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27.12.2022 | (rsn) – Lisa Klein steht vor einem Umbruch und wichtigen Jahr in ihrer Karriere: Nach fünf Jahren bei Canyon – SRAM wird die inzwischen 26-jährige Saarländerin in Zukunft für Trek – Segafredo in die Pedale treten. Im Gespräch mit radsport-news.com zeigte sich Klein kurz vor Weihnachten hochmotiviert und glücklich mit dem Status Quo in ihrer Saisonvorbereitung, blickte selbstkritisch auf die vergangene Saison zurück und stellte auch klar, dass es zwischen ihr und ihrem bisherigen Rennstall kein böses Blut gebe.
"Ich wusste schon zu Saisonbeginn, dass mir ein Wechsel vielleicht mal wieder guttun könnte. Aber es war eine schwere Entscheidung, weil ich mich sehr wohlgefühlt habe", erklärte Klein und lobte vor allem Team-Manager Ronny Lauke in höchsten Tönen.
___STEADY_PAYWALL___Ihr letzter Renneinsatz im alten Team, die Simac Ladies Tour, sei nach einem sehr schweren Jahr nochmal ein schöner Abschied gewesen – gerade weil der in den letzten Jahren mehr in die reine Management-Rolle geschlüpfte Lauke dort nochmal als Sportlicher Leiter fungierte. "Er hat mir so viel beigebracht und später bei vielen Rennen im Autosehr gefehlt. Deshalb war das eine schöne Abschieds-Tour."
"Ich war mit meiner Form fast nie, wo ich sein wollte"
Von einem Spitzenergebnis in der Niederlande war Klein Anfang September aber weit entfernt – wie fast die gesamte Saison. "Ich war mit meiner Form einfach fast nie da, wo ich sein wollte. Da kann man auch nichts aufs Team schieben, muss ich ganz ehrlich sagen: Es ging bei mir einfach nicht wirklich voran", gestand Klein, die drei fünfte Plätze in den Einzelzeitfahren der EasyToys Tour, des Festival Elsy Jacobs und der Tour de Susse sowie den Vize-Titel bei den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften einfuhr, sonst aber auf der Straße kaum etwas Zählbares verbuchen konnte.
Wie Lisa Klein (rechts) verabschieden sich im Winter auch Ella Harris (2. von rechts) und Alice Barnes (2. von links) von Canyon – SRAM. | Foto: Cor Vos
Einmal mehr hing das auch mit Verletzungs- und Krankheitsproblemen bei Klein zusammen – und vor allem der Schulterbruch aus dem Sommer 2021 hing ihr noch lange nach. "Ich bin damals ja nach der WM operiert worden und musste vier Wochen stillhalten. In der Reha und auch im Training danach waren es aber immer noch riesige Schmerzen. Es war ein Horror-Winter", blickte Klein auf eine schlechte Saisonvorbereitung zurück.
Ihre Saison begann sie dann auf eigenen Wunsch beim Omloop Het Nieuwsblad, doch die Schulter beeinträchtigte sie noch immer. "Es ging nichts. Ich habe mich mit der Schulter im Rennen so schwach gefühlt", so Klein rückblickend. Passend dazu war die Klassiker-Kampagne Mitte März dann auch früh zu Ende: Bei einem Sturz beim Nokere Koerse brach sie sich den kleinen Finger an der linken Hand und zog sich eine Gehirnerschütterung zu.
"Arsch auf Grundeis" in Roubaix
Klein pausierte genau einen Monat bis Paris-Roubaix. "Und dort ist mir der Arsch auf Grundeis gegangen. Jeder hat etwas erwartet, aber ich war einfach null bereit – vor allem mental nicht", sagte sie nun über das Kopfsteinpflasterrennen, das ihr von der Veranlagung her eigentlich so gut liegen sollte, bei dem sie aber bei der Premiere im Herbst 2021 wegen der Schulter-OP fehlte und bei der zweiten Austragung nun im April auf Rang 77 ins Ziel kam.
Bei Paris-Roubaix fühlte sich Klein nach ihrem schweren Winter und einem Bruch im kleinen Finger nicht wohl. | Foto: Cor Vos
Über den Mai bereitete sich Klein dann auf die Deutschen Meisterschaften und den Giro d'Italia vor. Doch da sie bei ihren wenigen Renneinsätzen kaum überzeugen konnte, kam einen Tag vor der Zeitfahr-DM der nächste Tiefschlag: Sie gehörte nicht mehr zum Giro-Kader von Canyon – SRAM und stand vor einer unfreiwilligen Wettkampfpause bis in den August hinein. Die verlängerte sich dann auch noch, weil Klein an ihrem Geburtstag, dem 15. Juli, positiv auf Corona getestet wurde.
"Zehn Tage ging gar nichts – nur im Bett gelegen. Ich hatte zwei Tage über 40 Fieber und danach noch eine übelste Erkältung mit heftigen Gliederschmerzen, ständig mit hohem Puls, auch nachts", schilderte sie einen doch etwas härteren Verlauf der Erkrankung, die ihr auch durch die Europameisterschaften in München einen Strich machte.
Bei der EM weit weg von den eigenen Werten
Zwar konnte Klein mit dem Verfolgungs-Vierer EM-Gold holen, doch im Einzelzeitfahren und dem Straßenrennen einige Tage danach blieb sie weit hinter den eigenen Erwartungen zurück: Nur Platz 23 in der Parade-Disziplin. "Ich bin im 24-km-Zeitfahren Wattwerte gefahren, die ich normalerweise im Training über drei oder vier Stunden fahre – so schlimm war das", erklärte sie nun.
Bei den Deutschen Meisterschaften im Sauerland erfuhr Klein, dass sie den Giro d'Italia nicht fahren würde. | Foto: Cor Vos
Und so lief Kleins letztes Jahr bei Canyon – SRAM langsam aus. Sie fuhr noch die Simac Ladies Tour neun Tage nach der EM, heraus kam aber auch dort nichts Zählbares. So zog die Saarländerin, die inzwischen mit ihrem Freund, dem Nordischen Kombinierer Manuel Faißt, in Freiburg lebt, einen Schlussstrich unter das verkorkste Jahr und begann die Vorbereitung auf 2023.
"Es war echt schwer für mich, von zwei geplanten WMs keine zu fahren. Aber es hat Sinn gemacht und ich habe mit meinem neuen Trainer Daniel Healey einen richtigen Mega-Aufbau geplant und zwei Monate wirklich Grundlagen gelegt und auch sehr viel Athletik- und Krafttraining gemacht", so Klein, die nun im Dezember-Trainingslager ihres Teams in Spanien bereits erstes positives Feedback von ihrem Körper bekam: "Ich bin mit wenig Intensitäten ins Teamtrainingslager gekommen und ich war wirklich überrascht, wie gut es hier dank dieser Basis dann ging. Es war ein richtig geiles Camp."
Voller Vorfreude auf das neue Jahr mit Trek – Segafredo
Sie so schon lange nicht mehr so motiviert gewesen, erklärte Klein, und freue sich schon jetzt auf den frühen Saisonstart am 15. Januar bei der Tour Down Under in Australien. Dort werden sie und die Italienerin Ilaria Sanguineti voraussichtlich die sprintstärksten im Trek-Aufgebot sein, so dass Klein vielleicht sogar schon früh Ergebnisse einfahren könnte.
"Ich habe mit Daniel viel Hitzetraining eingebaut und ich bin gespannt, wie es dort dann läuft", so Klein, die insgesamt mit Blick auf ihr sehr stark besetztes, neues Team und eigene Ambitionen für die Saison 2023 erklärte: "Ich werde keine Ansprüche stellen, aber wenn ich Chancen bekomme will ich sie zu 100 Prozent nutzen."
2022 war Klein (links) Deutsche Vize-Meisterin im Einzelzeitfahren hinter Lisa Brennauer (Mitte). 2023 will sie sich den Titel nach Brennauers Karriereende nun zurückholen. | Foto: Cor Vos
Kleins persönliche Ziele 2023 liegen auf den Deutschen Zeitfahrmeisterschaften, wo sie nach 2019 zum zweiten Mal den Titel erringen will, sowie auf den Zeitfahr-Weltmeisterschaften im August in Glasgow. "Ich denke der Zeitfahrkurs dort ist genau meine Strecke – und ich mag Glasgow total gerne", erklärte sie.
Bis Glasgow ist der Weg allerdings noch weit. Vorher geht es nach Australien sowie anschließend direkt in die Schweiz zur Bahn-Europameisterschaft in Grenchen und danach zurück auf die Straße zur Valencia-Rundfahrt und über den Omloop Het Nieuwsblad hinein in die Klassiker-Saison.
"Es wird ein sehr volles Frühjahr", kündigte Klein an und betonte, dass es wichtig sei, von Beginn an bessere Leistungen zu bringen als im verkorksten 2022: "Ob ich am Ende auch Gent-Wevelgem, die Flandern-Rundfahrt und Paris-Roubaix fahre, entscheidet sich aber erst noch – je nachdem wie ich mich vorher schlage."
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