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22.04.2023 | (rsn) – Nach zwei Ardennenrennen ist der Stand eindeutig: Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) 2, der Rest der Radsportwelt 0. Doch bei Lüttich-Bastogne-Lüttich (1.UWT), dem dritten und wichtigsten Wettkampf der inoffiziellen Serie in den Niederlanden und Belgien, trifft der Slowene auf einen Gegner, dem er seit der Weltmeisterschaft in Wollongong nicht mehr gegenübergestanden hat: Remco Evenepoel (Soudal - Quick-Step).
Im Gegensatz zum Flèche Wallonne (1.UWT), der fast immer auf einen Schlusssprint hinauf zur Mur de Huy hinausläuft, ist Lüttich-Bastogne-Lüttich unberechenbar. Letztes Jahr fiel die Vorentscheidung zugunsten Evenepoels an der Redoute, auch der letzte Anstieg, die Côte de la Roche-aux-Faucons kann als Scharfrichter fungieren – und zuletzt kam es oft zum Sprint einer kleinen Gruppe in Lüttich an der Maas. Dementsprechend gefährlicher ist das Rennen für einen herausragenden Topfavoriten wie Pogacar, der an den Steigungen unschlagbar scheint und von den guten Bergfahrern auch im Spurt wohl der schnellste ist.
Mit diesen Qualitäten muss der zweifache Toursieger im direkten Duell niemanden fürchten, doch mit Evenepoel trifft er am Sonntag auf einen Fahrer, der das Duell im Finale gern mit einer Soloattacke umgeht. So wird Pogacar immer ein Auge auf den Weltmeister haben müssen, denn wenn der sich erst einmal gelöst hat, ist es fast unmöglich, ihn wieder einzuholen. Das hat das Vorjahr gezeigt. Und der Belgier gab sich in seiner Pressekonferenz vor dem Rennen auch sehr selbstbewusst: "Ich bin nah dran an den 100 Prozent, vielleicht sogar an den 105", sagte er.
Doch wenn zwei sich beäugen, freut sich der Dritte. So könnte eine Pattstellung der beiden Topfavoriten dazu führen, dass einer oder mehrere der weniger hoch eingeschätzten Fahrer profitieren und sich von Evenepoel und Pogacar absetzen. Da die beiden Topstars über sehr starke Mannschaften verfügen, könnte auch einer ihrer Teamkollegen zu den Profiteuren gehören.
Neben UAE Team Emirates und Soudal – Quick-Step bringt Bahrain Victorious eine sehr starke Formation an den Start. Mit Mikel Landa, Matej Mohoric und Pello Bilbao haben sie gleich drei Athleten in ihren Reihen, die ganz vorn landen könnten. Dazu gesellt sich mit Wout Poels der dritte ehemalige Lüttich-Sieger am Start neben Pogacar und Evenepoel hinzu.
Ein echter Spezialist für den letzten Ardennenklassiker ist Michel Woods (Israel - Premier Tech), der die besten Zehn schon sechs Mal erreichte. Beim Flèche wurde er Vierter und unterstrich damit seine Ambitionen für Sonntag. Auch Romain Bardet (DSM) zeigte sich an der Mur. Mit bisher vier Top-Ten-Plätzen in Lüttich ist er gemeinsam mit Julian Alaphilippe (Soudal – Quick-Step) hinter Woods der zweitkonstanteste Fahrer bei La Doyenne.
Zur langen Liste der chancenreichen Außenseiter gehört auch Tom Pidcock (Ineos Grenadiers). Beim Amstel Gold Race (2.UWT) wurde er noch Dritter, beim Flèche hatte er einen schlechten Tag. "Am Mittwoch war ich nicht gut, die Mur lügt nie. Beim Amstel hatte ich mich komplett leer gefahren. Jetzt fühle ich mich aber besser", erklärte er gegenüber dem belgischen Sportportal Sporza.
Sowohl Trek – Segafredo mit Giulio Ciccone und dem Flèche-Zweiten Mattias Skjelmose als auch EF Education – EasyPost mit dem Amstel-Zweiten Ben Healy und Neilson Powless schicken am Sonntag starke Duos ins Rennen. Die Gefühlslage bei beiden Mannschaften dürfte nach Mittwoch aber unterschiedlich sein. Während die Männer in Pink beim Flèche ohne Ergebnis blieben – Powless war schon weit vor der Mur gestürzt – hatten die Trek-Fahrer mit Platz zwei für den Dänen und Rang fünf für den Italiener einen echten Toptag.
Bora – hansgrohe hat Aleksandr Vlasov zugunsten des Ardennenklassikers sogar vorzeitig aus der Tour oft he Alps (2.Pro) genommen, wo er vor der Schlussetappe auf Position sieben lag. Der Russe hat mit Jai Hindley den Giro-Sieger des letzten Jahres an seiner Seite und auch Sergio Higuita, der 2022 in Lüttich Fünfter wurde, ist mit von der Partie.
Die fünf Deutschen werden wie schon beim Amstel und dem Flèche einen schweren Stand haben. Ardennen-Experte Maximilian Schachmann (Bora – hansgrohe), der hier vor vier Jahren auf dem Podium stand, wird am Sonntag nicht am Start sein. So ist Georg Zimmermann (Intermarché – Circus – Wanty) die größte Hoffnung auf ein gutes Ergebnis für Schwarz-Rot-Gold. Der 25-Jährige zeigte sich am Mittwoch als Ausreißer und wurde erst 20 Kilometer vor dem Ziel als einer der letzten beiden Fahrer der großen Gruppe des Tages eingeholt.
Neben ihm stehen Leon Heinschke (DSM) und die drei Monument-Debütanten Michel Heßmann (Jumbo - Visma), Jason Osborne (Alpecin – Deceuninck) und Felix Engelhardt (Jayco - AlUla) am Start.
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