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12.06.2022 | (rsn) – Um ein Haar hätte sich Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe) mit einem Paukenschlag auf der WorldTour-Bühne zurückgemeldet. Der Deutsche Meister verpasste den Sieg auf der 1. Etappe der 85. Tour de Suisse in Küsnacht knapp. Im Bergaufsprint musste er sich nur dem Briten Stephen Williams (Bahrain Victorious) geschlagen geben.
Tagesdritter wurde Andreas Kron (Lotto Soudal) vor Marc Hirschi (UAE Team Emirates) und Alexey Lutsenko (Astana Qazaqstan).
"Es ist mein erstes Rennen nach einem großen Trainingsblock seit der Tour de Romandie. Aber ich wusste, dass ich gute Arbeit gemacht habe und was ich konnte. Trotzdem ist es sehr speziell, die 1. Etappe hier zu gewinnen", sagte Williams im ersten Sieger-Interview nach seinem bislang größten Karriereerfolg sehr ruhig und abgeklärt. Auf die Nachfrage, ob ihn dieser Triumph denn nicht mehr aufrüttele, antwortete er: "Ich glaube es ist noch nicht richtig eingesunken. Es waren ein paar komische Jahre, und jetzt hier die 1. Etappe zu gewinnen ist toll – doch, doch, ich bin über den Wolken."
Das 177,6 Kilometer lange Auftakt-Teilstück war eine Reminiszenz an den Schweizer Klassiker Züri Metzgete, der zuletzt vor acht Jahren ausgetragen worden war. Er fand auf einem Rundkurs über die Anstiege Pfannenstil und Küsnachter Berg mit Start und Ziel in Küsnacht statt.
Der Parcours über die beiden zwar nicht ewig langen oder hohen, trotzdem aber schweren Berge, sorgte für die erste Selektion in Sachen Gesamtwertung der achttägigen Rundfahrt. Nur 15 Mann erreichten das Tagesziel zeitgleich, dahinter ging bereits eine Lücke von 34 Sekunden zu einer kleinen Verfolgergruppe und ein Loch von einer Minute zu einer Gruppe um Mitfavoriten wie Daniel Felipe Martinez (Ineos Grenadiers), Rigoberto Uran (EF Education – EasyPost) und Thibaut Pinot (Groupama – FDJ) oder Gino Mäder (Bahrain Victorious) auf.
Unter den 15 Zeitgleichen befanden sich dagegen Remco Evenepoel und Ilan van Wilder (beide Quick-Step – Alpha Vinyl), Adam Yates und Geraint Thomas (beide Ineos Grenadiers), Aleksandr Vlasov und Sergio Higuita (beide Bora – hansgrohe) sowie Domenico Pozzovivo (Intermarché – Wanty – Gobert), Jakob Fuglsang (Israel – Premier Tech), Sepp Kuss (Jumbo – Visma) und sogar Stefan Küng (Groupama – FDJ).
So lief das Rennen:
Schon nach sechs Kilometern bildete sich eine siebenköpfige Ausreißergruppe, die schnell über zwei Minuten Vorsprung herausfuhr und auf den drei Runden um Gossau und Küsnacht zur Gruppe des Tages wurde – mit dabei die Schweizer Simon Vitzthum (Nationalteam) und Johan Jacobs (Movistar), der erst am Sonntag in den Kader seines Teams nachgerückt war, weil Ivan Cortina Garcia krank absagen musste.
Das Septett fuhr auf den ersten 30 Kilometern bis zu vier Minuten heraus, danach aber ging der Abstand zum Hauptfeld ganz langsam wieder herunter. Unterwegs gewann Quinn Simmons (Trek – Segafredo) die ersten beiden Zwischensprints sowie den zweiten von sechs Bergpreisen der 3. Kategorie, während sich Jacobs die erste Bergwertung sicherte.
Simmons krallt sich das Bergtrikot
Vitzthum bezwang Simmons im Sprint um den dritten Bergpreis am vom ehemaligen Eintages-Klassiker Züri Metzgete bekannten 'Pfannenstiel'. Doch der US-Amerikaner unterstrich immer wieder, dass er in der Spitzengruppe der Hungrigste war und sammelte die meisten Bergpunkte, um sich das Kletterer-Trikot überstreifen zu können. So ging die vierte Wertung am steilen Küsnachter Berg im engen Zuschauerspalier 50 Kilometer vor dem Tagesziel wieder an Simmons.
Diese Rampe nutzte im Hauptfeld Philippe Gilbert (Lotto Soudal), um zu attackieren und 1:30 Minuten hinter der Spitzengruppe eine Verfolgergruppe zu initiieren. Ihm schlossen sich vier Begleiter an, darunter Tom Pidcock (Ineos Grenadiers) und Ilan van Wilder (Quick-Step – Alpha Vinyl).
Gilbert, Pidcock und Co. zu gefährlich
Doch eine so starke Gruppe wollte man im Hauptfeld nicht ziehen lassen, und so explodierte dort das Tempo. Die Gilbert-Gruppe wurde schnell wieder gestellt, doch auch die Spitzenreiter hatten aufgrund der Tempoverschärfung drei Kilometer später nur noch 50 Sekunden Vorsprung. Eingangs der Schlussrunde ging das Loch noch einmal etwas auf, doch einige der Ausreißer waren bereits arg angeschlagen.
22 Kilometer vor Schluss nahmen mit Simmons, Vitzthum, Chad Haga (Human Powered Health) und Casper Pedersen (DSM) noch vier der Spitzenreiter gemeinsam den letzten Aufstieg zum Pfannenstiel in Angriff – bei jetzt aber auch nur noch 30 Sekunden Vorsprung auf das Hauptfeld. Simmons holte sich noch einmal drei Bergpunkte, doch das Hauptfeld war auf der Kuppe bereits nah aufgerückt und die Flucht somit fast vorbei.
Vitzthum wird als letzter Ausreißer gestellt
Der US-Amerikaner ließ sich in der Abfahrt zurückfallen, doch Vitzthum, Haga und Pedersen zogen weiter durch und bauten ihren Vorsprung sogar nochmal etwas aus, so dass sie die letzten zehn Kilometer am Stadtrand von Zürich mit 20 Sekunden Vorsprung zu dritt in Angriff nahmen, bevor dann Haga als nächstes zurückfiel.
Vitzthum ließ Pedersen schließlich sieben Kilometer vor Schluss ebenfalls stehen, so dass sich der Schweizer dem Preis des kämpferischsten Fahrers endgültig sicher sein durfte. Doch auch sein letztes Aufbäumen war vergebens, das Hauptfeld stellte ihn rund 1.000 Meter später unter dem Tempodiktat von Quick-Step – Alpha Vinyl.
In der 2,7 Kilometer langen und im Schnitt 8,2 Prozent steilen Rampe zum Küsnachter Berg – ebenfalls ein Relikt der ehrwürdigen Züri Metzgete - versuchte Alessandro Covi (UAE Team Emirates), sich abzusetzen. Doch der Giro-Etappensieger kam genauso wenig weg, wie kurz zuvor Neilson Powless (EF Education – EasyPost).
Fuglsang und Evenepoel sorgen für erste Favoritenselektion
Etwas besser saß fünf Kilometer vor Schluss ein Vorstoß von Jakob Fuglsang (Israel – Premier Tech), dem Remco Evenepoel (Quick-Step – Alpha Vinyl) genauso sofort folgte, wie die großen Favoriten Adam Yates (Ineos Grenadiers) und Aleksandr Vlasov aber auch Schachmann (beide Bora – hansgrohe) und Marc Hirschi (UAE Team Emirates) sowie Stefan Küng (Groupama – FDJ). So bildete sich eine 15-köpfige Favoritengruppe und die erste fürs Gesamtklassement wichtige Vorselektion der Woche in der Schweiz war geschafft.
Vlasov ließ knapp zwei Kilometer vor Schluss den nächsten Angriff folgen und nur Evenepoel konnte sofort mitgehen. Küng, der ohne Teamkollege in der Gruppe saß, verweigerte die Nachführarbeit und die Lücke ging auf, bis Geraint Thomas für Yates die Verantwortung übernahm. Auf dem Schlusskilometer lief die 15-Mann-Gruppe so doch nochmal zusammen und es kam schließlich zum Bergaufsprint um den Auftaktsieg, den Ilan van Wilder eröffnete.
Schachmann kam auf den letzten 100 Metern in einer langgezogenen Rechtskurve außen vorbei und sah schon fast wie der Sieger aus, doch auf der Innenbahn hatte Williams den etwas kürzeren Weg und gewann vor dem Deutschen Meister.
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