--> -->
25.02.2022 | (rsn) - Wenn am Samstag im virtuellen New York auf Zwift zum zweiten Mal um die offiziellen WM-Titel der UCI im eSport gefahren wird, ist eine der besten Heimtrainer-Athletinnen der letzten Monate nicht mit von der Partie: Julia Schallau wurde am 10. Januar zwar vom Bund Deutscher Radfahrer BDR für die Weltmeisterschaften nominiert, am 20. Januar aber von Zwift für ein halbes Jahr von allen Wettkämpfen auf der kalifornischen Trainingsplattform ausgeschlossen.
Die Gießenerin hat Rückendeckung ihres Verbandes, Zwift schweigt, der Weltverband UCI hält sich raus und der Fall Schallau zeigt einmal mehr, warum in Frage zu stellen ist, ob eSports im Radsport im Jahr 2022 wirklich schon ernsthaft als Leistungssport zu bezeichnen sein und eine offizielle Weltmeisterschaft überhaupt ausgetragen werden sollte.
___STEADY_PAYWALL___ Doch zurück zum Anfang: Die 32-jährige Julia Schallau hat sich in den vergangenen Monaten zu einer der weltbesten Zwift-Athletinnen gemausert. Sie kletterte im ZwiftPower-Ranking, einer Art Weltrangliste des Zwift-Racings, immer weiter nach oben und beeindruckte mit großartigen Leistungen. Ende 2021 erreichte sie bis zu 6,0 Watt pro Kilogramm normalisierte Leistung.
Doch genau das stieß dem Zwift Performance Verification Board, quasi die Anti-Doping-Agentur der kalifornischen Trainingsplattform, sauer auf. Der Leistungszuwachs der Deutschen innerhalb der letzten Monate – von 4,5 Watt pro Kilogramm im April 2021 bis 6,0 Watt pro Kilogramm im Dezember 2021 – sei physiologisch nicht erklärbar, behauptete man und sperrte Schallau daher für ein halbes Jahr.
Nicht menschenmöglich oder "zu hohe Werte für eine Frau"?
Ein Leistungszuwachs von fünf Prozent pro Monat in acht aufeinanderfolgenden Monaten sei nicht menschenmöglich so Zwift in der Begründung zur Sperre. Mit den dafür nötigen VO2max-Werten von 80 ml/kg/min müsste Schallau mit die höchsten jemals gemessenen Werte einer weiblichen Athletin sämtlicher Sportarten in der Geschichte haben, und das sei nicht durch Leistungen der Gießenerin aus der realen Welt belegbar.
Übrigens: Dass Zwift sich in dieser Begründung, wie vom BDR am Montag behauptet, zu dem sexistischen Statement hinreißen ließ, ihre Werte seien "zu hoch für eine Frau", lässt sich zumindest aus der offiziellen Urteilsbegründung der US-Amerikaner nicht herleiten. Woher dieses vom BDR hervorgehobene Zitat stammt, ist nicht zu erkennen. Das nur so nebenbei. Doch zurück zum Thema:
In seiner Entscheidung erklärte Zwift auch, dass die Sperre aufgehoben werde, sollte Schallau innerhalb von einem Monat durch einen unabhängigen Labortest ihre Werte reproduzieren und einen negativen Anti-Doping-Test vorlegen. Am 21. Februar veröffentlichte der Bund Deutscher Radfahrer nun ein Statement, laut dem "die Sperre von Schallau nicht gerechtfertigt" sei.
BDR macht Tests und stellt sich hinter Schallau
Der BDR habe Schallau gemeinsam mit dem Bundestrainer für Wissenschaft, Clemens Hesse, entsprechenden Leistungstests unterzogen, die ergaben, dass die 32-Jährige die von Zwift angezweifelten Leistungen durch ihre spezielle Fahrtechnik – im Stehen mit geringer Trittfrequenz – sehr wohl reproduzieren könne. Auf diese Art und Weise fährt wohl niemand Leistungstests im Freien, doch Schallau soll ihre Fahrtechnik auf dem Heimtrainer speziell dafür perfektioniert haben.
"Die Tests haben eindeutig gezeigt, dass die Athletin mit ihrem Stoffwechselprofil und ihrer besonderen Effizienz im stehenden Fahren in der Lage ist, die gezeigten Wattwerte ohne Manipulation oder die Ausnutzung möglicher Mess-/Schätzfehler des verwendeten Equipments zu erzeugen", heißt es im BDR-Statement. Der geforderte Labortest scheint also erbracht, ein Startrecht zur WM am Samstag aber gab es von Zwift trotzdem nicht – auch eine Reaktion der Kalifornier auf die Leistungstests aus Deutschland steht noch aus. Kurz vor den Weltmeisterschaften wirft das kein gutes Licht auf die Ausrichter.
