Interview mit André Greipel

„Wir Sprinter werden nur an Siegen gemessen“

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Andre Greipel (Columbia)

Foto: ROTH

20.12.2008  |  (rsn) – André Greipel (Columbia) zählte zu den großen Entdeckungen der abgelaufenen Saison. Der 26-jährige Sprinter gewann insgesamt 15 Rennen, darunter die Gesamtwertung der Tour Down Under sowie je eine Etappe beim Giro d’Italia und der Deutschland Tour. Im Interview mit Radsport News spricht Greipel über seine Saisonvorbereitung, Ziele für 2009 und über ein mögliches deutsch-deutsches Sprinterduell.

Sie haben 2008 15 Siege gefeiert. Hätten Sie sich zu Beginn der Saison zugetraut, so erfolgreich zu sein?

Greipel: Ich vielleicht weniger, aber die Sportliche Leitung hat schon großes Vertrauen in mich gesetzt und mir große Unterstützung gegeben. Ich habe die Zeit bekommen, um an mir zu arbeiten und zu lernen, mit dem Druck umzugehen.

Sie haben in der vergangenen Saison einen großen Sprung gemacht. Wo ordnen Sie sich im Vergleich zu Weltklassesprintern wie Cavdendish, Bennati, Freire, Boonen oder Petacchi ein?

Greipel: Ich vergleiche mich nicht gern mit anderen Sprintern. Jeder versucht sich ja, vom anderen abzugrenzen. Ich möchte da nicht auf andere schauen. Wenn es zum Sprint kommt, will ich vorne dabei sein, ganz einfach.

Mit welchen Zielen gehen Sie ins neue Jahr?

Greipel: Ich würde natürlich gerne da weitermachen, wo ich im letzten Jahr beim Münsterland-Giro aufgehört habe (Greipel gewann das Rennen, d. Red.). Ich will gleich bei der Tour Down Under gut in die Saison einsteigen und mir dabei Selbstvertrauen für die weiteren Rennen holen. Ich habe mir in Australien einen Etappensieg zum Ziel gesetzt. Alles darüber hinaus wäre eine Zugabe. Aber natürlich will ich bei jedem Rennen, in dem ich am Start bin und bei dem es zum Sprint kommt, um den Sieg mitsprinten.

Wie sieht Ihre Saisonvorbereitung aus?

Greipel: Ich versuche es, wie im letzten Jahr zu machen. Wir hatten unser Teamtrainingslager vom 28. Nov. – 11. Dez. auf Mallorca und jetzt bin ich noch mit einer kleinen Columbia-Gruppe für sechs Tage hier. Trainiert wird Grundlage und Kraftausdauer. Am Montag geht’s dann zurück nach Deutschland. Ich bin über Weihnachten und Sylvester zuhause und werde über den Jahreswechsel Skilaufen. Das ist die einzige kleine Änderung im Vergleich zum Vorjahr,

Kennen Sie schon Ihren Rennkalender?

Greipel: Nach der Tour Down Under starte ich bei der Mallorca Challenge und bei der Algarve-Rundfahrt. Dann fahre ich einige belgische Eintagesrennen wie Het Volk und Kuurne-Brüssel-Kuurne. Im März steht Paris-Nizza auf dem Programm. Frühjahrsklassiker wie die Flandern-Rundfahrt oder Gent-Wevelgem fahre ich dieses Jahr nicht. Dafür im Mai wieder den Giro d’Italia. Das ist so die grobe Planung für die erste Saisonhälfte.

Wie schätzen Sie Ihre Chancen auf einen Tour-Start ein?

Greipel: Wir sind eine starke Mannschaft und bei der Dichte im Team wird es schwer für mich, einen Platz im Tour-Aufgebot zu ergattern. Michael Rogers wird wieder dabei sein, nachdem er dieses Jahr krankheitsbedingt ausgefallen war, und dann ist da Mark Cavenbish, der 2008 vier Etappen gewonnen hat. Aber natürlich ist es mein Ziel, auch bei der Tour de France zu starten.

Mit Gerald Ciolek hat einer der drei Weltklassesprinter Columbia verlassen. Erhöhen sich Ihre Chancen auf noch mehr Siege dadurch?

Greipel: Das kann man so nicht sagen. Außer bei der D-Tour bin ich mit Gerald im letzten Jahr ja kaum zusammen gefahren und wir sind uns da nicht in die Quere gekommen. Das wird in der neuen Saison ein schönes deutsches Duell geben, falls wir aufeinandertreffen sollten. Wir sind jetzt Konkurrenten und am Ende will jeder die Sprints gewinnen.

Für die Öffentlichkeit zählen bei Sprintern nur Siege, zweite und dritte Plätze oftmals gar nicht wahrgenommen. Wie gehen Sie damit um?

Greipel: Das ist doch ganz normal, dass man als Sprinter nur an seinen Siegen gemessen wird. Natürlich ist die Frage, wie Platzierungen von, sagen wir, zwei bis zehn zustande kommen. Klar, wenn ich im Sprint Zehnter werde, kann ich nicht zufrieden sein. Aber wenn man etwa bei der Tour de France Zweiter hinter Cavendish wird, dann kann man auch damit gut leben. Prinzipiell lassen sich schon nur Siege verkaufen, aber bei der Tour Zweiter oder Dritter auf einer Etappe zu werden, ist bestimmt keine Schande.

Wie stark schätzen Sie Ihr Team nach dem Weggang von Linus Gerdemann und Ciolek ein?

Greipel: Natürlich sind Linus und Gerald nur schwer zu ersetzen. Sie haben in dieser Saison ja mehrfach ihre internationale Klasse bewiesen. Aber mit unseren Neuzugängen können wir zufrieden sein und mit Maxime Monfort haben wir einen guten Mann für die großen Rundfahrten dazu bekommen. Ich glaube nicht, dass wir uns damit verschlechtert haben, im Gegenteil: Vielleicht sind wir sogar noch stärker. 2008 haben ja viele Fahrer bei uns Rennen gewonnen, ich glaube, 17 oder 18.

Gerdemann hat mehrfach betont, dass es wichtig für ihn sei, in einem deutschen Team zu fahren. Wäre Milram für Sie eine Option?

Greipel: Natürlich ist es schön, als Deutscher in einem deutschen Team zu fahren. Ich fühle mich aber wohl bei Columbia und bekomme alle Unterstützung, die ich brauche. Deshalb habe ich ja meinen Vertrag erst bis Ende 2010 verlängert. Ich denke gar nicht über einen Teamwechsel nach.

Sie steigen bei der Tour Down Under in die Saison ein. Ist die Titelverteidigung Ihr Ziel?

Greipel: Das muss man mal abwarten. 2009 muss der Berg der entscheidenden Etappe zweimal statt wie im letzten Jahr einmal überquert werden. Das wird schon mal schwieriger. Aber wir sind auf dem Papier das stärkste Team und wollen das Rennen gewinnen, ob jetzt durch mich oder einen anderen, ist ganz egal.

In Australien wird Lance Armstrong sein Comeback geben. Was trauen Sie ihm zu?

Greipel: Offenbar ist er ja fit, aber es kommt halt darauf an, auf welche Rennen er seinen Fokus legt. Das Medieninteresse wird jedenfalls enorm anwachsen. Ansonsten habe ich mir über Armstrongs Start aber nicht viele Gedanken gemacht.

Mit André Greipel sprach Matthias Seng.

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