Die Favoriten auf das Grüne Trikot

Tritt Philipsen in Van Aerts Fußspuren?

Foto zu dem Text "Tritt Philipsen in Van Aerts Fußspuren?"
Wer sprintet bei der Tour 2023 ins Grüne Trikot? | Foto: Cor Vos

29.06.2023  |  (rsn) – Bei der letztjährigen Tour de France fiel der Kampf um das Grüne Trikot aus. Zu dominant war Wout van Aert (Jumbo – Visma), der in Paris 480 Punkte und damit 194 Punkte auf dem Konto hatte als der zweitplatzierte Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck). Die beiden Belgier sind auch diesmal am Start, doch van Aert hat schon vor geraumer Zeit angekündigt, dass er 2023 kein spezielles Interesse an der Punktewertung habe.

Im Idealfall bieten sich den Sprintern der 110. Tour de France zehn Chancen auf einen Tagessieg, nämlich auf den Etappen 3, 4, 7, 8, 10, 11, 12, 18, 19 und 21. Da in den allermeisten Finals aber mehr oder weniger hohe Hügel warten, werden auch Kletterfähigkeiten gefragt sein. Der einzige tellerflache Abschnitt präsentiert sich den Fahrern am letzten Tag, wenn die Tour auf den Champs Élysées endet.

Sollten die schwereren Anstiege hart gefahren werden, fallen hier unweigerlich Sprinter zurück. Je nach Schwierigkeitsgrad könnte es dann um Fahrer wie Mark Cavendish (Astana Qazaqstan), Dylan Groenewegen (Jayco – AlUla), Sam Welsford (DSM), Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) oder Fabio Jakobsen (Soudal – Quick-Step) geschehen sein. Deshalb scheinen diese Sprinter kaum für das Grüne Trikot infrage zu kommen, auch wenn sie im Massenspurt Siege gut sein werden.

Jasper Philipsen

Hügelfester als die oben genannten Fahrer ist der Punktezweite des Vorjahres. Philipsen sprintete dieses Jahr elfmal um den Sieg. Sechsmal war er erfolgreich, viermal kam er als Zweiter ins Ziel und einmal wurde er Vierter. Eine bessere Quote hat kein anderer Sprinter vorzuweisen. Da der 25-jährige Belgier wohl einige Massen- und Zwischensprints mehr als die meisten seiner Konkurrenten in Angriff wird nehmen können, ist er der Topfavorit aufs Grüne Trikot.

Philipsen selbst sieht das aber – noch – anders: “Momentan ist das kein Hauptziel, aber das kann es noch werden. Wenn Wout van Aert doch auf Grün geht, wird es schwer, denn von allen schnellen Fahrern kommt er am besten über die Berge. Wenn Grün für ihn wirklich kein Ziel ist, steigen meine Chancen“, meinte er.

Mads Pedersen

Neben van Aert ist Mads Pedersen (Lidl – Trek) wohl der kompletteste der Sprinter. Das letzte Quäntchen Endschnelligkeit fehlt dem Dänen vielleicht, doch an den Hügeln muss es schon hoch hergehen, ehe der 27-Jährige abgehängt wird. So gewann Pedersen bei der letzten Vuelta a Espana das Punktetrikot mit noch größerer Überlegenheit, als es van Aert ihm bei der Tour vormachte. In Madrid lag Pedersen (409 Punkte) nicht weniger als 221 Zähler vor dem Zweiten Fred Wright (Bahrain Victorious).

In Spanien war die Konkurrenz allerdings schwächer als in Frankreich, deshalb wird Pedersen sowohl bei flachen als bei leicht hügligen Etappen nicht der Topfavorit sein. Ein Fragezeichen steht auch hinter der Form des Weltmeisters von 2019. Den Giro musste er nach einem Sturz mit einem Etappensieg im Gepäck aufgeben. Danach pausierte er bis zu Dänischen Meisterschaft, die er auf einem schweren Kurs als 14. beendete. Seine besten Beine konnte Pedersen dort jedoch noch nicht präsentieren.

Mathieu van der Poel

Der Niederländer ist der Gegenentwurf zum klassischen Sprinter. Erst wenn es im Finale schwer wird, wird van der Poel in Aktion treten. Das ist keine ideale Voraussetzung, um Grün übernehmen zu können, aber van der Poel ist alles zuzutrauen. Problematisch ist für ihn, dass sich seine Interessen mit denen seines Teamkollegen Philipsen kreuzen: Während der Belgier auf den Massensprint hofft, müsste van der Poel einen solchen verhindern.

Wout van Aert

Obwohl er angeblich kein Interesse am Grünen Trikot hat, ist die Titelverteidigung für van Aert alles andere als unmöglich. “Grün zu gewinnen war schön und wichtig für mich, aber das schönste im Radsport ist es, wenn man als Erster ins Ziel kommt“, meinte er im Gespräch mit Sporza. Wenn sich also die Chance auf einen Etappensieg bietet, wird der Jumbo-Profi seinen Kapitän Jonas Vingegaard kurz an seine Teamkollegen übergeben und selbst voll mit reinhalten.

So kann van Aert, ohne darauf abzuzielen, schnell vorn im Klassement auftauchen – und dann wird der Belgier schwer zu stoppen sein, vor allem, wenn er bei den Zwischensprints der letzten Woche wieder so punkten kann, wie er es 2022 getan hat. Doch einen schönen Grund, auf die Titelverteidigung verzichten zu wollen, gibt es auch noch: “Ich halte mich bereit, die Tour jeden Moment in Richtung Heimat verlassen zu müssen. Denn ich will die Geburt unseres zweiten Kindes keinesfalls verpassen“, sagte van Aert mit Blick auf die zweite Schwangerschaft seiner Frau Sarah de Bie der belgischen Zeitung Het Laatste Nieuws.

Dylan Groenewegen

Dylan Groenewegen braucht ebenfalls eher flaches Terrain, Trotzdem sollte der Niederländer nicht abgeschrieben werden. Seine letzten vier Sprints gewann der 30-Jährige allesamt. Insgesamt kam Groenewegen sechsmal als Erster ins Ziel, zweimal wurde er Zweiter und sieben weitere Male erreichte Top-Ten-Platzierungen. Damit ist er neben Philipsen und Jakobsen Topfavorit für die Massensprints.

Fabio Jakobsen

Der Europameister kommt auf einen Saisonsieg weniger als Philipsen und Groenewegen. Bei 14 Sprints erreichte er vier weitere Male das Podium und noch fünfmal die Top Ten. Auch Jakobsen wird aber schon an leichteren Hügeln Probleme haben, dem Feld zu folgen, weswegen das Grüne Trikot trotz seiner Endschnelligkeit nicht realistisch erscheint.

Das sieht der Niederländer selbst auch so. “Das Grüne Trikot ist nicht mein Hauptziel“, erklärte er gegenüber der belgischen Zeitung Het Nieuwsblad. “Ich denke nicht, dass ich auf dem Niveau von van Aert oder Pedersen bin“, fügte der zweimalige Etappensieger der letzten Tour an. Im Sprint Royal ist er auch dieses Mal wieder ganz vorn zu erwarten, denn bei der Belgien-Rundfahrt (2.Pro) hat Jakobsen zuletzt Philipsen in zwei von drei Duellen geschlagen.

Caleb Ewan

Bei Caleb Ewan (Lotto Dstny) läuft es seit geraumer Zeit nicht mehr rund. Seine letzte Touretappe holte der Australier 2020. Bei den hügeligen Finals kann der 28-Jährige aber von seiner Hügelfestigkeit profitieren, über die er zumindest in Topform verfügt. Außerdem muss Ewan in Frankreich nicht die teaminterne Konkurrenz von Arnaud de Lie fürchten, der ihn bei Lotto schon letztes Jahr überflügelt hat. Wenn die Beine mitspielen, muss sich Ewan allerdings auch vor den besten Sprintern nicht verstecken.

Mehr Informationen zu diesem Thema

25.06.2024Tour de France im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die Tour de France ist die wichtigste Rundfahrt im internationalen Radsportkalender. Vor der am 29. Juni im italienischen Florenz beginnenden 111. Ausgabe liefern wir einen Überblick über d

11.06.2024Cofidis setzt auf erfahrenes Tour-Team inklusive Geschke

(rsn) – Die französische WorldTour-Mannschaft Cofidis präsentierte am Dienstag die ersten sechs Fahrer ihres Tour-de-France-Kaders in einer Presseaussendung und verkündete dabei auch, dass Simon

10.01.2024“Wir brauchen keine vier Soßen“: Wie Roglic Bora besser macht

(rsn) – Primoz Roglic macht Bora – hansgrohe besser. Das lässt sich schon sagen, bevor der Slowene überhaupt ein einziges Rennen gefahren ist. Während sich das erst Anfang März ändern und Rog

07.10.2023Thomas: “Ineos Grenadiers ist ein Team im Wandel“

(rsn) – Der letzte Tour-de-France-Sieg liegt schon vier Jahre zurück und vor allem daran lässt sich ablesen, dass Ineos Grenadiers längst nicht mehr das beste Grand-Tour-Team der Welt ist. Dennoc

30.07.2023Niewiadoma machte ihre Hausübungen für die Pyrenäen

(rsn) – Als am Col d‘Aspin auf der 7. Etappe der Tour de France Femmes die beiden Favoritinnen Demi Vollering (SD Worx) und Annemiek Van Vleuten (Movistar) erstmals in die Offensive gingen, konnte

27.07.202320 Sekunden Zeitstrafe: Vollering und SD Worx entsetzt

(rsn) – Der Kampf um den Gesamtsieg bei der Tour de France Femmes, er war bislang einer um Sekunden. Lediglich deren acht hatte Demi Vollering (SD Worx) an den ersten vier Tagen mit großem Aufwand

27.07.2023Cofidis erfolgreich, aber Geschke “nicht so gut drauf“

(rsn) – Am Sonntag erwartete Simon Geschke (Cofidis) seine Teamkollegen in Paris zum großen Finale der 110. Tour de France, die er auf der 18. Etappe aufgrund heftiger Magenprobleme verlassen musst

26.07.2023Vingegaard euphorisch in Kopenhagen empfangen

(rsn) – Der Sieger der Tour de France, der Däne Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma), wurde am Mittwochnachmittag in Kopenhagen von mehreren 10000 Menschen empfangen. Eine große Menge versammelte si

25.07.2023Buchmann zweifelt an seinem Comeback als GC-Fahrer

(rsn) - Für einen Moment war die Hoffnung wieder da. Die Hoffnung darauf, einen Emanuel Buchmann zu sehen, wie er sich im Juli 2019 bei der Tour de France präsentiert und dabei einen sensationellen

24.07.2023Tour-Achter Gall derzeit kein Thema für Bora - hansgrohe

(rsn) – Auch wenn ab August wieder Wechsel verkündet werden dürfen: Bora – hansgrohe und Felix Gall (AG2R - Citroën) werden nicht in einem Satz auftauchen. Nach der starken Vorstellung des Öst

24.07.2023Auch ohne Etappensiege imponieren Bauhaus und Zimmermann

(rsn) – Wie im Vorjahr kein Etappensieg und kein Fahrer in den vordersten Regionen des Klassements: Die Bilanz der nur sieben deutschen Starter bei der 110. Tour de France liest sich auf den ersten

24.07.2023Rückblick: Die 110. Tour de France in Zahlen

(rsn) – Drei hart umkämpfte Wochen, 21 Etappen und insgesamt 3405 Kilometer liegen hinter den Teilnehmern der diesjährigen Tour de France. Radsport-news.com blickt auf die 110. Frankreich-Rundfah

Weitere Radsportnachrichten

16.04.2025Rutsch: “Ich habe das wirklich gebraucht“

(rsn) – Beim 122. Paris-Roubaix (1.UWT) fuhr Jonas Rutsch (Intermarché – Wanty)  bei einem “Ritt auf Messers Schneide“ ein Ergebnis heraus, “dass der Kopf dingend brauchte“, wie er RSN b

16.04.2025Fretin stürmt auf Aniolkowskis Rad zum ersten Sieg in der Heimat

(rsn) – Milan Fretin (Cofidis) hat die Ronde van Limburg (1.1) für sich entschieden. Der 24-jährige Belgier setzte sich bei seinem dritten Saisonsieg nach 178,6 Kilometern von Hasselt nach Tongere

16.04.2025Spuckattacke gegen van der Poel: Mann muss Geldstrafe zahlen

(rsn) – Bereits bei der E3 Classic im März wurde Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) vom Streckenrand attackiert. Der Zuschauer, der ihn damals bespuckt hatte, wurde mittlerweile von der

16.04.2025Brenner rückt als Tagesdritter auch im Gesamtklassement vor

(rsn) – Nach dem fünften Platz zum Auftakt ist Marco Brenner (Tudor) auf der 2. Etappe des 7. Giro d´Abruzzo (2.1) auf dem Podium gelandet. Hinter dem portugiesischen Solosieger Ivo Oliveira (UAE

16.04.2025Degenkolb: “Das komplette Gesamtpaket rechts ist kaputt“

(rsn) - Trotz schwerster Armverletzungen denkt John Degenkolb (Picnic – PostNL) nicht ans Karriereende. Nachdem er 2016 im Trainingslager von Calpe von einem Auto umgefahren worden war, will sich de

16.04.2025Titelverteidigerin Longo Borghini kann beim Brabantse Pijl starten

(rsn) – Knapp zwei Wochen nach ihrem Sturz bei der Flandern-Rundfahrt kehrt Elisa Longo Borghini (UAE Team ADQ) wieder ins Feld zurück. Wie ihr Team mitteilte, wird die Italienische Meisterin am Fr

16.04.202562. Eschborn-Frankfurt: Viele starke Puncheure am Start

(rsn) - Zwei Wochen vor dem Start von Eschborn-Frankfurt hat der Veranstalter die vorläufige Startliste des 1.Mai-Klassikers bekanntgegeben. Mit der Startnummer 1 wird Vorjahressieger Maxim Van Gils

16.04.2025Söderqvist folgt Teutenberg zum Profiteam von Lidl – Trek

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

16.04.2025Das Amstel Gold Race im Rückblick: die letzten zehn Jahre

(rsn) – Das Amstel Gold Race bildet traditionell den Auftakt der sogenannten Ardennenklassiker. Schmale Straßen sowie viele kurze, aber steile Anstiege kennzeichnen das einzige niederländische Wor

15.04.2025Flaschenwerfer entschuldigt sich bei van der Poel

(rsn) – Nach der Flaschen-Attacke gegen Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) bei Paris-Roubaix hat sich nun auch erstmals der Täter zu Wort gemeldet. Über einen Anwalt ließ der Mann, ein

15.04.2025WM-Straßenrennen 2027: In Sallanches gibts´s ein Kletterfestival

(rsn) – Im Rahmen der Präsentation der zweiten “Super-WM“, die vom 24. August bis 3. September 2027 im Département Haute-Savoie in den französischen Alpen stattfindet, hat der Radsportweltver

15.04.2025Red-Bull-Teamchef Denk: “Vielleicht fehlt der Klassikerfuchs“

(rsn) – In den letzten Wochen stand genau jene Klassikerfraktion im Dauereinsatz, die Red Bull – Bora – hansgrohe zur neuen Saison so massiv verstärkt hatte. Mit dem im Winter etablierten eigen

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Il Giro Abruzzo (2.1, ITA)
  • Ronde van Limburg (1.1, BEL)
  • Tour du Loir et Cher (2.2, FRA)