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29.06.2021 | (rsn) - In Fougères schloss sich ein einzigartiger Kreis. Hier in der Bretagne hatte Mark Cavendish 2015 seinen letzten Tour-Etappensieg für Quick-Step (damals Etixx) eingefahren. Auf der gleichen Zielgeraden feierte er sechs Jahre später wieder einen Tageserfolg bei der Frankreich-Rundfahrt für das belgische Team - und zwar seinen ersten nach einer fünfjährigen Durststrecke.
Es war der insgesamt 31. seiner Karriere - der erste stammt aus dem Jahr 2008, als Cavendish die damalige 5. Etappe gewann. Man begreift diese Serie vielleicht besser, wenn man überlegt, dass er einen ganzen Monat lang jeden Tag einen Etappensieg bei der Tour hätte feiern können.
"Ich hatte Feuer in meinen Augen, als ich das letzte Mal diese Zielankunft fuhr. Diesmal hatte ich es wieder", schilderte er in einer bemerkenswerten Pressekonferenz seine Motivation. Er habe selbst nicht mehr daran geglaubt, dass er dieses Feuer noch einmal bei der Tour versprühen würde.
"Man unterschreibt nicht bei Deceuninck - Quick-Step, mit Sam Bennett im Team, der letztes Jahr das Grüne Trikot und zwei Etappen gewonnen hat, und denkt, man fährt zur Tour. Ich habe unterschrieben, weil ich wusste, dass ich hier die glücklichsten Tage meiner Karriere erlebte. Ich wollte in einer harmonischen Umgebung sein. Denn immer, wenn ich am glücklichsten war, habe ich meine besten Ergebnisse erzielt. Es hat also eins ins andere gepasst", sagte er.
Wie ein Schmetterling, der sich aus dem Cocon windet
Sein sensationelles, von niemandem erwartetes Comeback, rührte den 'Manxman' derart, dass er nach der Zielankunft einen Weinkrampf erlitt, bevor er jedem Teammitglied um den Hals fiel. Seine tiefe Gefühlsregung war auch später im Pressesaal im Gespräch mit den Medien noch nicht überwunden. Mit verweinten Augen und fleckigem Gesicht stellte sich der inzwischen 36 Jahre alte Sprinter den Medien. Während Cavendish teilweise lange überlegte, bis er eine Frage beantwortete, bewegte er sich beim Sprechen wie ein Schmetterling, der sich aus dem Cocon windet.
So verwandelt muss er sich nach drei erfolglosen Jahren ohne Sieg und dem nun ultimativen Triumph vorgekommen sein, der ihm auch das Grüne Trikot des Punktbesten bescherte.
Cavendish hatte Van Moer schon als Sieger gesehen
Nicht mal der Rennverlauf hatte zunächst so ausgesehen, als wenn es einen Sprint Royal geben würde. Hartnäckig verteidigte der letzte der beiden Ausreißer, Brent Van Moer (Lotto Soudal), seinen Vorsprung. "Ich dachte zehn Minuten vor Schluss, das war's, wir kriegen ihn nicht mehr", schilderte Cavendish die letzten zehn Kilometer der Etappe.
"Du hast GC-Jungs und Teams, die versuchen, auf den schmalen Straßen nach vorne zu kommen, aber dann fahren sie nicht. Sie kommen einfach nur in Position und bleiben dort", erklärte Cavendish, was es den Sprinterteams dieser Tage schwer macht. Also versuchte Deceuninck – Quick-Step wieder die Führung zu übernehmen.
"Wir hatten etwas Stress, als wir versuchten, die Jungs nach vorne zu bringen, um wieder zu beschleunigen. Wir mussten warten, bis wir auf der breiten Straße waren, bis wir wieder schneller fahren konnten." Damit Van Moer 200 Meter vor der Linie übersprintet werden und Cavendish den 152. Sieg in seiner 15-jährigen Karriere feiern konnte. Es war gleichzeitig der 49. Grand-Tour-Erfolg und der sechste Sieg allein in diesem Jahr.
Auf die Frage, ob dieser Tag in Fougères einen besonderen Platz in seinem Leben einnehmen würde, meinte er: "In Chateauroux, wo wir am Donnerstag (6. Etappe) ankommen, habe ich zum ersten Mal einen Sieg bei der Tour errungen, bei dem Rennen, von dem ich immer geträumt habe. Und jedes einzelne Mal, wenn ich seitdem auf dem Podium stand, war es dasselbe Gefühl."
"Vom ersten Mal im Jahr 2008 bis jetzt lebe ich einen Traum"
Cavendish glaubt, dass sich die Fans inzwischen daran gewöhnt hätten, weil er schon so viele Etappen bei der Tour gewonnen habe. Deshalb machte er deutlich: "Man vergisst, wie schwer es ist, eine Tour-Etappe zu gewinnen. Aber es ist überhaupt nicht einfach, wissen Sie? Das Schwierigste ist, dass ich mit den Leuten umgehen musste, die nicht verstehen, welche Opfer ich gebracht habe, um diese 30 Etappen zu gewinnen."
Der britische Supersprinter muss sich wohl selbst kneifen, um zu testen, ob alles wirklich wahr ist. "Ich bin einfach glücklich, dass ich noch eine Chance bekam. Dieses Rennen hat mir das Leben geschenkt, das ich habe, und ich habe ihm das Leben geschenkt, das ich habe. Vom ersten Mal im Jahr 2008 bis jetzt lebe ich einen Traum."
Bis auf drei Siege ist er nun an Eddy Merckx herangerückt, der 34 Mal als Etappensieger auf dem Podium der Tour gestanden hatte. Nicht unmöglich, dass er diesen Rekord noch knackt – zumindest nicht unmöglicher, als es dieser 31. Etappensieg vor wenigen Monaten noch zu sein schien!
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