklicherweise wussten dort meine Teamkollegen direkt, was sie zu tun hatten und durch gemeinsame Arbeit konnten wir wieder nach vorn aufschließen. Das bedeutete aber auch, dass wir wieder mit einem relativ großen Feld Runden drehten. Zwischenstand war also, dass ich zwei Mal richtig viel Körner auf die Straße gehauen hatte, das aber irgendwie ohne große Auswirkungen geblieben war.
In diesem Moment blieb mir nichts anderes übrig, als mich für Manndeckung zu entscheiden und Jonas genau im Auge zu behalten, um nicht von ihm überrascht zu werden und vor allem keinen Tritt mehr als er zu machen. Nicht die spektakulärste Taktik, aber in diesem Moment die sinnvollste. Spannend war diese Taktik für mich selber aber allemal, schließlich musste ich mich darauf vorbereiten, einen perfekten Sprint zu fahren um trotz eines möglichen Sprintsieges von ihm meinen Punkterückstand in Grenzen zu halten.
Dazu kam es dann aber nicht. In den letzten vier Runden gab es noch einige Attacken. Als dann 1,5 Runden vor Schluss Joshua Huppertz seinen Antritt lancierte, wusste ich nach ca. fünf Pedalumdrehungen, dass er das Rennen gewinnen würde. So kam es dann auch. Ich kam im Sprint um Platz 5 als 15. ins Ziel und hatte somit die Gesamtwertung der Radbundesliga gewonnen! Für mich ein weiterer denkwürdiger Erfolg in einer einzigartigen Saison. Es haben schon viele Fahrer die Bundesliga gewonnen, und es gibt durchaus größere Rennen. Aber ich dachte vor zehn Monaten noch nicht einmal daran, diese Serie überhaupt zu bestreiten. Dann kam eins zum andern und am Ende der Saison stehe ich also mit diesem Gesamtsieg und mit vielen anderen Einblicken und Erfahrungen da.
An dieser Stelle schicke ich auch noch einen Gruß an Jonas Rutsch, mit dem ich mir das ein oder andere harte Duell geliefert habe und der mit zum spannenden Verlauf der Bundesligasaison beigetragen hat.
Die Radbundesliga ist eine Serie mit durchaus ansprechenden Rennen, die vom Profil her allesamt dazu taugen, schöne Radrennen zu veranstalten. Es tut den Rennen in meinen Augen gut, dass fast alle Fahrer mitfahren dürfen und es nur wenig Beschränkungen in Sachen Alter und Team gibt. Dadurch gehen Tempo und Niveau der Rennen in die Höhe. Das macht unsere Nachwuchsfahrer besser und genau darin sollte ja in meinen Augen das Ziel der Bundesliga liegen. Um das zu erreichen und um die Rennen auch für eventuelle Starter aus dem Ausland noch interessanter zu machen, sollte man vielleicht auf eine gewisse Mindestlänge von 130-140km bei den einzelnen Rennen achten.
Ich jedenfalls freue mich, dass ich dabei sein konnte und möchte mich an dieser Stelle dafür auch noch einmal bei meinem Teamchef Lars Wackernagel und meinen Teamkollegen bedanken, mit denen ich eine super Saison hatte und mit Spaß und Professionalität zugleich von Rennen zu Rennen fahren durfte. Auch im nächsten Jahr werde ich übrigens wieder Rennen bestreiten, dazu aber später mehr!
Viele Grüße und danke fürs Lesen
Philipp Walsleben
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