Dombrowski macht sich vorzeitiges Geburtstagsgeschenk

Veteran De Marchi erfüllt sich den Traum vom Rosa Trikot

Von Felix Schönbach

Foto zu dem Text "Veteran De Marchi erfüllt sich den Traum vom Rosa Trikot"
Alessandro Di Marchi (Israel Start-Up Nation) trägt nach der 4. Giro-Etappe das Rosa Trikot. | Foto: Cor Vos

11.05.2021  |  (rsn) - Auf der verregneten 4. Etappe der Italien-Rundfahrt konnten sich gleich zwei Ausreißer ihre lang gehegten Träume erfüllen: Joe Dombrowski (UAE – Emirates) gewann nach 187 Kilometern in Sestola seine erste Grand-Tour-Etappe. Der zweitplatzierte Alessandro Di Marchi (Israel Start-Up Nation) übernahm das Rosa Trikot von Filippo Ganna (Ineos Grenadiers). Auf dem dritten Rang landete Filippo Fiorelli (Bardiani – CFS – Faizanè). Mikel Landa (Bahrain-Victorious) initiierte einen ersten Schlagabtausch der Favoriten, an dessen Ende einige Klassementfahrer, unter ihnen Emanuel Buchmann (Bora – Hansgrohe), Zeit verloren.

Dombrowski und De Marchi gehörten zu großen Spitzengruppe, die sich im kühlen Dauerregen der Apenninen einen großen Vorsprung herausfahren konnte. “Als ich gesehen habe, dass der Vorsprung auf sieben Minuten stieg, habe ich mir gute Chancen ausgerechnet. Man muss wachsam bleiben, denn in einer Gruppe von 25 Fahrer wird nicht jeder kooperieren. Also muss man auf Attacken aufpassen. Ich wusste, dass De Marchi der stärkste Fahrer in der Spitzengruppe war, also bin ich seinem Hinterrad gefolgt“, erklärte Dombrowski seine Strategie.

Die entscheidende Attacke setzte er am steilen Anstieg zum Colle Passerino, der nur drei Kilometer vor dem Ziel endete. “Auf den letzten 50 Kilometern fühlte ich mich gut. Ich habe versucht, nicht zu viel zu arbeiten und konservativ zu fahren, weil der letzte Anstieg wirklich schwer war. Ich konnte eine Lücke aufreißen. Es war nicht genug für das Rosa Trikot, aber ein Etappensieg ist auch eine schöne Art, den Tag zu beenden“, drückte Dombrowski seine Zufriedenheit aus. Bei seinen bislang sechs Giro-Teilnahmen hat der Kletterspezialist schon des Öfteren versucht einen Etappensieg einzufahren. Diese Beharrlichkeit hat sich nun einen Tag vor seinem 30. Geburtstag ausgezahlt.

De Marchi gab nicht auf und erfüllt sich seinen Traum

Noch glücklicher schien De Marchi zu sein, der nach der Zieleinfahrt in Tränen ausbrach. “Das Ziel war das Maglia Rosa. Ich habe vor zwei Tagen angefangen, darüber nachzudenken. Das habe ich noch niemanden erzählt. Ich wusste, dass es schwierig werden würde, weil viele in die Spitzengruppe wollten. Da ging es ein bisschen um Glück. Und nun bin ich hier und habe keine Worte“, erzählte der 34-jährige Italiener fast ungläubig im ersten Interview.

Der Veteran will nun jede Etappe in Rosa genießen, die im vergönnt sein wird. “Es ist der Traum jedes Rennfahrers, insbesondere wenn man Italiener ist. Als ich heute realisierte, dass eine Möglichkeit bestand, habe ich angefangen davon zu träumen. Zur Mitte der Etappe, als die drei Jungs sich abgesetzt haben, hatte ich Angst, dass es schon zu spät wäre. Aber die alte Regel hat sich bewahrheitet: Gib niemals auf!“, so De Marchi.

Die von ihm erwähnten drei Angreifer waren Quinten Hermans, Rein Taaramäe (beide Intermarché -Wanty – Gobert Matériaux) und Christopher Juul-Jensen (Bike Exchange), die sich aus der großen Spitzengruppe abgesetzt hatten. Bis zum letzten Anstieg sah es noch so aus, als ob sich Taaramäe das Führungstrikot überstreifen könnte. Doch De Marchi und Dombrowski waren schlicht zu stark und schlossen die Lücke zu dem Duo Jensen, das am Ende leer ausging.

