6. Giro-Etappe “ist nicht Strade Bianche“

Für Pogacar geht es mehr um Risiko-Minimierung als um Attacke

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Für Pogacar geht es mehr um Risiko-Minimierung als um Attacke"
Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) am Start der 5. Etappe in Genua. | Foto: Cor Vos

09.05.2024  |  (rsn) – Die Aufregung um seine Bekleidung hat sich erstmal gelegt. Auf der 5. Etappe des Giro d'Italia trug Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) keinen der UCI übel aufgestoßenen zweifarbigen Einteiler und auch kein Rosa Trikot mit schwarzer Teamhose, sondern war einfarbig in rosa Hose und rosa Trikot unterwegs. So viel zu den weltbewegenden Nebensächlichkeiten.

Sportlich war der Mittwoch für den Slowenen aufgrund des hohen Tempos an den Anstiegen im ersten Renndrittel zwar kein gemütlicher Spaziergang, doch so richtig wichtig wurde der Tag für Pogacar auch nicht. Das dürfte am Donnerstag auf der 6. Etappe von Viareggio an der Küste hinauf in die toskanischen Hügel und über drei Gravel-Sektoren nach Rapolano Terme anders aussehen.

Viele erwarten einen für die Gesamtwertung bedeutsamen Tag, wenn es südlich um Siena herumgeht und die vom dort startenden und endenden Strade Bianche berühmten 'weißen Schotterstraßen' in den Fokus rücken. Pogacar könnte dort seinen nächsten Angriff planen und seinen Vorsprung in der Gesamtwertung ausbauen, heißt es. Immerhin gewann er Strade Bianche am 2. März mit einem unfassbaren 81-Kilometer-Solo und degradierte die gesamte Konkurrenz dort zu Statisten.

Der Giro-Spitzenreiter selbst aber ordnete die Bedeutung der 6. Etappe am Mittwochabend auf der täglichen Pressekonferenz des Maglia Rosa etwas tiefer ein. "Es ist nicht Strade Bianche, um ehrlich zu sein. Es ist nur eine 'nicht so schöne' Etappe, würde ich sagen", erklärte der 25-Jährige mit Blick auf die drei Gravel-Sektoren, die insgesamt 11,6 Kilometer Schotterstraße bedeuten. Der letzte der Sektoren endet nur 15,5 Kilometer vor dem Ziel.

Die wirklich wichtigen Gravel-Sektoren von Strade Bianche fehlen

"Es ist eine Etappe wie heute, auf der wir vom Start bis zum Ziel wirklich konzentriert sein müssen. Wir müssen als Team zusammenbleiben, auf die Sektoren mit hoher Konzentration zufahren und einfach im Ziel ankommen", so Pogacar.

Tatsächlich hat die Etappe nach Rapolano Terme mit dem Parcours von Strade Bianche ungefähr genauso viel oder wenig zu tun wie die am Dienstag nach Andora mit Mailand-Sanremo. Ja, einige Streckenabschnitte sind gleich, aber die entscheidenden des jeweiligen Eintagesrennens hat der Giro d'Italia ausgespart. So kennt das Peloton den ersten flachen Sektor namens Vidritta genauso vom 'heimlichen Monument' im März wie den ansteigenden zweiten Sektor von Bagnaia.

Doch danach geht es auf bei Strade Bianche nicht genutzten Straßen leicht wellig in Richtung Osten zum dritten Sektor in Pievina, der nochmal 2,4 Kilometer lang ist und zunächst bergab und anschließend bergauf führt. Der Pievina-Sektor liegt nur zwei Kilometer Luftlinie entfernt von San Martino in Grania entfernt, einem der längsten Schotter-Anstiege der Strade Bianche, doch anders als dort sind die meisten Höhenmeter aus dem Tal des Flusses Arbia hinauf hier asphaltiert. Erst oben kommt der Schotter.

Mehr Schadensbegrenzung als Offensiv-Spektakel als Ziel

Zu einem Angriffsspektakel wie beim großen Eintagesrennen am Saisonbeginn lädt der Parcours am Donnerstag daher nicht so sehr ein, und Pogacars Sportlicher Leiter Fabio Baldato erklärte gegenüber cyclingnews.com deshalb: "Es ist eine Etappe, auf der es mehr darum geht, in Sicherheit zu bleiben. Sie ist nicht sehr schwer, nicht Strade Bianche. Einer der Sektoren führt bergauf, aber es ist nichts besonderes. Trotzdem muss man die Sektoren von vorne fahren, wenn man Probleme vermeiden will. Das wird morgen die Hauptsache sein."

Leicht wird der Tag über die Schotterstraßen also keinesfalls. Denn die Positionskämpfe gerade vor den direkt aufeinanderfolgenden ersten beiden Sektoren Vidritta und Bagnaia werden so hart sein wie vor einer Massensprint-Ankunft. Und auf den Sektoren dürfte sich das Feld auch arg in die Länge ziehen, so dass Lücken entstehen können – selbst ohne eine mögliche Pogacar-Solo-Attacke.

"Für morgen reden alle von Gravel, Gravel, Gravel, aber in erster Linie sprinten wir einen Leadout auf den Gravel zu. Wenn da die Straßen schlecht sind, könnte es laufen wie heute mit Laporte, so dass man stürzt, bevor es überhaupt auf den Schotter geht. Wir müssen wirklich vorsichtig sein", warnte Pogacar.

Christophe Laporte (Visma – Lease a Bike) war auf der 5. Etappe in der Anfahrt zu einem der Zwischensprints schwer gestürzt, weil er in ein Schlagloch an einer Gulliabdeckung gefahren war. Der Franzose konnte das Rennen zumindest fortsetzen.

 

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