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05.04.2014 | (rsn) – In den vergangenen Jahren waren Tom Boonen (Omega Pharma-Quick Step) und Fabian Cancellara (Trek) die großen Favoriten für die Flandern-Rundfahrt. Und mit insgesamt fünf Siegen in den letzten neun Jahren wurde das Duo dieser Rolle häufig gerecht.
Mit Druck können sowohl Dreifachsieger Boonen als auch der zweifache Champion Cancellara bestens umgehen. Doch für die 98. Austragung am Sonntag übernehmen die beiden Routiniers eine komfortablere Ausgangssituation und schieben dem jungen Slowaken Peter Sagan (Cannondale) die Favoritenrolle zu.
„Sagan ist mein Favorit Nummer 1“, sagte etwa der in dieser Saison noch sieglose Cancellara. Damit betreibt der Schweizer nicht einmal Understatement, wenn man sich erinnert, wie der Cannondale-Kapitän vor knapp zehn Tagen den im Vergleich zur „Ronde" zwar kürzeren, aber vom Profil her mindestens genau so schweren E3 Prijs gewann. „Peter ist verdammt gut drauf und seine Formkurve für Flandern passt. In den letzten zwei Wochen hat er bewiesen, dass er zum engen Favoritenkreis gehört", meinte auch Sagans Teamkollege Matthias Krizek gegenüber radsport-news.com.
Und der 24-jährige Sagan nimmt vor dem Hintergrund seiner jüngsten Ergebnisse - er gewann auch den Auftakt der Drei Tage von De Panne - die Favoritenrolle ganz offensichtlich an. „Es ist kein Geheimnis, dass die Flandern-Rundfahrt eines meiner Lieblingsrennen ist. Ich komme hierher und versuche, den Sieg zu holen“, meinte der Vorjahreszweite.
Boonen hingegen geht mit deutlich reduzierten Ambitionen ins Rennen, verlief seine Vorbereitung doch alles andere als optimal. Nachdem seine Lebensgefährtin vor gut zwei Wochen eine Fehlgeburt erlitt, legte der 33-Jährige eine Rennpause ein und ist mental längst noch nicht wieder auf der Höhe. Hinzu kommt eine Daumenverletzung, die er sich beim E3 Prijs zuzog. „Wenn man die Umstände der letzten Wochen miteinfließen lässt, dann bin ich schon froh, wenn ich in der ersten Gruppe ins Ziel komme. Und ich habe dann eine Woche später noch Paris-Roubaix. Natürlich will ich die Ronde gewinnen, aber ich mache mir keinen Stress“, sagte Boonen.
Dagegen wird Cancellara voll auf Angriff fahren. „Ich habe in diesem Jahr zwar noch nichts gewonnen, aber ich weiß, wie man dieses Rennen gewinnt und kenne auch Sagans Schwächen“, zeigte sich sich der Berner selbstbewusst.
Einig sind sich die drei Protagonisten, dass die Flandern-Rundfahrt in diesem Jahr so schwer wie lange nicht ist. Auf den letzten 50 Kilometer warten zwei zusätzliche Anstiege, darunter auch der bis zu 22 Prozent steile Koppenberg. Ronde-Debütant Silvan Dillier (BMC) sprach gegenüber radsport-news.com von einem „krass harten Finale.“ Und Boonen ergänzte: „Es ist so schwer, einige Fahrer werden sicherlich etwas Angst vor dem Kurs haben.“
Nach einer knapp 110 Kilometer langen „Einrollphase" geht der insgesamt 260 Kilometer lange Klassiker mit der ersten Überquerung des Oude Kwaremonts so richtig los. Danach folgen 16 weitere Anstiege, zumeist über Kopfsteinpflaster, die den Fahrern das Leben schwer machen werden. Eingeläutet wird das Finale mit der zweiten Überfahrt des Oude Kwaremont beim Kilometer 206. Danach geht es Schlag auf Schlag: Der bis zu 20 Prozent steile Paterberg (km 209) und der Koppenberg (km 215) folgen direkt danach, so dass in dieser Phase eine erste große Selektion erfolgen wird.
Die Vorentscheidung wird an den letzten beiden Hellingen, dem Oude Kwaremont 17 Kilometer vor dem Ziel und dem Paterberg 13 Kilometer vor dem Ziel erfolgen. Wer in Oudenaarde nicht in einer Gruppe ankommen will, muss hier noch einmal seine letzten Kräfte mobilisieren und zur Attacke blasen. Neben Sagan, Boonen und Cancellara wollen auch noch weitere Fahrer an den letzten beiden Hellingen vorne mit dabei sein.