Von aberwitzigen Vermessungsvideos zur Willkür beim Sperren
Dass Schallau im virtuellen New York nicht mit von der Partie sein wird, zeigt aber auch vielschichtigere Probleme des eSports auf. Denn auch wenn Betrugsversuchen in Sachen Körpergewicht oder Leistungsmessung durch aberwitzige YouTube-Videos von Vermessungsprozeduren sämtlicher Athleten und Athletinnen oder sogenannte "dual recordings" der Wattmessung durch zwei unterschiedliche Messmethoden halbwegs glaubhaft entgegengewirkt wird, so hapert es mit der Glaubwürdigkeit des eSports insgesamt weiterhin arg.
Dass jetzt einzelne Sportler und Sportlerinnen nur aufgrund von Indizien sowie persönlichen Einschätzungen gesperrt werden und die Entscheidungsmacht dabei einzig und allein beim Wirtschaftsunternehmen Zwift liegt, weil der Radsportweltverband UCI selbst gar nicht über das nötige Know-How verfügt, mit dem Thema eSports vernünftig umgehen zu können, ist ein neuer Höhepunkt der Saga. Sonst brüstet der Radsport sich gerne damit, unabhängige Institutionen zu Anti-Doping-Testungen einzusetzen, doch am Samstag werden WM-Titel in einer Disziplin vergeben, in der Willkür herrscht.
Schallau bei weitem nicht der erste fragwürdige Fall
Es stellt sich daher die Frage, wie ernst die Radsport-Disziplin 'eSports' als Leistungssport im Jahr 2022 überhaupt genommen werden darf. Bislang scheinen die Verantwortlichen administrativ an allen Ecken und Enden mit diesem Monstrum an Disziplin überfordert zu sein.
Denn der Fall Schallau ist bei weitem nicht der erste seiner Art. Als Selma Trommer im vergangenen Jahr gesperrt wurde, schien das ebenso dubios. Und auch auf nationalem Level hat niemand das Thema wirklich im Griff, wie die überaus fragwürdige, kollektive Disqualifikation des Teams Kirchmair Cycling aus den Rennen der GCA Liga Anfang 2021 zeigte.
Online-Trainingsplattformen machen als sportliche Social Media-Alternative und Community-Tool großen Sinn und einen tollen Job, in Sachen Leistungssport ist allerdings noch ein sehr, sehr weiter Weg zu gehen. Willkür bestimmt die Szene und radsport-news.com hat sich daher aus der Berichterstattung zu eSports im Verlauf des Jahres 2021 weitgehend zurückgezogen.
Nun vergibt die UCI gemeinsam mit dem 'Big Player' Zwift am Samstag wieder Regenbogentrikots – die Frage ist nur: Was sind die eigentlich wert?
(rsn) - Samstag wurde Jason Osborne zum zweiten Mal E-Sports-Weltmeister. 2025 will der Deutsche, der bis vor Kurzem noch für Alpecin - Deceuninck auf der Straße in der WorldTour aktiv war, seinen p
26.10.2024McCarthy gewinnt als erste Neuseeländerin E-Sports-WM(rsn) - Die neue E-Sports-Weltmeisterin heißt Mary Kate McCarthy und kommt aus Neuseeland. Beim Finale in Abu Dhabi holte sich die 29-Jährige nach drei kurzen Etappen, die in den virtuellen Welten v
26.10.2024Osborne krönt sich erneut zum E-Sports-Weltmeister(rsn) - Die vierte E-Sports-Weltmeisterschaft entwickelte sich zu einer Triumphfahrt des Deutschen Jason Osborne. Der ehemalige Olympiazweite im Rudern holte im ersten Live-Finale in Abu Dhabi in der
25.10.2024Deutsche Hoffnungen ruhen auf Osborne und Brunnée(rsn) - In weniger als 24 Stunden startet das große Finale der UCI Esports Weltmeisterschaft in Abu Dhabi. Am 26. Oktober (ab 16:00 Uhr live auf YouTube) treten die besten 20 Frauen und Männer im vi
24.10.2024Neue Plattform, neuer Modus - neue Weltmeister?(rsn) - Nach dem Ende der Straßensaison und der Krönung der Weltmeister im Gravel und auf der Bahn steht am Samstag eine weitere Weltmeisterschaft der UCI auf dem Programm. In der virtuellen Umgebun
16.09.2024Osborne konzentriert sich künftig auf E-Sports und Gravel(rsn) – Jason Osborne ist nicht länger Teil des Teams Alpecin – Deceuninck und wird seine Karriere als Straßenradprofi beenden. Das teilten sowohl der 30-jährige Mainzer als auch sein Team am M
10.11.2023UCI eSports-WM auf MyWhoosh erst im Oktober 2024(rsn) – Die vierten eSports-Weltmeisterschaften des Radsport-Weltverbandes UCI werden im kommenden Jahr nicht im Februar, sondern erst im Oktober ausgetragen. Für die Finals sollen insgesamt 40 Ath
18.02.2023Osborne und Mäding nur von Solist Andreassen geschlagen(rsn) – Jason Osborne und Marc Mäding haben die Silber- und die Bronzemedaille bei den eSports-Weltmeisterschaften im virtuellen Glasgow gewonnen. Das deutsche Duo musste sich im Finale des auf der
11.11.2022Esports-WM bekommt für 2023 einen neuen Modus(rsn) - Bei ihrer dritten Auflage werden die Esports-Weltmeisterschaften des Radsports mit einem neuen Modus ausgetragen. Ausgerichtet werden die Titelkämpfe am 18. Februar zwar weiterhin auf der Tra
27.02.2022Deutschland mit und gegen Österreich bei der eSports-WM(rsn) - Samstagabend in Steyr, 20:45 Uhr. Es hatte ein bisschen Länderspielcharakter, was Rainer Kepplinger und Jonas Rapp vom Team Hrinkow Advarics Cycleang in der Homebase ihrer Mannschaft abliefe
27.02.2022Adegeest und Alpecin-Profi Vine sind eSports-Weltmeister(rsn) – Loes Adegeest (Niederlande) und Jay Vine (Australien) haben den Weltmeisterschaftstitel bei den zweiten eSports-Weltmeisterschaften auf der Plattform Zwift gewonnen. Bei den Männern wurde T
25.02.2022eSports-WM, Klappe die Zweite: Verteidigt Osborne den Titel?(rsn) - Am Samstag geht es um Regenbogentrikots – virtuelle Regenbogentrikots. Zum zweiten Mal werden auf der Online-Trainingsplattform Zwift die UCI eSports-Weltmeisterschaften ausgetragen. Die Sü
(rsn) – “Mein Ziel ist ein WorldTour- oder ProTeam-Vertrag. Ich habe mir ein Limit von zwei Jahren gesetzt, so lange möchte ich es auf Kontinental-Niveau versuchen“, hatte Scott David im letzte
23.11.2024Wafler: Rückkehr nach Paris weckt Olympia-Erinnerungen(rsn) - Tim Wafler hat es erstmals in das illustre Feld der Ausdauerfahrer der UCI Track Champions League geschafft. Der Österreicher startet am Samstagabend im Velodrome National in Saint-Quentin-en
23.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem
22.11.2024Top-Favoritin? Archibald nach schwerem Jahr eine “7 von 10“(rsn) – Katie Archibald ist die Königin der Track Champions League. 2021 und 2023 gewann sie jeweils souverän den Titel in der Endurance League und auch 2022 wäre das wohl gelungen, wenn sie dama
22.11.2024Spiegel will “versuchen, ´die Großen´ etwas zu ärgern“(rsn) – Luca Spiegel wird am Samstag sein Debüt in der Track Champions League geben. Der 20-jährige U23-Europameister im Sprint will auf der Bahn, auf der er im Sommer zu den jüngsten Olympia-Sta
22.11.2024Olympia-Reservistin Pröpster: Gelingt bei TCL der nächste Schritt?(rsn) – Mit drei Rennsiegen, dem zwischenzeitlichen Tragen des Führungstrikots und schließlich Gesamtrang zwei in der Sprint League hat Alessa-Catriona Pröpster bei der Track Champions League 202
22.11.2024Eschborn-Frankfurt-Sieger van Gils: “Ich würde lieber gehen“(rsn) – Maxim van Gils (Lotto - Dstny) scheint entschlossen, sein Team trotz eines noch bis Ende 2026 gültigen Vertrags so schnell wie möglich verlassen zu wollen. Wie er im Gespräch mit mehreren
22.11.2024Gall: Tour of the Alps “absoluter Fokus“ der ersten Saisonhälfte(rsn) – Felix Gall bestritt 2022 seine bisher letzte Tour of the Alps. In seinem damals ersten Jahr im Trikot von Decathlon – AG2R La Mondiale beendete der Österreicher nach vier Top-Ten-Etappenp
22.11.2024Tour of the Alps auch 2025 ein Kletterfestival mit kurzen Wegen(rsn) - Fünf Etappen, 739 Kilometer und 14.700 Höhenmeter: Das sind die Eckdaten der Tour of the Alps 2025. Die 48. Ausgabe des grenzüberschreitenden Etappenrennens findet vom 21. bis 25. April 202
22.11.2024Tour Colombia wegen finanzieller Probleme erneut in Gefahr(rsn) – Nachdem sie bereits in den Jahren 2022 und 2023 aufgrund von finanziellen Problemen ausgefallen war, scheint die Tour Colombia (2.1) erneut zu wackeln. Wie die Zeitung El Tiempo berichtete,
22.11.2024Geht Vingegaard 2025 das Giro-Tour-Double an?(rsn) – Schon seit einiger Zeit kursieren Gerüchte, wonach Jonas Vingegaard (Visma – Lease a Bike) Interesse am Giro d´Italia 2025 zeigen würde. In einem Interview mit dem dänischen TV 2 äuß
22.11.2024Track Champions League: Format, Kalender, Punktesystem(rsn) – Nach Olympia in Paris im Sommer und den Weltmeisterschaften im Oktober im dänischen Ballerup endet das internationale Bahnjahr an den kommenden drei Wochenenden mit der Track Champions Leag