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01.01.2014 | (rsn) - Claudia Häusler (Tibco) war nie weg vom Fenster. Die 28-Jährige fuhr auch in den vergangenen beiden Jahren starke Ergebnisse ein und zeigte gerade bei den schweren Rundfahrten mit nennenswerten Bergen neben Judith Arndt die besten Leistungen aller deutschen Fahrerinnen.
Trotzdem wurden 2011 und 2012 als ihre bislang schwächsten Jahre bezeichnet. Das ist das Schicksal einer ehemaligen Giro-Siegerin: Wenn es nicht wieder fürs Podium reicht, dann ist das zu wenig. Doch in Häuslers Fall muss man das relativieren, denn die Kletterspezialistin hatte sehr lange mit den Folgen ihres schweren Sturzes bei der Toskana-Rundfahrt Ende 2010 zu kämpfen.
In dieser Saison erreichte die Wolfratshäuserin nun endlich wieder ihr altes Niveau. Das zeigt der dritte Platz bei der Italien-Rundfahrt, und das zeigen auch die vielen Top-Resultate in den USA. Doch für Häusler waren es nicht unbedingt die Platzierungen in einzelnen Rennen, die das Jahr besonders wertvoll machten. „Im Radsport kann man nicht einfach Ergebnisse aufrechnen“, sagte sie radsport-news.com nun. „Mir persönlich bedeutet diese Saison sehr viel, weil ich gesehen habe, dass ich wieder ganz vorne mitmischen kann.“
An dieser Aussage kann man ablesen, wie sehr auch das Selbstvertrauen der Giro-Siegerin von 2009 in den letzten Jahren gelitten hatte. Geholfen hat auf dem Weg zurück auch der Wechsel zum US-Team Tibco-To The Top, für das sie sich Ende 2012 entschieden hatte, weil dort Manel Lacambra als Sportlicher Leiter arbeitete. „Wir hatten schon in anderen Jahren sehr schöne gemeinsame Erfolge“, erklärte Häusler, für die der neue Rennstall auch bedeutete, dass sie viele US-Rennen bestritt und zwei Mal während der Saison längere Zeit in Übersee lebte.
„Die Zeit in den USA war wirklich eine Art Abenteuer“, blickte sie jetzt zurück. „Vieles war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Es war zum Beispiel neu für mich, dass die amerikanischen Teams während einer Rundfahrt im sogenannten ‚Hoast Housing‘ bei fremden Familien wohnen, sich die Küche teilen und man sich mit dem Familienhund anfreunden muss. In Europa hat man’s schon bequemer im Hotel.“
Doch auch ohne europäische Hotels war Häusler zu Top-Leistungen fähig. Sie belegte am Ende der US-Saison den zweiten Platz hinter Alison Powers (NOW Novartis) im National Racing Calendar (NRC). Diese Rennserie, vergleichbar mit der Rad-Bundesliga in Deutschland, umfasst sechs Rundfahrten und ein Eintagesrennen. Im Gegensatz zur Bundesliga ist mit den Liberty Classics in Philadelphia aber auch ein UCI-Rennen dabei, und Häusler schrieb schon im Sommer auf ihrer Website: „Aus meiner Sicht sind alle Rennen qualitativ extrem hochwertig. Es wäre schön, wenn es ein weiteres Rennen in den UCI-Kalender schaffen würde.“
Die Erfolge in den USA gaben den nötigen Rückenwind, mit dem Häusler schließlich im Juli beim Giro aufs Podium fuhr - auch wenn sie den US-Siegen an sich keinen allzu großen Stellenwert zusprechen will. „Das Gefühl ein Rennen zu gewinnen ist immer gewaltig schön“, sagte sie, schränkte dann aber ein: „Allerdings ist es ein Unterschied, ob man mit dem Rennen aufgewachsen ist, oder vorher noch nie davon gehört hat. Die Cascades Cycling Classics (wo sie Zweite wurde, d. Red.) haben in den USA beispielsweise sicher Tradition, aber ich verbinde ein Rennen wie den Fleche Wallone (wo sie 2009 Dritte wurde, d. Red.) mit viel mehr Emotionen.“
Einen Unterschied zwischen den USA und Europa machte Häusler auch in den Rennen selbst aus. „Der europäische Radsport mit seiner Dynamik und Vielseitigkeit gefällt mir besser“, meinte sie. 2014 wird sie daran wieder mehr Anteil haben, denn das US-Intermezzo ist vorbei. Häusler unterschrieb für die kommende Saison bei Argos-Shimano, weil auch Lacambra Tibco verlässt. „Für mich hätte ein wichtiger Teil des Teams gefehlt. Unter diesen Voraussetzungen ist mir eine Saison in Europa deutlich lieber“, erklärte sie.
