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19.05.2023 | (rsn) - Als Zweite im Ziel und trotzdem die Siegerin: Demi Vollering (SD Worx) hat offiziell die 2. Etappe der Vuelta a Burgos Feminas (2.WWT) in Lerma rund 40 Kilometer südlich der Stadt Burgos gewonnen. Die Niederländerin jubelte auf dem Zielstrich bereits, jedoch nicht über ihren eigenen Erfolg, sondern den vermeintlichen Sieg ihrer Teamkollegin Lorena Wiebes, die nach einem unwiderstehlichen Sprint in der steilen Schlussrampe kurz vor ihr angekommen war.
Wiebes aber wurde wenige Minuten danach von der UCI-Jury wegen eines Remplers gegen die US-Amerikanerin Chloe Dygert (Canyon - SRAM) distanziert und daher als Dritte gewertet, so dass offiziell Vollering vor Dygert das Teilstück gewann.
"Ich habe nicht gewonnen", sagte Vollering mit gequältem Lächeln noch auf dem Podium und betonte das anschließend auch im Siegerinnen-Interview gegenüber radsport-news.com: "Ich bin jetzt natürlich froh, dass ich vor Chloe geblieben bin auf den letzten Metern, so dass wir trotzdem gewonnen haben. Aber für mich ist die Siegerin heute Lorena. So wie sie in der steilen Rampe an mir vorbeikam, das war wirklich beeindruckend."
Sieben Sekunden hinter dem Trio wurde die Russin Tamara Dronova-Balabolina (Israel - Premier Tech - Roland) vor der Italienischen Meisterin Elisa Balsamo (Trek - Segafredo) Tagesvierte. Marlen Reusser (SD Worx) aus der Schweiz fuhr 20 Sekunden nach den Top Drei als Neunte über die Linie.
Reusser hatte die zwölfköpfige Gruppe, die auf einer ständig von Seiten- und Rückenwind begleiteten Etappe letztlich an der Spitze übrigblieb und am Ende zwei Minuten Vorsprung auf die nächsten Verfolgerinnen hatte, in die Schlussrampe hineingeführt.
Die ersten Risse waren im Feld bereits kurz nach dem Start entstanden und im Rennverlauf wurde die Spitzengruppe immer kleiner, so dass viele Mitfavoritinnen wie Cecilie Uttrup Ludwig (FDJ - Suez) oder Silvia Persico (UAE Team ADQ) und auch die deutsche Hoffnungsträgerin Clara Koppenburg (Cofidis) bereits mehr als zwei Minuten auf Vollering und Co. einbüßten.
"Es war ein wirklich hartes Rennen - und dafür waren auch wir als Team mitverantwortlich. Am Ende sind wir das Finale perfekt gefahren: Marlen hat den perfekten Leadout gefahren, ich bin Vollgas in den Anstieg rein und Lorena kam vorbei, so dass wir dann auf Eins und Zwei waren. Das ist natürlich toll", sagte Vollering und nahm auch Bezug auf das von Beginn an rasend hohe Tempo mit fast 50 km/h in der ersten Rennstunde:
"Es war von Beginn an Vollgas. Wir wussten ja alle, dass schon gleich nach dem Start die Gruppe entstehen würde, in der man am Ende sein muss, um um den Sieg zu fahren. Deshalb haben wir sofort alles gegeben."
In der Gesamtwertung führt trotz ihrer Distanzierung weiterhin die am Donnerstag auf der 1. Etappe erfolgreiche Wiebes mit nun vier Sekunden Vorsprung vor Vollering und Dygert. Balsamo ist mit 15 Sekunden Rückstand Gesamtvierte vor ihrer italienischen Landsfrau Soraya Paladin (Canyon - SRAM / + 0:19).
In der Punktewertung führt Dygert mit 36 Punkten und damit zwei Zählern Vorsprung vor Wiebes. Balsamo folgt mit 32 Punkten auf dem dritten Platz. Die Bergwertung führt Paladin deutlich mit 18 Punkten an, in der Nachwuchswertung ist Wiebes Erste und in der Teamwertung liegt ihre SD-Worx-Mannschaft 17 Sekunden vor dem deutschen Team Canyon - SRAM.
Schon vor dem Start in Sotresgudo drehten sich die Pedale bei fast allen Fahrerinnen im Peloton. Denn da von Kilometer 0 weg sofort starker Seitenwind drohte, war allen klar: Man musste von Beginn an für ein hartes Windkantenrennen bereit sein. Und genau das gab es auch. Nach einem um rund 15 Minuten verzögerten Start - Chiara Consonni (UAE Team ADQ) war auf dem Weg zur Startlinie mit einem Auto kollidiert und musste noch vor dem Start am Kinn genäht werden - ging das Peloton sofort auf die Kante und zerfiel in mehrere Gruppen.
Zunächst blieben an der Spitze 47 Fahrerinnen beisammen, während Mitfavoritin Cecilie Uttrup Ludwig (FDJ - Suez) bereits da in der zweiten Gruppe saß. Auf den ersten 70 Kilometern blieb die Ludwig-Gruppe ständig in Reichweite - immer zwischen 30 und 45 Sekunden. Als es zur zweiten Bergwertung am Alto de Cotto Gallo hinaufging, wuchs der Abstand auf eine Minute an, doch die Abgehängten kämpften weiter verbissen um den Anschluss an das im Rennverlauf kontinuierlich weiterschrumpfende erste Feld.
Eine Fahrerin nach der anderen fiel in die zweite Gruppe zurück. 40 Kilometer vor Schluss waren vorne nur noch 24 Frauen beisammen und 15 Kilometer später - kurz nachdem Soraya Paladin (Canyon - SRAM) den Bonussprint gewonnen hatte - verlor unter anderem auch die Tour-de-France-Fünfte Silvia Persico (UAE Team ADQ) zurück ins zweite Feld, das zu diesem Zeitpunkt endgültig geschlagen schien, weil die Lücke nun auf 1:45 Minuten angewachsen war.
Noch 14 Frauen erreichten gemeinsam die letzten 15 Kilometer, doch dann fielen als letztes auch noch Brodie Chapman (Trek - Segafredo) sowie Alexandra Manly (Jayco - AlUla) zurück, so dass schließlich eine zwölfköpfige Gruppe den Sieg unter sich ausmachte.
Trek - Segafredo und Canyon - SRAM waren dort noch zu dritt, SD Worx sogar zu viert vertreten. Dazu kamen die Russin Dronova-Balabolina und die Südafrikanerin Ashleigh Moolman-Pasio (AG Insurance - Soudal - Quick-Step). Sie rauschten gemeinsam auf Lerma zu, wo die letzten 800 Meter mit im Schnitt 6 Prozent einstiegen - die letzten 400 davon besonders steil und auf rauhem Pflaster durch eine kleine Gasse hinauf zum Marktplatz im Ortskern.
Marlen Reusser führte die Gruppe für SD Worx mit Vollgas in die Rampe hinein, bevor Vollering übernahm und auf den besser rollenden Platten in de Mitte des Sträßchens Vollgas gab. An ihrem Hinterrad saß Wiebes vor Balsamo, links neben ihnen auf dem rauheren Untergrund Dygert.
Als dann 150 Meter vor Schluss Wiebes ihren Spurt eröffnen wollte, verlor die Niederländerin das Gleichgewicht, kippte nach links gegen Dygert und beide kamen kurz aus dem Tritt. Dann aber zog Wiebes ihren Sprint durch und erreichte den Zielstrich klar als Erste - vor Teamkollegin Vollering und Dygert.
Nach ihrem ersten Siegerinnen-Interview fürs Live-Fernsehen bekam Wiebes hinter dem Podium dann aber von der Jury mitgeteilt, dass man sie für den Rempler gegen Dygert distanzieren würde.
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