RSNplus2020 verlor er den Giro am letzten Tag

Deja Vu für Hindley - diesmal ein Happy End in Rosa?

Von Tom Mustroph

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Ja Hindley küsst das Rosa Trikot, dass er sich wieder am letzten Tag des Giro erkämpft hat. | Foto: Cor Vos PRÜFEN

29.05.2022  |  (rsn) - Jai Hindley steht vor einer historischen Aufgabe. Noch nie gewann ein Australier den Giro d’Italia. Cadel Evans, Toursieger von 2011, hatte als bestes Ergebnis bei der Italien-Rundfahrt Rang drei vorzuweisen. Höhepunkte jenes Rennens – damals gewann Vincenzo Nibali vor Rigoberto Uran und Evans – mochte Hindley im Fernsehen gesehen haben.

"Seit ich sechs Jahre alt bin, fahre ich Rad. Früh reifte in mir der Wunsch, Radprofi zu werden, auch weil ich viele Rennen im Fernsehen sah. Natürlich hat mich Cadel beeindruckt“, sagte er während des Giro gegenüber radsport-news.com. Sein Jugendidol hat er, zumindest was den Giro anbelangt, bereits vor zwei Jahren übertroffen. 2020 wurde er Gesamtzweiter.

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Damals schon holte Hindley Rosa erst am vorletzten Tag. Er machte es sogar hochspannend, war zeitgleich mit dem damaligen Behelfskapitän von Ineos, Tao Geoghegan Hart. Gegen den jungen Briten patzte Hindley aber im Zeitfahren. Gegen alle Erwartung - er wurde von vielen Experten für besser im Zeitfahren gehalten - verlor er aber recht deutlich. “Es war kein richtig schlechtes Zeitfahren von mir, aber auch kein gutes”, sagte er danach. Und er versprach, wiederzukommen.

Hindley fuhr diesmal nicht abwartend, sondern war ein Protagonist

So ganz mochte man nicht glauben, dass sich dem unauffällig, aber auch weitgehend fehlerlos fahrenden Westaustralier noch einmal eine solche Chance bieten würde. Denn 2020 waren zahlreiche Favoriten ausgeschieden, Toursieger Geraint Thomas stürzte, Simon Yates und auch Steven Kruijswijk mussten wegen positiven Covid-Tests in ihren Teams abreisen. So einen konkurrenzarmen Giro wie den, der nach all diesen Ausfällen ausgefahren wurde, würde es so schnell nicht mehr geben. Das war klar.

Diesmal hat er auch gute Chancen, Rosa auch mit nach hause nehmen zu dürfen. | Foto: Cor Vos

In diesem Jahr stellt Olympiasieger Richard Carapaz (Ineos Grenadiers) eine zumindest vom Papier her härtere Prüfung für Hindley dar. Allerdings ist der 26-Jährige mittlerweile reifer geworden. Er hat an Rennhärte gewonnen und an Selbstbewusstsein. Die Nerven flattern nicht mehr. Das bewies er diesen gesamten Giro über. Er fuhr ihn nicht abwartend, sondern als Protagonist. Wie er die 20. Etappe bestritt, die seine letzte Chance auf Rosa vor dem Zeitfahren sowie einen Vorsprung im Kampf gegen die Uhr darstellte, beeindruckte.

Das ist einer der Unterschiede zu 2020. Ein weiterer: Damals war Hindley auf dem absteigenden Ast. Etappe für Etappe büßte er in der letzten Woche Zeit auf Geoghegan Hart ein. Nur wegen einer Schwäche seines damaligen Kapitäns Wilco Kelderman - und einer erratischen Taktik des seinerzeitigen Arbeitgebers Sunweb - rutschte er überhaupt in die Führungsposition. Das Momentum lag aber eindeutig beim Ineos-Youngster Hart.

Hindley erreicht das Ziel der 20. Etappe des Giro, nachdem er Carapaz abgeschüttelt hat. | Foto: Cor Vos

In diesem Jahr ist Hindley der Jäger. Er hat sich seine Beute immer wieder zurechtgelegt, prüfte Carapaz viele Male. Und weil er ihn allein nicht bezwingen konnte, nahm er sein Team zu Hilfe. Lennard Kämna war am Samstag in den Dolomiten fundamental.

Mit flüssigem Tritt und freiem Kopf ins Zeitfahren?

Hindley muss sich jetzt diese Jägermentalität bewahren. Er darf sich vom deutlichen Vorsprung nicht einlullen lassen. Er darf aber auch nicht verkrampfen. Sonst rutscht er in die mentale Versagensschleife, die Primoz Roglic (Jumbo - Visma) beim finalen Zeitfahren der Tour de France 2020 um den schon sicher geglaubten Auftritt in Gelb auf den Champs Elysees gebracht hatte. Geht Hindley mit der Einstellung in das Zeitfahren, dass er viel zu verlieren hat, ist eine weitere Schlappe möglich, wenn nicht wahrscheinlich. Ist er hingegen überzeugt, an diesem Sonntag in erster Linie gewinnen zu können, sollte der Tritt flüssig und der Kopf frei sein.

Wenn nichts mehr schiefgeht, wird Hindley als erster Australier die Italienrundfahrt gewinnen und für Bora - hansgrohe den ersten GrandTour-Erfolg feiern. | Foto: Cor Vos

Natürlich fährt er auch gegen eine traumatische Erfahrung an. Einmal schließlich hat er schon den Giro am letzten Tag verloren. Wie sehr dies im Hinterkopf steckt, wie sehr ihn das wirklich belastet, weiß nur er selbst. Was Hindley auch weiß: Verliert er ein weiteres Mal einen Giro am letzten Tag, dann brennt sich dies ein, dann ist ein Pfad angelegt, aus dem in Zukunft noch schwerer auszubrechen ist.

Hindley fährt am Sonntag also nicht nur um Rosa, nicht nur darum, der erste australische Giro-Sieger zu sein. Er kämpft auch nicht nur gegen eine Wiederholung der Geschichte. Er fährt auch gegen das Omen, nur das Zeug zum zweiten Sieger zu haben.

Hindley kann in Verona Geschichte schreiben

Die komplexe Aufgabe für ihn ist, all diese Gedanken auszublenden, und einfach ein gutes Zeitfahren abzuliefern. Der neue Bora-Star wirkt pragmatisch genug, das zu leisten. Als radsport-news.com ihn vor ein paar Tagen fragte, was er aus seiner Erfahrung als Giro-Zweiter und Bergetappengewinner schöpfe, um den nächsten Schritt zu machen und die Rundfahrt zu gewinnen, rätselte Hindley nicht lange herum. “Einfach die besten Beine haben “, sagte er grinsend.

Genau die braucht er auch am Sonntag. Dann ist Geschichte geschrieben und niemand wird den Begriff "Trauma" benutzen.

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