Eine weitere Erklärung für ihren Aufschwung im Jahr 2013 sah Häusler in der Saisonplanung. „Es war sicher gut für mich, den Winter zu verkürzen“, sagte die Maschinenbau-Studentin über den frühen Saisonstart bei der Katar-Rundfahrt Ende Januar - vor März war sie bis 2013 nie in einem UCI-Rennen angetreten. „Ich war glücklich, dass ich es geschafft habe, das mit meinem Studium unter einen Hut zu bekommen. Das geht natürlich nur, wenn sich Rennen und Prüfungen nicht überschneiden.“
Im Verlauf der Saison fuhr Häusler neben dem Giro-Podium auch Platz fünf bei der niederländischen Boels Ladies Tour ein und wurde Vierte bei den Deutschen Meisterschaften, was für eine Bergfahrerin kein schlechtes Resultat ist. Denn wie auch das Männerrennen zeigte, das André Greipel (Lotto-Belisol) gewann, war selbst der Kurs in Wangen im Allgäu keiner für die echten Kletterer. „Die Deutsche Meisterschaft ist zwar ein wichtiges Rennen, war aber sicherlich nicht mein Saisonziel“, erklärte Häusler deshalb.
Das hingegen war die Italien-Rundfahrt, die eine Woche später begann. „Der Giro war mein Ziel und ich wusste, dass ich mit guter Form an den Start gehe und meine Mannschaft hoch motiviert ist. Aber es gab viele Fahrerinnen, die als Favoritinnen gehandelt wurden“, so Häusler rückblickend. Mit dem dritten Platz hatte sie deshalb nicht gerechnet.
Häusler fuhr in Italien von Beginn an stark und ging als Gesamtdritte in die schwere 5. Etappe zum Monte Beigua, auf der die spätere Gesamtsiegerin Mara Abbott alles in Grund und Boden fuhr. Die Deutsche verlor dort 2:49 Minuten gegen die US-Amerikanerin und fiel als Tagessechste auf Gesamtrang vier zurück. Dann aber wurde sie einen Tag später bei der nächsten Bergankunft in San Domenico hinter Abbott Zweite und eroberte ihren Podestplatz zurück. „Am ersten Tag habe ich vielleicht zu wenig riskiert, um dem Tempo von Mara zu folgen. Im Gegenzug war ich dann aber am zweiten Tag deutlich frischer als die Anderen und konnte wieder Boden gutmachen“, erinnerte sie sich.
Auf dem Weg zum zweiten Saisonhöhepunkt, dem WM-Straßenrennen von Florenz, wurde Häusler fast wider Willen auch noch zur Gesamtsiegerin der Toskana-Rundfahr gekürtt. Ein Erfolg, den sie allerdings nicht gerne in ihren Palmares sieht. Denn aus Protest gegen die schlechten Sicherheitsvorkehrungen in der Toskana stieg mehr als die Hälfte des Pelotons vor der Schlussetappe aus - darunter die ersten Vier des Gesamtklassements, so dass Häusler, deren Team das Rennen fortsetzen wollte, automatisch von Platz fünf auf eins vorrutschte. Wie unangenehm ihr das war, merkte man an einem langen Statement der Deutschen auf ihrer Website.
13 Tage, nachdem sie in Florenz zur Siegerin der Toskana-Rundfahrt gekürt wurde, wollte Häusler dort im WM-Straßenrennen auf dem bergigen Rundkurs rund um die Ausgrabungsstätten von Fiesole einen „echten“ Erfolg folgen lassen - das Podium war das Ziel. Doch am Ende eines harten Rennens bei sommerlichem Wetter landete Häusler völlig dehydriert nur auf dem zwölften Platz.
Die Deutsche ist eigentlich keine, die vergebenen Chancen nachtrauert. „Dafür habe ich viel zu viel vor“, sagte sie radsport-news.com nun. „Aber ja: Ich war schon ganz schön enttäuscht. Die Rennen davor liefen sehr gut, besonders die bergigen. Ich habe bei der WM aber einen schrecklich schlechten Tag erwischt und wurde bergauf von Fahrerinnen abgehängt, die ich sonst im Griff habe. Das tat weh!“
Immerhin konnte Häusler nach dem Rennen in Florenz nicht vorgeworfen werden, sie hätte nicht alles aus sicher herausgeholt. Das nämlich tat sie sogar im wahrsten Sinne, und so musste die deutsche Kapitänin im Zielbereich erst einmal abgewaschen werden: Sie hatte sich während der letzten Abfahrt zum Ziel übergeben.
Eine Chance auf eine WM-Medaille könnte es aber auch 2014 wieder geben. Denn nach Florenz wird auch der Kurs im spanischen Ponferrada alles andere als leicht. „Die WM ist sicher wieder ein Ziel“, so Häusler, deren Saisonhöhepunkt aber erneut im Juli liegt: „Für mich ist der Giro wieder das größte Ziel.“ Dort wird sie auch 2014 wieder auf Abbott treffen, gegen die in diesem Jahr kein Kraut gewachsen war. „Sie gilt es auch in den nächsten Jahren zu schlagen“, glaubt Häusler - 2009 hat sie es immerhin schon einmal geschafft.
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