RSN-Frauen-Rangliste, Platz 5: Martina Ritter

Mehr als nur eine gute Zeitfahrerin

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Mehr als nur eine gute Zeitfahrerin"
Martina Ritter (ARBÖ-Vitalogic) im WM-Einzelzeitfahren von Florenz. | Foto: ROTH

30.12.2013  |  (rsn) - Erst seit fünf Jahren sitzt Martina Ritter sportlich auf dem Rad, doch die Österreicherin feierte bereits beeindruckende Erfolge. In der vergangenen Saison wurde sie erstmals österreichische Meisterin im Einzelzeitfahren - und den Titel auf der Straße verpasste sie nur knapp. Ein tolles Jahr, könnte man meinen, doch begonnen hatte es für die inzwischen 31-Jährige gar nicht so gut.

Bei der tschechischen Rundfahrt Gracia Orlova, die sie für das Radteam Stuttgart bestritt, weil ihr eigentliches Team ARBÖ Vitalogic Niederösterreich keine internationalen Rennen bestreitet, beendete Ritter den Prolog zwar  auf dem starken siebten Platz. Dann aber kam Ritter am zweiten Rundfahrt-Tag in einem Massensturz bei rund 70 km/h zu Fall. „Ich hatte schwere Prellungen, Hämatome und die Schleimbeutel im Ellbogen und Knie gerissen sowie eine Fleischwunde, die eigentlich hätte genäht werden müssen“, erinnerte sie sich nun gegenüber radsport-news.com.

„Wegen fehlender medizinischer Betreuung bin ich noch zwei Tage weitergefahren, habe dann aber auf Grund der Schmerzen am letzten Tag aufgegeben. Nach dem medizinischen Check zu Hause gab es eine Woche Trainingsverbot.“ Das Frühjahr war für Ritter gelaufen, doch das Prolog-Ergebnis hatte angedeutet, wozu sie vor allem im Zeitfahren in der Lage ist.

Passend dazu folgte Mitte Mai genau in dieser Disziplin das Comeback bei den österreichischen Staatsmeisterschaften - und die Kreditcontrollerin der Raiffeisenlandesbank sorgte direkt für einen Paukenschlag: Sie gewann nämlich. „Auf Grund der Trainingspause habe ich stark an meiner Leistungsfähigkeit gezweifelt“, so Ritter, die sogar noch immer Schmerzen hatte. „Deshalb habe ich mich umso mehr über meinen ersten Meistertitel im Zeitfahren gefreut“.

Bei den Straßen-Meisterschaften einen Monat später sah Ritter ebenfalls lange wie die Siegerin aus. Sie hatte bereits rund drei Minuten Vorsprung, wurde auf der letzten Runde aber doch von Andrea Graus (Bigla) eingeholt und schließlich stehen gelassen - ein Rennverlauf, der für Diskussionen sorgte, weil Ritter und Graus bei den Titelkämpfen beide für Vitalogic gestartet waren.

Ritters Anhänger empörten sich, der Sieg sei ihr geklaut worden, und auch die Geschlagene selbst sagte nun zu radsport-news.com: „Der Vize-Meistertitel auf der Straße war eine große Enttäuschung, weil ich als stärkste Fahrerin meinen Sieg teamtaktisch herschenken musste. Danach bin ich kurz in ein Loch gefallen und habe mich gefragt, ob es das alles wert ist.“

Dass es das ist, zeigte ihr einige Wochen später dann die Tour de Feminin in Tschechien, die sie auf dem dritten Gesamtrang abschloss, und bei deren Einzelzeitfahren Ritter Zweite wurde. „Da ich damit nicht gerechnet hatte, habe ich mich sehr gefreut“, so Ritter. Die Moral war wieder intakt, und wenn auf ein Hoch und ein Tief wieder ein Hoch folgt, dann überwiegen doch die Hochs, weshalb Ritter zufrieden Bilanz ziehen konnte: „Insgesamt bin ich zufrieden. Teilweise wurden meine Erwartungen übertroffen, manchmal gab es aber auch Rückschläge.“

Diese Tiefs kannte Ritter bislang nicht. „Bisher ist es immer nur bergauf gegangen“, erklärte sie. Deshalb war es für sie die schwierigste Herausforderung, mental die richtige Einstellung zu bewahren. Da Ritters Form aber auch im Spätsommer noch gut war, dürfte das letztlich geklappt haben. Immerhin sprang auch beim Chrono Champenois noch ein neunter Platz heraus.

Der 29. Platz im WM-Einzelzeitfahren neun Tage später war da schon eher eine kleine Enttäuschung, doch die Österreicherin konnte ihn gut erklären: „Beim Chrono Champenois kam mir das Streckenprofil entgegen, es war länger, etwas hügelig und nicht so technisch. Der WM-Kurs hingegen lag mir überhaupt nicht - sehr technisch und verwinkelt.“ Ritter, die ja erst vor fünf Jahren mit dem Radsport begonnen hatte, muss in Sachen Fahrtechnik noch Boden gut machen. „Ich habe in den Kurven viel Zeit liegen gelassen, deshalb war das Ergebnis enttäuschend. Aber immerhin ist mir bewusst, dass es nicht an meiner Leistungsfähigkeit lag.“

Ihr Nachholbedarf im technischen Bereich ist für sie auch der Grund, warum sie bislang als Zeitfahrspezialistin gilt. Doch sie selbst sieht sich nicht so. „Ich habe weder meine Sitzposition einstellen lassen, noch trainiere ich regelmäßig auf dem Zeitfahrrad“, stellte sie klar. Dass sie auch am Berg bestehen kann, hat Ritter bei der Tour de Feminin bewiesen. Wenn sie jetzt noch lernt, sich besser im Feld zu bewegen und auf dem Rad sicherer wird, dann ist von ihr in Zukunft noch mehr zu erwarten.

Sicher ist, dass man Ritter im kommenden Jahr häufiger bei internationalen Rennen im Peloton finden wird, denn sie hat beim UCI-Elite-Team BTC City Ljubljana aus Slowenien unterschrieben. Angebote aus Italien und der Schweiz lehnte sie ab, denn: „Meine Chancen, als Kapitänin ins Rennen zu gehen, sind hier ganz gut und unser Rennkalender ist auch sehr vielversprechend - angefangen von Weltcups bis hin zu den großen Rundfahrten.“

Ritter ist ambitioniert und hat mit dem Profivertrag nun auch die richtige Grundlage, um durchzustarten. Mit ihr ist 2014 zu rechnen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

02.01.2014Zeitfahr-Ass auf dem Weg in die Weltspitze

(rsn) - Lisa Brennauer (Specialized-lululemon) war in der vergangenen Saison so stark wie nie zuvor und hat sich folgerichtig den Sieg in der radsport-news.com-Jahresrangliste mit großem Vorsprung

01.01.2014USA-Abenteuer brachte den Erfolg zurück

(rsn) - Claudia Häusler (Tibco) war nie weg vom Fenster. Die 28-Jährige fuhr auch in den vergangenen beiden Jahren starke Ergebnisse ein und zeigte gerade bei den schweren Rundfahrten mit nennensw

31.12.2013Trotz Schlüsselbeinbruchs doppelte Deutsche Meisterin

(rsn) - Eigentlich hätte die Saison 2013 für Trixi Worrack gar nicht besser beginnen können. Im Januar wurde sie erstmals Deutsche Meisterin im Cross, und auch auf der Straße fuhr sie in den ers

30.12.2013Künftig auch bei der Flandern-Rundfahrt vorne landen

(rsn) - In einem kleinen Land wie Luxemburg den Meistertitel zu erringen, muss nicht automatisch bedeuten, auch weltweit zu den Top-Fahrerinnen zu gehören. Doch bei Christine Majerus (Sengers Ladie

29.12.2013Rebellin mit dem Weißen Kreuz auf der Brust

(rsn) - Wenn eine junge Schweizerin Lara Gut zum Vorbild hat, dann ist das auf den ersten Blick nichts Besonderes. Immerhin sieht die Skirennläuferin nicht nur gut aus, sondern sie zeigt auch große

29.12.2013Auf der Jagd nach dem Podestplatz

(rsn) - Daniela Gaß (Squadra Scappatella) bleibt gar nichts anderes übrig, als weiterzufahren. Die 33-Jährige hat zwar noch keinen Vertrag unterschrieben, will dem Frauen-Peloton aber auch 2014 e

28.12.2013Bundesliga-Gesamtsiegerin hofft auf Anrufe vom BDR

(rsn) - Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) belohnte Esther Fennel (Koga Ladies) am Ende der Saison 2013 mit einer Nominierung für die Straßen-Weltmeisterschaften in Florenz. Eine große Ehre, gera

28.12.2013Für die Abschiedstour zurück zu den Wurzeln

(rsn) - Schon nachdem sie im Sommer 2012 bereits zum dritten Mal die Teilnahme an den Olympischen Spielen knapp verpasst hatte beschäftigte sich Andrea Graus (Bigla) mit dem Gedanken ans Aufhören.

27.12.2013Erfolg durch Ausgeglichenheit

(rsn) - Deutsche Radprofis und das Team Argos-Shimano, das war eine Erfolgsgeschichte im Jahr 2013. Zumindest könnte man das meinen, wenn man Marcel Kittel und John Degenkolb, aber auch Elke Gebhar

27.12.2013Aus Minimal-Programm viel gemacht

(rsn) - Hanka Kupfernagel hat schon alles gewonnen, sie muss sich nicht mehr an Ergebnissen messen lassen. Die 39-Jährige geht ihrem Sport deshalb weiter nach, weil er ihr Spaß macht - und es sche

26.12.2013Falsche Teamwahl sorgte für ein Jahr zum Vergessen

(rsn) - Die Saison 2013 war für Charlotte Becker (Wiggle-Honda) eine zum Vergessen. Obwohl sich die 30-Jährige extra eine Bahn-Pause verschrieben hatte, um auf der Straße noch einmal voll durchzust

26.12.2013Späteinsteigerin schaffte es mit Improvisationskunst zur WM

(rsn) - In einem Alter, in dem die meisten Sportler ihre Karriere beenden oder bereits beendet haben, startet Jutta Stienen erst richtig durch. Die Schweizerin ist im August 41 Jahre alt geworden, h

Weitere Radsportnachrichten

25.12.2024Kräftezehrendes Jahr mit zwei Grand Tours

(rsn) – Die Ambitionen von Felix Gall (Decathlon – AG2R La Mondiale) waren vor dem Jahr 2024 berechtigter Weise groß. Denn der Österreicher konnte auf eine erfolgreichste Saison zurückblicken,

25.12.2024Alles offen nach einer erfolgreichen Saison

(rsn) - Das Resümee ihrer ersten vollständigen Profi-Saison dürfte durchweg positiv für die Schweizerin Elena Hartmann vom Team Roland ausgefallen sein. Erst vor zwei Jahren gelang der inzwischen

25.12.2024Traum erfüllt und doch unzufrieden

(rsn) – Es gibt durchaus einfachere Aufgaben als die Saison 2024 von Pascal Ackermann zu bewerten. Auch er selbst ist da ein wenig zwiegespalten. Schließlich hat er es mit dreißigeinhalb Jahren en

25.12.2024Meistertitel das Highlight im insgesamt bislang besten Jahr

(rsn) - Die abgelaufene Saison wird Franziska Koch vom Team dsm-firmenich - PostNL wohl noch länger in Erinnerung bleiben - war es doch mit Abstand ihre erfolgreichste, seit sie im Jahr 2019 beim Tea

25.12.2024Auch Colombo und vier Kollegen verlassen Q36.5

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

25.12.2024Im Überblick: Die Transfers der Männer-Profiteams für 2025

(rsn) – Nachdem zahlreiche Transfergerüchte seit Monaten in der Radsportwelt zirkulieren, dürfen die Profimannschaften seit dem 1. August ihre Zu- und Abgänge offiziell bekanntgeben. Radsport

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Frauen 2024

(rsn) - Wie bei den Männern so blicken wir traditionell am Jahresende auch auf die Saison der Frauen zurück und stellen die besten 15 Fahrerinnen unserer Jahresrangliste vor. Wir haben alle UCI-Ren

25.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste der Männer 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

24.12.2024Der größte Sieg war jener über Long-Covid

(rsn) – Es war eine Saison voller Höhen und Tiefen für Marlen Reusser (SD Worx – Protime), wobei vor allem in der zweiten Saisonhälfte die Tiefe übernahm – und zwar komplett. Denn die Schwe

24.12.2024Top-Sprinter mit starkem Sinn für Realismus

(rsn) - Mit zwei Siegen und insgesamt 21 Top-Ten-Resultaten bei UCI-Rennen zeigte Phil Bauhaus (Bahrain Victorious) auch 2024, dass er zu den schnellsten Männern im Feld zählt. Mit seiner Saison w

24.12.2024Mit 36 Jahren noch immer einer der Besten

(rsn) – Seit vielen Jahren gehört Riccardo Zoidl (Felt – Felbermayr) zu den absolut besten Fahrern Österreichs. 2013 erlebte er seinen absoluten Durchbruch, wo er sich mit zahlreichen Rundfahrts

24.12.2024Hamilton bricht sich das Schlüsselbein bei Trainings-Crash

(rsn) – Chris Hamilton, Tim Naberman und Oscar Onley sind am letzten Tag des Dezember-Trainingslagers des Teams dsm-firmenich – PostNL, das ab Januar Picnic – PostNL heißen wird, gestürzt. Wä

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine