RSNplusBei der Tour gelingt der große Wurf

Die Königin des Regens: Lipperts Knoten platzt in Mauriac

Von Tom Mustroph aus Mauriac

Foto zu dem Text "Die Königin des Regens: Lipperts Knoten platzt in Mauriac"
Liane Lippert (Movistar) hat die 2. Etappe der Tour de France Femmes gewonnen. | Foto: Cor Vos

25.07.2023  |  (rsn) - Mit einem Powersprint hat sich Liane Lippert die 2. Etappe der Tour de France gesichert. "Ich bin überglücklich. Ich glaube, wenn ich mir aussuchen kann, wo ich mal wieder gewinnen möchte, dann ist es bei der Tour de France“, sagte sie radsport-news.com danach und lachte fröhlich. Gut, bei den Deutschen Meisterschaften hat sie zuletzt auch gewonnen. Das Meistertrikot trägt sie schließlich bei dieser Tour de France. "Aber ein Sieg hier hat einen ganzen anderen Stellenwert", betonte sie.

Der Tag begann allerdings gar nicht gut für sie. "Ich bin gleich zweimal gestürzt, das erste Mal schon in der Neutralisation", erzählte sie. Im Rennen selbst gab es den nächsten Schreckmoment rund 47 Kilometer vor dem Ziel, als Elena Hartmann (Israel – Premier Tech – Roland) zu Fall kam und unter anderem Lippert, Annemiek van Vleuten und Elisa Longo Borghini mit sich riss.

"Aber das war nicht schlimm. Ich war gleich wieder auf dem Rad. Es hat ein bisschen Energie gekostet, wieder zurück zu kommen mit dem Wind. Aber wir sind alle cool geblieben und haben uns darauf fokussiert, was wir alle können", beschrieb sie diese Situation.

___STEADY_PAYWALL___ In der Neutralisation stürzte Liane Lippert (Movistar) auf der 2. Tour-Etappe ein erstes Mal. | Foto: Cor Vos

Die Etappe selbst bezeichnete sie als sehr hart. Immer wieder gab es Attacken – und auf den nassen Straßen zahlreiche Stürze. Ausreißerin Eva van Agt (Jumbo – Visma) erwischte es so schlimm, dass sie mit dem Krankenwagen abtransportiert wurde. Auch Fien Delbaere (Israel - Premier Tech - Roland) und Amandine Fouquenet (Arkea) erreichten nicht das Ziel. Delbaere stieg bei der ersten Zieldurchfahrt der Finalrunde aus und hing völlig erschöpft über den Absperrgittern.

"Für mich ist es gut, wenn es regnet"

Abgesehen von ihren beiden frühen Missgeschicken kam die spätere Tagessiegerin aber gut durch die schlimmsten Kurven. "Für mich ist es eigentlich gut, wenn es regnet, dann kommen auch die Resultate. Deshalb war ich sogar ganz froh, als es anfing", sagte sie in der Mixed Zone. Schon ihren ersten und bis zu diesem 24. Juli 2023 einzigen WorldTour-Sieg feierte sie Anfang 2020 beim Cadel Evans Great Ocean Road Race in einem heftigen Regenguss.

Im Finale gehörte Lippert neben Kasia Niewiadoma (Canyon - SRAM) und Juliette Labous (DSM - firmenich) zu den aktivsten Fahrerinnen. Es wirkte wie eine gelernte Lektion nach der 1. Etappe, als Team SD Worx mit dem Peloton machte was es wollte und einen Doppelsieg einfuhr. Als dieses Mal Marlen Reusser attackierte, hatte die Schweizerin vom so dominanten Team aus den Niederlanden gleich mehrere Rivalinnen am Hinterrad.

Riesige Freude: Lippert bejubelt ihren Etappensieg in Mauriac. | Foto: Cor Vos

"Heute war das Profil anders. Es ging auch darum, im Gesamtklassement etwas zu erreichen. Deshalb war, glaube ich, der Ansatz einiger Teams ein anderer als am Tag zuvor", erklärte Niewiadoma die eigene Veränderung und auch die veränderte Haltung anderer Teams.

Ehrliches Lob von allen Seiten

Lippert kam die wilde Jagd am Ende vielleicht sogar entgegen. Sie ist eine sowohl bergfeste wie endschnelle Fahrerin. Und sie entwickelt immer mehr ein Auge für Rennsituationen. "Ich bin sehr gut in den Berg reingefahren. In der Abfahrt hat sich das Ganze schon etwas selektiert. Ich bin in zweiter Position rein und musste daher keine Energie verschwenden. Das Tempo war für mich immer unter Kontrolle. Ich habe mich sehr gut gefühlt und beim Sprint einfach gewartet", beschrieb sie das Finale. Etwa 200 Meter vor dem Ziel zog sie auf ansteigender Zielgeraden dann los. "Mir liegt so ein langer, harter Sprint auf jeden Fall", konstatierte die Siegerin.

Unwiderstehlicher Sprint: Lippert bezwingt Kopecky. | Foto: Cor Vos

Im Peloton und im Tourtross flogen ihr die Glückwünde nur so zu. "Liane ist eine tolle Fahrerin und sie hat es sich verdient", sagte Lotte Kopecky, die Zweite wurde und souverän ihr Gelbes Trikot verteidigte.

Auch Ronny Lauke, Teamchef von Canyon - SRAM, freute sich für die Athletin vom Bodensee. "Tolle Leistung. Sie ist einfach eine Top-Fahrerin. Und sie hat schon seit Jahren gezeigt, dass sie genau so etwas kann, aus diesen Gruppen heraus, die auch mal ein bisschen größer sein können. Sie hat die Endschnelligkeit und ist bergfest. Das heute ist schon ein Ausrufezeichen", meinte der Leipziger zu radsport-news.com.

Der Knoten ist geplatzt – geht es in zwei Tagen gleich so weiter?

Bemerkenswert ist auch, dass Lippert die Freiheiten bekam, obwohl sie im gleichen Team wie Titelverteidigerin Annemiek van Vleuten fährt. "Natürlich ist unser Hauptziel, das Klassement mit Annemiek zu gewinnen. Es ist schon toll, wenn man so etwas schafft, wie gerade auch beim Giro Donne. Aber ich weiß, dass ich auch meine Freiheiten bekomme. Heute war sicher nicht der letzte Tag", versprach sie. Die steile Rampe bei der Ankunft der 4. Etappe in Rodez könnte Lippert erneut liegen.

Titelverteidigerin Annemiek van Vleuten (links) ist die Kapitänin bei Movistar bei der 2. Tour de France Femmes. | Foto: Cor Vos

Für die Movistar-Fahrerin könnte jetzt ein Knoten geplatzt sein. Jahrelang schon gehört sie zu den Besten ihres Fachs. Zum ganzen großen Erfolg reichte es bisher aber nicht. Der Tour-Etappensieg könnte der ersehnte Durchbruch sein. "Jetzt möchte ich einen Klassikersieg", sagte sie zu radsport-news.com. Das nennt man gesundes Selbstbewusstsein.

Allein im großen Bus zum Teamhotel

Über ein Extra konnte sie sich auch noch freuen. Weil Siegerzeremonie und Pressekonferenz so lange dauerten, wurden ihre Teamkolleginnen schon mit den Team-Pkws ins Hotel gebracht. Auf sie wartete der große Movistar-Bus. "Ja, der ist jetzt ganz für sie allein", sagte der Movistar-Pressesprecher zu radsport-news.com. Großer Bus für eine große Siegerin.

Ihre Teamkolleginnen zu loben vergaß Lippert natürlich auch nicht. "Ich wollte den Sieg auch für sie. Denn sie haben so hart für mich gearbeitet bei diesem Wetter. Sie hielten mich aus allem Unheil heraus und erinnerten mich daran, genug zu essen und zu trinken. Das ganze Team war einfach wundervoll", sagte sie. Und für den deutschen Radsport lässt sich konstatieren, dass die Tour de France Femmes gleich viel besser beginnt, als die gesamte Tour de France der Männer verlief.

