Frauen führen Deutschland zu WM-Silber im Mixed

Politt: “Wir Männer sind die Kurven zu schüchtern angegangen“

Von Joachim Logisch

Foto zu dem Text "Politt: “Wir Männer sind die Kurven zu schüchtern angegangen“"
Die deutsche Nationalmannschaft gewann im ersten Mixed-Zeitfahren der WM-Geschichte Silber hinter den Niederlanden. | Foto: Cor Vos

22.09.2019  |  (rsn) - Drei strahlende Frauen und drei nicht ganz zufriedene Männer – das ist das deutsche Team nach dem ersten Mixed-Teamzeitfahrens der WM-Geschichte! Ehrlich gaben Nils Politt, Tony Martin und Jasha Sütterlin in Harrogate zu: "Die Mädchen haben uns die Silbermedaille gerettet.“

Mit 33 Sekunden auf die Niederlande hatte das Trio nur Platz fünf nach ihrer 14-Kilometer-Runde belegt. Lisa Brennauer, Lisa Klein und Mieke Kröger nahmen die Hypothek an und lieferten auf ihrer Runde eine furiose Aufholjagd ab. Zehn Sekunde schneller als die niederländischen Frauen, fuhren sie noch aufs Treppchen des historischen Mixed-Wettbewerbs.

"Die Silbermedaille haben wir auf jeden Fall den Mädchen zu verdanken“, erklärte Martin nach dem Rennen. "Minimalziel war eine Medaille. Natürlich haben wir mit Gold geliebäugelt. Wir wussten, dass Holland extrem stark sein würde. Aber ich muss sagen, wir haben das mit den Männern leider ein wenig versaut, das konnten die Frauen dann nicht mehr kompensieren.“

Einen Beitrag hatte dazu sicher sein schwerer Sturz in der letzten Vuelta-Woche geleistet, wo er sich Platzwunden im Gesicht und Prellungen im Brustbereich zugezogen hatte. Das führte dazu, dass Martin zu Beginn alles gab, um dann etwa zwei Kilometer vor dem Ziel verabredungsgemäß seine beiden Mitstreiter ziehen zu lassen. "Meine Form ist noch nicht 100-prozentig so, dass ich in gewohnter Stärke fahren kann. Deshalb habe ich mit dem Team besprochen, dass ich am Anfang etwas mehr investiere, damit ich dann im technischen Teil, wo es ums Antreten geht, bei dem der Brustkorb mehr Beschwerden verursacht, rausgehen kann. Ich denke, ich habe am Anfang meine Arbeit abgeliefert", sagte der 34-Jährige.

Das bestätigte auch Teamleiter Jens Zemke: "Wenn man bedenkt, dass Tony Martins Verletzungen, die er sich vor einer Woche bei einem Sturz bei der Vuelta zuzog, mit 24 Stichen genäht werden mussten, verdient er besonderen Respekt.“

Eine große Leistung des Frauen-Trios

Martins früher Ausstieg war aber nicht allein der Grund, dass die Männer ihr Optimum nicht erreichten. "Ich würde sagen, wir waren in Bestbesetzung hier am Start. Aber die Niederländer waren auch in einer richtig guten Besetzung hier“, erklärte Politt, um dann ehrlich zuzugeben: "Vielleicht hat uns auch der Regen einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir Männer müssen das ein wenig auf unsere Kappe nehmen. Die Frauen sind Bestzeit gefahren und haben, glaube ich, nochmal zehn Sekunden rausgeholt. Wir verlieren 33 Sekunden auf dem ersten Stück, haben vielleicht nicht genug Risiko genommen und sind die Kurven etwas zu schüchtern angegangen.“

Ganz und gar nicht schüchtern starteten die Frauen ihren Part, den sie, wie bei den Europameisterschaften in Alkmaar (Niederlande), in Bestzeit und insgesamt mit Silber für das Team beendeten. "Wir wussten unterwegs nicht, wo wir stehen, haben alles rausgeholt. Das war am Ende vielleicht der Schlüssel zum Erfolg. Wir haben es einfach durchgezogen“, meinte Klein auf der BDR-Homepage.

Wie zuvor Martin hatte Mieke Kröger zu Beginn für Tempo gesorgt, Brennauer und Klein vollendeten. "Wir haben unser eigenes Rennen gemacht. Wir hatten eine super Strategie“, erklärte Brennauer. "Wir haben Mieke früh im Rennen ins Feuer geworfen. Das war unser Plan. Sie hat uns sehr viel Arbeit abgenommen. Wir sind wie in Alkmaar unser eigenes Rennen gefahren. Es gibt noch keine Analyse. Aber wir hatten in Alkmaar kleine Fehler gemacht, die wir heute nicht gemacht haben. Ich denke, da können wir schon stolz auf uns sein.“

Dem stimmten alle zu. "Die Männer waren nach ihrem Lauf nur zwölf Sekunden hinter Bronze zurück, die Frauen haben dann alles gegeben und alles rausgeholt und sind auf den Medaillenrang gefahren. Das war eine große Leistung“, lobte Zemke. Brennauer fand neben der Silbermedaille auch das neue Mixed-Format gut: "Es machte Spaß mit dem Männerteam zusammenzuarbeiten, füreinander zu kämpfen. Es ist echt eine coole Disziplin.“

Mehr Informationen zu diesem Thema

20.10.2019Eekhoff klagt vor CAS gegen aberkannten WM-Sieg

(rsn) - Es war die bitterste Stunde seiner noch jungen Karriere. Wenige Minuten nach dem Triumph im WM-Straßenrennen der U23 wurde Nils Eekhoff wegen unerlaubten Windschattenfahrens hinter einem Begl

08.10.2019Die Form reicht nicht mehr: Alaphilippe beendet Saison

(rsn) - Bei den kanadischen Eintagesrennen in Quebec (7.) und Montreal (13.) zeigte sich Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) noch in vielversprechender Verfassung, auch wenn es zu keinem Sieg

08.10.2019Pedersen: “Ich will mein Jahr als Weltmeister genießen“

(rsn) - Nach seinem sensationellen Triumph im WM-Straßenrennen von Harrogate, in dem er als erster Däne der Radsportgeschichte das Regenbogentrikot eroberte, wird Mads Pedersen (Trek - Segafredo) di

03.10.2019Degenkolb versteigert sein WM-Trikot für Les Amis de Paris-Roubaix

(rsn) - Nach seiner Spendensammelaktion für das Nachwuchsrennen von Paris-Roubaix im Februar hat sich John Degenkolb nun etwas neues ausgedacht, um seiner Rolle als Botschafter der ´Amis de Paris-Ro

01.10.2019Trentin: “Ich bin stolz auf mich und mein Team“

(rsn) - Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrtausends eilten die Italiener bei Straßenweltmeisterschaften von Erfolg zu Erfolg. Vier Goldmedaillen sammelten damals die Fahrer in den azurblauen Trikots, daz

01.10.2019Podcast: Rückblick auf die Straßen-WM

(rsn) - Im gemeinsamen Podcast von radsport-news.com und meinsportradio.de blickt Malte Asmus gemeinsam mit Eric Gutglück und Marc Winninghoff auf die 86. UCI-Straßenweltmeisterschaften zurück, die

01.10.2019Sagan verspielt Chance auf 4. WM-Gold mit taktischem Fehler

(rsn) - Auf den letzten fünf Kilometern gab Peter Sagan nochmal Vollgas. Der dreifache Weltmeister wollte nicht aus Yorkshire abreisen, ohne wenigstens nochmal alles aus seinem Körper herausgeholt u

30.09.2019Nur Gilbert hatte starke Beine - doch der stürzte

(rsn) - Ein achter Platz von Greg Van Avermaet war es letztlich, der für das hochgehandelte belgische Team am Ende des WM-Straßenrennens von Yorkshire zu Buche stand. 70 Sekunden hinter Goldmedaill

30.09.2019Valverde: “Ich war komplett erfroren“

(rsn) – Schon beim Blick auf den Wetterbericht, allerspätestens am Morgen beim Blick aus dem Fenster nach dem Aufstehen dürfte Alejandro Valverde klar geworden sein, dass es nichts mit einer Verte

30.09.2019Politt mit dem richtigen Riecher, aber von Trentin überrascht

(rsn) - Zu den heißesten Anwärtern auf die Medaillen hatten die deutschen Starter im WM-Straßenrennen von Harrogate von vorne herein nicht gezählt. Am ehesten hätte wohl Maximilian Schachmann fü

29.09.2019Großschartner: “Am Ende ist es nicht so aufgegangen für uns“

(rsn) - Lange Zeit sah es gut aus für das österreichische Nationalteam im Rennen der Eliteherren in Yorkshire. Denn mit Lukas Pöstlberger, Felix Großschartner, Patrick Konrad, Hermann Pernsteiner

29.09.2019“Mathieu van der Poel ist auch nur ein Mensch“

(rsn) - Bis zwölf Kilometer vor dem Ziel schien klar: Favorit Mathieu van der Poel wird sich in Harrogate zum Straßen-Weltmeister küren. Bis dahin lag der niederländische Überflieger mit vier wei

Weitere Radsportnachrichten

23.11.2024Track Champions League: Format, Kalender, Punktesystem

(rsn) – Nach Olympia in Paris im Sommer und den Weltmeisterschaften im Oktober im dänischen Ballerup endet das internationale Bahnjahr an den kommenden drei Wochenenden mit der Track Champions Leag

23.11.2024Scott David: Trotz Traumwerten keine WorldTour

(rsn) – “Mein Ziel ist ein WorldTour- oder ProTeam-Vertrag. Ich habe mir ein Limit von zwei Jahren gesetzt, so lange möchte ich es auf Kontinental-Niveau versuchen“, hatte Scott David im letzte

23.11.2024Mit einer starken Saison zum neuen Zweijahresvertrag

(rsn) – Tobias Bayer (Alpecin – Deceuninck) absolvierte eine eher unauffällige Saison, was aber auch daran lag, dass der Österreicher oft als Helfer im Einsatz oder in frühen Fluchtgruppen zu f

23.11.2024Wafler: Rückkehr nach Paris weckt Olympia-Erinnerungen

(rsn) - Tim Wafler hat es erstmals in das illustre Feld der Ausdauerfahrer der UCI Track Champions League geschafft. Der Österreicher startet am Samstagabend im Velodrome National in Saint-Quentin-en

23.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

22.11.2024Top-Favoritin? Archibald nach schwerem Jahr eine “7 von 10“

(rsn) – Katie Archibald ist die Königin der Track Champions League. 2021 und 2023 gewann sie jeweils souverän den Titel in der Endurance League und auch 2022 wäre das wohl gelungen, wenn sie dama

22.11.2024Spiegel will “versuchen, ´die Großen´ etwas zu ärgern“

(rsn) – Luca Spiegel wird am Samstag sein Debüt in der Track Champions League geben. Der 20-jährige U23-Europameister im Sprint will auf der Bahn, auf der er im Sommer zu den jüngsten Olympia-Sta

22.11.2024Olympia-Reservistin Pröpster: Gelingt bei TCL der nächste Schritt?

(rsn) – Mit drei Rennsiegen, dem zwischenzeitlichen Tragen des Führungstrikots und schließlich Gesamtrang zwei in der Sprint League hat Alessa-Catriona Pröpster bei der Track Champions League 202

22.11.2024Eschborn-Frankfurt-Sieger van Gils: “Ich würde lieber gehen“

(rsn) – Maxim van Gils (Lotto - Dstny) scheint entschlossen, sein Team trotz eines noch bis Ende 2026 gültigen Vertrags so schnell wie möglich verlassen zu wollen. Wie er im Gespräch mit mehreren

22.11.2024Gall: Tour of the Alps “absoluter Fokus“ der ersten Saisonhälfte

(rsn) – Felix Gall bestritt 2022 seine bisher letzte Tour of the Alps. In seinem damals ersten Jahr im Trikot von Decathlon – AG2R La Mondiale beendete der Österreicher nach vier Top-Ten-Etappenp

22.11.2024Tour of the Alps auch 2025 ein Kletterfestival mit kurzen Wegen

(rsn) - Fünf Etappen, 739 Kilometer und 14.700 Höhenmeter: Das sind die Eckdaten der Tour of the Alps 2025. Die 48. Ausgabe des grenzüberschreitenden Etappenrennens findet vom 21. bis 25. April 202

22.11.2024Tour Colombia wegen finanzieller Probleme erneut in Gefahr

(rsn) – Nachdem sie bereits in den Jahren 2022 und 2023 aufgrund von finanziellen Problemen ausgefallen war, scheint die Tour Colombia (2.1) erneut zu wackeln. Wie die Zeitung El Tiempo berichtete,

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine