--> -->
29.06.2022 | (rsn) – Eine Sensation war es für Szenekenner nicht, doch etwas überrascht durfte man beim Blick aufs Podium der Deutschen Meisterschaften am Sonntag im Sauerland schon sein: Neben den Favoritinnen Liane Lippert (Team DSM) und Ricarda Bauernfeind (Canyon – SRAM) stand dort Nadine Gill (Sopela) auf dem Treppchen.
Die 31-Jährige hat in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Entwicklung genommen und in diesem Frühjahr den Durchbruch geschafft. Dass sie zu den besten Bergfahrerinnen Deutschlands gehörte, war daher vor dem Sauerland-Wochenende bereits klar. Den Gewinn einer DM-Medaille aber musste man von Gill trotzdem nicht zwangsweise erwarten – und gerade Außenstehende dürften sich am Kahlen Asten gefragt haben: 'Wer ist denn eigentlich die?'
___STEADY_PAYWALL___radsport-news.com stellt die Quereinsteigerin vor, die erst im Jahr 2018 mit dem Rennrad in Berührung kam, 2021 aber sogar schon zum deutschen Bundeskader gehörte und sich nun im zweiten Jahr einer vierjährigen Beurlaubung von ihrem Hauptberuf befindet, um den Traum des Radprofis zu leben. Eigentlich nämlich ist Gill Diplomatin und arbeitete für das Auswärtige Amt bereits in Pakistan, Äthiopien und Brasilien. Doch fangen wir vorne an:
Das DM-Podium 2022: Liane Lippert (DSM, Mitte) gewann vor Ricarda Bauernfeind (Canyon - SRAM Generation, links) und Nadine Gill (Sopela, rechts). | Foto: Roth Foto
Schon als Jugendliche war Gill bei Radrennen anzutreffen – allerdings nicht auf der Straße, sondern im Gelände. Die gebürtige Heidelbergerin fuhr in der U13 und U15 Mountainbike, bekam anfangs ihrer U17-Zeit aber Rückenprobleme und musste pausieren. Sie hielt sich ohne Rad fit und lief in 1:19 Stunden mit 16 einen neuen deutschen Jugendrekord über die Halbmarathon-Distanz – eine neue Leidenschaft war geboren.
Von Heidelberg über Berlin, Islamabad und Sao Paulo an den Chiemsee
Das Laufen begleitete sie in den folgenden Jahren, doch der Hauptfokus lag auf ihrem beruflichen Werdegang: Nach dem Abitur 2010 ging es nach Berlin an die Fachhochschule des Bundes, um dort 'Auswärtige Angelegenheiten' zu studieren. Mit dem Abschluss nach drei Jahren und einem Jahr als Praktikantin in Schottland begann das Arbeitsleben dann in der deutschen Botschaft in Pakistans Hauptstadt Islamabad.
"Dort habe ich mich wieder mehr mit dem Laufen beschäftigt – vermutlich auch, weil es dort neben der Arbeit sonst nicht allzu viel zu tun gab", erzählt Gill heute. Immer wieder reiste sie von Pakistan zu Laufveranstaltungen und wurde besser. Nach drei Jahren in Asien ging es für einige Monate nach Äthiopien und schließlich kam die Versetzung ins Generalkonsulat in Brasilien, genauer in Sao Paulo. Und auch dort arbeitete Gill noch an ihrer Laufkarriere, bis sie Verletzungen endgültig stoppten.
Wegen Verletzungen aus den Laufschuhen aufs Rennrad
"Ich gehörte zu den Top 15 oder vielleicht sogar Top 10 der deutschen Marathonläuferinnen, aber nicht ganz zu den Besten", so die 31-Jährige. Bei ihrem Höhepunkt, dem Boston Marathon, bekam sie aber am Ende Probleme und konnte ihre Bestleistung in 2:47 Stunden nicht mehr verbessern. Es folgten zwei Ermüdungsbrüche und wiederkehrende Knieschmerzen. "Das Einzige, was schmerzfrei ging, war zu radeln. Deshalb habe ich mir dann ein Rennrad angeschafft", erzählt sie. Und damit begann sie eine neue Erfolgswelle zu surfen. Denn Gill meldete sich bei den ersten Rennen in Brasilien an und gewann prompt.
Nadine Gill (Sopela, 2. von links) führt bei der DM 2022 das Peloton den Anstieg von Brunskappel hinauf. | Foto: Roth Foto
"Als ich in Brasilien wirklich alles gewonnen habe, wollte ich schauen, wie ich in Deutschland abschneide. Weil ich nicht abschätzen konnte, wie das einzuordnen ist. Deshalb habe ich dann meine Urlaube immer so geplant, dass ich in Europa Wettkämpfe fahren konnte. Dann wurde ich bei der Deutschen Bergmeisterschaft in Ilsfeld-Auenstein 2019 Zweite und anschließend habe ich zum Team Stuttgart Kontakt aufgenommen, weil Caro Schiff mir das empfohlen hatte", so Gill.
Für den süddeutschen Bundesliga-Rennstall von Olaf Janson fuhr Gill Ende 2019 die italienische 2.2-Rundfahrt Giro delle Marche und wurde dort prompt Gesamtsiebte. "Danach war die Motivation umso größer und deshalb habe ich das 2020 noch intensiviert", erzählt sie. 2020 folgten einige Einsätze in Spanien für das dortige Club-Team Belori Vipeq und Gill mischte munter unter WorldTour-Größen mit: Sie wurde beim Sieg von Anna van der Breggen 15. der Valencia-Rundfahrt und Ende Juli 20. beim baskischen Eintageklassiker Durango-Durango. Dort wurde das ansässige UCI-Team Bizkaia – Durango auf Gill aufmerksam und bot ihr einen Vertrag bis Ende 2021 an, durch den sie noch im September 2020 den Giro d'Italia bestreiten konnte.
Vier Jahre unbezahlter Urlaub für den Traum auf dem Rennrad
"Beim Giro hat mich dann der Bundestrainer angerufen und mich als Ersatzfahrerin für die Weltmeisterschaft in Imola nominiert. Dort ist sogar kurzfristig noch eine ausgefallen, aber das war leider zu spät – weil ich schon zurück in Brasilien war. Aber ab da habe ich noch etwas größer zu träumen begonnen und beim Auswärtigen Amt die Beurlaubung beantragt", berichtet Gill von dem Moment, der den Schalter in Richtung Profidasein umlegte.
Zum Jahreswechsel 2020/2021 kehrte sie mit ihrem brasilianischen Mann nach Deutschland zurück und zog an den Chiemsee in die Nähe ihrer Mutter – das Projekt in Sao Paulo war ohnehin abgeschlossen – und nahm sich für zwei Jahre unbezahlten Urlaub, um sich nun voll aufs Radfahren konzentrieren zu können. Gill gehörte nun sogar dem Bundeskader an, doch 2021 wurde "katastrophal", wie sie selbst sagt.
2021 fuhr Nadine Gill für Bizkaia - Durango. Bei der damaligen DM in Stuttgart musste sie aufgeben. Im Nachhinein wurde klar: Sie hatte Corona. | Foto: Roth Foto
"Ich hatte erst Pfeiffersches Drüsenfieber und dann zur Saisonmitte richtig heftig Corona. Da ging bei mir gar nichts und mangels Ergebnissen war ich verständlicherweise auch schnell wieder raus aus dem Kader", sagt sie. Trotzdem aber gab Gill nicht auf. Beurlaubt war sie ohnehin für noch ein weiteres Jahr, also suchte sie sich Ende 2021 ein neues Team und landete beim zweiten baskischen UCI-Rennstall Sopela aus der gleichnamigen Vorstadt Bilbaos.
Der endgültige Durchbruch gelang im Mai in Spanien
'The rest is history', könnte man sagen. Denn im neongelben Sopela-Trikot gelang Gill im Frühjahr 2022 nun der Durchbruch: Gill wurde im Mai Fünfte der Ruta del Sol (2.1), Fünfte des Gran Premio de Eibar (1.1) und 14. der bärenstark besetzten WorldTour-Rundfahrt Itzulia Women sowie Zehnte bei Durango-Durango (1.1) und 18. beim zweiten WorldTour-Etappenrennen Vuelta a Burgos.
"Ich denke ich gehöre jetzt zu den Top 20 oder Top 15 unter den Bergfahrerinnen. Die Top 10 wären da das nächste Ziel, und ich sehe, dass ich noch viel Potential habe", sagt Gill und fügt mit einem Lachen hinzu: "Körperlich bin ich ganz sicher nicht austrainiert."
Attacke! Nadine Gill (Sopela, ganz vorne) will am Berg in Zukunft zur absoluten Weltspitze gehören. Bei der DM im Sauerland kletterte sie zusammen mit den besten deutschen Bergfahrerinnen um Liane Lippert (Team DSM), Ricarda Bauernfeind (Canyon - SRAM Generation) und Clara Koppenburg (Cofidis, im Bild an 2. Position) sowie Youngster Antonia Niedermaier (Canyon - SRAM Generation) um den Titel. | Foto: Roth Foto
Dass sie an diesem Ziel weiterarbeiten wird, das ist inzwischen sicher. Denn die nächsten zwei Jahre Beurlaubung hat Gill beim Auswärtigen Amt bereits beantragt. Grundlage dafür war, dass sie nach ihren starken Leistungen im Mai bereits von einigen Teams angesprochen wurde und einen neuen Vertrag bereits in der Tasche hat. Bei welchem Rennstall, das wollte sie noch nicht verraten. "Aber wenn es die Angebote nicht gegeben hätte, wäre ich nächstes Jahr wohl an den Schreibtisch zurückgekehrt."
Platz 6 im DM-Zeitfahren eine kleine Enttäuschung
So aber fuhr Gill mit gesicherter Zukunft im Rücken zu den Deutschen Meisterschaften ins Sauerland und wurde dort zunächst freitags Sechste im Zeitfahren und dann sonntags Dritte im Straßenrennen. "Diese Bronzemedaille bedeutet mir ziemlich viel", strahlte sie am Kahlen Asten auf der Pressekonferenz am Sonntag. Gegenüber radsport-news.com erklärte sie aber auch, dass Edelmetall durchaus auch ihr Ziel und der sechste Rang im Zeitfahren sogar eine kleine Enttäuschung gewesen war.
"Da habe ich meine Leistung nicht erreicht, von daher ist da für nächstes Jahr auch noch mehr mein Ziel. Ich habe gesehen, dass ich mit einer für mich schlechten Leistung immerhin Sechste wurde", so Gill.
Wie lange die Radsport-Karriere der 31-jährigen Diplomatin noch dauert, das scheint derzeit offen. Bis 2024 aber dürfen sich deutsche Fans an den Auftritten der neuen Berg-Hoffnung erfreuen. "Ich weiß, dass ich keine zehn Jahre mehr habe, wie all die jungen Talente. Aber ich will die zwei Jahre jetzt so gut wie möglich nutzen und mein Ziel ist es, eine der besten Bergfahrerinnen der Welt zu sein", sagt sie. Mit professioneller Betreuung in einem größeren Team scheint das gar nicht mal aus der Luft gegriffen zu sein.
(rsn) - Noch beim Interview flossen die Tränen über Anja Grossmanns Gesicht. Die Schweizerin war bei der Cross-WM im Rennen der Juniorinnen auf dem vierten Platz gelandet und darüber tief enttäusc
01.02.2025Revols Technik setzt sich gegen Bukovskas Kraft durch(rsn) - Lise Revol hat sich die erste Goldmedaille in einem Einzelwettbewerb bei der Cross-WM in Liévin gesichert. Die 16-jährige Französin setzte sich in einem bis zur Zielgerade packenden Duell m
01.02.2025Bäckstedt und del Grosso wollen Titel verteidigen, Benz mit Chancen(rsn) – Sieben Titel werden bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft im nordfranzösiaschen Liévin vom 31. Januar bis zum 2. Februar 2025 vergeben. Neben dem Regenbogentrikot bei den Frauen am Samstag
01.02.2025UCI schafft Women´s WorldTour-Rankings und -Führungstrikots ab(rsn) – Für einige Regeländerungen dreht der Radsport-Weltverband UCI gerne die Öffentlichkeitsarbeits-Maschinerie an. Das ist meistens dann der Fall, wenn sicherheitsrelevante Themen angegangen
01.02.2025Wollaston beißt sich in den Rampen fest und ist im Sprint die Schnellste(rsn) – Ally Wollaston (FDJ – Suez) hat zum Abschluss des australischen Radsport-Sommers beim Cadel Evans Great Ocean Road Race (1.WWT) eindrucksvoll unterstrichen, weshalb sie als eine der meistv
31.01.2025Meisen bittet zum letzten Tanz, Benz mit Medaillenchance(rsn) – Sieben Rennen werden bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft (31. Januar - zum 2. Februar) im nordfranzösischen Liévin ausgetragen. An sechs davon werden auch deutsche Athletinnen und Athlete
30.01.2025Viel französischer Schlamm und ein bisschen Bieles(rsn) – Zum ersten Mal seit 2004 (Pontchateau) findet die Cross-Weltmeisterschaft wieder in Frankreich statt. Austragungsort ist Liévin, eine 30.000-Einwohner-Stadt im Département Pais-de-Calais i
29.01.2025Kann Vas in Liévin die niederländische Serie beenden?(rsn) – Am Freitag beginnt im französischen Liévin die Cyclocross-WM (31. Januar – 2. Februar). Am Samstag steht mit dem Elite-Rennen der Frauen das erste Highlight auf dem Programm. Bei den let
29.01.2025Nur Wollaston in Torquay schneller als Dygert(rsn) – Chloe Dygert hat nur knapp den zweiten Saisonsieg des deutschen Teams Canyon – SRAM zondacrypto verpasst. Die zweimalige Zeitfahrweltmeisterin aus den USA musste sich bei der Premiere der
29.01.2025Cadel Evans Women`s Race im Rückblick: Die letzten zehn Jahre(ran) - Nachdem mit der Santos Women`s Tour Down Under bereits der Auftakt der Women`s World Tour in Australien stattgefunden hat, folgt mit dem Cadel Evans Great Ocean Road Race auch das erste Einta
28.01.2025Vos verpasst Titelkämpfe in Lievin(rsn) - Eine Wadenverletzung, welche sich die Niederländerin Marianne Vos (Visma - Lease a Bike) beim Weltcup am Samstag in Maasmechelen erlitt, bedeutet ihr Aus für die Weltmeisterschaften am komme
28.01.2025Mit vielen jungen Talenten und PFP mehr Fokus auf die Berge(rsn) - Die zunehmende Orientierung der großen Teams in der Women´s WorldTour in Richtung Tour de France ist auch bei Visma - Lease a Bike erkennbar. Die niederländische Mannschaft hat mit Pauline
(rsn) – Auf Mallorca ist die Trofeo Andratx – Pollenca (1.1) rund 125 Kilometer vor dem Ziel abgebrochen worden – wie es hieß, nach einer entsprechenden Forderung der Fahrer. Weitere Informatio
01.02.2025Grossmann tief enttäuscht: “Der Traum war der Titel“(rsn) - Noch beim Interview flossen die Tränen über Anja Grossmanns Gesicht. Die Schweizerin war bei der Cross-WM im Rennen der Juniorinnen auf dem vierten Platz gelandet und darüber tief enttäusc
01.02.2025Revols Technik setzt sich gegen Bukovskas Kraft durch(rsn) - Lise Revol hat sich die erste Goldmedaille in einem Einzelwettbewerb bei der Cross-WM in Liévin gesichert. Die 16-jährige Französin setzte sich in einem bis zur Zielgerade packenden Duell m
01.02.2025Bäckstedt und del Grosso wollen Titel verteidigen, Benz mit Chancen(rsn) – Sieben Titel werden bei der Cyclocross-Weltmeisterschaft im nordfranzösiaschen Liévin vom 31. Januar bis zum 2. Februar 2025 vergeben. Neben dem Regenbogentrikot bei den Frauen am Samstag
01.02.2025Das Programm der Cyclocross-Weltmeisterschaften von Liévin(rsn) – In sieben Wettbewerben an drei Tagen werden bei den UCI-Cyclocross-Weltmeisterschaften (31. Januar – 2. Februar) in Liévin im Norden Frankreichs Medaillen vergeben. Den Anfang macht dabei
01.02.2025Dauerbrenner Meisen gibt in Liévin seine Abschiedsvorstellung(rsn) - In den vergangenen knapp 20 Jahren war Marcel Meisen aus dem deutschen Cyclocross-Sport nicht wegzudenken. Neun nationale Titel hat der Stolberger in der Elite errungen, dazu kommt noch einer
01.02.2025UCI schafft Women´s WorldTour-Rankings und -Führungstrikots ab(rsn) – Für einige Regeländerungen dreht der Radsport-Weltverband UCI gerne die Öffentlichkeitsarbeits-Maschinerie an. Das ist meistens dann der Fall, wenn sicherheitsrelevante Themen angegangen
01.02.2025Wollaston beißt sich in den Rampen fest und ist im Sprint die Schnellste(rsn) – Ally Wollaston (FDJ – Suez) hat zum Abschluss des australischen Radsport-Sommers beim Cadel Evans Great Ocean Road Race (1.WWT) eindrucksvoll unterstrichen, weshalb sie als eine der meistv
01.02.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d
31.01.2025UCI hält weiter an Ruanda als WM-Ausrichter fest(rsn) – Der Radsportweltverband UCI hat am Freitagnachmittag in einer Presseaussendung auf Gerüchte über die Verschiebung der Straßen-Weltmeisterschaften in Ruanda reagiert. Zwei belgische Zeitun
31.01.2025Hirschi und Alaphilippe als Entwicklungsbeschleuniger(rsn) – In der Schweiz bewegt sich etwas. Und zwar in die richtige Richtung. Gleich zwei eidgenössische Teams begehren auf, wollen ihre Zeit als Zweitdivisionäre hinter sich lassen und streben nac
31.01.2025Christen-Brüder am Coll Soler im Sturzpech(rsn) – Nachdem Jan Christen (UAE Team Emirates –XRG) bereits zum Auftakt der Mallorca Challenge seinen ersten Saisonsieg eingefahren hatte, war der 20-jährige Schweizer bei der Trofeo Serra Tram