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.08.2023Lippert dämpft WM-Hoffnungen: Kurs zu leicht

(rsn) – Zwei von acht Etappen sind bei der 2. Tour de France Femmes an Fahrerinnen aus Deutschland gegangen: Liane Lippert (Movistar) triumphierte bereits am zweiten Tag in Mauriac, Ricarda Bauernfe

01.08.2023Kopecky: Die Tour als Ausrufezeichen in Richtung WM

(rsn) – Dass Demi Vollering (SD Worx) die Tour de France Femmes gewonnen hatte, überraschte am Sonntag in Pau wohl niemanden. Die 26-jährige Niederländerin befindet sich schon die gesamte Saison

31.07.2023Diese Niederlage brauchte van Vleuten, um ein Champion zu sein

(rsn) - Als Annemiek van Vleuten (Movistar) den Zielstrich in Pau erreichte, stand es quasi fest: Die Titelverteidigerin würde diesmal nicht auf dem Podium der Tour de France landen. Lotte Kopecky (S

31.07.2023SD Worx räumt auch bei den Tour-Preisgeldern ab

(rsn) – SD Worx hat bei der 2. Tour de France Femmes nicht nur sportlich groß abgeräumt, sondern mit großem Abstand auch das meiste Preisgeld kassiert. Das niederländische Team um die Tour-Sieg

30.07.2023Video-Interviews & Reaktionen zur 8. Etappe der Tour Femmes

(rsn) – Die 2. Austragung der Tour de France Femmes ist Geschichte. Mit vier Siegen in acht Etappen war die Mannschaft von SD Worx das erfolgreichste Team und unterstrich das auch mit den Plätzen e

30.07.2023Liste der ausgeschiedenen Fahrerinnen / 8. Etappe

(rsn) - 154 Profis aus 22 Teams sind am 23. Juli in Clermont-Ferrand zur 2.Tour de France Femmes angetreten, darunter auch sechs Deutsche, drei Schweizerinnen sowie je zwei Österreicherinnen und Luxe

30.07.2023Reusser holt Etappe, Vollering und Kopecky mit Doppelsieg im GC

(rsn) – Mit einem 22,6 Kilometer langen Einzelzeitfahren rund um Pau endete die 2. Austragung der Tour de France Femmes. Der Schlusstag stand klar im Zeichen der niederländischen Equipe SD Worx, d

30.07.2023Highlight-Video der 8. Etappe der Tour de France Femmes

(rsn) - Die 2. Tour de France Femmes endete mit einem Schweizer Etappensieg. Marlen Reusser (SD Worx) ist ihrer Favoritenrolle auf der 8. Etappe gerecht geworden und hat das Zeitfahren über 22,6 Kilo

29.07.2023Video-Interviews & Reaktionen zur 7. Etappe der Tour Femmes

(rsn) - Auf der Königsetappe der Tour de France Femmes hat Demi Vollering (SD Worx) zugeschlagen. Mit einer Attacke 5,6 Kilometer vor dem Ziel am Col du Tourmalet schüttelte die Niederländerin all

29.07.2023Vollering strahlt im Nebel des Tourmalet

(rsn) – 2.116 Meter über dem Meeresspiegel lag das Ziel der 7. Etappe der Tour de France Femmes, das Demi Vollering (SD Worx) als Erste erreichte. Die 26-jährige Niederländerin fuhr im 17 Kilome

29.07.2023Highlight-Video der 7. Etappe der Tour de France Femmes

(rsn) – Mit einer unwiderstehlichen Attacke am Tourmalet hat Demi Vollering (SD Worx) die 7. Etappe der Tour de France Femmes gewonnen und das Gelbe Trikot erobert. Die Niederländerin erreichte das

29.07.2023Longo Borghini und Balsamo müssen die Tour beenden

(rsn) – Ohne Sprinterin Elisa Balsamo und Klassementfahrerin Elisa Longo Borghini wird Lidl – Trek die heutige Königsetappe der Tour de France Femmes in Angriff nehmen. Wie das US-Team am Morgen

Weitere Radsportnachrichten

21.12.2024Schreiber startet am schnellsten und bleibt bis zum Schluss vorn

(rsn) – Schnellstarterin Marie Schreiber (SD Worx – Protime) hat den Cross-Weltcup in Hulst mit einem Start-Ziel-Sieg für sich entschieden. Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) baute als Zweite

21.12.2024Vom Niemandsland nach Alpe d’Huez in wenigen Monaten

(rsn) – Als Ruderin stand Valentina Cavallar schon bei den Olympischen Spielen am Start und ihr Einstieg in den Radsport kam dann doch sehr überraschend. Erst im April fand sie einen Platz bei der

21.12.2024“Riesige Erleichterung“: Auf dem Weg zurück zu alter Stärke

(rsn) – Er war noch nicht ganz wieder der Alte, doch nach zwei krankheitsbedingt schwarzen Saisons hat Maximilian Schachmann 2024 endlich erneut aufblitzen lassen können, wozu er fähig ist. Das ge

21.12.2024Van Empel muss Cross-Wochenende auslassen

(rsn) - Wegen eines Trainingssturzes muss Weltmeisterin Fem van Empel (Visma – Lease a Bike) die beiden Cross-Weltcups in Hulst und Zonhoven an diesem Wochenende auslassen. Wie die Niederländerin a

21.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

20.12.2024Meisterschaftsdoppel versöhnte nach Olympia-Enttäuschung

(rsn) – Die Olympischen Spiele in Paris hatten die Österreicherin Anna Kiesenhofer (Roland) wieder in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit zurückgeholt. Immer wieder wurde ihre Sensationsfahrt v

20.12.2024Van Aert kehrt in Mol zu seiner ersten Liebe zurück

(rsn) - Viel Zeit zur Vorbereitung konnte sich Wout van Aert (30) nicht gönnen. Nach nur drei Tagen im Cross-Training will der Belgier am Montag beim Superprestige in Mol starten. Der Cross-Vizeweltm

20.12.2024Van Schip wegen Drohungen und Beleidigungen gesperrt

(rsn) - Wegen "Beleidigungen, Drohungen und unangemessenem Verhalten“ bei der Bahn-WM in Ballerup (Dänemark) hat die UCI den Niederländer Jan-Willem van Schip vom 27. Dezember 2024 bis zum 1. Febr

20.12.2024In starker Saison geriet der Handgelenksbruch zur Nebensache

(rsn) – Der Wechsel von Max Walscheid von Cofidis zu Jayco – AlUla im vergangenen Winter hat genau das bewirkt, was sich der Heidelberger erhofft hatte. Zum einen kehrte er nach einer sieglosen S

20.12.2024Vollering will mit weniger Rennen zurück zum Tour-Sieg

(rsn) – Demi Vollering hat in einem Interview mit dem niederländischen TV-Sender NOS angekündigt, in Zukunft weniger Rennen zu bestreiten, diese aber alle in Top-Form angehen zu wollen. Damit folg

20.12.2024Van Vleuten wird Mentorin bei Fenix - Deceuninck

(rsn) – Das belgische Women´s WorldTeam Fenix – Deceuninck um Puck Pieterse und die Tour-de-France-Dritte Pauliena Rooijakkers sowie die beiden Österreicherinnen Carina Schrempf und Christina Sc

20.12.2024Cavendish strebt Rolle in Team-Management an

(rsn) – Mark Cavendish hat im Rahmen der BBC Sports Personality of the Year"-Gala, bei der er einen Preis für sein Lebenswerk bekam, erste konkretere Aussagen über seine Zukunft getätigt. Demnach

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine