Schachmann Neunter im Zeitfahren von Paris

Weltmeister Evenepoel holt sich auch den Olympiasieg

Von Sebastian Lindner

Foto zu dem Text "Weltmeister Evenepoel holt sich auch den Olympiasieg"
Remco Evenepoel (Soudal – Quick-Step) ist in Paris Olympiasieger im Zeitfahren der Männer geworden. | Foto: Cor Vos

27.07.2024  |  (rsn) – Unter der Woche klagte Remco Evenepoel noch über Müdigkeit und schlechte Straßen in Paris. Doch jetzt ist der Zeitfahr-Weltmeister auch Olympiasieger. Der 24 Jahre alte Belgier war im Dauerregen nach 32,4 Kilometern im Regen von Paris in der Zeit von 36:12 Minuten 15 Sekunden schneller als sein Dauerrivale auf dem Zeitfahrrad, Filippo Ganna. Der Italiener holte Silber und konnte so einen belgischen Doppelsieg verhindern, denn auf dem Bronzerang landete Wout Van Aert, nochmal zehn Sekunden hinter Ganna.

“Das ist etwas ganz Besonderes. Es ist wirklich einzigartig. Zuerst die Tour und dann das obendrauf“, strahlte Evenepoel im Gespräch mit Sporza. “Gestern Morgen habe ich mich zum ersten Mal wieder großartig gefühlt. Beim Training lief es gut, heute Morgen lief es gut. Heute Morgen hatte ich wirklich das Gefühl, dass ich gewinnen könnte", so der neue Olympiasieger.

"Ich bin sehr zufrieden, denn im Regen bin ich nicht besonders gut“, sagte der 28-jährige Ganna im Ziel. “Ich bin mit meiner Leistung heute zufrieden. Ich muss den Betreuern danken, denn sie haben mir seit Beginn der Saison geholfen, dieses Ergebnis zu erzielen. Ich muss mich auch bei meinem Trainer bedanken, denn er ist derjenige, der an mich glaubt. Der zweite Platz tut ein bisschen weh, aber heute Abend werden wir feiern.“

“Ich habe gespürt und an meinen Werten gesehen, dass es das erste Mal seit langer Zeit war, dass ich in einem Zeitfahren die Kraft hatte und weiter pushen konnte. Bis zu den letzten fünf Kilometern war ich im perfekten Rhythmus. Dann starb ich leise in Richtung Ziellinie. Es war gerade genug, um die Medaille zu holen. Ich bin super stolz. Es ist etwas Besonderes, die Spiele so zu beginnen“, sagte van Aert zu seinem dritten Platz.

Schachmann nur knapp an seinem Wunsch-Ergebnis vorbei

Für Maximilian Schachmann als einzigem deutschen Starter reichte es zu Platz neun. Vor ihm platzierten sich unter anderem noch die beiden Schweizer Stefan Bissegger als Sechster und Stefan Küng als Achter. Der jüngster Starter im Feld, Joshua Tarling (Großbritannien), der zugleich einer der Favoriten auf Edelmetall war, verpasste dieses nur um zwei Sekunden. Ein Defekt am Vorderrad früh im Rennen noch vor der ersten Zwischenzeit, der einen Radwechsel notwendig machte, zerstörte die Träume des 20-jährigen Walisers.

Geträumt hatte auch Schachmann von mehr. Gehofft hatte er auf ein Top-8-Ergebnis, das er letztlich nur um drei Sekunden verfehlt hat. “Ich habe mich echt gut gefühlt, wenn meine Leistungsdaten nicht lügen, dann bin ich das beste Zeitfahren meines Lebens gefahren“, sagte der gebürtige Berliner im Ziel gegenüber RSN. “Trotzdem ein ganz schöner Abstand, ich bin mal gespannt, woran es am Ende gelegen hat. Das kann ich noch nicht sagen“, so seine Einschätzung kurz nach dem Rennen, in dem der Österreicher Felix Großschartner Rang 19 belegte.

Den Belgiern hingegen dürfte klar sein, warum sie so gut abschnitten. Im Vorfeld der Spiele arbeiteten sie intensiv am Material. Auf im Windkanal getesteten Anzügen, die auf mehreren lebensgroßen Puppen getestet wurden, wurde um jede Sekunde gefeilscht. Van Aert ging als einziger der 34 Starter – Ethan Hayter (Großbritannien) hatte kurzfristig abgesagt – mit Scheibenrädern hinten und vorne ins Rennen, was bei starkem Regen, aber kaum Wind weitere aerodynamische Vorteile brachte, die am Ende ausschlaggebend für Bronze gewesen sein können.

Zwei Medaillen in einem Olympischen Zeitfahren für ein Land gab es zuletzt 2012 in London, als Bradley Wiggins und Chris Froome ebenfalls Gold und Bronze bei ihren Heimspielen erringen konnten.

So lief das olympische Zeitfahren der Männer

Amir Arslan Ansari aus dem Olympischen Flüchtlingsteam eröffnete den Wettbewerb der Männer. Knapp vor dem direkt nach ihm gestarteten Jan Tratnik (Slowenien) rettete der Iraner sich ins Ziel. Doch beide sollten im Endergebnis keine Rolle spielen. Alberto Bettiol (Italien) toppte die Zeit deutlich. Ryan Mullen (Irland) und dann nochmal Mathias Vacek konnten den Wert aber relativ zügig nochmal verbessern.

Die 37:55 Minuten des Tschechen blieben dann lange Zeit der Richtwert, erst Bissegger war um 17 Sekunden schneller. Magnus Sheffield (USA), der an der ersten Zwischenzeit noch Fünfter war, dann aber stürzte, konnte diese Zeit nicht mehr verbessern. Aber Van Aert konnte es – und wie. Eine Minute knöpfte er Bissegger ab.

Das Streckenprofil des Olympischen Zeitfahrens der Männer | Foto: Veranstalter

Diese Zeit sollten erst die letzten beiden Starter noch unterbieten. Tarling dagegen scheiterte nach seinem Defekt um zwei Sekunden daran. Ganna hingegen, der um ein Haar nach einer Bodenwelle gestürzt wäre, konnte sich aber auf dem Rad halten und Van Aert, der an der zweiten Zwischenzeit vor dem zweimaligen Weltmeister lag, seinerseits noch um zehn Sekunden distanzieren. Gegen den Top-Favoriten Evenepoel hingegen war kein Kraut gewachsen.

Dagegen erreichten zwei Fahrer das Ziel nicht. Für Luke Plapp (Australien), der nach der ersten Zwischenzeit als Vierter noch in Schlagdistanz zum Podium war, und den früheren U23-Weltmeister Sören Waerenskjold (Norwegen), der im Gegensatz dazu bereits mehr als fünf Minuten Rückstand aufwies, endete der Kampf gegen die Uhr jeweils vorzeitig.

Results powered by FirstCycling.com

Mehr Informationen zu diesem Thema

13.08.2024Niederlande dominiert im Sprint, aber verliert nach Paris Erfolgscoach

(rsn) - Mit drei Goldmedaillen, alle eingesammelt von Superstar Harrie Lavreysen, war die Niederlande die dominante Nation bei den Bahnbewerben der Olympischen Spiele in Paris. Vier der fünf Medaille

11.08.2024Einmal Silber und einmal Bronze für BDR in Paris

(rsn) – Zwei Medaillen sind die Ausbeute der Olympischen Spiele für Deutschlands Radsportlerinnen und Radsportler. Lea Sophie Friedrich verbesserte die Bilanz am Schlusstag noch um Silber im Sprin

11.08.2024Friedrich verliert Finale gegen Andrews und gewinnt Silber

(rsn) – Am letzten Tag der Olympischen Spiele in Paris standen im Velodrome Saint-Quentin-en-Yvelines noch drei Medaillenentscheidungen an. Im Sprint der Frauen sicherte sich Lea Friedrich Silber h

11.08.2024Im Überblick: Die 22 Olympischen Rad-Wettbewerbe

(rsn) – Am Samstag werden bei den Olympischen Spielen von Paris mit den Zeitfahren der Frauen und Männer die Radsport-Wettbewerbe eröffnet. Vom 27. Juli bis zum 11. August stehen, und zwar im Stra

10.08.2024Portugal behält im Madison-Chaos den Überblick

(rsn) – Tränen flossen nach dem Madison der Männer bei Italien und Portugal. In einem von Stürzen und Chaos gekennzeichneten Rennen sicherten sich Rui Oliveira und Iuri Leitao die Goldmedaille. I

10.08.2024Olympia-Debüt endete für Andres und Seitz schmerzhaft

(rsn) - Zum ersten Mal in ihrer Karriere standen Michelle Andres und Aline Seitz bei Olympischen Spielen am Start. Im Velodrome National in Saint-Quentin-en-Yvelines gaben die beiden Schweizerinnen ih

09.08.2024Friedrich und Hinze im Sprint-Achtelfinale, Lavreysen holt Gold

(rsn) – Bei den Olympischen Spielen in Paris haben Lea Sophie Friedrich und Emma Hinze problemlos das am Samstag anstehende Achtelfinale des Sprint-Turniers erreicht. Die 24-jährige Friedrich, die

09.08.2024Friedrich in Olympischer Sprint-Quali mit neuem Weltrekord

(rsn) - Lea Sophie Friedrich hat sich von ihrem enttäuschenden Ausscheiden im Keirin-Halbfinale der Olympischen Spiele von Paris gut erholt gezeigt. Die 24-Jährige erzielte über 200 Meter in der fl

08.08.2024Benjamin Thomas holt Olympia-Gold im Omnium, Teutenberg 7.

(rsn) – Ohne Medaillengewinn endeten am Donnerstag die beiden Bahnrad-Entscheidungen bei den Olympischen Spielen von Paris. Im Keirin der Frauen wurde Emma Hinze Fünfte und landete damit zwei Posi

08.08.2024Verrückter Plan ging mit wenig Technik, aber viel Power auf

(rsn) – Olympische Märchen sind etwas Schönes, erzählen sie meist davon, wie eine Außenseiterin oder ein Außenseiter am Tag X alle überraschte und plötzlich mit einer Medaille belohnt wurde

07.08.2024Ukpeseraye kommt für Nigeria zur überraschenden Bahnpremiere

(rsn) – Bei den Bahn-Weltmeisterschaften in Roubaix stand bei den Frauen erstmals ein Vierer aus Nigeria am Start. Der Italiener Giandomenico Massari, Radsportpräsident im sechstgrößten Land der

07.08.2024Auf Weltrekord folgt Gold: Australiens Bahnvierer Olympiasieger

(rsn) - Australien hat zum dritten Mal nach 1984 und 2004 Olympia-Gold in der 4.000-Meter-Mannschaftsverfolgung gewonnen. Kelland O’Brien, Sam Welsford, Oliver Bleddyn und Conor Leahy setzten sich i

Weitere Radsportnachrichten

21.12.2024Schöne Highlights und ein sehr starker August

(rsn) – 22 Jahre ist Fabio Christen (Q36.5 Pro Cycling) alt, und der Schweizer kommt aus einer wahren Radsportfamilie. Schon sein Großvater gehörte zu den besten Straßensportlern und auch sein Va

21.12.2024Red-Bull-Sportchef Aldag über die Transfers von Lazkano und Co.

(rsn) – Es war abzusehen, dass Red Bull – Bora – hansgrohe auch in diesem Winter wieder allerhand Veränderungen am Kader für die neue Saison vornehmen würde. Neun Profis stoßen 2025 zum Team

21.12.2024Vandeputte mit Start-Ziel-Sieg zum ersten Weltcuperfolg

(rsn) – Dank einer technischen Glanzleistung hat Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) in Hulst nicht nur einen Start-Ziel-Sieg, sondern auch seinen ersten Weltcup-Erfolg gefeiert. Der Belgier w

21.12.2024Schreiber startet am schnellsten und bleibt bis zum Schluss vorn

(rsn) – Schnellstarterin Marie Schreiber (SD Worx – Protime) hat den Cross-Weltcup in Hulst mit einem Start-Ziel-Sieg für sich entschieden. Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) baute als Zweite

21.12.2024Knolle, Groß, John und Zemke zu rad-net - Rembe - Sauerland

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

21.12.2024Vom Niemandsland nach Alpe d’Huez in wenigen Monaten

(rsn) – Als Ruderin stand Valentina Cavallar schon bei den Olympischen Spielen am Start und ihr Einstieg in den Radsport kam dann doch sehr überraschend. Erst im April fand sie einen Platz bei der

21.12.2024“Riesige Erleichterung“: Auf dem Weg zurück zu alter Stärke

(rsn) – Er war noch nicht ganz wieder der Alte, doch nach zwei krankheitsbedingt schwarzen Saisons hat Maximilian Schachmann 2024 endlich erneut aufblitzen lassen können, wozu er fähig ist. Das ge

21.12.2024Van Empel muss Cross-Wochenende auslassen

(rsn) - Wegen eines Trainingssturzes muss Weltmeisterin Fem van Empel (Visma – Lease a Bike) die beiden Cross-Weltcups in Hulst und Zonhoven an diesem Wochenende auslassen. Wie die Niederländerin a

21.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

20.12.2024Meisterschaftsdoppel versöhnte nach Olympia-Enttäuschung

(rsn) – Die Olympischen Spiele in Paris hatten die Österreicherin Anna Kiesenhofer (Roland) wieder in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit zurückgeholt. Immer wieder wurde ihre Sensationsfahrt v

20.12.2024Van Aert kehrt in Mol zu seiner ersten Liebe zurück

(rsn) - Viel Zeit zur Vorbereitung konnte sich Wout van Aert (30) nicht gönnen. Nach nur drei Tagen im Cross-Training will der Belgier am Montag beim Superprestige in Mol starten. Der Cross-Vizeweltm

20.12.2024Van Schip wegen Drohungen und Beleidigungen gesperrt

(rsn) - Wegen "Beleidigungen, Drohungen und unangemessenem Verhalten“ bei der Bahn-WM in Ballerup (Dänemark) hat die UCI den Niederländer Jan-Willem van Schip vom 27. Dezember 2024 bis zum 1. Febr

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine