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27.07.2014 | (rsn) – Marcel Kittel (Giant-Shimano) hat die 101. Tour de France beendet, wie er sie begonnen hat. Der Erfurter gewann die 21. Etappe über 137,5 Kilometer von Evry nach Paris im Massensprint auf den Champs-Èlysées nach einem großartigen Schlussspurt vor dem Norweger Alexander Kristoff (Katusha) und feierte seinen vierten Tagessieg in diesem Jahr. Damit stellte der 26-jährige Kittel seine Bilanz aus dem Vorjahr ein.
Kittels erste Worte im Ziel waren ein Dankeschön ans Team. „Es war heute wieder eine erstaunliche Leistung, die dazu beigetragen hat, den Sieg zu holen", so der Etappengewinner, der bilanzierte: „Es war eine großartige Tour. Sie so hier in Paris wieder zu beenden, ist etwas ganz besonders."
Ein Sonderlob erhielt der Niederländer Tom Veelers. „Wir brauchen ihn unbedingt", sagte der Deutsche über seinen etatmäßigen Anfahrer, der die Tour im letzten Jahr nicht beenden konnte. „Als wir uns auf den Sprint vorbereitet haben, dachte ich, er wäre nicht mehr da, dann habe ich ihn vor mir Position beziehen sehen, und da habe ich mir gesagt: Wir sind unschlagbar." Und so kam es letztlich an diesem letzten Sonntag im Juli auch.
Erst danach erläuterte Kittel die Taktik seines Teams. Die sportliche Leitung hatte die Zielstellung ausgegeben, mit dem Kapitän, einem Anfahrer und „Lead-Out-Mann" unter den ersten Vier um die letzte Kurve zu fahren. „Ich wollte meinen Sprint nicht zu früh anzusetzen. Alexander Kristoff hat mich überholt, und da hat er beschleunigen und Tempo machen können. Deshalb war ich hinter ihm, und ich musste beschleunigen, beschleunigen… bis es nicht mehr schneller ging", erzählte Kittel, der aber schwer zu kämpfen hatte und erst auf den letzten Metern am Norweger vorbeizog, der nur knapp seinen dritten Etappensieg verpasste.
Dritter wurde der Litauer Ramunas Navardauskas (Garmin-Sharp), gefolgt vom Deutschen Meister André Greipel (Lotto Belisol), dem Australier Mark Renshaw (Omega Pharma-Quick Step) und dem Österreicher Bernhard Eisel (Sky). Die Top Ten des Tages komplettierten Bryan Coquard (Europcar), Alessandro Petacchi (Omega Pharma-Quick Step), der erneut geschlagene Peter Sagan (Cannondale) und Romain Feillu (Bretagne - Séché Environnement).
Vincenzo Nibali (Astana) gewann erstmals in seiner Karriere die Tour de France und damit nach der Vuelta a Espana (2010) und dem Giro d’Italia (2013) nun auch die bedeutendste der drei großen Rundfahrten. Der 29-jährige Sizilianer aus Messina ist damit der erste Italiener seit dem verstorbenen Marco Pantani 1998, der bei einer Frankreich-Rundfahrt ganz oben auf dem Podium steht.
„Dieser Sieg ist etwas Besonderes für mich", sagte Nibali in seiner Rede auf dem Tour-Podium: „Richtig realisieren werde ich das erst in einigen Tagen." In seiner Danksagung widmete der „Hai von Messina" den Sieg seiner Familie: „Wenn ich nicht Rachele, meine Frau, und Emma, meine Tochter, an meiner Seite gehabt hätte, und wenn ich nicht Eltern wie die meinen seit den ersten Tritten in die Pedale gehabt hätte; ich weiß nicht, ob ich es bis hierhin geschafft hätte."
Nibali gewann die Gesamtwertung mit 7:37 Minuten Vorsprung auf den Franzosen Jean-Christophe Péraud (Ag2R). Dritter wurde dessen Landsmann Thibaut Pinot (FJD.fr/+8:15), womit erstmals seit 1984 wieder zwei heimische Fahrer die Frankreich-Rundfahrt auf dem Podium beendeten.
Zwischenzeitlich hielten alle Franzosen jedoch noch einmal den Atem an, als Péraud 43 Kilometer vor dem Ziel auf einem Zebrastreifen wegrutschte und den Chinesen Cheng Ji (Giant-Shimano) mit vom Rad holte. Der Gesamtzweite schaffte mit Hilfe seiner Teamkollegen aber wieder den Anschluss an das Feld, das auf Initiative von Nibali das Tempo drosselte. Und auch Cheng erreichte das Ziel, allerdings mit deutlicher Verspätung.
