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24.02.2011 | (rsn) - In der Serie "Was macht eigentlich...?" befragt Radsport News Prominente aus dem Radsport über ihr Leben nach ihrer Karriere. Diesmal stand der langjährige ARD-Fernsehkommentator und Sportjournalist Herbert Watterott Rede und Antwort. Watterott berichtete unter anderem vier Jahrzehnte von der Tour de France.
Sie sind seit Ende 2006 Radsportreporter im Ruhestand. Vermissen Sie Ihren Job als ARD-Kommentator?
Watterott: Natürlich ist es harter Schnitt, wenn man nach 41 Jahren Tour de France plötzlich nicht mehr am Mikrofon sitzen kann, nur weil man 65 Jahre alt geworden ist und das Rentenalter erreicht hat. Ich hätte mir gewünscht und mich gefreut, noch das eine oder andere Jahr als Reporter für die ARD tätig sein zu können, dann natürlich als Freier Mitarbeiter zusammen mit Florian Nass vom Hessischen Rundfunk, mit dem ich zusammen kommentiert habe. Bei den beiden letzten Frankreich-Rundfahrten sind wir für unsere Arbeit sehr gelobt worden und haben beste Kritiken bekommen. Aber auf diese Idee ist wohl niemand gekommen.
Wie beschäftigt sich ein "Radsport-Rentner"?
Watterott: Ich habe mein „Gehirn“ - damit gemeint ist der berühmte Karteikasten mit allen Informationen über die Profis - immer noch auf dem neuesten Stand der Dinge, also mit allen Ergebnissen, Siegen, Platzierungen und persönlichen Anmerkungen zu allen Profis. Das braucht Zeit. Ich könnte also sofort wieder „loslegen“ die Zuschauer über das Etappen-Renngeschehen sowie Land und Leute informieren. Mal sehen, ich halte es immer noch mit meinem Wahlspruch: Alles kommt zu dem, der warten kann.
Dann bin ich ja seit 1997 Hallensprecher beim Sechstagerennen im Berliner Velodrom. Das ist eine tolle Aufgabe, zusammen mit meinem Kollegen Christian Stoll jeden Abend für rund 12.000 begeisterte und sachkundige Zuschauer das spannende Geschehen auf der Bahn zu begleiten. Hin und wieder bin ich mit einer Jazz-Combo (das Henning Wolter Trio) auf Vorlesereise. Die Musiker waren extra bei der Tour de France und haben sich von den unzähligen Geräuschen im Tross und entlang der Strecke inspirieren lassen und eine CD mit der Titel „le grand spectacle“ produziert. Zwischen den Musikstücken Prolog, Abfahrt, Besenwagen, Pyrenäen, Provence und Ausreißer lese ich Geschichten von der Tour de France vor, die ich erlebt und in meinem Buch „Tour de France live“ zusammengefasst habe.
Welche war die denkwürdigste Tour, die Sie jemals kommentiert haben?
Watterott: Das ist schwer zu sagen. Denkwürdiges hat es bei vielen Frankreich-Rundfahrten zwischen 1965 und 2006 gegeben. Sportlich gesehen denke ich die Tour 1969, als Eddy Merckx seine erste Tour bestritt, sechs Etappen gewann (darunter die legendäre Pyrenäen-Etappe und die zwischen Luchon und Mourenx-Ville-Nouvelle, die Merckx nach 140 km langer Alleinfahrt mit fast acht Minuten Vorsprung dominierte) und erstmals Gesamtsieger wurde.
Ich denke an 1977 mit Dietrich Thurau - 15 Tage im Gelben Trikot-, an 1989, als Greg Lemond in Paris nach einem Herzschlagfinale beim Zeitfahren noch mit acht Sekunden die Tour vor dem leider verstorbenen Laurent Fignon gewann. Natürlich denke ich an 1997, als mit Jan Ullrich zum ersten und bisher einzigen Mal ein Deutscher die große Schleife durch Frankreich siegreich beendete.
Den nachhaltigsten Eindruck hat die Tour 1995 bei mir hinterlassen und sich tief in meinem Gedächtnis verankert. Die Ära Miguel Indurain ging mit dem fünften Toursieg des Spaniers zu Ende. Die Laufbahn des jungen italienischen Olympiasiegers Fabio Casartelli endete abrupt, bevor sie richtig begonnen hatte, mit dem Todessturz auf der Abfahrt vom Portet d’Aspet in den Pyrenäen.
Das sportliche Geschehen trat schlagartig in den Hintergrund und für Jürgen Emig und mich am Mikrofon entstand eine Situation, die wir noch nie erlebt hatten und nun meistern mussten. Über nahezu sechs Stunden waren wir im Ungewissen über den Zustand des gestürzten Casartelli. Eine bleierne Stille und Anspannung lag über der gesamten Reportertribüne. Wir haben nur ganz wenig gesprochen und kommentiert, um dieser Tragik den entsprechenden Respekt zu zollen. Richard Virenque gewann die Etappe und brach am Ziel in Tränen aus. Wir waren geschockt, und ich habe diesen Tag und diese Tour bis heute nicht vergessen.
Was macht für Sie die Faszination der Tour oder des Radsports allgemein aus?
Watterott: Mich fasziniert die fröhliche, unkomplizierte Atmosphäre, besonders am Start. Alle sind in freudiger Erwartung über einen neuen Tourtag. Aus allen Ecken strömen die Zuschauer herbei, die Profis kommen mit frischen Trikots und blitzsauberen Rennrädern zum Einschreiben, jeder gibt bereitwillig Auskunft und Interviews. Junge Menschen, die sich versammeln und bei der härtesten Sportart der Welt starten. Man erlebt im Radsport eine Vielzahl taktischer Raffinessen, vom Windkanal in der Vorbereitung bis zum Belgischen Kreisel im Rennen, den Kampf Mann gegen Mann im Hochgebirge, die atemberaubenden Abfahrten ins Tal, die intensiven Sprintankünfte, bei denen die Spitzenfahrer mit 60 – 70 Sachen ins Ziel stürmen. Man lernt fremde Städte, Länder und Landschaften kennen, und ich habe das schöne Gefühl, Mitglied einer großen Familie zu sein.
Sind Sie jemals selbst ambitioniert Rad gefahren?
Watterott: Ambitioniert auf jeden Fall. Ob anfangs auf einem alten „Drahtesel“ oder später auf einer Rennmaschine von Udo Bölts, ausgestattet mit einer Amateurlizenz meines Vereins Staubwolke Refrath (Vorort der Schlossstadt Bensberg), in dem ich fast 30 Jahre Mitglied bin. Das Bergische Land ist das ideale Terrain, um sich so richtig auf Abfahrten und Anstiegen auszutoben.
Wie haben Sie sich früher auf „Ihre“ Frankreich-Rundfahrten vorbereitet?
Watterott: Ich habe mein Radarchiv jeden Tag mit den neuesten Rennergebnissen aktualisiert, das heißt, ich habe von Beginn meiner Zeit als Radsportreporter zwei Karteikästen gehabt und für jeden Profi eine Karteikarte. Über Deutschlands erfolgreichsten Berufsfahrer Erik Zabel hatte ich natürlich die meisten Informationen zusammengetragen. 38 Karteikarten, die ich ihm bei seinem Karriere-Abschied anlässlich des 98.Berliner Sechstagerennens 2009 geschenkt habe. Außerdem habe ich täglich die Gazzetta dello Sport, L’ Équipe und Het laatste Nieuws studiert, alle mit ausführlichen und speziellen Radsportberichten, Kommentaren und Meinungen ausgestattet.
Sie haben im Jahr 2006, im Jahr des Fuentes-Skandals, Ihre letzte Tour de France kommentiert. Wissen Sie noch, wie Sie die Nachricht von der Verwicklung von Jan Ullrich in die Operacion Puerto aufgenommen haben?
Watterott: Das war ganz merkwürdig. Die Antrittspressekonferenz des Teams T-Mobile war einen Tag vor dem Start zum Prolog in Straßburg etwas außerhalb der elsässischen Metropole angesetzt. Florian Nass und ich hatten uns ein wenig verspätet, plötzlich kam uns kurz nach 10 Uhr der T-Mobile-Mannschaftsbus mit dem Tour-Team entgegen. Wir dachten, der Bus habe sich verfahren und folgten ihm. Bis wir merkten, dass der ins Mannschaftsquartier zurück fuhr. Da konnte etwas nicht stimmen. Als wir verspätet zur Pressekonferenz erschienen, sahen wir die große Schar der in- und ausländischen Journalisten wie einen aufgescheuchten Ameisenhaufen hektisch telefonieren und diskutieren.
Dann wurde uns bewusst, der Blitz hatte in die Tour geschlagen, bevor sie überhaupt losging. In der Nacht waren aus Madrid unzählige Dokumente gefaxt worden, die auch die Namen von Jan Ullrich und Oscar Sevilla enthielten. Es gab zwar schon früher Hinweise und Vermutungen, aber diese Entwicklung unmittelbar vor dem Tour-Start hat mich dennoch tief getroffen; und das an einem Tag, an dem in Deutschland das Sommermärchen Fußball-Weltmeisterschaft und der 5:3 Sieg nach Elfmeterschießen über Argentinien gefeiert wurde. Ausgerechnet bis zum Tourstart zögerten sich die Gerüchte hin, um danach geballt auf den Tisch zu kommen. Das war kein gutes Omen für die Tour und für mein letztes Jahr beim größten Radrennen der Welt.
Wie schwer ist es Ihnen überhaupt gefallen, in Rente zu gehen?
Watterott: 43 Jahre beim WDR, Köln in der Fernseh-Sportredaktion sind ein langer Zeitraum. Da fällt einem der Abschied nicht so schwer, aber auf den Radsport plötzlich verzichten zu müssen, war mit Wehmut verbunden. Ich war am 25. August 1963 Redakteur der ersten Fußball-Bundesliga-Sendung. Bei siebzehn Olympischen Spielen gehörte ich zum ARD-TV Team, 25 Eishockey-Weltmeisterschaften und 41 Tour de France-Jahre hinterlassen Spuren, aber unzählige tolle Erlebnisse entschädigen dafür. Man könnte mich nachts wecken, um Radrennen zu kommentieren. Es war nie lästige Arbeit, sondern die Erfüllung eines Jugendtraumes, Sportreporter zu werden.
Hat Ihre Leidenschaft für den Radsport in den vergangenen Jahren unter all den Dopingnachrichten gelitten?
Watterott: Nein. Die Freude an diesem faszinierenden Sport auf der Straße oder auf der Bahn ist geblieben und ungebrochen. Es ist ja wie im richtigen Leben. Der Mensch versucht, egal bei welcher Gelegenheit, sich mit lauteren, aber auch mit unlauteren Mitteln, einen Vorteil zu verschaffen. Das ist im Sport nicht anders. Die Betrüger muss man entlarven und hart bestrafen. Im Radsport wurden die Kontrollen von Jahr zu Jahr verschärft und dadurch auch Profis ertappt, die sich durch Doping einen Vorteil verschafften. Aber Doping beschränkt sich nicht nur auf den Radsport. Offensichtlich scheint der Leistungssport allgemein ohne Doping gar nicht mehr zu funktionieren. Zählen wir die Dopingfälle eines Jahres einmal zusammen, dann sind auch viele andere Sportarten betroffen. Bei den Schwimm-Weltmeisterschaften 2009 in Rom gab es überhaupt keine Dopingkontrollen. Das ist ja wohl ein Witz und unbegreiflich.
Sie bildeten über viele Jahre hin ein erfolgreiches Kommentatoren-Trio mit Jürgen Emig und Hagen Boßdorf. Emig wurde 2008 wegen Bestechung und Beihilfe zur Untreue zu einer Haftstrafe verurteilt. Boßdorf u.a. wegen seiner Tätigkeit als inoffizieller Mitarbeiter der Stasi von der ARD nicht mehr weiter beschäftigt. Haben Sie noch Kontakt zu Ihren früheren Kollegen?
Watterott: Ich habe Jürgen Emig, kurz nachdem die Untersuchungen gegen ihn begannen und nicht wissend, was sich dahinter verbirgt, eine SMS geschrieben. Es kam bis heute keine Reaktion. Hagen Boßdorf traf ich nach seinem Ausscheiden bei der ARD beim Münchner und Berliner Sechstagerennen. Seitdem gibt es einen losen Kontakt. Mit Florian Nass (Reporter), Werner Zimmer (früherer Tour de France Teamchef) und Rolf Ganz (Pressechef des SR, Saarbrücken und des ARD-Tourteams) verbinden mich allerdings gemeinsame Treffen bei der Tour und anderen Radrennen.
In den Hochzeiten der T-Mobile Jahre wurden die deutschen Top-Stars wie Ullrich und Zabel regelrecht verehrt. Von Kritikern wurde der ARD eine zu große, auch kommerziell bedingte Nähe zum Telekom-Rennstall vorgeworfen. Was sagen Sie im Abstand mehrerer Jahre dazu?
Watterott: Ich glaube unter dem Strich war es keine gute Idee, das Logo der ARD auf dem Magenta-Trikot zu platzieren. Immer wieder wurden von Kritikern Verdächtigungen ausgesprochen, man könne dadurch nicht neutral kommentieren. Das waren Unterstellungen, die mit nichts zu beweisen waren. Die Kommentierung wurde durch das ARD-Logo auf dem Trikot nicht „pro“ Telekom beeinflusst. Auf keinen Fall.
Das ARD-Logo auf dem Trikot von T-Mobile war zwar eine Marketingmaßnahme; aber sie war von Anfang an auch zum Wohle unserer Zuschauer gedacht. Wir waren näher dran am damals einzigen deutschen Profiteam und konnten noch mehr Hintergrundinformationen aus dem Rennstall bringen; das hat den Radsportfans gefallen.
Ähnliche Kritik gab es zum Thema Doping. Haben Sie und ihre Kollegen zu blauäugig das Thema behandelt?
Watterott: Mit Sicherheit nicht. Wenn Sie sich erinnern, haben wir im Kommentar und mit unzähligen Interviews und Filmberichten schon 1998 ausführlich und detailliert berichtet, als der Dopingskandal beim Start in Dublin begann. Unsere Filmreporter haben stets alle Fakten aufgegriffen und neutral bewertet. Die ARD-Crew hat mit Schärfe und Präzision recherchiert, berichtet, dokumentiert und argumentiert.
Zudem haben wir seit der Affäre Puerto journalistischer als zuvor über das Thema Doping im Radsport berichtet – mit vielen Beiträgen unserer Dopingexperten sowie den Fachleuten als Live-Gäste der Direktsendungen: Das wurde von den Printmedien nicht entsprechend gewürdigt. Und auch die Hardcore-Fans des Radsports wollten davon nichts wissen. Aber unserem Informationsauftrag sind wir allemal gerecht geworden. Als Reporter und Kommentator muss ich mich an Fakten halten und kann nicht „mal eben“ vermuten und erst gar nicht behaupten, dass der oder der gedopt hat, wenn mir die eindeutigen Beweise fehlen.
Wie beurteilen Sie das derzeitige Verhalten von Verbänden, Teams und Fahrern in Sachen Doping?
Watterott: Ich habe doch den Eindruck, dass die Beteiligten nicht mit letzter Konsequenz gegen Doping vorgehen; siehe das seltsame Verhalten der UCI in den Fällen Armstrong und Contador; siehe das damalige Schweigen im Lager des früheren T-Mobile – Teams. Man kann die Situation mit einem Eisberg vergleichen – nur ein Siebtel ist jeweils an der Oberfläche zu sehen. Hätten die Fahrer, die Teams, die nationalen Verbände und die UCI einen wirklichen Neuanfang gewollt, wären wir vielleicht einen Schritt weiter – siehe unsere Nachbarländer Frankreich und Italien, wo Dopingsünder wie Richard Virenque (inzwischen Karriere beendet) und Ivan Basso nach ihren Dopingsperren allerdings auch wieder voll integriert wurden. Die aktuelle Situation ist weder Fisch noch Fleisch.
Gehen die Medien Ihrer Meinung nach heute angemessen mit dem Thema Doping um?
Watterott: Nein, es wird meiner Meinung nach immer noch mit zweierlei Maß gemessen. Beim Radsport wird inzwischen am schärfsten kontrolliert und nach neuen Dopingmitteln geforscht (Blutpass etc.); würden die elektronischen und die Printmedien bei anderen gefährdeten Sportarten mit der gleichen Konsequenz recherchieren, würden wir möglicherweise vor einem Scherbengericht stehen. Natürlich wurde - und ich fürchte wird - im Profiradsport betrogen; aber ihn alleine an den Pranger zu stellen, halte ich für ungerecht.
In der ARD besteht ja schon seit geraumer Zeit eine Redaktionsgruppe, angesiedelt beim WDR in Köln die sich mit Doping beschäftigt und tätig wird, wenn etwas passiert ist, aber auch unabhängig von aktuellen Fällen weiter recherchiert und forscht, um Spuren zu finden und Verdächtigungen zu erhärten oder zu entkräften.
Aktuelles Beispiel ist der Fall Alberto Contador, der am Ruhetag der letzten Tour positiv auf Clenbuterol getestet wurde. Die ARD hatte durch eigene Recherchen den Fall Contador erst publik gemacht.
Wie beurteilen Sie den für 2012 angekündigten „Tour-Ausstieg“ von ARD und ZDF?
Watterott: Diese Entscheidung kann ich nicht nachvollziehen. Das ist traurig und bedauerlich. Der deutsche Radsport verliert im Vergleich zu anderen Nationen immer mehr an Boden. Wenn ich daran denke, welche Euphorie durch Dietrich Thurau 1977 und Jan Ullrich 1997 entfacht wurde, wird der Nachwuchs- und Jugendarbeit ohne Vorbilder jegliche Motivation entzogen. Tatsache ist: Die Zuschauer und Radsportanhänger wollen das größte und schwerste Radrennen der Welt sehen, denn die Tour ist mehr als Sport, sie ist ein Monument, Kultur und Historie zugleich. Das interessiert die Fans. Das war seit 1996 so, als wir neben dem Sport auch über Land und Leute informiert haben, und das Interesse wird immer so bleiben.
Mit dem Radsport wird ein Vorreiter in der Dopingbekämpfung bestraft. Es wäre wünschenswert, dass in allen Sportarten so konsequent kontrolliert würde und gegebenenfalls auch großflächige Übertragungszeiten zurückgefahren würden. Aber da wird man lange warten müssen. Bei manchen Printmedien finde ich es geradezu unangebracht und störend, nach Bestrafung und abgelaufener Sperre bei neuerlichen Siegen immer wieder auf die Vergangenheit des Sportlers zu verweisen und die frischen Erfolge in Zweifel zu ziehen.
Sie haben Jahrzehnte lang die Tour de France begleitet, welche der zahlreichen Anekdoten erzählen Sie heute am liebsten?
Watterott: Während meiner Reporterlaufbahn hatte ich sehr oft einen bestimmten Traum. Immer wieder wurde ich nachts völlig aufgelöst wach und glaubte, ich hätte den Beginn der nächsten Tour de France-Reportage verpasst. Am 10. Juli 1971 kam tatsächlich der große Knall und das Schicksal nahm seinen Lauf.
Zwei Tage zuvor hatte der klare Tour-Favorit Eddy Merckx auf der Alpenetappe von Grenoble nach Orcières-Merlette bei der Bergankunft in 1.817 Meter Höhe auf den Etappensieger und Landsmann Lucien van Impe 8 Minuten und 42 Sekunden und damit das Gelbe Trikot an seinen spanischen Widersacher Luis Ocaña verloren. Am folgenden Ruhetag trainierte Eddy Merckx mit seiner berühmten Molteni-Mannschaft auf der Strecke und schwor Revanche auf der 251 km langen Etappe aus den Alpen hinunter ans Mittelmeer nach Marseille. Sofort nach dem Start aus dem Wintersportort in die Ebene fuhr das Merckx-Team ein horrendes Tempo, das Feld zerfiel in viele kleine Gruppen und in den ersten drei Rennstunden wurden sage und schreibe 180 Kilometer zurückgelegt, also ein Schnitt von 60 km/h.
Mein Kollege Günther Isenbügel und ich wussten nichts von dieser Höllenfahrt, richteten uns nach der vorausberechneten Marschtabelle (Schnitt 44 km/h) im offiziellen Tourbuch, um rechtzeitig zur Reportage am Ziel im alten Hafen von Marseille zu sein. Als wir das Hotel verließen rief uns der Portier schon das Ergebnis des Zieleinlauf entgegen: „Sieger Luciano Armani vor Eddy Merckx und Lucien Aimar“.
Ich dachte, ich bin im falschen Film und glaubte, der macht einen Scherz.
Wir liefen im Schweinsgalopp hinunter in den alten Hafen - und dort fiel uns der Unterkiefer runter.
Wir sahen keine Zuschauer mehr, die Fernseh- und Radiotribüne war bereits abgebaut, die Rennfahrer bereits zur Massage in ihren Hotels. Das war ein Desaster. Die Profis waren aufgrund des Höllenritts in Richtung Marseille neunzig Minuten früher im Ziel. Und wir kamen zu spät. Mein eingangs geschilderter böser Traum wurde wahr. Zum Glück ist mir das Missgeschick in meiner Reporterlaufbahn nie mehr passiert.
Herbert Watterott war zwischen 1963 und 2006 beim Westdeutschen Rundfunk (WDR) in der Fernsehsportredaktion als Redakteur mit besonderen Aufgaben und Erster Reporter tätig. Er hat für die ARD 41 mal die Tour de France kommentiert, war bei 40 Rad-Weltmeisterschaften und 25 Italien-Rundfahrten dabei, reportierte bei 25 Eishockey-Weltmeisterschaften und war bei 17 Olympischen Sommer- und Winterspielen im ARD-TV Team. Außerdem saß er bei 59 Sechstagerennen als Hallensprecher an Start und Ziel. Auch als Buchautor machte er sich einen Namen. So verfasste er "Tour de France live, vierzig Jahre Reportagen und Geschichten vom berühmtesten Radrennen der Welt", Verlag Delius Klasing.
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