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20.02.2023 | (rsn) – Sie waren das Team, das den Tag prägte – und auch wenn am Ende nur die Plätze fünf und sechs für Nikias Arndt und Phil Bauhaus in der 13-köpfigen Spitzengruppe heraussprangen, so konnte man bei Bahrain Victorious nach der 1. Etappe der 5. UAE Tour (2.UWT) in Al Mirfa sehr zufrieden sein. Denn was wirklich zählte war am extrem windigen ersten Tag in der Wüste die Gesamtwertung. Und da hat sich Bahrain-Kapitän Pello Bilbao gemeinsam mit Remco Evenepoel (Soudal Quick-Step) und Luke Plapp (Ineos Grenadiers) deutlich um 51 Sekunden von der Konkurrenz um Adam Yates (UAE Team Emirates) und Co. abgesetzt.
"Wir sind heute hauptsächlich für Pello gefahren. Deshalb bin auch ich voll mit durchgegangen in der ersten Gruppe, weshalb mir hinten raus dann die Körner gefehlt haben", fasste Bauhaus gegenüber radsport-news.com nach dem Rennen zusammen und Arndt bestätigte, wo die Prioritäten gelegen hatten – nämlich nicht auf Etappensieg: "Der Plan ist gut aufgegangen für uns. Klar, wir haben viel investiert, waren aber zweimal in der ersten Gruppe mit Sprinter und GC-Fahrer. Das war ein guter Einstieg in die Rundfahrt!"
___STEADY_PAYWALL___ Besonders beeindruckend war eben genau das: Arndt, Bauhaus und Bilbao waren den gesamten Tag über immer in der ersten Gruppe des Rennens. Einzig Evenepoel, Plapp, Olav Kooij (Jumbo – Visma) und Cees Bol (Astana Qazaqstan) konnten das nach den ersten 151 Kilometern der UAE Tour ebenfalls von sich behaupten. Und die Bahrain Victorious-Fahrer waren es außerdem auch, die gleich nach dem Senken der Startflagge bei Kilometer 0 Vollgas gaben und das Peloton an der Windkante sofort zerpflückten.
25 Minuten Warterei an der Startlinie waren der Schlüssel
Um das zu schaffen legten Arndt, Bauhaus und Co. auch eine Verhaltensweise an den Tag, die an Vorstart-Nervosität bei Nachwuchsrennen erinnerte, aber im Gegenteil dazu von großer Erfahrung zeugte: "Wir haben uns 25 Minuten vor dem Start schon in der ersten Reihe an der Startlinie aufgestellt", erzählte Arndt nach dem Rennen. "Denn wir wussten von vor zwei Jahren, dass es direkt losgehen würde und man keine Chance hatte, rechtzeitig vorzukommen, wenn man hinten stand."
Warten auf den Start am Al Dhafra Castle: Direkt hinter den Landesmeistern, die immer ganz vorne starten dürfen, versammelten sich die Bahrain-Profis um Nikias Arndt (ganz links). | Foto: Cor Vos
Nach dem neutralen Start am Al Dhafra Castle mitten in der Wüste 30 Kilometer östlich von der Stadt Madinat Zayed ging es für rund 300 Meter auf einer engen Zufahrtsstraße geradeaus zu einem Kreisverkehr, dann für rund 700 Meter auf der Hauptstraße neutralisiert weiter bis zu Kilometer 0 – und dann war das Rennen schon eröffnet, bei Seitenwinden von 35 km/h. Bahrain Victorious sprintete sofort mit ganzer Mannschaftsstärke los und brachte die Konkurrenz in Probleme.
Als die erste Selektion geschafft war kehrte nach fünf Kilometern kurz etwas Ruhe ein, bevor Bahrain Victorious nach zehn Kilometern ein zweites Mal Vollgas gab und das ohnehin schon dezimierte Feld nochmal in mehrere Gruppen zerlegte. Es fanden sich schließlich 26 Mann zusammen, die vor einer etwas größeren zweiten Gruppe, in der die späteren Top 3 der Etappe - Tim Merlier (Soudal Quick-Step), Caleb Ewan (Lotto Dstny) und Mark Cavendish (Astana Qazaqstan) – allesamt saßen, für die kommenden 80 Kilometer stets zwischen 25 und 45 Sekunden Vorsprung hatte.
Arndt fuhr Sprint-Leadouts für den Kletterfloh Bilbao
"Es war die ganze Zeit nur noch Vollgas", erzählte Bauhaus den harten Kampf der beiden Gruppen gegeneinander. Trotzdem aber wurde in der Spitzengruppe für die beiden Zwischensprints nochmal eine Schippe draufgelegt und Arndt versuchte dort, Bilbao zum Gewinn einiger Bonussekunden zu lotsen – eine knifflige Aufgabe mit einem Kletterer am Hinterrad, anstatt eines Sprinters.
"Es ist schon schwierig, weil Bergfahrer wesentlich weniger Antritt und Maximalpower haben, als Sprinter. Wenn der Bergfahrer maximal 1.000 Watt aufs Pedal bekommt, ist das natürlich etwas anderes, als mit einem Sprinter am Hinterrad das Leadout fürs Etappenfinale zu fahren", erklärte Arndt. Bilbao tat sich an beiden Zwischensprints schwer und ergatterte schließlich nur zwei statt der erhofften sechs Bonussekunden. Doch Arndt schaffte es, der Konkurrenz einige Bonifikationen wegzuschnappen und war daher letztendlich zufrieden: "Klar hatten wir vielleicht auf eins, zwei Sekunden mehr für Pello gehofft, aber insgesamt ist es in Richtung Gesamtklassement gut gelaufen", meinte der 31-Jährige, der im Winter von DSM zu Bahrain Victorious gewechselt war.
Die entscheidende Selektion mit 13 Mann führten Bahrain Victorious und Soudal Quick-Step knapp 30 Kilometer vor Schluss herbei. | Foto: Cor Vos
51 Kilometer vor dem Etappenziel endete die 100-Kilometer-Hetzjagd vorübergehend, weil die etwas größere zweite Gruppe im Gegenwind immer näher an die Spitze herankam und schließlich sogar den Anschluss herstellen konnte. Doch gut zehn Kilometer vor der Schlussrunde um Al Mirfa war es wieder Bahrain Victorious, das gemeinsam mit Soudal Quick-Step einen erneuten Windkanten-Angriff fuhr und die entscheidende 13-Mann-Selektion herbeiführte, die am Ende den Tagessieg unter sich ausmachen sollte.
Bahrain Victorious zerreißt das Feld zum dritten Mal
Wieder waren Arndt, Bauhaus und Bilbao alle drei dabei – und wieder fuhren sie auch alle drei voll mit durch die Führung, um für den Basken möglichst viel Zeit auf den Großteil der Konkurrenten in der Gesamtwertung herauszuholen. Am Ende fehlte wohl auch deshalb die nötige Kraft, als dass Bauhaus um den Sieg hätte sprinten können. Doch der Zeitgewinn für Bilbao war dem Team eben mehr wert.
"Wir haben Phil nicht zurückgehalten, sondern auch er hat voll investiert. Als Team sind wir super gefahren, Phil ist ein superstarkes Rennen gefahren und hat deutlich mehr gemacht als die anderen Sprinter", lobte Arndt seinen Landsmann und Teamkollegen, der im Finale dann die Ansage machte, dass Arndt auf eigene Faust sprinten sollte, anstatt ihm den Sprint anzuziehen.
Bauhaus: "Mir war klar, dass ich keine Chance auf den Sieg habe"
"Mir war nach so einem harten Rennen klar, dass ich keine Chance mehr auf den Sieg habe. Ich wollte auch nicht, dass Nikias mir ein Leadout fährt und ich dann nicht mal mehr an ihm vorbeikomme. Deshalb habe ich gleich gesagt, dass er für sich fahren soll", erklärte Bauhaus. "Er ist einfach deutlich stärker als ich. Und am Ende war ich zwar Best of the Rest als Sechster, aber vor mir war zu den Top 5 schon eine ordentliche Lücke von 20 Metern."
Im Sprint um den Etappensieg hatten Nikias Arndt (2. von links) und Phil Bauhaus (3. von links) keine Chance gegen Tim Merlier (links), Caleb Ewan (rechts) und Mark Cavendish (Bildmitte). | Foto: Cor Vos
Arndt selbst freute sich über die Freiheit im Finale, musste aber auch gestehen, dass er gegen die Sprint-Spezialisten Merlier, Ewan, Cavendish und Kooij letztlich chancenlos war auf der Zielgeraden. "Es war natürlich supercool, dass ich die Chance bekommen habe, weil ich mich supergut gefühlt habe – deswegen haben wir auch geswitcht. Aber das Problem am Ende war, dass mir gegen die Weltklassesprinter so ein bisschen der Antritt fehlt", meinte Arndt, der sich daher mit Platz fünf zufriedengab.
"Das Ergebnis mit 5 und 6 ist suboptimal, aber es ist natürlich auch unserer aggressiven Fahrweise geschuldet", so der 31-Jährige. Und diese aggressive Fahrweise sorgte eben erstens für einen Zeitgewinn für Bilbao gegen viele Kontrahenten und zweitens für einen beeindruckenden Auftritt des gesamten Teams Bahrain Victorious.
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