Außenseitercoup beim 113. Il Lombardia

Am Civiglio ließ Mollema die Favoriten stehen

Foto zu dem Text "Am Civiglio ließ Mollema die Favoriten stehen"
Das Podium des 113. Il Lombardia, v.l.: Alejandro Valverde (Movistar), Bauke Mollema (Trek - Segafredo), Egan Bernal (Ineos) | Foto: Cor Vos

12.10.2019  |  (rsn) - Das Beste hob sich Bauke Mollema (Trek - Segafredo) für das große Finale der Saison 2019 auf. Als erster Niederländer seit Hennie Kuiper 1981 entschied der 32-Jährige nicht nur den Herbstklassiker Il Lombardia für sich, sondern konnte sich auch über den bisher größten Erfolg seiner Laufbahn freuen.

Mit einer entschlossenen Attacke am vier Kilometer langen Civiglio, dem vorletzten Anstieg des Tages, löste sich Mollema aus der Favoritengruppe, die kurz zuvor den starken Emanuel Buchmann (Bora - hansgrohe) eingefangen hatte, und fuhr sich auf den letzten 18 Kilometern einen Vorsprung von mehr als 50 Sekunden auf die uneinigen Verfolger heraus.

Das reichte, um sich nach 243 Kilometern der 113. Auflage von Il Lombardia, die wieder von Bergamo nach Como führte, souverän seinen ersten Saisonsieg zu holen. Im Sprint der ersten Verfolger sicherte sich mit 16 Sekunden Rückstand Alejandro Valverde (Movistar) den zweiten Platz vor Tour-de-France-Gewinner Egan Bernal (Ineos) und Jakob Fuglsang (Astana).

“Ich kann es gar nicht glauben. Ich wusste, dass ich früh gehen musste, da die anderen Fahrer explosivere Attacken am Civiglio fahren konnten. Als sie rausnahmen, kam mein Moment und ich habe es probiert. Als der Abstand über 20 Sekunden betrug, wusste ich, dass ich gewinnen kann“, sagte Mollema im Ziel. “Ich kannte die Abfahrt gut und wusste, dass die Verfolger dort nicht viel schneller runterfahren konnten als ich. Die letzten zehn Kilometer waren dann Vollgas.“

Bernal mit dem Podium zufrieden

Auch wenn Mollema in den unmittelbaren Vorbereitungsrennen in Italien etwa mit Rang sieben bei Mailand-Turin durchaus zu überzeugen wusste, hatte ihn wohl kaum jemand auf dem Zettel - augenscheinlich auch nicht die heißesten Sieg-Kandidaten wie Valverde, Bernal oder Primoz Roglic (Jumbo - Visma), der Siebter wurde. “Ich war sicher nicht einer der großen Favoriten und vielleicht haben sie mich unterschätzt. Ich fühlte mich aber die ganze Woche schon gut und habe auf meinen Moment gewartet. Glücklicherweise hat es heute geklappt“, kommentierte er seinen Coup.

Ähnlich zufrieden war Bernal, der um ein Haar sogar noch im Sprint gegen Valverde den zweiten Rang eingefahren hätte. “Bauke war am Ende der Stärkste und ich bin sehr glücklich mit meiner Podiumsplatzierung. Um ehrlich zu sein, habe ich heute Morgen nicht daran gedacht, hier auf dem Podium zu stehen. Ich will mich noch verbessern, ich bin erst 22 Jahre alt“, sagte der Kolumbianer.

Stark präsentierte sich auch der 26-jährige Buchmann, der bereits am Donnerstag als Vierter beim Gran Piemonte gezeigte hatte, dass auch beim letzten Monument des Jahres mit ihm zu rechnen sein würde. Der Ravensburger griff bereits 35 Kilometer vor dem Ziel mit dem Belgier Tim Wellens (Lotto Soudal) an und büßte dabei vielleicht die Chance für ein besseres Resultat als Rang acht ein. “Ich bin mit dem Ergebnis im Großen und Ganzen zufrieden. In meiner Attacke habe ich vielleicht zu viel Kraft gelassen, deshalb hat es nicht zu mehr gereicht“, sagte Buchmann zu seinem bisher besten Abschneiden bei Il Lombardia.

 

So lief das Rennen:

Unter strahlend blauem Himmel machte sich nach rund zehn Kilometern eine stark besetzte Gruppe aus dem Feld davon. Mit dabei waren die Italiener Fausto Masnada (Androni - Sidermec), Davide Ballerini (Astana), Enrico Barbin (Bardiani - CSF), Cesare Benedetti (Bora - hansgrohe) und Marco Marcato (UAE Team Emirates), der Franzose Remi Cavagna (Deceuninck - Quick-Step), der Russe Petr Rikunov (Gazprom - RusVelo) sowie der Lette Toms Skuijns (Trek - Segafredo). Das zunächst von Jumbo - Visma kontrollierte Feld gewährte den Ausreißern einen Vorsprung von rund 5:40 Minuten, der nach rund 80 gefahrenen Kilometern notiert wurde.

Zu diesem Zeitpunkt hatte auch Valverde mehrere seiner Helfer nach vorn geschickt, um Jumbo - Visma bei der Aufholjagd beizustehen, so dass an der Colle Brianza, dem zweiten der Anstiege, der Rückstand bereits um eine Minute geschrumpft war. 100 Kilometer vor dem Ziel musste Rikunov dem hohen Tempo Tribut zollen und verlor den Anschluss an seine Begleiter. Gleiches widerfuhr kurz darauf Ballerini, der nach einem Defekt nicht mehr zurück in die nun nur noch sechsköpfige Gruppe fand. Die schmolz im Anstieg zur berühmten Madonna del Ghisalo weiter zusammen und bestand zunächst nur noch aus Skujins, Cavagna und Masnada, ehe der Italiener 70 Kilometer vor dem Ziel auch seine letzten beiden Begleiter abschüttelte. Skujins allerdings kämpfte sich in der Abfahrt wieder an Masnada heran.

Auch weil sich Ineos mittlerweile im Feld vorne eingeklinkt hatte, war der Abstand auf nur noch zwei Minuten geschrumpft. Das nutzte Bob Jungels (Deceuninck - Quick-Step) zu einer Attacke, die ihn knapp vor dem 1,9 Kilometer langen und maximal 25 Prozent steilen Anstieg zur Muro del Sormano ans Rad von Skujins brachte, der mittlerweile ohne Masnada unterwegs war.

Noch vor dem Gipfel wurde das Duo allerdings von einer Verfolgergruppe um Rafal Majka (Bora - hansgrohe), Giulio Ciccone (Trek - Segafredo), Ivan Sosa (Ineos) und Geburtstagskind Michael Woods (EF Education First) gestellt, die auf Initiative des Polen zustande kam und zu der sich in der Abfahrt fast alle weiteren Favoriten gesellten. Fuglsang sorgte hier für Tempo, konnte sich aber keinen Vorsprung auf seine Konkurrenten herausfahren.

Am Ende der Abfahrt gingen Buchmann und Wellens in die Offensive. Auf dem rund 20 Kilometer langen Flachstück entlang des Comer Sees erarbeitete sich das Duo einen Vorsprung von rund 40 Sekunden bis zum Fuß des Civiglio-Anstiegs. Mehr ließ Roglics Team, das sich mit gleich drei Helfern vor die Favoritengruppe gespannt hatte, aber nicht zu.

Mollema nutzt die Uneinigkeit der Favoriten

Es war dann eine massive Tempoverschärfung von Movistar, in deren Folge die beiden Ausreißer im vier Kilometer langen und rund zehn Prozent steilen Civiglio eingefangen wurden - zunächst Wellens und kurz darauf auch Buchmann. Hier fiel auch der zweimalige Lombardei-Gewinner Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida) zurück, der kurz zuvor am Ende der Gruppe nur mit Mühe einen Sturz hatte vermeiden können.

Beim folgenden Antritt von Mollema sahen sich die Favoriten an, ehe Pierre Latour (AG2R) die Verfolgung aufnahm und mit nicht weniger als vier Attacken die Gruppe sprengte - dabei allerdings nicht zu Mollema aufschließen konnte, der seinen Vorsprung in der Abfahrt sogar bis auf rund 50 Sekunden ausbaute.

Erst auf den letzten neun Kilometern reagierte mit Roglic einer der Favoriten, doch der Vuelta-Gewinner konnte im kurz darauf folgenden letzten Anstieg des Tages, der über 2,7 Kilometer hinauf nach San Fermo della Battaglia führte, kaum Boden gutmachen und wurde seinerseits von Valverde, Bernal, Woods und Fuglsang wieder eingefangen.

Mollema aber ließ sich nicht mehr beirren, überstand in einer scharfen Rechtskurve, in der er sich leicht versteuerte, noch eine knifflige Situation unbeschadet und konnte auf der Zielgerade in Como seinen bisher größten Sieg ausgiebig genießen. Ähnlich wie Mollema erging es Valverde, der sich noch aus der Verfolgergruppe gelöst hatte, in der Kurve ebenfalls weit nach außen getragen und wieder von Bernal und Woods eingefangen wurde. Im Dreiersprint verwies der Weltmeister von 2018 dann aber den aktuellen Tour-de-France-Sieger auf den dritten Platz.

Mehr Informationen zu diesem Thema

13.10.2019 “Der kleine Finger ist noch bewegungseingeschränkt“

(rsn) - Maximilian Schachmann (Bora - hansgrohe) ist zurück im Renngeschehen. Bei den italienischen Herbstklassikern gab der Deutsche Meister sein Comeback nach einer durch den Sturz im Einzelzeitfah

13.10.2019Nibali gibt ehrlich zu: “Mir waren die Lichter ausgegangen“

(rsn) - Der Kampf um seinen dritten Sieg nach 2015 und 2017 bei der Il Lombardia endete für Vincenzo Nibali (Bahrain – Merida) am Fuße des Anstiegs von Civiglio. Der Italiener hätte es sich einfa

13.10.2019Toursieger Bernal auch in der Lombardei auf dem Podium

(rsn) – Kopfschütteln rief das Vorhaben von Team Ineos hervor, den erst 22-jährigen Egan Bernal beim Giro d’Italia auf Gesamtsieg fahren zu lassen, ihn als Edelhelfer bei der Tour de France einz

13.10.2019So oft wie Groenewegen jubelte keiner, Roglic Weltranglistenerster

(rsn) –  49 Saisonsiege standen gestern Vormittag in der Bilanz des Teams Jumbo - Visma. Und die Chancen, dass Nummer 50 folgen würde, standen ausgezeichnet. Primoz Roglic zählte bei Il Lombardia

13.10.2019Morabito absolviert zum Abschied die vollen 243 Kilometer

(rsn) - Im letzten Rennen seiner Karriere ließ es sich Steve Morabito (Groupama - FDJ) nicht nehmen, nochmals die volle Distanz von 243 Kilometern zu absolvieren, auch wenn er im Finale von Il Lomba

13.10.2019Wieder durchkreuzt ein Solist Valverdes Pläne

(rsn) – Es will beim letzten Monument des Radsportjahres einfach nicht so recht klappen für Alejandro Valverde (Movistar). Der 39-jährige Spanier egalisierte nach 243 Kilometer von Bergamo nach Co

12.10.2019Als die Verfolger kamen, war Buchmann am Limit

(rsn) - Ein bisschen Pech war wohl auch dabei. Als Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) und Tim Wellens (Lotto Soudal) angriffen, bleiben die Favoriten noch aufmerksam und holten die beiden zurück.

12.10.2019Finale des 113. Il Lombardia im Video

(rsn) - Der Niederländer Bauke Mollema (Trek - Segafredo) hat die 113. Auflage der Lombardei-Rundfahrt gewonnen. Der 32-Jährige entschied den letzten großen Klassiker der Saison nach 243 Kilometern

12.10.2019Mollema triumphiert in Como, Buchmann wird Achter

(rsn) - Bauke Mollema (Trek - Segafredo) hat bei der 113. Auflage der Lombardei-Rundfahrt den größten Sieg seiner Karriere gefeiert. Der 32-jährige Niederländer setzte sich über 243 Kilometer von

12.10.2019Krönt Bernal eine herausragende Saison mit Lombardia-Triumph?

(rsn) - Nachdem überlegen herausgefahrenen Sieg beim Gran Piemonte am Donnerstag gehört Egan Bernal (Ineos) bei der heutigen 113. Auflage von Il Lombardia zu den Top-Favoriten. Bei seinem Debüt 2

12.10.2019Nibali nicht in der Lombardei-Form von 2017

(rsn) - Kein Zweifel: Il Lombardia gehört zu Vincenzo Nibalis Lieblingsrennen. Der 34-jährige Italiener gewann das letzte der fünf Monumente des Radsports 2015 und 2017 und musste sich in der verga

12.10.2019Vorschau auf die Rennen des Tages / 12. Oktober

(rsn) - Welche Rennen stehen heute auf dem Programm, wie sieht die Streckenführung aus und wer sind die Favoriten? radsport-news.com gibt Ihnen kurz und kompakt eine tägliche Vorschau auf die wichti

Weitere Radsportnachrichten

30.10.2024Van der Poels Winterpläne sind weiter unklar

(rsn) - Ob Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) aufs Cross-Rad steigen wird, ist offiziell noch unklar. Doch der Niederländer sitzt sowieso nicht still. Nach seinem Rennen gegen den Rallye-P

30.10.2024Vier Neue für Bahrain Victorious, derer acht für Alpecin

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

30.10.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Transfers offiziell bekanntgeben. Radsport-news.c

30.10.2024Vollering und die Ziege im tiefen Loch

(rsn) – Sportlich gesehen ist es für GOAT-Wortspiele in Verbindung mit Demi Vollering (SD Worx – Protime) wohl etwas zu früh, doch die Weltranglistenzweite gab sich trotzdem schon mal Mühe ihre

30.10.2024Ziel Titelverteidigung: Niewiadoma freut sich über “vielseitige Strecke“

(rsn) – Titelverteidigerin Katarzyna Niewiadoma (Canyon – SRAM) hat bei der Präsentation der Strecke für die Tour de France Femmes avec Zwift 2025 im Pariser Palais des Congrès am Dienstag zwar

30.10.2024Sprinter dürfen beim Tour-Auftakt vier Tage von Gelb träumen

(rsn) – Während die großen Favoriten auf den Gesamtsieg für die Tour de France 2025 bei der Streckenpräsentation im Palais des Congrès in Paris am Dienstag fehlten, waren die Top-Sprinter der A

30.10.2024Visbeek zur Tour 2025: “Schade, dass eine Kopfsteinpflaster-Etappe fehlt“

(rsn) – Dass die Tour de France 2025 in Lille beginnt und damit in unmittelbarer Nähe der berüchtigten Kopfsteinpflaster-Sektoren von Paris-Roubaix, ließ Fans des Klassiker-Terrains auf die Einbe

30.10.2024Niermann zur Tour-Strecke 2025: “Wirklich etwas für Jonas“

(rsn) – Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) glänzte bei der Präsentation der Strecke für die Tour de France 2025 am Dienstag im Palais des Congrès in Paris genauso mit Abwesenheit wie Tade

30.10.2024Evenepoel hofft früh auf Gelb und sieht “besonders schöne Strecke“

(rsn) – Nach Platz drei bei seinem Debüt in diesem Jahr ist die Frankreich-Rundfahrt für Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) auch 2025 wieder die Grand Tour, die er anvisiert. Doch ob der Belg

30.10.2024Im Überblick: Die Transfers der Frauen-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profiteam seit dem 1. August ihre Transfers offiziell bekanntgeben. Radsport-news.com samme

29.10.2024Vasseur: Guter Parcours für Aranburu, Buchmann und Teuns

(rsn) - Nachdem er in diesem Jahr von Red Bull – Bora – hansgrohe nicht für die Tour de France berücksichtigt worden war, wird Emanuel Buchmann aller Voraussicht nach 2025 zur Frankreich-Rundfah

29.10.2024Aldag: Tour switcht zum ersten Ruhetag “von schwierig zu hart“

(rsn) – Das deutsche WorldTeam Red Bull – Bora – hansgrohe wird erst nach der am 12. November stattfindenden Präsentation des Giro d´Italia 2025 die Entscheidungsfindung darüber angehen, mit

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine