Deutscher Meister von 2009 beendet seine Karriere

Reimer: "Mir haben die Ergebnisse gefehlt"

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Martin Reimer (Skil-Shimano) | Foto: ROTH

23.11.2011  |  (rsn) - Martin Reimer (Skil-Shimano) beendet zum Saisonende seine Karriere. Dies teilte der Deutsche Meister 2009 im Exklusiv-Interview mit Radsport News mit. Außerdem sprach der 24 Jahre alte Cottbuser über den neuen beruflichen Weg, den er einschlagen wird, warum bei Skil-Shimano die persönlichen Erfolge ausblieben und er beim niederländischen Zweitdivisionär keinen neuen Vertrag mehr erhielt.

Nach nur einem Jahr gehen Sie und das Skil-Shimano-Team wieder getrennte Wege. Wie geht es für Sie im Jahr 2012 weiter?

Reimer: Ich habe mich dazu entschlossen, meine Karriere zu beenden. Ich werde zu Jahresbeginn in meiner Heimatstadt Cottbus als Vertriebsleiter bei einer Firma für Büroartikel anfangen.

Warum haben Sie sich im Alter von nur 24 Jahren dazu entschieden?

Reimer: Für mich war klar, dass ich nicht unterhalb des ProContinental-Niveaus fahren würde. Ich hatte zwar Angebote von Continental-Teams. Ich hätte über solche kleineren Teams versuchen können, wieder nach oben zu kommen. Aber so was gelingt sehr selten. Die größeren Teams waren durch die diversen Teamzusammenschlüsse und Sponsorenausstiege voll oder man hat mich damit vertröstet, dass man noch keine definitive Entscheidung treffen könne. Und letzten Endes haben auch bei mir die Ergebnisse und damit auch die Punkte gefehlt, die für die Teams im Kampf um eine WorldTour-Lizenz entscheidend sind.

Warum erhielten Sie von Skil-Shimano keinen neuen Vertrag mehr?

Reimer: In der Pressemitteilung wurde es ja von Teamseite aus mit meiner stagnierenden Entwicklung begründet. Das war für mich eine ganz große Enttäuschung, es hat mir förmlich den Boden unter den Füßen weggezogen. Wo hätte ich Ergebnisse einfahren sollen? Wir hatten mit Marcel Kittel einen bärenstarken Sprinter. Ich bin gerne für ihn gefahren und habe ihn bestmöglich unterstützt – aber eben auf Kursen, die auch mir gelegen hätten. Außerdem wurde ich gerade in der zweiten Saisonhälfte nur noch bei Bergrennen eingesetzt. Bei der Burgos-Rundfahrt eine Woche vor der Vuelta habe ich im Bergaufsprint eben keine Chance gegen einen Joaquin Rodriguez.

Die deutsche Fraktion kam bei Skil-Shimano bestens zurecht. Warum Sie nicht?

Reimer: Skil hatte mich als Kapitän für die großen Klassiker geholt. Dabei hatte ich für diese Rolle keinerlei Erfahrung. Bei Cervélo bin ich als Helfer für die Klassiker-Asse wie Thor Hushovd gefahren. Da war es aber auch mein Fehler, dass ich gedacht habe: „Wenn mir das Team diese Rolle zutraut, dann schaffe ich das auch.“ Dies hat letztlich, auch aufgrund meiner Erkrankungen im Frühjahr, eben nicht geklappt, ich konnte es nicht umsetzen. Ich wollte mich mit einer guten Katar-Rundfahrt als Kapitän etablieren, dann bekam ich eine Lebensmittelvergiftung, was mein Vorhaben durchkreuzt hat. Ich habe förmlich eine Wand aufgebaut und niemanden an mich rangelassen, um die Rolle des Kapitäns zu spielen. Schnell haben beide Seiten gemerkt, dass dies so nicht funktioniert.

Außerdem gab es Differenzen mit einem der sportlichen Leiter. Vom Team wurde offen verlangt, dass ich meine Meinung kundtun solle. Wenn ich das dann mal getan habe, wurde ich dafür kritisiert. Außerdem fand ich es sehr schade, dass dieser Sportliche Leiter sich einen ersten Eindruck von mir verschafft hat, dann  aber nicht mehr bereit war, diesen zu revidieren. Irgendwann wurde mir dann gesagt: „Du kannst vielleicht mit etwas Glück ein kleines Rennen gewinnen, mehr aber auch nicht.“

Sie fanden das Verhalten des Teams also nicht angemessen?

Reimer: Nein, absolut nicht. Ich habe mich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt. In der ersten Saisonhälfte bin ich krank die Delta-Tour gefahren, habe dort die ersten 150 Kilometer für Marcel Kittel geschuftet. Im August war ich eigentlich für die Cyclassics und Plouay vorgesehen. Diese Rennen hätten mir gelegen. Stattdessen wurde ich drei Tage vorher nach Colorado geordert, wo es nur berghoch und bergrunter ging und ich den Jetlag noch in den Knochen hatte. Das Ganze zehrt natürlich auch an der Moral.

Aber auch im Jahr zuvor bei Cervèlo lief es für Sie nicht nach Wunsch…

Reimer: Der Saisoneinstieg war gut, aber dann kamen immer mehr gesundheitliche Probleme dazu. Ich habe mich aber zurückgekämpft und einen zweiten Platz auf einer Dauphiné-Etappe herausgeholt. In der zweiten Saisonhälfte kamen dann private Probleme hinzu, da war der Kopf einfach nicht mehr frei. Dazu kam dann die Nachricht vom plötzlichen Rückzug von Cervélo. Für erfahrene Profis war dies vielleicht eine alltägliche Situation, mich jedenfalls hatte es sehr beschäftigt.

Davon abgesehen hat es Ihnen bei Cervélo gefallen?

Reimer: Definitiv, mein Traum war es immer Radprofi zu werden. Ich bin aber nicht so verbissen an die Sache herangegangen, wie manch anderer, der es dann nicht zu den Profis geschafft hat. Beim Cervélo-TestTeam herrschte ein tolles, familiäres Klima. Für mich war es auch etwas besonderes, mit solchen Radsportgrößen wie Thor Hushovd oder Carlos Sastre Rennen zu bestreiten oder nur mit ihnen am Tisch zu sitzen. Und sportlich war es natürlich ein Kracherjahr. Ich habe den Traum gelebt und wurde dann auch noch in meiner Heimat Cottbus Deutscher Meister. Aber auch der neunte Platz bei Paris-Tours, den ich mit starken Krämpfen einfuhr, oder Rang drei bei der Tour of Britain, wo das ganze Team hinter mir stand, waren tolle Erlebnisse. Insgesamt muss ich rückblickend sagen, dass Cervélo etwas ganz Besonderes war. Ich habe jetzt auch noch gehofft, dass solch ein Team wieder auf mich zukommen würde, aber das blieb leider aus.

Verlassen Sie den Radsport im Groll?

Reimer: Nein. Ich habe so viel für das Leben gelernt, bin persönlich gereift und habe sehr viele liebenswerte Menschen kennen gelernt. Maximilian Levy etwa war früher im Internat mein Zimmernachbar – wir haben heute noch engen Kontakt. Aber auch die Unterstützung, die ich erfahren habe - sei es durch meinen ursprünglichen Verein, den RK Endspurt Cottbus, den Olympiastützpunkt Cottbus, den Ausbildungsring Cottbus, meinen Trainer Michael Max oder meinen Manager Christian Baumer – wird mir in positiver Erinnerung bleiben. Und letztlich weiß ich auch: Ich bin ein Talent, aber es war in der jetzigen Situation für mich einfach die richtige Entscheidung, den Radsport zu verlassen.

Können Sie ein Comeback ausschließen?

Reimer: Im professionellen Bereich ja. Als Elitefahrer für meinen Heimatverein werde ich weiterhin, so gut es geht, unterwegs sein. Ich möchte damit meinem Heimatverein auch etwas zurück geben. 


Mit Martin Reimer sprach Christoph Adamietz.

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