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29.06.2024 | (rsn) – Auf einen Grand-Tour-Etappensieg wartet Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) noch. Doch Spitzenplatzierungen in den Massensprints hat der 29-Jährige bei allen drei großen Rundfahrten bereits reihenweise gesammelt – auch im vergangenen Jahr bei seinem Tour-Debüt. Dort wurde Bauhaus in Bayonne hinter Jasper Philipsen Zweiter und in Nogaro sowie Moulins Dritter.
Bei seiner zweiten Frankreich-Rundfahrt hofft Bauhaus jetzt, die Arme erstmals auch bei einer GT in die Höhe reißen zu dürfen – auch wenn er dabei wie im Vorjahr in den Sprint-Finals nur einen echten Leadout-Mann bei sich haben wird: Nikias Arndt. Die Beiden teilen in den kommenden drei Wochen ein Zimmer und sind das einzige deutsche Duo innerhalb einer Mannschaft bei der 111. Tour de France, an der insgesamt acht Deutsche teilnehmen.
"Die Vorbereitung lief an sich gut. Ich bin den Giro gefahren, dann war ich zwei Wochen auf Mallorca und bin von dort direkt zur Slowenien-Rundfahrt", blickte Bauhaus am Tag vor dem Grand Départ gegenüber radsport-news.com auf seinen Weg zur Tour zurück. Den Giro im Mai, wo Bauhaus zwei dritte Plätze ersprintete, verließ er vor der schweren Schlusswoche.
Bei der Slowenien-Rundfahrt Mitte Juni wurde er in den beiden Massensprints zu Beginn Dritter und Erster. Arndt war beim Giro und auf Mallorca nicht dabei, absolvierte stattdessen ein Höhencamp am Teide auf Teneriffa. In Slowenien aber traf sich das Duo wieder. "Und da ist es auch gleich wieder gut gelaufen", so Arndt am Freitag zu RSN. ___STEADY_PAYWALL___
Phil Bauhaus gewinnt die 2. Etappe in Slowenien, Nikias Arndt jubelt im Hintergrund. | Foto: Cor Vos
Für beide Deutschen stand die Tour schon zu Saisonbeginn relativ fix im Rennprogramm. "Aber natürlich muss man auch die Form zeigen und ich denke das ist dann spätestens nach der Slowenien-Rundfahrt sicher gewesen", meinte Bauhaus. Seitdem war in den letzten zwei Wochen konzentrierte Vorbereitung zuhause auf die Frankreich-Rundfahrt angesagt.
Beide ließen die Deutschen Meisterschaften in Bad Dürrheim am vergangenen Wochenende mangels sportlicher Perspektive auf einem schweren Kurs und gegen die Bora-Übermacht aus – auch auf Wunsch vom Team, um lieber noch auf Training zu setzen. Jetzt sind beide bereit für den Auftakt in Florenz – "zu 100 Prozent fit und mit guter Stimmung, daran sollte es also nicht scheitern", sagte Arndt.
In Florenz steht Bahrain Victorious mit beinahe demselben Aufgebot am Start, wie 2023: Einzig der zu Soudal – Quick-Step abgewanderte Mikel Landa fehlt, dafür ist nun der Kolumbianer Santiago Buitrago dabei. Er ist gemeinsam mit Pello Bilbao und dem immer wieder vom Sturzpech verfolgten Briten Jack Haig eine Option für die Gesamtwertung. Für die Berge hat man außerdem auch Wout Poels dabei. Dazu kommen für mittelschweres Terrain Matej Mohoric und Fred Wright sowie Arndt – und für die Sprints eben Bauhaus.
"Wir haben in keinem Bereich den auf dem Papier stärksten Fahrer und versuchen jeden Tag das bestmögliche Ergebnis rauszuholen: in den Sprints mit mir, auf den Bergetappen mit den Kletterern und an den Ausreißer-Tagen mit Nikias, Matej und Fred Wright – ähnlich wie im letzten Jahr", erklärte Bauhaus die Herangehensweise seiner Mannschaft. 2023 ging das voll auf: Bahrain Victorious gewann drei Etappen mit Bilbao und Issoire, Poels in Saint-Gervais-Mont-Blanc und Mohoric in Poligny jeweils aus Ausreißergruppen heraus. Außerdem fuhr Bilbao auf den sechsten Gesamtrang, nur zehn Sekunden von den Top 5 entfernt.
Im vergangenen Jahr fuhren Bauhaus, Arndt und ihr Team Bahrain Victorious eine sehr starke Tour de France. | Foto: Cor Vos
"Es wäre vermessen zu sagen, dass es wieder ähnlich gut laufen soll", ordnete Bauhaus nun vor der 111. Tour ein. "Das Ziel ist ein Etappensieg und ein einstelliges Ergebnis in der Gesamtwertung."
Vor zwölf Monaten fiel den Beobachtern von außen in den Sprintankünften auf, dass zugunsten all der Offensivkräfte für Hügel und Berge die Unterstützung für Bauhaus in den High-Speed-Finals etwas kurz kam. Arndt war immer da für Bauhaus, sonst aber war meist wenig Hilfe zu erkennen. Trotzdem fuhr Bauhaus drei Podestplätze heraus und man durfte sich fragen, ob er mit einem ähnlich guten Leadout, wie Jasper Philipsen es damals hatte, nicht auch einen Sieg hätte holen können. Nun bekommt es Bauhaus wieder ähnlich schwer. Der multi-dimensionale Ansatz des Teams erlaubt einfach keinen größeren Sprintzug.
"Fred Wright und Matej Mohoric unterstützen uns auf den Sprintetappen, aber klar: Im Finale ist es in erster Linie Nikias und da muss man gucken, wie es vorher lief und wie frisch Nikias noch ist. An einem guten Tag traue ich uns schon zu, dass ich in die letzten 500 Meter rein noch an Nikias' Hinterrad gebracht werde. Aber es wird auch der Tag kommen, wo er mich beim letzten Kilometer abliefern muss, ans Hinterrad eines guten Sprintzugs, und ich dann gucken muss, dass ich da irgendwie durchkomme", erklärte Bauhaus.
Seinen ersten Saisonsieg feierte Bauhaus am 6. März auf der 3. Etappe bei Tirreno-Adriatico. | Foto: Cor Vos
Einen Massensprint aus der 'Pole Position' anzugehen, in diese Situation dürfte er also wohl kaum kommen. Es herrscht mehr das Credo, im Finale schnell zu reagieren, zu improvisieren und dann den richtigen Windschatten zu erwischen. Dabei ist der im Leadout erfahrene Arndt genau der richtige Mann für Bauhaus – mit viel Übersicht und der Fähigkeit, seinen Sprinter da abzusetzen, wo es erfolgversprechend ist. Arndt betonte aber auch:
"Wir sind schon solide aufgestellt. Mit Matej Mohoric und Fred Wright haben wir zwei Fahrer, die auch spritzig sind und gut im Leadout funktionieren – gerade Matej hat ein gutes Auge. Die beiden werden wir auf jeden Fall auch nutzen. Das Ziel ist schon, dass wir unseren eigenen Sprintzug aufbauen, aber im Finale muss man immer kurzfristig entscheiden: Wenn wir merken, wir sind zu kurz, müssen wir schauen, ob wir Phil an einem anderen Sprintzug andocken."
Voraussichtlich sind die Teams Alpecin – Deceuninck für Philipsen und Lidl – Trek für Mads Pedersen dabei die Sprintzüge, an denen sich viele Konkurrenten orientieren werden. "Philipsen sehe ich als Favoriten für die Sprints, ansonsten ist es ziemlich ausgeglichen", meinte Arndt, Bauhaus aber erklärte: "Es ist schwer zu sagen: Wir wollen ans Hinterrad von Sprinter XY. Dazu ist immer zu viel Chaos. Wir müssen erstmal auf uns schauen, dass wir gut durchkommen, und dann im letzten Kilometer spontan gucken, wer noch gut organisiert ist und wo es Sinn macht, noch hinzufahren. Das vorher festzulegen, ist schwer."
Speziell am Etappenplan der Tour 2024 ist, dass sie zwar in Italien auf den ersten Etappen gleich mit schwerem Profil losgeht und auch auf Etappe 4 bereits das Hochgebirge mit dem Col du Galibier wartet, trotzdem aber die meisten Sprintetappen recht früh kommen: Die Etappen 3, 5, 6, 10, 12, 13 und 16 dürften den schnellen Männern gehören – bis auf die 16. In Nimes am Tag nach dem zweiten Ruhetag ist das alles noch vor den Pyrenäen und natürlich auch vor dem schweren Alpen-Finale in der Schlusswoche.
Nikias Arndt grüßt die Tifosi bei der Team-Präsentation am Donnerstagabend in Florenz – neben ihm: Pello Bilbao. | Foto: Cor Vos
Über eine ganze Reihe von schweren Bergetappen hintereinander und somit durch den ständigen Kampf ums Zeitlimit müssen sich die Top-Sprinter daher kaum kämpfen, um ihre Ziele zu erreichen. Trotzdem aber erzählte Bauhaus RSN, dass das für sein Training keinen großen Unterschied mache.
"Als Sprinter arbeite ich immer an allem: am Sprint, aber auch am Berghochfahren, um ein stärkerer Fahrer in jedem Bereich zu werden", sagte er. "Man muss schon auch stark berghoch sein. Es bringt nichts, wenn man superschnell ist, aber auf den ersten beiden Tagen so viel Kraft verbraucht, dass man auf der 3. Etappe schon gar nicht mehr frisch ist."
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