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27.07.2006 | Tim Klinger bereitet sich in diesen glutheißen Tagen in seiner westfälischen Heimat auf die Deutschland-Tour vor. Die nationale Rundfahrt wird der Saisonhöhepunkt des 21-Jährigen sein - und zugleich eines seiner letzten Rennen in den Farben von Wiesenhof Akud. Nach nur einem Jahr bei dem Zweitdivisionär wird Klinger zusammen mit seinem Teamkollegen Carlo Westphal zu Gerolsteiner wechseln.
„Für mich wird ein Traum wahr“, freut sich der zukünftige Gerolsteiner im Gespräch mit Radsport aktiv. „Jeder Profi will in einem ProTour-Team fahren. Ich hätte nicht gedacht, dass ich schon gleich nach meinem ersten Jahr den Sprung schaffe. Ich bin die Saison über konstant gut gefahren, aber erst bei der Sachsen-Tour hat es mit einem Spitzenergebnis geklappt.“
Als Sechster der Gesamtwertung war der blonde Schlaks bester deutscher Fahrer. Klinger: „Es ist richtig gut gelaufen. Ich war gleich am ersten Tag in der entscheidenden Gruppe dabei und konnte meinen guten Platz bis zur letzten Etappe verteidigen.“
Für Wiesenhof-Akud bedeutet der Weggang der vier größten Talente - neben Klinger und Westphal verlassen Gerald Ciolek und Marcel Sieberg den Rennstall – einen herben Verlust. „Das ist das Schicksal eines kleinen Teams“, sagt Teamchef Jens Heppner mit einem Schuss Fatalismus. „Die besten Fahrer werden von den großen Teams weggelockt. Aber bei Tim passt der Zeitpunkt. Ich hätte es an seiner Stelle genauso gemacht.“
Klinger hat im Gegenzug für sein Team nur warme Worte übrig. „Es ist toll, wie sich die entscheidenden Leute bei Wiesenhof-Akud verhalten haben. Ob Jens Heppner, Raphael Schweda oder Jochen Hahn – keiner legt mir Steine in den Weg. Die waren ja früher allesamt selber Rennfahrer und können meine Entscheidung deshalb verstehen.“
Aber vor Gerolsteiner kommt die Deutschland-Tour. Dort wird Klinger nicht die Gesamtwertung im Auge haben, sondern seinen Kapitän Gerhard Trampusch. Der 27-jährige Österreicher befindet sich in Topform und gilt als aussichtsreicher Kandidat für eine vordere Platzierung in der Gesamtwertung.
„Ich weiß noch nicht genau, welche Rolle mir zugedacht ist“, sagt Klinger, „aber ich werde sicher Gerhard Trampusch vor allem in den Bergen helfen müssen. Ob ich da noch die Chance bekomme, auf der einen oder anderen Etappe etwas auszuprobieren, weiß ich nicht.“ Heppner traut seinem Schützling aber mehr als nur die Rolle eines Edelhelfers zu. „Trampusch ist zwar der stärkere Bergfahrer und unser Kapitän. Aber wir werden je nach Situation entscheiden, wer für wen fährt. Wenn die Form stimmt, bekommt Tim auch seine Chance im Gesamtklassement“, macht der ehemalige Telekom-Profi dem Jungprofi Mut. „Aber wir werden ihn nicht verheizen.“
Der Zufall und die Streckenplaner wollen es, dass die Deutschland-Tour gleich auf der ersten Etappe durch Klingers Heimatstadt Sprockhövel kommt. „Das ist natürlich fantastisch und verleiht mir noch mal einen zusätzlichen Motivationsschub“, freut sich der Lokalmatador jetzt schon auf den Abstecher durch seine Stadt. Seine Eindrücke von diewser und allen anderen Etappen wird Klinger ab kommenden Dienstag in einem Online-Tagebuch für Radsport aktiv festhalten.
Klingers Berater Siegfried Fröhlich bezeichnet seinen jungen Klienten als „schlafenden Riesen“. „Der weiß noch gar nicht, was er alles drauf hat“, sagt der Rechtsanwalt, der sich auf die Betreuung von Radsportlern spezialisiert hat. Im nächsten Jahr wird Tim Klinger bei Gerolsteiner genügend Möglichkeiten bekommen, sich und seine Fähigkeiten auszuloten. Vielleicht weiß er aber auch schon nach der Deutschland-Tour, wozu er fähig ist.
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