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23.05.2019 | (rsn) - 21 Etappen, eine Gesamtdistanz von fast 3.578 Kilometern und über 40.000 Höhenmeter - das sind die Eckwerte des Giro d’Italia 2019. radsport-news.com schaut genauer hin: Was verbirgt sich hinter den einzelnen Etappen der 102. Italien-Rundfahrt? In der zweiten Woche fordert ein Zeitfahren mit Bergankunft die Klassementfahrer, die erste richtige Bergetappe lässt hingegen bis zur 13. Etappe auf sich warten.
Etappe 8: Tortoreto Lido – Pesaro, 239 Kilometer
Der Giro frisst in der ersten Hälfte ordentlich Kilometer, in der Hafenstadt Pesaro endet nach 239 Kilometer das längste Teilstück der diesjährigen Rundfahrt. Der erste Teil der Etappe entlang der Adria kommt völlig flach daher, auf den letzten 80 Kilometern stehen hingegen mit dem Monte della Mattera (nach 168 Kilometer), dem Monteluro (203 Kilometer) und dem Gabicce Monte (214 Kilometer) drei Bergwertungen der 4. Kategorie im Programm. Vom Gipfel des Gabicce Monte geht es noch einige Kilometer wellig weiter, bevor eine technische Abfahrt das Fahrerfeld bis kurz vor den Zielstrich in Pesaro bringt. Gute Abfahrer könnten hier den Unterschied machen, die verbleibenden drei Kilometer sind anschließend flach. Halten die Sprinterteams jedoch im hektischen Finale alles zusammen, winkt die nächste Massenankunft um den Etappensieg. Innerhalb des letzten Kilometers sorgen noch zwei scharfe Rechtskurven für erhöhte Aufmerksamkeit, die letzte davon 250 Meter vor dem Ziel. Eine gute Position und ein gutes Timing sind entscheidend.
Etappe 9: Riccione – San Marino, 34,8 Kilometer
Für den Giro d’Italia ist es die Rückkehr nach 21 Jahren Abstinenz. Das Comeback in San Marino fällt wenig überraschend mit einem bergigen Zeitfahren zusammen – es ist bereits das neunte Mal, dass die Organisatoren eine solche Sonderprüfung in den bergigen Regionen des Kleinstaats ausrichten. Frühere Sieger sind unter anderem Charly Gaul, Felice Gimondi, Eddy Merckx oder Giuseppe Saronni. Nach flachem Start an der Küste erreichen die Fahrer nach 19,7 Kilometern die Grenze nach San Marino und müssen auf den letzten 12 Kilometern rund 550 Höhenmeter bewältigen. Die Steigung ist mit 4,5 Prozent (maximal elf Prozent) allerdings recht moderat und weist vor allem im mittleren Bereich immer wieder flachere oder abschüssige Passagen auf – erst die letzten beiden Kilometer mit durchschnittlich sechs Prozent Steigung sind anspruchsvoller. Bergfahrer dürfte diese Strecke insgesamt nicht unbedingt bevorteilen, kraftvolle Klassement- und Zeitfahrer wie Tom Dumoulin (Sunweb) oder Primoz Roglic (Jumbo – Visma) sollten ihre Stärken hingegen auf diesem Profil voll ausspielen können.
Etappe 10: Ravenna – Modena, 145 Kilometer
Nach dem ersten Ruhetag folgt ein kurzes Teilstück nach Modena, der Geburtsstadt von Enzo Ferrari, Automobillegende und Gründer der gleichnamigen Sportwagenmarke. Der Giro kehrt nach 34 Jahren in die Stadt am südlichen Rand der Po-Ebene zurück, die auch für ihre architektonischen Meisterwerke bekannt ist. Am Ende dürfte wahrscheinlich ein Sprinter Modena in guter Erinnerung behalten. Denn das heutige Etappenprofil gleicht einem geraden Strich: Keinerlei topografische Erhebung sind auf den 145 Kilometern auszumachen. Für eine Fluchtgruppe gibt es daher außer Fernsehzeit nichts zu gewinnen. Auch das Finale ist maßgeschneidert für die Sprinter, die letzten 2.200 Meter führen nur geradeaus. Sprint Royal!
Etappe 11: Carpi – Novi Ligure, 221 Kilometer
In der Zielstadt Novi Ligure verbrachte Fausto Coppi viele Jahre seines Lebens, zuletzt besuchte der Giro 2010 anlässlich des 40. Todesjahres der italienischen Radsportlegende die Gemeinde. Damals setzte sich eine Fluchtgruppe durch und der Franzose Jérôme Pineau feierte den Tagessieg. Auf der diesjährigen Route dürfte eine Fluchtgruppe aber kaum eine Chance haben. Denn das Profil über 221 Kilometer kommt erneut ohne eine topografische Schwierigkeit aus. Die Strecke bewegt sich dabei zwischenzeitlich auf den Straßen des Frühjahrsklassiker Mailand-Sanremo. Am Ende scheint eine Sprintentscheidung das wahrscheinlichste Szenario. Die Zielgerade ist 2,8 Kilometer lang und unkompliziert.
Etappe 12: Cuneo – Pinerolo, 158 Kilometer
Pinerolo in der Region Piemont liegt in unmittelbarer Nähe zu den Alpen, doch der diesjährige Giro d’Italia spart sich seine schweren Bergetappen weiterhin auf. Zwar beinhaltet das Teilstück die erste Bergwertung der 1. Kategorie nach Montose (8,9 Kilometer lang, 9,4 Prozent steil), allerdings liegt der Gipfel rund 33 Kilometer vor dem Ziel und eine weitere Bergwertung wird vergeblich im Tagesprofil gesucht. Für die Klassementfahrer ist das Teilstück in Sachen Etappensieg uninteressant, die Sprintermannschaften werden heute ebenfalls keine Ambitionen haben – vieles deutet daher auf eine erfolgreiche Fluchtgruppe hin. Nach dem Anstieg zum Montose in 1.248 Metern Höhe folgt eine elf Kilometer lange Abfahrt, nach der noch 16 Kilometer bis ins Tagesziel bleiben. Die Ankunft in Pinerolo ist kurvenreich und technisch, 2,5 Kilometer vor dem Ziel steht im Stadtkern noch eine kurze kopfsteinbeflasterte Rampe mit 13,3 Prozent Steigung auf 500 Metern an. 2016 gewann Matteo Trentin die letzte Ankunft in Pinerolo, ebenfalls aus einer Fluchtgruppe.
Etappe 13: Pinerolo – Ceresole Reale, 196 Kilometer
Willkommen zur ersten echten Bergetappe des diesjährigen Giro d’Italia. Das Profil durch die Alpenregion des Piemont ist stets hügelig, die erste kategorisierte Bergwertung steht nach 40 Kilometer mit dem Colle del Lys (1. Kategorie, 14 Kilometer mit sieben Prozent Steigung) an. Nach einer fast 40 Kilometer langen Abfahrt ins Tal folgt der Pian del Lupo, der trotz 8,7 Prozent Steigung auf neun Kilometer von den Organisatoren nur als Berg der 2. Kategorie eingeordnet wird. Der echte Härtetest fällt allerdings erst mit der Bergankunft am Colle del Nivolet an, der seine Premiere beim Giro gibt. Im Prinzip geht es ab 44 Kilometer vor dem Ziel berghoch, der Schlussanstieg beginnt offiziell allerdings erst 20 Kilometer später. Von da wirkt die Steigung bis zum Ziel auf 2.247 Metern Höhe mit durchschnittlich 5,9 Prozent zwar moderat. Die letzten sieben Kilometer bis zur Gemeinde Ceresole Reale laden trotzdem mit fast neun Prozent Steigung zum ersten Schlagabtausch unter den Klassementfahrer ein. Die Ankunft ist allerdings nicht ohne Risiko für die Organisatoren: Schneefall am Colle del Nivolet ist zu dieser Jahreszeit nichts Ungewöhnliches.
Etappe 14: Saint Vincent – Courmayeur, 131 Kilometer
Die Italien-Rundfahrt machte in ihrer Geschichte erst einmal halt in Courmayeur: 1959 distanzierte Charly Gaul bei der Ankunft mit einer entfesselten Fahrweise Jacques Anquetil um mehr als zehn Minuten und entriss dem Franzosen auf der vorletzten Etappe noch den Giro-Sieg. Die Ortschaft im Dreiländereck zwischen Italien, Frankreich und der Schweiz ist vor allem bei Wintersportlern beliebt und liegt nur wenige Kilometer vom Mont Blanc entfernt. 60 Jahre nach dem Triumph von Gaul müssen dieses Jahr rund 4.000 Höhenmeter und fünf kategorisierte Anstiege auf den 131 Kilometern durch die Alpen absolviert werden. Die schwersten Prüfungen des Tages stehen nach 37 und 95 Kilometern am Verrogne (1. Kategorie, 13,8 Kilometer mit 7,1 Prozent Steigung) und dem Colle San Carlo (1. Kategorie, 10,5 Kilometer mit 9,8 Prozent Steigung) an. Vom Gipfel des San Carlo geht es in eine 20 Kilometer lange Abfahrt, ehe das Terrain erneut über acht Kilometer mit fünf Prozent Steigung zum Ziel nach Courmayeur (3. Kategorie) ansteigt. Zwar ist die Schlusssteigung nicht sonderlich schwer, allerdings könnten einige Klassementfahrer bereits den Colle San Carlo anvisieren: Wer Qualitäten als Abfahrer und das nötige Vertrauen mitbringt, kann auf der langen Abfahrt die Konkurrenz bereits unter Druck setzen.
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