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19.07.2023 | (rsn) - Die 110. Tour de France ist entschieden! Wenn nichts außergewöhnliches mehr passiert, hat Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) seinen Titel erfolgreich verteidigt. Nie erwartete 7:35 Minuten trennen den Dänen nach der 17. Etappe von Saint Gervais Mont-Blanc nach Courchevel von seinem einzigen Herausforderer Tadej Pogacar (UAE Team Emirates), der den schlimmsten Einbruch seiner Karriere erlitt.
In der Anfangsphase der Etappe wartete Vingegaard noch auf seinen Gegner, der direkt neben ihm gestürzt war. Vingegaard hatte alles mit eigenen Augen miterlebt und schilderte den Sturz in der Pressekonferenz des Gelben Trikots: “Ich war direkt hinter Tadej, als er stürzte. Jemand hat sein Rad berührt. Es ist unglücklich für ihn, dass das passierte. Wir haben gewartet, bis er nach dem Sturz zurückkam, um nicht von dieser Situation zu profitieren. Es ist schwer zu sagen, ob der Sturz der Grund für seine Leistung war."
Bis zum Schlussanstieg hielt Pogacar mit dem Mann in Gelb mit. Als es jedoch acht Kilometer vor dem Gipfel des Col de la Loze (2304 Meter) und rund 14 vor dem Ziel ans Eingemachte ging, kannte Vingegaard kein Erbarmen mehr mit dem Slowenen. Jumbo zog das Tempo an und Pogacar musste im Ski-Ort Meribel reißen lassen. Atemberaubend schnell baute Vingegaard seinen Vorsprung Kilometer um Kilometer aus. Als seine Zugmaschine Sepp Kuss nicht mehr konnte, zog er allein davon, bis er mit Tiesj Benoot den nächsten Helfer erreichte, der wie Wilco Kelderman zu diesem Zweck in der Spitzengruppe positioniert worden war.
“Unser Perfomance Team macht die Pläne auf Basis meiner Qualitäten. Das tun sie aber schon im Dezember. Sie entwerfen den Plan früh und entwickeln ihn dann immer weiter.“, plauderte Vingegaard aus dem Nähkästchen seines Teams, dass schon lange im Vorfeld eine Taktik für die 17. Etappe ausgetüftelt hatte. "Nach gestern (dem Zeitfahren, das er gewann) haben wir sie aber nicht mehr geändert. Wir glaubten an den Plan und haben uns an ihn gehalten."
Nicht mal die Jumbo-Planer konnten damit rechnen, wie gut alles aufgehen würde. Niemand konnte davon ausgehen, dass Pogacar, der wohl kränkelte, nach seinen ebenfalls überragenden Tagen zuvor, derart einbrechen würde. ”Wir haben die gesamte Tour gegeneinander gekämpft. Für Tadej ist es natürlich nicht schön so unterzugehen, aber wir gucken nur auf uns selbst und freuen uns, dass wir einen weiteren Tag im Gelben Trikot bleiben“, stapelte Vingegaard ziemlich tief angesichts seines nun mehr als komfortablen Vorsprungs. „Ich hatte nicht erwartet, dass ich einen so guten Tag haben würde. Es ist schwer zu beschreiben“, konnte der Titelverteidiger es selbst nicht fassen.
Auf seiner unwiderstehlichen Fahrt zum Gipfel, ließ er sich auch nicht von einem Stau im Anstieg aufhalten. Ein Begleitmotorrad des französischen Fernsehens war plötzlich inmitten der Menschenmassen stehengeblieben. Es entstand Stau: Zwei Organisationsfahrzeuge und ein weiteres Motorrad kamen ebenfalls zum Stillstand. Vingegaard und Kelderman mussten sich an der Seite durch die Fans kämpfen, damit sie ihre Fahrt fortsetzen konnten. “Ich weiß nicht, was dort genau los war. Es standen einfach eine Menge Fahrzeuge rum, an denen ich nicht vorbeikam. Ich musste kurz stillstehen, dann sind Wilco und ich aber durchgekommen und weitergefahren.“
In diesem Fall wollte er den Zuschauern, die wieder sehr eng die Fahrspurt säumten, keinen Vorwurf machen, doch der Mann in Gelb räumte ein: “Es ist sehr unglücklich, dass es Probleme mit Zuschauern gibt. Heute habe ich nicht gesehen, dass es ihre Schuld war. Aber es ist nicht schön, wenn das ein rennentscheidender Faktor ist.“
Bei seinen (und der des fitten Pogacars) alle anderen überragenden Leistungen, blieb die Frage, wie das möglich sein kann, nicht aus. “Ich verstehe, dass aufgrund der Vergangenheit das Vertrauen in den Radsport nicht sehr groß ist“, begann er seine Antwort in der Pressekonferenz, um dann zu erklären: "Aber heutzutage ist alles anders als vor 20 Jahren. Und ich kann von ganzem Herzen sagen, dass ich nichts nehme. Ich nehme nichts, was ich nicht meiner Tochter auch geben würde. Und ich würde ihr ganz sicher kein Doping geben“, fuhr er fort. Ein Schwur, den es auch schon seit 20 Jahren gibt. Aber bislang ist ihm nichts vorzuwerfen, außer, dass er überragend stark Rad fahren kann.
Das konnte Pogacar bis zum Zeitfahren auch. Deshalb warnt Vingegaard: "Ein Vorsprung von sieben Minuten ist großartig. Wir sind aber noch nicht in Paris. Es kommen noch knifflige Etappen, und ich bin sicher, dass Tadej versuchen wird, etwas zu erreichen. Es kommen noch einige aufregende Dinge bei dieser Tour auf uns zu."
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