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20.11.2014 | (rsn) – Beim Medientreff des Teams Bora-Argon 18 in Raubling sprach Eurosport-Redakteur Andres Schulz mit Christian Prudhomme. Im ausführlichen Interview äußert sich der Renndirektor der Tour de France über die Entwicklung des deutschen Radsports, das neue Anti-Doping-Gesetz hierzulande, die Strecke der kommenden Ausgabe und erklärt, warum für ihn Tony Martins Etappensieg in Mulhouse das herausragende Ereignis der diesjährigen Tour war.
Welchen Eindruck haben Sie vom Team Bora-Argon18 und von der Situation des Radsports in Deutschland allgemein?
Christian Prudhomme: Es ist beeindruckend, was Ralph Denk auf die Beine gestellt hat. Er hat das Team Schritt für Schritt aufgebaut und auf ein höheres Niveau gebracht - über den Giro und die Vuelta bis hin zur Tour de France. Von unserem ersten Treffen an haben wir ein Vertrauensverhältnis gehabt. Und er hat die Fahne des Radsports in Deutschland hochgehalten in schwierigen Zeiten, das können nicht viele von sich sagen.
Es ist sehr wichtig, dieses deutsche Team mit einem deutschen Sponsor zu haben. Darüber - und über die deutschen Stars - kann der Radsport hier wieder an Bedeutung gewinnen. Die deutschen Fahrer sind enorm erfolgreich: Marcel Kittel ist ein Ausnahme-Sprinter und ein herausragender Botschafter seines Sports, Tony Martin hat den schönsten Etappensieg der letzten Tour herausgefahren, John Degenkolb bei der Vuelta in Serie triumphiert.
Aber nicht nur das: Dazu kommen ja auch die beiden Nachwuchs-Weltmeister, die zeigen, dass wir uns wahrscheinlich auch in den kommenden Jahren auf neue deutsche Topfahrer freuen können.
Es bewegt sich viel in Deutschland: Städte zeigen Interesse daran, Etappenort der Tour zu werden, es gibt wieder ein deutsches Team, an Top-Fahrern und starkem Nachwuchs herrscht kein Mangel und auch das Fernsehen dürfte sich wieder stärker engagieren. Dazu kommt das Engagement im Kampf gegen Doping: Justizminister Heiko Maas war bei der Schlussetappe der Tour bei mir zu Gast im Direktionsfahrzeug auf den Champs Elysées und ich habe gerade erst gesehen, wie ihn eben auch die deutschen Fahrer bei seinem Gesetzesprojekt gegen Doping unterstützen.
Das alles ist mehr als nur ein zartes Pflänzchen. Es gilt jetzt, das richtige Maß zu finden zwischen der fast verrückten Begeisterung vor einigen Jahren und der extremen Verdammung danach. Und genau diesem vernünftigen Mittelmaß kommen wir in Deutschland nun wieder näher, einem Gleichgewicht zwischen den herrlichen wie den fürchterlichen Dingen der Vergangenheit. Die Leidenschaft kehrt zurück, ohne dass die Vernunft dabei auf der Strecke bleibt.
Und ich habe nicht vergessen, welche fröhlichen Menschenmassen es am Straßenrand bei den früheren Abstechern der Tour in Deutschland gab - und wie großartig die Begeisterung und die Teilnehmerzahlen bei den Jedermann-Rennen wie in Hamburg oder Berlin sind. Und da besteht ein Missverhältnis zwischen dem, was man teilweise in den Medien liest oder aus Politikerkreisen hört und dem, was man vor Ort erleben kann.
Es gibt ja auch wieder Interesse von deutschen Städten, bei der Tour Etappenort zu werden...
Prudhomme: Ja - und ich war bei meinem Besuch in Münster beeindruckt! Dort habe ich eine sehr große Rad-Begeisterung erlebt - und mir wurde keine einzige Frage zum Thema Doping gestellt. Aber neben der konkreten Bewerbung Münsters durch seinen Oberbürgermeister haben wir jetzt Anfang November noch zwei weitere Anfragen aus Deutschland bekommen:
Es haben sowohl die Stadt Bad Homburg als auch St. Wendel zusammen mit dem ganzen Saarland ihr Interesse bei uns bekundet. Das sind noch keine Bewerbungen, aber ein erster Schritt.
Die ASO ist sehr aktiv und hat in den letzten Jahren in vielen Ländern Projekte auf den Weg gebracht: Katar, Oman, Norwegen, Japan - gibt es auch Pläne für den deutschen Markt, hier ein Rennen zu etablieren bzw. als Partner einzusteigen?
Prudhomme: Aktuell nicht - und um das Beispiel von Team Bora aufzunehmen: Man sollte die Dinge Schritt für Schritt angehen. Jetzt haben wir ein deutsches Team, deutsche Top-Fahrer, hoffentlich bald auch wieder Übertragungen in der ARD, Interesse von deutschen Städten und ich hoffe auf eine Rückkehr der Tour nach Deutschland - aber wir sollten nicht den zweiten Schritt vor dem ersten machen.
Mit Dominik Nerz hat Team Bora den besten deutschen Rundfahrer verpflichtet und hofft auf einen Platz unter den Top Ten der Gesamtwertung. Die Hoffnung ist, dass die Fans mehr mit einem Anwärter auf einen Spitzenplatz mitfiebern und sich mit ihm identifizieren als vielleicht mit einem Etappensieger. Teilen Sie diese Einschätzung?
Prudhomme: Ja, wir haben das ja in Frankreich selbst erlebt mit Voeckler in den Jahren 2004 und 2011 oder diesen Sommer mit Peraud, Pinot und Bardet. Und umgekehrt konnten wir vor ein paar Jahren zwar sechs französische Etappensiege feiern, doch die Begeisterung war nicht vergleichbar. Denn die Leute fiebern einfach gerne mit einem Klassementsfahrer mit, sie wollen wissen: 'Hat er 30 Sekunden verloren, hat er eine Minute rausgeholt'? So hält die Begeisterung und die Spannung drei Wochen lang an. Als ich ein Kind war, haben wir uns kaum für die Etappensieger interessiert, sondern wollten immer nur wissen: Wie ist es heute für Bernard Hinault gelaufen?
Bei der Strecke für die Tour 2015 fällt auf, dass es fast gleich viele Kilometer über Kopfsteinpflaster wie im Einzelzeitfahren gibt...
Prudhomme: Das stimmt - aber ich kann nur immer wieder betonen: Es gibt hinsichtlich der Tour-Strecke nur ein Dogma - nämlich dass es kein Dogma gibt. Noch nicht einmal, dass die Tour immer abwechselnd im und gegen den Uhrzeigersinn laufen müsse. Wir haben jetzt bei den Einzelzeitfahren einen Tiefpunkt erreicht - aber das heißt nicht, dass es bald gar kein Zeitfahren bei der Tour mehr geben wird.
Es gibt eine Vielzahl an Rahmenbedingungen, mit denen wir arbeiten müssen: Die Regeln des Weltverbandes UCI bezüglich Länge, Dauer, Etappenzahl - aber daneben auch die geographischen Aspekte Frankreichs: Die großen Gebirgsmassive liegen im Süden, auch wenn wir die Mittelgebirge immer wieder mit in den Fokus rücken wollen. Allerdings sind die meisten Radsportfans in Frankreich im Norden zu finden, also wollen wir dort auch regelmäßig zu Gast sein.
Dazu kommen selbstgewählte Eckpunkte: Etwa das Finale auf den Champs Elysées, aber auch die Tatsache, dass wir die letzten Bergetappen am Ende der Tour haben wollen: Selbst wenn das einen langen Transfer bedeutet, ist uns das lieber als eine Schlusswoche voller Flachetappen, wie es früher der Fall war.
Zweitens gilt es festzustellen, dass die Einzelzeitfahren seit Jahren bei der Tour immer weniger Kilometer umfassen. Wir haben da 2012 noch einmal bewusst gegengesteuert mit über 100 Kilometern im Kampf gegen die Uhr, eine Entscheidung, die wir übrigens schon 2010 gefällt hatten - aber die Abstände waren dann dadurch so groß, dass die Tour in jenem Jahr durch die Zeitfahren dominiert wurde. Uns ist aber der direkte Kampf Mann gegen Mann lieber als Zeitunterschiede, die sozusagen indirekt entstehen.
Im Übrigen haben wir erstmals seit Jahren wieder eine erste Tour-Hälfte ohne echte Berge, was es so seit rund einem Jahrzehnt nicht mehr gab. Aber auch da wird für Bewegung gesorgt sein mit den beiden windanfälligen Etappen, den beiden steilen Zielankünften, dem Kopfsteinpflaster und dem Mannschaftszeitfahren, das ja auch mit einer kleinen Kletterpartie endet.
Wie beurteilen Sie den Entwurf des neuen deutschen Anti-Doping-Gesetzes: Sind Haftstrafen für Doper zu hart?
Prudhomme: Das ist sehr hart. Es ist schwierig, jemand, der im Sport betrügt, auf die gleiche Weise zu behandeln wie jemand, der eine Körperverletzung oder Vergewaltigung begangen hat. Dass ein Sportler Gelder zurückzahlen muss, halte ich für ganz normal - aber eine Gefängnisstrafe? Aber mir ist auch bewusst, dass ein solches Gesetz, das von einem Justizminister vorgelegt wird, der den Radsport schätzt, einen Teil dazu beitragen kann, dass man in Deutschland wieder Vertrauen entwickelt.
Wie sehen Sie die Situation um die Dopingfälle bei Astana: Könnte es im Extremfall dazu kommen, dass die Mannschaft wie 2008 von der ASO nicht bei der Tour akzeptiert würde?
Prudhomme: Das kann man nicht vergleichen, weil wir 2008 nicht unter der Ägide des Weltverbandes UCI, sondern im Rechtsrahmen des französischen Verbandes standen - denn wir hatten uns aus dem UCI-System zurückgezogen. Zur aktuellen Situation kann ich nur sagen, dass die UCI eine Untersuchung veranlasst hat und damit ihrer Rolle gerecht wird. Wir warten das Ergebnis dieser Untersuchung ab.
Sie haben immer wieder die „Vereinigung für einen glaubwürdigen Radsport" (MPCC) und deren strengere Regeln für die dort zusammengeschlossenen Rennställe gelobt. Könnte daraus die Konsequenz entstehen, Wildcards nur noch an Teams aus diesem Kreis zu vergeben?
Prudhomme: Was die Tour angeht, so haben wir das in den letzten Jahren so gehandhabt, ebenso bei den anderen Rennen der WorldTour, die wir veranstalten. Bei allen anderen unserer Rennen, wo wir bei der Teamauswahl mehr Plätze zu vergeben haben, spielt dieses Kriterium zumindest eine wichtige Rolle für uns. Und insbesondere die zusätzlichen Kontrollen der Kortisonwerte sind aus meiner Sicht eine ganz wichtige Initiative des MPCC.
Zum Jahresende hin ist es Zeit, Bilanz zu ziehen: Welcher Fahrer hat den Tour-Chef besonders beeindruckt, welcher Auftritt sticht für Sie aus all' den Rennen und Etappen heraus?
Prudhomme: Es gab einen Sieg, der herausragte: Tony Martin in Mulhouse! Und das sage ich, obwohl mit Tony Gallopin an diesem Tag ein Franzose ins Gelbe Trikot fuhr. Die Leistung war einfach unglaublich beeindruckend: So elegant Vincenzo Nibali auch fuhr, so souverän er auf jedem Terrain dominierte - was Martin am jenem Tag gezeigt hat, war unglaublich. Wie dieser herausragende Zeitfahrer da auf einem solchen Terrain auftrumpfte - das war ohne jede Frage der schönste Etappensieg bei der Tour.
Und wenn wir das Rennen des Jahres suchen? Mir kommt da die packende Schlussetappe der Dauphiné in den Sinn...
Prudhomme: Oh ja! Da konnte man sehen, wie ein lachender Dritter davon profitiert, wenn sich die beiden großen Favoriten belauern. Das war eine verrückte Etappe, die an den großen Radsport vergangener Zeiten erinnerte. Endlich mal wieder zu sehen, dass völlig unerwartete Dinge passieren können, dass alles möglich ist, dass taktische Coups aufgehen können. Und solche Rennen sind enorm wichtig - weil dann auch der Laie erlebt, dass im Radsport neben der reinen körperlichen Leistungs- und Leidensfähigkeit auch Strategie eine enorme Rolle spielt.
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