Dazu zählt etwa Boonens niederländischer Teamkollege Niki Terpstra, der in dieser Klassikerkampagne mit seinem Sieg beim Dwars door Vlaanderen und Rang zwei beim E3 Prijs auf sich aufmerksam gemacht hatte und den Gesamtsieg bei den Drei Tagen von de Panne nur wegen einer gebrochenen Pedale im Zeitfahren verpasste. „Die letzten Wochen liefen super für mich. Deshalb trete ich selbstbewusst an, aber auch mit etwas Druck. Denn ich will zeigen, dass ich auch bei den großen Rennen vorne landen kann“, meinte der 29-jährige Terpstra.
Ganz weit vorne landen will auch der Belgier Sep Vanmarcke (Belkin). Der Zweite des Vorjahres hatte in dieser Saison häufig Materialpech, konnte aber immerhin zuletzt mit den Plätzen vier und fünf bei Gent-Wevelgem und dem E3 Prijs aufwarten. „Wir trauen Sep sehr viel zu. Die letzten Rennen hat er gezeigt, dass er eine super Form hat und ich bin mir sicher, dass ein Podiumsplatz durchaus realistisch ist, wenn das nötige Glück mitspielt“, sagte Vanmarckes Teamkollege Robert Wagner zu radsport-news.com.
Während Wagner den Helfer geben wird, ruhen die deutschen Hoffnungen auf John Degenkolb (Giant-Shimano), der am letzten Wochenende Gent-Wevelgem gewinnen konnte. „Ich gehe mit sehr viel mehr Selbstvertrauen ins Rennen als letztes Jahr. Mein Sieg vom letzten Wochenende mit uns den Druck“, so der Frankfurter. Aber auch Gerald Ciolek (MTN Qhubeka) könnte das schwere Profil der Ronde liegen. „Wir werden für Gerald fahren und hoffen, mit ihm ein gutes Ergebnis zu bekommen“, so Jens Zemke, Sportlicher Leiter bei MTN Qhubeka.
Auf der Rechnung haben muss man auch den Norweger Alexander Kristoff (Katusha), der mit Mailand-San Remo das erste Monument des Jahres gewonnen hatte und im Vorjahr bei der Flandern-Rundfahrt Vierter geworden ist. „Durch den Sieg bei Mailand-San Remo können wir natürlich entspannter ins Rennen gehen. Aber Alex` Hunger ist noch lange nicht gestillt. Unser Ziel bleibt die Top Ten, je weiter nach vorne es geht, um so besser. Aber wir gehen sicherlich nicht als Top-Favorit ins Rennen“, sagte Torsten Schmidt, Sportlicher Leiter bei Katusha, zu radsport-news.com.
Zum erweiterten Favoritenkreis zählt auch Jurgen Roelandts (Lotto-Belisol), der im Vorjahr starker Dritter wurde. „Das Team erwartet etwas von mir und auch ich traue mir bei gutem Verlauf das Podium zu“, so der Belgier, der am Sonntag allerdings auf die Unterstützung durch seine beiden deutschen Teamkollegen André Greipel (verletzt) und Marcel Sieberg (krank) verzichten muss.
Mit Außenseiterchancen geht Jempy Drucker (Wanty Groupe Gobert) ins Rennen. Der Luxemburgerkonnte in diesem Frühjahr mit einigen Top-Ergebnissen aufwarten. „Die Top Ten wären ein Traumergebnis“, sagte der 27-Jährige zu radsport-news.com. In die Top Ten fahren will der Franzose Sylvain Chavanel (IAM), der 2011 Zweiter wurde. Er muss aber auf seinen wichtigsten Helfer verzichten. Heinrich Haussler, 2009 selber Zweiter, fällt mit einer Magen-Darm-Grippe aus.
Auch der Italiener Filipp Pozzato (Lampre-Merida), 2012 Zweiter hinter Boonen, weiß was es braucht, um in Flandern ganz vorne landen zu können. Auf das Podium fahren will zudem der Belgier Greg van Avermaet (BMC). Das Team Sky, das ohne Omloop Het Nieuwsblad-Sieger Ian Stannard antritt, setzt auf den Norweger Edvald Boasson Hagen, den Briten Geraint Thomas und den Österreicher Bernhard Eisel.
„Ich denke, es wird ein sehr offenes Rennen. Es kann durchaus auch sein, dass sich eine große Gruppe ohne die Favoriten bildet, und die sich dann anschauen. Die Zuschauer können sich sicher auf mehrere Stunden Hochspannung freuen“, prognostizierte Schmidt im Gespräch mit radsport-news.com.
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