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13.09.2010 | (rsn) – Bei der 65. Auflage der Vuelta a España herrscht das Rot-ationsprinzip. Auch der Italiener Vincenzo Nibali (Liquigas) konnte sich nicht lange über das begehrte Rote Trikot freuen. Nur zwei Tage, nachdem er es vom schwer gestürzten Spanier Igor Anton (Euskaltel) übernommen hatte, musste es der 25-Jährige wieder weiterreichen – und zwar an Antons Landsmann Joaquin Rodriguez (Katjuscha), der seinerseits das Führungstrikot nach der 10. Etappe einen Tag lang getragen hatte.
Auf der 16. Etappe über 181 Kilometer von Gijón zur Bergankunft am Cotobello wirkte der 25-jährige Italiener lange Zeit sehr souverän und konnte bis ins Finale auf die wirkungsvolle Unterstützung seines tschechischen Teamkollegen Roman Kreuziger vertrauen. Auf den letzten beiden Kilometern konnte Nibali dann aber dem Tempo seiner Konkurrenten nicht mehr folgen und musste sich mit Platz zehn zufrieden geben.
Rodriguez fuhr als Etappenvierter 37 Sekunden Vorsprung auf Nibali heraus und hat vor dem 46 Kilometer lange Zeitfahren am Mittwoch 33 Sekunden Vorsprung auf den Liquigas-Kapitän. Nibali hat aber gute Chancen, sich das Rot-ierende Trikot wieder zurückzuholen .
Zu den Gewinnern des Tages zählte auch Fränk Schleck (Saxo Bank). Der Luxemburger Meister attackierte im Schlussanstieg gut acht Kilometer vor dem Ziel und wurde schließlich Etappenzweiter hinter dem spanischen Ausreißer Mikel Nieve (Euskaltel), der nicht nur seinen ersten Sieg als Profi feierte, sondern seinem durch den Verlust von Igor Anton und Egoi Martinez schwer gebeuteltem Team den bereits dritten Etappenerfolg bescherte.
“Nach Igor Antons Crash haben wir uns gefühlt, als ob es das Ende der Welt wäre. Aber diese Etappe mit drei schweren Bergen hat uns die Chance geboten, unsere Köpfe wieder oben zu tragen“, sagte Nieve nach dem Rennen. „Wir wussten, dass wir schon weit vor dem Ziel attackieren mussten. Es war ein großartiges Teamwork. Ich kenne den Schlussanstieg nach Cotobello, ich bin ihn im August mit Igor und Samuel Sanchez schon abgefahren. Das hat mir heute sehr geholfen.“
Hinter Schleck (+1:05) kam der zeitgleiche Belgier Kevin de Weert (Quick Step) auf den dritten Platz. Es folgten Rodriguez (+1:22), dessen Landsleute Luis Leon Sanchez (Caisse d’Epargne/+1:32), der die Fluchtgruppe des Tages initiiert hatte, Ezequiel Mosquera (Xacobeo/+1:40) und David Garcia (Xacobeo/+1:42). Platz acht ging an den Iren Nicolas Roche (Ag2r/1:44), und auch der Spanier Carlos Sastre (Cervélo TestTeam/+1:50) kam als Neunter noch vor Nibali (+1:59) ins Ziel.
Im Gesamtklassement liegen die ersten drei Fahrer – Rodriguez, Nibali und Mosquera (+0:53) – weiter innerhalb einer Minute. Fränk Schleck (+2:16) verbesserte sich auf Rang vier. Roche ist Fünfter (+3:01) vor dem Slowaken Peter Velits (HTC-Columbia/+4:27), der im Finale die Attacken der Spanier ebenfalls nicht mehr parieren konnte.
"Nibali ist ein großartiger Zeitfahrer und besser als ich", richtete Rodriguez seinen Blick schon auf den Mittwoch, wenn nach dem Ruhetag die Vorentscheidung über den Vuelta-Gesamtsieg fallen dürfte. "Ich werde das beste Zeitfahren meines Lebens fahren müssen."
"Ich habe ein bisschen für die Anstrengungen der vergangenen Tage zahlen müssen", gab Nibali zu, zeigte sich aber gelassen: "Ich habe versucht, mit der Situation so gut wie möglich zuerchtzukommen und so wie es gelaufen ist, ist es okay. Am Dienstag kommt der Ruhetag und das Zeitfahren am Mittwoch könnte ein Vorteil für mich sein. Dann kommt noch eine große Etappe am Samstag. Die Vuelta ist also noch weit offen."
Bei von Anfang an sehr hohem Tempo dauerte es bis zum Rennkilometer 66, bis sich eine Gruppe vom Feld absetzen konnte. Dann waren es aber gleich zehn Mann, die sich auf und davon machten: Die Spanier Luis Leon Sanchez und Juan José Oroz (Euskaltel), der US-Amerikaner Thomas Peterson (Garmin-Transitions), der Italiener Marco Marzano (Lampre), die Franzosen Matthieu Sprick (Bbox Bouygues Telecom) und Ludovic Turpin (Ag2r), der Niederländer Sebastian Langeveld (Rabobank), der Kasache Alexander Dyachenko (Astana) sowie die beiden Belgier de Weert und Frederik Willems (Liquigas) fuhren einen Vorsprung von maximal 3:40 Minuten auf das Feld heraus.
Nibali zeigte sich bei Sonnenschein und angenehmen Temperaturen sehr aufmerksam und hatte im ersten Renndrittel teilweise selbst dafür gesorgt, dass diverse Gruppen wieder gestellt wurden. Erst als Luis Leon Sanchez initiativ wurde, wurden im Feld die Zügel locker gelassen.
Im Anstieg zum Puerto de San Lorenzo (Kat.1) fiel die Spitzengruppe auseinander – vorne blieben noch acht Fahrer übrig, die gemeinsam die Bergwertung erreichten, 3:05 Minuten vor dem Feld mit allen Favoriten. In der Abfahrt schloss auch Oroz wieder zur Spitze auf. Der Baske aus der arg gerupften Euskaltel-Mannschaft hatte mit Amets Txurruka und Mikel Nieve gleich zwei Teamkollegen im Schlepptau, die sich im Anstieg aus dem Hauptfeld abgesetzt hatten – ein deutliches Zeichen, dass sich das Team einiges für die Königsetappe der diesjährigen Spanien-Rundfahrt vorgenommen hatte.
Als im Anstieg zum Alto de la Cobertoria, dem zweiten Kategorie 1-Berg des Tages, Schlecks Saxo Bank-Team Nibalis Helfer an der Spitze des Feldes ablöste, sah es zunächst danach aus, als ob die Favoriten auch den Tagessieg unter sich ausmachen sollten. Nachdem vor allem Fabian Cancellara für Tempo gesorgt hatte, testete Schleck 43 Kilometer vor dem Ziel mit einem ersten Antritt die Konkurrenten. Der Gesamtsiebte, im Gesamtklassement 2:48 Minuten hinter Nibali, wurde von Liquigas aber noch vor dem Gipfel wieder gestellt.
An der Bergwertung war die Spitzengruppe derweil auf drei Fahrer geschrumpft: Sanchez überquerte den Gipfel vor Nieve und Txurruka. Nur 1:43 Minuten dahinter folgte die wieder von Liquigas angeführte und auf rund 15 Fahrer zusammengeschrumpfte Favoritengruppe. Dazwischen bewegten sich die abgehängten Fahrer der ehemaligen Spitzengruppe sowie eine weitere kleine Verfolgergruppe um den Kasachen Andrej Kashechkin (Lampre). In der Abfahrt schlossen de Weert und Peterson wieder zu den drei Spaniern auf. Gemeinsam bauten die fünf Ausreißer den Vorsprung wieder auf 2:30 Minuten aus, bevor es in den 10,1 Kilometer langen Schlussanstieg ging.
Schon im unteren Teil des durchschnittlich 8,15 Prozent steilen Cotobello fielen die Vorentscheidungen. Fast zeitgleich attackierten Nieve aus der Spitzengruppe und Schleck aus der Favoritengruppe heraus. Sowohl der US-Amerikaner Tom Danielson (Garmin-Transitions) als auch kurz darauf Sastre konnten zu dem Saxo Bank-Kapitän aufschließen, aber im Finale den Tempoverschärfungen des 30-Jährigen nicht mehr folgen. Noch erfolgreicher war Nieve: Der 26 Jahre alte Baske, erst seit 2009 Profi, schüttelte als letzten Begleiter keinen Geringeren als Luis Leon Sanchez ab und verteidigte seinen Vorsprung souverän bis ins Ziel.
In der Favoritengruppe verfolgte Nibali dieselbe Strategie wie am Sonntag, als er mit Hilfe Kreuzigers das Tempo beständig hoch hielt, aber nicht auf Angriffe reagierte. Auf dem letzten Kilometer allerdings, als Rodriguez und Mosquera attackierten, war es mit der Souveränität des Sizilianers vorbei. Nibali konnte immerhin den Rückstand auf die starken Spanier in Grenzen halten. Ob es genug war, um das Rote Trikot wieder zurückerobern zu können, wird sich am Mittwoch zeigen.
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