Buchmann und Nibali können Landas Attacke nicht folgen

Im Feld spannte Mikel Landa (Bahrain Victorious) seine Mannschaft ein, um einen Angriff im Anstieg nach Sestola vorzubereiten. Die Attacke des Spaniers wurde von Egan Bernal (Ineos Grenadiers), Alexander Vlasov (Astana – Premier Tech), Hugh Carthy (Education First – Nippo) und Giulio Ciccone (Trek - Segafredo) pariert.

Remco Evenepoel (Deceuninck – Quick-Step), Romain Bardet (DSM), Simon Yates (Bike Exchange) und Dan Martin (Israel Start-Up Nation) verloren jeweils elf Sekunden, während Buchmann, der Vorjahreszweite Jai Hindley (DSM) und Vincenzo Nibali (Trek - Segafredo) jeweils 34 Sekunden auf die anderen Klassementfahrer liegen ließen. George Bennett (Jumbo - Visma) musste 1:18 Minuten Verlust hinnehmen. Der Vorjahresvierte Joao Almeida (Deceuninck - Quick-Step) erwischte einen schwarzen Tag und kassierte rund vier Minuten.

Im Gesamtklassement liegt De Marchi nun 22 Sekunden vor Dombrowski und 42 vor dem Belgier Louis Vervaeke (Alpecin - Fenix). Das Sprinttrikot bleibt bei Tim Merlier (Alpecin-Fenix). Dombrowski übernahm die Führung in der Bergwertung, während Attila Valter (Groupama – FDJ) in das weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers schlüpfte. Bahrain Victorious rückte an die Spitze der Teamwertung.

So lief das Rennen:

Es dauerte 43 Kilometer, bis sich 25 Fahrer zur Gruppe des Tages formierten. Neben Dombrowski, De Marchi, Fiorelli, Valter, Hermans, Taaramäe und Juul Jensen befanden sich unter anderem auch Nico Denz (DSM), Francesco Gavazzi (Eolo – Kometa), Filipp Tagliani (Androni Giocattoli – Sidermec), Nicolas Edet (Cofidis), Louis Vervaeke (Alpecin – Fenix) und Pieter Serry (Deceuninck – Quick-Step) dabei. Die erste Sprintwertung ging an Tagliani, während sich Gavazzi die erste Bergwertung sicherte.

Auf der anschließenden Abfahrt konnten sich Hermans, Taaramäe und Juul-Jensen von ihren restlichen Begleitern absetzen und ihren Vorsprung schnell auf zwei Minuten erhöhen. Das Feld, das stundenlang vom Gesamtführenden Ganna angeführt wurde, hatte einen Rückstand von maximal 8:30 Minuten auf das Trio. Hermans opferte sich für seinen Teamkollegen auf. Er fiel im Anstieg zur zweiten Bergwertung aus der Spitze zurück. Taaramäe sicherte sich diesen Bergpreis vor Juul-Jensen.

In der Verfolgergruppe forcierte De Marchi zum ersten Mal das Tempo und reduzierte die Verfolgergruppe auf Dombrowski, Edet und Vervaecke. Der Rückstand zur Spitze schmolz kurzzeitig auf eine Minute. Doch in der anschließenden Abfahrt schlossen mehrere Fahrer wieder zur Verfolgergruppe um De Marchi auf, so dass sich bis zum letzten Anstieg nicht mehr viel änderte.

Landa und Bernal hinterlassen am letzten Berg den stärksten Eindruck

In der Hoffnung, das Rosa Trikot noch erobern zu können, sicherte sich Taaramäe die drei Sekunden Zeitbonifikation am zweiten Zwischensprint. Doch kurz nach Beginn des Schlussanstiegs setzen sich De Marchi und Dombrowski von den restlichen Ausreißen ab und fuhren zu den erschöpften Taaramäe und Juul Jensen vor. Mit einer wuchtigen Attacke distanzierte Dombrowski seine Begleiter knapp vier Kilometer vor dem Ziel. De Marchi versuchte noch aufzuschließen, konnte das Loch aber nicht mehr zufahren.

Im Feld hatte Bahrain Victorious auf den letzten 20 Kilometern Deceuninck - Quick-Step in der Tempoarbeit abgelöst. Die Arbeit von Matej Mohoric und Rafael Valls dünnte das Feld auf knapp 50 Fahrer aus und distanzierte den Gesamtführenden Ganna. Am letzten Anstieg preschte zunächst Ciccone aus der Favoritengruppe heraus und erarbeitete sich knapp zehn Sekunden Vorsprung. Wenig später attackierte ein locker wirkender Landa und schloss zum Italiener auf.

Nachdem die Helfer von Ineos Grenadiers das Loch nicht schließen konnten, verschärfte Vlasov das Tempo. Von dessen Hinterrad aus überbrückte Bernal die Lücke zu Landa und Ciccone mit Leichtigkeit. Auch Carthy schien keine größeren Probleme zu haben, nach vorne aufzuschließen. Vlasov stellte den Kontakt zur Gruppe um Landa schließlich mit einiger Mühe her. Alle anderen Favoriten blieben zurück. Evenepoel führte elf Sekunden hinter Bernal & Co. die erste Verfolgergruppe ins Ziel auf 1.020 Metern Höhe.

Mehr Informationen zu diesem Thema

10.06.2021Buchmann startet bei der Tour von allen Fesseln befreit

(rsn) - Ursprünglich war Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) nicht für die diesjährige Tour de France vorgesehen. Doch nach seinem schweren Sturz und dem dadurch erzwungenen Ausscheiden beim Giro

31.05.2021Almeida: Sechster statt Vierter, aber trotzdem besser als 2020

(rsn) - Die Platzziffer am Ende des 104. Giro d'Italia war schlechter, als bei der 103. Auflage des Rennens, doch die Leistung von Joao Almeida (Deceuninck – Quick-Step) durfte man in den vergangene

31.05.2021Rosa nimmt Bernal endlich die große Last von Gelb

(rsn) – Der Sonntagnachmittag in Mailand war emotional für Egan Bernal. Am Ende des 30 Kilometer langen Abschlusszeitfahrens richtete er sich auf, breitete die Arme aus und rollte erleichtert über

31.05.2021White: Yates´ Tour-Teilnahme ist “höchst wahrscheinlich“

(rsn) – Schlecht war das Ergebnis von Simon Yates (BikeExchange) beim 104. Giro d´Italia nicht: Rang drei in der Gesamtwertung, er stand auf dem Podest. Und doch war es nicht das, wofür er vor dre

31.05.2021Walscheid: “Bin super zufrieden mit den drei Wochen“

(rsn) – Mit gleich drei Etappensiegen durch Mauro Schmid, Giacomo Nizzolo und Victor Campenaerts war Qhubeka Assos eine der Überraschungsmannschaften beim Giro d`Italia. Nur Ineos Grenadiers hatte

30.05.2021Sturz kostet Cavagna möglichen Sieg in Mailand

(rsn) - Rémi Cavagna (Deceuninck - Quick-Step) hätte das Abschlusszeitfahren des 104. Giro d'Italia in Mailand gewinnen können. Zumindest wäre es äußerst knapp zwischen ihm und dem vorher per De

30.05.2021Video: Bernals letzte Meter auf dem Weg zum Giro-Sieg

(rsn) - Mit dem Tagessieg vor dem Mailänder Dom hatte Egan Bernal (Ineos Grenadiers) erwartungsgemäß nichts mehr zu tun. Doch der Kolumbianer hat im Abschlusszeitfahren des 104. Giro d´Italia das

30.05.2021Ganna gewinnt Zeitfahren trotz Platten vor gestürztem Cavagna

(rsn) - Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) hat das abschließende Zeitfahren des Giro d’Italia in Mailand für sich entschieden. Der Italiener gewann nach 30,3 Kilometern vor Rémi Cavagna (Deceuninck

30.05.2021Bernal feiert Gesamtsieg, Ganna gewinnt Abschlusszeitfahren

(rsn) - Egan Bernal (Ineos Grenadiers) hat sich am Schlusstag des 104. Giro d`Italia sein Rosa Trikot nicht mehr abnehmen lassen und sich zum ersten Mal in seiner Karriere den Gesamtsieg der Italien-

30.05.2021Die Renneinsätze der deutschsprachigen Fahrer

(rsn) - Die Radsportsaison 2021 ist trotz der Corona-Pandemie in vollem Gang. Wir liefern Ihnen zu Beginn jeder Woche eine Aufstellung über die Einsätze der Profis aus Deutschland, Österreich, der

30.05.2021Bernal: “Nur mein Name auf der Giro-Trophäe zählt“

(rsn) – Erstmals ging Egan Bernal (Ineos Grenadiers) als Leader in die Schlusswoche einer der drei großen Landesrundfahrten. Nach 20 der 21 Etappen des Giro d’Italia hat er mit 1:59 Minuten auf d

30.05.2021Caruso war für Bardet Hilfe und Problem zugleich

(rsn) – Falls im abschließenden Zeitfahren keine Sensation passiert, wird das deutsche Team DSM den 104. Giro d’Italia ohne Tageserfolg verlassen. Nach einer schwierigen ersten Woche präsentier

Weitere Radsportnachrichten

31.01.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d

30.01.2025Van der Poel peilt in Liévin de Vlaemincks Rekord an

(rsn) – Am Freitag beginnt in Liévin die Cyclocross-Weltmeisterschaft (31. Januar – 2. Februar). In sieben Rennen werden Regenbogentrikots ausgefahren und German Cycling könnte erstmals seit der

30.01.2025Warm-Up für den nächsten Dreijahres-Zyklus

(rsn) – Douglas Ryder fiel in der Vergangenheit nicht unbedingt durch Zurückhaltung und Bescheidenheit auf. Als er 2023 das Team Q36.5 Pro Cycling als Zweitdivisionär ins Leben rief, nachdem sein

30.01.2025Eekhoff stürzt bei AlUla-Tour gegen Laternenpfahl

(rsn) – Nach einem schweren Unfall im Finale der 3. Etappe der AlUla-Tour musste Nils Eekhoff (Picnic – PostNL) ins Krankenhaus gebracht werden, wo ein Kieferbruch und ein abgebrochener Zahn diagn

30.01.2025Van den Berg aus Blikras Windschatten zum ersten Saisonsieg

(rsn) – Marijn van den Berg (EF Education – EasyPost) ist perfekt in seine vierte Profisaison eingestiegen. Der 25-jährige Niederländer entschied am zweiten Tag der Mallorca Challenge die Trofeo

30.01.2025Merliers Beine drehen sich auch am Tayma Fort am schnellsten

(rsn) – Mit einer souveränen Vorstellung hat Auftaktsieger Tim Merlier (Soudal – Quick-Step) auch die 3. Etappe der 5. AlUla Tour (2.1) für sich entschieden. Der 32-jährige Belgier setzte sich

30.01.2025Die Strecke des Critérium du Dauphiné 2025

(rsn) – Das 77. Critérium du Dauphiné (2.UWT) führt vom 8. bis 15. Juni 2025 von Domérat im Departement Allier über acht Etappen zur finalen Bergankunft am Plateau du Mont-Cenis in den Savoier

30.01.2025Cadel Evans Road Race im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Seit mittlerweile acht Jahren gehört das 2015 erstmals ausgetragene Cadel Evans Great Ocean Road Race der WorldTour an. Bei den bisherigen sieben Austragungen gab es auch schon zwei deutsch

30.01.2025Auch mit kleinerem Kader vor einer weiteren Wundersaison?

(rsn) - Das belgische Team Lotto, seit dieser Saison ohne den bisherigen Co-Sponsor Dstny, ist so etwas wie der Effektivitätsweltmeister im Straßenradsport. Mit einem Etat unterhalb von 20 Millionen

30.01.2025Andresen fügt Welsford erste Sprint-Niederlage 2025 zu

(rsn) – Nach drei Etappensiegen bei der Tour Down Under (1. UWT) und zuvor auch drei Sprinterfolgen bei nationalen Kriterien in Australien hat Sam Welsford bei der Surf Coast Classic (1.1) knapp ein

30.01.2025Viel französischer Schlamm und ein bisschen Bieles

(rsn) – Zum ersten Mal seit 2004 (Pontchateau) findet die Cross-Weltmeisterschaft wieder in Frankreich statt. Austragungsort ist Liévin, eine 30.000-Einwohner-Stadt im Département Pais-de-Calais i

30.01.2025Kepplinger: “Ich bin zufrieden, wie es gelaufen ist“

(rsn) - Vor zwei Jahren begann für Rainer Kepplinger das Abenteuer WorldTour. Bei der damaligen Saudi Tour gab der Österreicher sein Debüt im Trikot von Bahrain Victorious. Nun steht Kepplinger bei

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • AlUla Tour (2.1, 000)
  • Trofeo Serra Tramuntana (1.1, ESP)