Vierter wurde der Spanier Alejandro Valverde (Movistar/+9:40) vor dem US-Amerikaner Tejay van Garderen (BMC/+11:24) und Pérauds Teamkollegen Romain Bardet (+11:26), dem dritten Franzosen unter den besten Sechs.
Allen Grund zur Freude hatte bei seinem Tour-Debüt auch das deutsche NetApp-Endura-Team, dessen Kapitän Leopold König (+14:32) auf dem siebten Platz landete, gefolgt vom Spanier Haimar Zubeldia (Trek/+17:57) sowie den Niederländern Laurens Ten Dam (+18:11) und Bauke Mollema (/+21:15/beide Belkin). Der Luxemburger Fränk Schleck (Trek/+25:48) beendete die Tour auf dem zwölften Platz.
Der Slowake Peter Sagan (Cannondale) sicherte sich zum dritten Mal in Folge das Grüne Trikot des punktbesten Fahrers, blieb aber ohne Etappensieg. Erstmaliger Gewinner der Bergwertung wurde der Pole Rafal Majka (Tinkoff-Saxo), der gleich zwei Tagessiege verbuchen konnte. Pinot sicherte sich das Weiße Trikot des besten Jungprofis. Ag2R wurde als bestes Team der Frankreich-Rundfahrt ausgezeichnet. Der Italiener Alessandro De Marchi (Cannondale) stand als kämpferischster Fahrer auf dem Tour-Podium.
Bevor es auf den acht Zielrunden durch die Pariser Innenstadt zur Sache ging, absolvierten die noch 164 Fahrer im Rennen die gewohnt lockere Anfahrt nach Paris mit Sekt, Gratulationen und Späßen mit den begleitenden Fotografen und Kameramännern.
Auf dem Rundkurs zeigte sich auch Jens Voigt (Trek) bei seinem letzten Tour-Einsatz nochmals in seiner Lieblingsrolle als Ausreißer. Doch der 42-jährige Berliner, dem sich der nur wenige Wochen jüngere Chris Horner (Lampre-Merida) anschloss, wurde schnell wieder gestellt.
Für Aufregung sorgte dann ein Sturz gut 40 Kilometer vor dem Ziel bei dem unter anderem der Gesamtzweite Jean-Christophe Péraud (Ag2R), der Schweizer Martin Elmiger (IAM) und Kittels Helfer Cheng Ji zu Boden gingen.
Das Gelbe Trikot höchstpersönlich griff an der Spitze des Feldes ein, um Attacken zu vereiteln und die Kollegen zum Warten auf den Ag2R-Kapitän aufzufordern, der mit zerrissenem Trikot und von mehreren Teamkollegen eskortiert den Konkurrenten hinterher hetzte. Nach einigen Kilometern hatten dann auch Péraud und seine Helfer wieder den Anschluss geschafft.
Kurz darauf zogen Richie Porte (Sky), José Serpa (Lampre-Merida) und Michael Morkov (Tinkoff-Saxo) davon, ohne sich allerdings einen für die Sprinter bedrohlichen Vorsprung herausfahren zu können. Während sich Greipels und Kittels Helfer die Verfolgungsarbeit teilten, fiel Kristoff (Katusha) mit Defekt rund 30 Kilometer vor dem Ziel kurzzeitig aus dem Feld heraus.
Überhaupt mussten immer wieder Fahrer stoppen und ihre Rennmaschinen oder Reifen tauschen tauschen – vor allem die Kopfsteinpflasterpassagen forderten ihren Tribut.
Zwölf Kilometer vor dem Ziel waren zunächst Morkov und Serpa gestellt, wogegen sich Porte weitere fünf Kilometer vorne hielt, ehe auch der Australier vom Feld, in dem nun auch Cannondale, Omega und Europcar für Tempo sorgten, geschluckt wurde.
Lotto Belisol und Giant-Shimano vereitelten eine letzte Attacke des Australiers Simon Clarke (Orica-GreenEdge), ehe sich Kittels Sprintzug formierte, der sich dabei allerdings Attacken der Konkurrenz erwehren musste – vor allem Omega Pharma-Quick Step zeigte sich entschlossen, dem Deutschen den vierten Etappensieg zu vermasseln.
Auf der Zielgerade tauchte dann plötzlich Kristoff an vorderster Position auf und schien den Sieg schon so gut wie sicher zu haben. Doch Kittel mobilisierte seine letzten Kräfte und zog noch am Mailand-San Remo-Gewinner vorbei zu seinem insgesamt achten Tageserfolg bei der Frankreich-Rundfahrt.
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