Müllers Guyana-Tagebuch

Bei solchen Rennen gehören Zeitfahrräder für alle verboten

Von Robert Müller

Foto zu dem Text "Bei solchen Rennen gehören Zeitfahrräder für alle verboten"
Robert Müller bei der Tour de Guyana | Foto: privat

22.08.2023  |  (rsn) - Der zweite Tag der Tour de Guyane begann früh, denn am Vormittag stand ein elf Kilometer kurzes Zeitfahren an. Der Weg zum Start war 25 Kilometer lang und ich nutzte ihn zum Warmfahren. Für mich ging es beim Zeitfahren nur um die Karenzzeit, denn ich hasse diese Disziplin und natürlich haben wir im Flugzeug keine Zeitfahrräder mitgenommen. Die einheimischen Fahrer hatten jedoch welche dabei, ein klarer Vorteil auf der flachen und technisch einfachen Strecke. Ich verstehe nicht, warum bei solchen Rundfahrten, bei denen die Hälfte der Teams mit dem Flugzeug anreist, Zeitfahrräder nicht für alle verboten werden.

Das Zeitfahren lief bei mir nach Plan, ich fuhr zügig, aber nicht zu hart, wurde nach der Hälfte vom Fahrer hinter mir eingeholt und schaffte ein dreistelliges Ergebnis. Das bedeutet ich war ziemlich nah an der Karenzzeit dran und keine 10 Fahrer haben es noch ruhiger angehen lassen. Nach dem Ziel wollte ich direkt, ohne anzuhalten weiter zum Hotel fahren, doch nach etwa 500 Meter tat es einen Schlag und ich konnte nicht mehr treten. Mein Schaltwerk hatte sich in die Speichen gewickelt, der Carbonkäfig war gebrochen und das ganze Dura Ace Schaltwerk und Schaltauge waren stark verbogen.

Wäre das einen Kilometer früher passiert hätte ich ins Ziel laufen müssen und wäre aus der Rundfahrt geflogen. So lief ich zurück zum Zielbereich, holte mir unser Ersatzrad und fuhr damit ins Hotel. Dort hatten wir drei Stunden Zeit bis um 14 Uhr das Straßenrennen über 110 Kilometer anstand. In der Zwischenzeit montierte mir unser sehr guter Mechaniker Heiner ein neues Schaltwerk (ein Ersatzschaltauge hatte ich natürlich dabei) und ich konnte nun besser schalten als zuvor.

Auf der zweiten Halbetappe fuhren wir 55 Kilometer von der Küste weg in den Regenwald, vollzogen eine 180 Grad Wende und fuhren auf der selben Straße wieder zurück. Umso weiter wir in den Regenwald kamen, desto mehr Hügel und später auch steile Rampen gab es. Über diese wurde immer ordentlich drüber gezogen, was Gift für meinen Dieselmotor war. An der längsten Rampe mit über 10 Prozent Steigung ging dann oben raus bei mir nichts mehr und ich stand wie ein Eimer.

Kurz vor der Wende war ich somit abgehängt und fand mich im großen Gruppetto wieder. Dort hatte keiner mehr Bock und wir fuhren die giftigen Anstiege piano. Auch als es wieder flacher wurde hatte niemand Lust ein ordentliches Tempo zu fahren und mindestens die Hälfte litt unter Windallergie. Somit zog sich der Rückweg wie Kaugummi. Vorne wurde die Spitzengruppe 500 Meter vorm Ziel vom Feld eingeholt und mein Teamkollege Florian bog als erster auf die ansteigende Zielgerade ein. Die stellte sich jedoch als zu lang heraus und er wurde noch von einigen Fahrern überholt.

Die giftigen Rampen der zweiten Halbetappe waren die schwersten der Rundfahrt, schlimmer wird es also nicht mehr und das stimmt mich zuversichtlich. Im Flachen komme ich gut mit und unter der schwülen Hitze leide ich weniger als manch anderer Fahrer. Ein paar Etappen werde ich noch brauchen bis ich in der Lage bin, in die Gruppe des Tages zu gehen. Bis dahin versuche ich Form aufzubauen und die Belastung richtig zu dosieren.

Gez. Sportfreund Radbert

Mehr Informationen zu diesem Thema

27.08.2023Die “französische Methode“ wird hier konsequent umgesetzt

(rsn) - Am achten Tag standen wie bereits am zweiten Tag zwei Halbetappen an, vormittags ein 7 km kurzes Zeitfahren und am Nachmittag ein 130 km langes Straßenrennen. Da ich mittlerweile in der Gesa

27.08.2023Kurz vor dem Start riss mein Schaltzug

(rsn) - Die 7. Etappe über 135 Kilometer startete erst am Nachmittag im Zielort von gestern, was bedeutete, dass es den gleichen Transfer gab wie gestern zum Hotel. Ich fuhr die 33 Kilometer zum Ein

26.08.2023Mit Hilfe des Hubschraubers den Vorsprung der Ausreißer erahnt

(rsn) - Der Weg vom Hotel zum Start der 6. Etappe über nur 110 Kilometer war kurz und es ging wie die letzten Tage bereits um 9:15 Uhr los. Leider bogen wir schon nach ein paar Kilometern in dieselb

25.08.2023Meine Rückfahrt mit dem Rad stieß bei vielen auf Unverständnis

(rsn) - Der Tag begann früh, denn es stand zunächst ein dreiviertelstündiger Transfer im Bus zum Start mitten im Nirgendwo an. Die 5. Etappe führte über 160 Kilometer in einer großen Runde mit v

24.08.2023Die Straßen sehr ruppig, die Stimmung im Feld sehr freundlich

(rsn) - Auf der 4. Etappe ging es 150 Kilometer immer nach Westen bis zum Grenzfluss nach Surinam, doch leider gibt es dort keine Brücke und man kann nicht mal eben nach Surinam fahren. Das Profil w

23.08.2023Im Ziel war ich ziemlich angefressen

(rsn) - Etappe Nr. 3 führte über 150 flache Kilometer gespickt mit nur einer Schwierigkeit, der gefürchteten Route de Guatemala. Das war eine knapp 15 km lange schmale Straße durch die Savanne mi

22.08.2023Teamkollegen mit Kälteschock und Krämpfen am ganzen Körper

(rsn) - Die 1. Etappe der Tour de Guyane führte über 145 Kilometer in verschiedenen Runden um die Hauptstadt Cayenne. Die Strecke war flach und es wehte ein ordentlicher Wind. Zum Glück fuhren wir

19.08.2023Ich hoffe auf den Memory-Effekt meiner Muskulatur

(rsn) - Bonjour de Cayenne, der Hauptstadt von Französisch-Guyana! Ich befinde mich im Norden Südamerikas an der Atlantikküste zwischen Brasilien und Suriname und trotzdem in Frankreich und der EU.

Weitere Radsportnachrichten

14.11.2024Quintana beendet Spekulationen um sein Karriereende

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

14.11.2024Schädlich übernimmt die deutschen Ausdauer-Spezialisten

(rsn) – Der Bund Deutscher Radfahrer hat einen neuen Nationaltrainer auf der Bahn für den Bereich Ausdauer. Lucas Schädlich, der seit 2019 die deutschen Juniorinnen unter seinen Fittichen hatte, Ã

14.11.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Transfers offiziell bekanntgeben. Radsport-news.c

14.11.2024Schär wird Schweizer Nationaltrainer

(rsn) – Marc Hirschi, Stefan Küng und Co. haben einen neuen Nationaltrainer. Michael Schär wird mit Jahresbeginn 2025 die Verantwortung für die Schweizer Männer in den Bereichen Elite und U23 ü

14.11.2024Lotto Kern - Haus wird Development-Team von Ineos Grenadiers

(rsn) – In den vergangenen beiden Jahren war das deutsche Kontinental-Team Lotto Kern - Haus PSD Bank sogenannter Development-Partner von Red Bull – Bora – hansgrohe. Ab der kommenden Saison wi

14.11.2024Meisen kündigt baldiges Karriereende an

(rsn) – “Spätestens im Januar ist Schluss“, kündigte Marcel Meisen (Stevens) gegenüber RSN an. Der 35-Jährige ist in seine letzte Cross-Saison gestartet und will diese nicht mehr ganz zu End

14.11.2024Traumszenario mit kurzem Anfangsschock

(rsn) – Unverhofft kommt oft – dieser Spruch traf in dieser Saison auch auf Meo Amann zu. Mit dem Elite-Team Embrace The World in die Saison gestartet, bewarb er sich im Sommer auf einen Platz bei

13.11.2024Auch ein kurioser erster UCI-Sieg reichte nicht zum Profivertrag

(rsn) – Auch wenn er in dieser Saison seinen ersten UCI-Sieg einfahren konnte, so gelang Roman Duckert (Storck – Metropol) am Ende seiner U23-Zeit nicht der Sprung in ein Profiteam. Deshalb wird e

13.11.2024Ein Jahr geprägt von Stürzen und viel Unglück

(rsn) – Eigentlich wollte Mikà Heming (Tudor Pro Cycling) 2024 so richtig durchstarten. Die Klassikerkampagne in Belgien hatte er sich als erstes Saisonhighlight gesetzt, doch diese endete für den

13.11.2024Pena wirft seinem Agenten Acquadro Untätigkeit vor

(rsn) – Nach drei Jahren bei Jayco - AlUla hat Jesús David Pena vom australischen WorldTour-Rennstall kein neues Vertragsangebot mehr erhalten. Wie der Kolumbianer nun im Gespräch mit ADN Cycling

13.11.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

13.11.2024Lidl-Teamchef Guercilena: “Müssen uns im GC noch verbessern“

(rsn) – Das US-amerikanische Team Lidl – Trek war in der Saison 2024 eines, das beeindrucken konnte. Insgesamt 42-Saisonsiege feierte der Rennstall von Manager Luca Guercilena bei den Männern, nu

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine