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05.05.2022 | (rsn) – Am Freitag beginnt in Ungarn mit der 105. Ausgabe des Giro d’Italia die erste GrandTour des Jahres. Sieben der vergangenen neun dreiwöchigen Rundfahrten wurden von drei Fahrern gewonnen, doch weder Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) noch Primoz Roglic (Jumbo – Visma) oder Titelverteidiger Egan Bernal (Ineos Grenadiers) stehen in Budapest am Start. Somit bieten sich Chancen für Konkurrenten wie Olympiasieger Richard Carapaz (Ineos Grenadiers), den Gewinner des Giro 2019.
Maglia Rosa
Der Ecuadorianer gehört auch dieses Jahr zu den heißen Sieganwärtern. “Ich möchte meine zweite Grand Tour gewinnen und bin guten Mutes, dass alles gut gehen wird. Meine Vorbereitung in Ecuador ist ziemlich optimal gewesen”, sagte der 28-jährige Carapaz, der zuletzt Ende März bei der Katalonien-Rundfahrt im Renneinsatz gewesen war. Damals langte es zu Rang zwei. Neben ihm ist mit Simon Yates (BikeExchange) ein weiterer Sieger einer GrandTour (Vuelta 2018) der Hauptanwärter auf das Rosa Trikot.
Auch Vincenzo Nibali (Astana Qazaqstan, 2013 und 2016) und Tom Dumoulin (Jumbo – Visma, 2017) konnten sich in der Vergangenheit bereits in die Siegerliste des Giro eintragen, vor allem der Italiener ist aber über den Zenit seines Könnens hinaus. Und auch Dumoulin fuhr in den vergangenen Jahren hinterher. “Es ist schon eine ganze Zeit her, seitdem ich bei einer großen Rundfahrt auf dem Podium stand, das macht es für mich auch spannend. Kann ich noch auf Klassement fahren?” fragte sich der 31-jährige Dumoulin in einem Interview mit Wielerflits.
Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) gewann 2019 als erster Ecuadorianer den Giro d’Italia. | Foto: Cor Vos
Mit Alejandro Valverde ist ein fünfter ehemaliger Gewinner einer GrandTour (Vuelta 2009) am Start. Aber auch dem 42-jährigen Spanier werden bei seiner letzten Giro-Teilnahme kaum Chancen auf den Gesamtsieg zugesprochen. Anders sieht es bei Joao Almeida (UAE Team Emirates), Mikel Landa (Bahrain Victorious), Miguel Angel Lopez (Astana Qazaqstan) und Romain Bardet (DSM) aus.
Sie werden als die größten Herausforderer der beiden Top-Favoriten gesehen. Der 23-jährige Almeida ist der beste Zeitfahrer unter den Sieganwärtern und könnte deswegen schon früh ins Rosa Trikot schlüpfen. “Das Training ist gut verlaufen – alles ist auf das eine große Ziel ausgerichtet. Und dafür werde ich alles geben”, sagte der Portugiese, der bei seinem Giro-Debüt Vierter wurde und im vergangenen Jahr Rang sechs belegte.
Maglia Blanca
Almeida ist zudem in der Nachwuchswertung der zu schlagende Mann. Seine Herausforderer sind der Vorjahresneunte Tobias Foss (Jumbo – Visma), Ivan Ramiro Sosa (Movistar), der zuletzt die Asturien-Rundfahrt für sich entschied, und Pavel Sivakov (Ineos Grenadiers), der sich nach zwei schwächeren Jahren wieder der Form von 2019 – als er Neunter der Italien-Rundfahrt wurde - zu nähern scheint.
Keine Ambitionen scheint Thymen Arensman (DSM) zu haben. Der Niederländer glänzte zuletzt als Gesamtdritter der Tour oft he Alps, will sich aber voll und ganz in den Dienst seines Kapitäns Bardet stellen: “Das Klassement ist überhaupt kein Ziel für mich. Wir sind hier, um mit Romain auf die Gesamtwertung zu fahren und ich bin sehr motiviert, um ihm dabei zu helfen", sagte Arensmann.
Maglia Ciclamino
Ähnliches hört man von seinem Landsmann Mathieu van der Poel (Alpecin – Fenix), der als aussichtsreich im Kampf um die Punktewertung gilt. “Mit dem Ziel im Hinterkopf gehe ich nicht an den Start. Der Ausfall von Tim Merlier ist ein Aderlass, jetzt probieren wir, für Jakub Mareczko zu fahren“, erklärte der viermalige Querfeldeinweltmeister, der sich auf die mittelschweren Etappen konzentrieren will, gegenüber wielerflits.
Mark Cavendish (Quick-Step Alpha Vinyl) hat mit Michael Morkov den derzeit besten Anfahrer der Welt an seiner Seite, denkt aber wie van der Poel nicht an das Maglia Ciclamina. “Nein, ich sage schon seit mehr als zehn Jahren, dass das Punktetrikot von allein kommt, wenn man regelmäßig gute Ergebnisse erzielt”, erklärte der 36-jährige Brite, der so 2013 das Maglia Ciclamino gewann.
So ist Arnaud Démare (Groupama – FDJ) wohl der Top-Favorit auf den Sieg in der Punktewertung, zumal sich der Franzose das Sprintertrikot bereits 2020 mit vier Etappensiege sichern konnte. Auch Fernando Gaviria (UAE Team Emirates 7 Gewinner 2017), Giro-Debütant Biniam Ghirmay (Intermarché – Wanty – Gobert), Giacomo Nizzolo (Israel – Premier Tech 2015 / 2016)), Phil Bauhaus (Bahrain Victorious), Magnus Cort (EF Education – EasyPost) und nicht zuletzt Caleb Ewan (Lotto Soudal) sind auf den Flachetappen Siege und der Gewinn der Punktewertung zuzutrauen.
Maglia Azzura
Wenn keiner der Klassementfavoriten Interesse am Bergtrikot haben sollte, fallen beim Blick auf die Startliste zunächst der angriffslustige Guillaume Martin (Cofidis) und die Entdeckung des letztjährigen Giro, Lorenzo Fortunato (Eolo – Kometa), ins Auge.
Auch die beiden Trek-Profis Giulio Ciccone und Bauke Mollema haben sich in der Vergangenheit in den Kampf um Bergpunkte eingemischt - Ciccone sicherte sich sogar das Blaue Trikot im Jahr 2019. Sollte er die Freiheiten bekommen, könnte das Blaue Trikot auch ein Ziel für Lennard Kämna (Bora – hansgrohe) sein.
Auf Emanuel Buchmann (Bora – hansgrohe) ruhen die Hoffnungen der deutschen Fans in Sachen Gesamtklassement. | Foto: Cor Vos
Die Aussichten der deutschsprachigen Starter
Emanuel Buchmann geht gemeinsam mit Wilco Kelderman und Jai Hindley als Bora- Dreierspitze ins Rennen. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk zeigte sich der 29-Jährige, der zuletzt bei der Tour de France 2019 eine Rundfahrt unter den besten Zehn beendete, allerdings wenig optimistisch: “Im Moment bin ich nicht hundertprozentig fit, oder nicht so, wie ich es mir gewünscht hätte. Nach der Baskenland-Rundfahrt war ich krank. Bis dahin war ich auf einem ganz guten Weg. Und da hat auch unsere Vorbereitung super geklappt. Dann mussten wir das ganze Höhentrainingslager um eine Woche verschieben.“
Teamkollege Kämna wird auf den Bergetappen sein Heil in der Flucht versuchen, wenn er seine Kapitäne nicht unterstützen muss. Bauhaus hat durchaus Chancen auf einen Etappensieg aus einem Massensprint heraus. Die weiteren deutschen Profis werden vor allem in Helferrollen zu sehen sein.
Vier Österreicher werden in Budapest den Giro in Angriff nehmen. Felix Gall (AG2R – Citroën) fuhr zuletzt bei der Tour of the Alps stark wie nie und wurde Sechster. In seinem Team hat er niemanden vor sich, er hat also alle Freiheiten, um entweder aufs Klassement oder auf Etappensiege zu gehen.
Reto Hollenstein (Israel – Premier Tech) und Mauro Schmid (Quick-Step Alpha Vinyl) werden die einzigen Schweizer im Rennen sein. Schmid gewann als Neoprofi im Qhubeka-Trikot im Vorjahr eine schwere Giro-Etappe. Nach seinem Wechsel Zu Quick-Step hat er diese Lesitung bestätigen können. Wie Gall hat auch der Eidgenosse alle Freiheiten, wodurch eine Wiederholung seines Coups von Montalcino möglich ist.
Die Chancen auf einen dritten Giro-Sieg von Vincenzo Nibali (Astana) stehen eher schlecht. Der Italiener ist mit seinen 37 Jahren über den Zenit seines Könnens hinaus. | Foto: Cor Vos
Die Strecke
Die Italien-Rundfahrt beginnt diesmal in Ungarn, wo direkt die 1.Etappe an einem Hügel endet. Auch am nächsten Tag sind die Klassementfahrer beim 9,2 Kilometer langen Zeitfahren gefordert, bevor es nach der flachen 3. Etappe und einem Ruhetag in Sizilien weitergeht, wo auf dem vierten Teilstück direkt der Etna auf dem Programm steht.
Es folgen zwei weitere Chancen für die Sprinter, wogegen das siebte und achte Teilstück sehr hügelig sind. Auf der 8. Etappe ist mit dem Blockhaus in Mittelitalien die zweite Bergankunft geplant. Es folgt am Montag der zweite Ruhetag.
Obwohl nur das elfte Teilstück eine klassische Flachetappe ist, haben die Sprinter von der zehnten bis zur 13. Etappe stets Chancen, ihre schnellen Beine sprechen zu lassen. Die folgenden beiden Teilstücke erscheinen auf dem Papier zu leicht für die Klassementfahrer, wodurch sich hier Möglichkeiten für Ausreißer bieten dürften.
Für die Favoriten wird es nach dem dritten Ruhetag ab der 16. Etappe wieder ernst. Dann wird zunächst der Mortirolo von einer eher leichteren Seite passiert, bevor Aprica über eine ungewohnt schwere Auffahrt erreicht wird. Einen Tag später warten im Finale auf dem Weg nach Lavarone zwei Anstiege der 1. Kategorie auf das Feld.
Die letzte Chance für die Sprinter bietet sich am Donnerstag auf dem Weg nach Treviso. Dafür müssen sie allerdings eine 11,3% steile Mauer 50 Kilometer vor dem Ziel überstehen. Es folgen zwei Bergankünfte: am Freitag nach Santuario di Castelmonte, ehe am vorletzten Tag des Giro muss zunächst der Pellegrino überquert werden muss. Danach geht es mit dem Pordoi und dem Ziel auf dem Fedaia zwei Mal auf über 2000 Meter in die Höhe.
Aber erst im 17,4 Kilometer langen Abschlusszeitfahren von Verona wird sich der Giro endgültig entschieden. Wirklich schwer wird es am Sonntag nicht mehr, nur eine Bergwertung der 4. Kategorie befindet sich auf der ansonsten flachen Strecke.
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