An der Mûr die Zeit der zweiten Plätze beendet

Für den “Nearly Man“ ein Sieg mit Signalwirkung?

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Für den “Nearly Man“ ein Sieg mit Signalwirkung?"
Dan Martin feiert den Sieg der 6. Etappe | Foto: Cor Vos

13.07.2018  |  (rsn) - Es sah wieder verdächtig nach Harakiri aus, was Daniel Martin im Finale der 5. Etappe dieser 105. Tour de France ablieferte. Rund 1,2 Kilometer vor dem Ziel schoss er an der Mur de Bretagne aus dem Feld heraus, der Weg zum Ziel bei Gegenwind erschien noch weit. Der Ire ist bekannt für seinen offensiven Eifer und seine aggressive Fahrweise, weniger jedoch für sein Timing und übermäßigen Erfolg mit solchen Attacken.

Die Mûr-de-Bretagne dient da als bestes Beispiel. 2015, bei der letzten Ankunft der Tour an der bretonischen "Mauer", zögerte Martin zu lange. Mit seinem Angriff 500 Meter vor dem Ziel kam er nicht mehr an Alexis Vuillermoz (AG2R heran und rollte verärgert als Zweiter über die Linie. Mal wieder Platz zwei, müsste es heißen – wie so oft davor und danach.

Mit den Erfahrungen von damals wählte Martin dieses Mal die frühe Attacke. Er beschleunigte aus sechster Position inmitten der Phase des gegenseitigen Belauerns der anderen Klassementfahrer hinein – und hatte das Glück des Tüchtigen. Hinter ihm schauten sich die Favoriten wie Richie Porte und Adam Yates nur um, keiner war gewollt, die Lücke für jemand andern zu schließen. Nur Pierre Latour (AG2R) sprintete hinterher. Der junge Franzose nahm jedoch die Martin-Rolle von 2015 ein – er war schlicht zu spät dran. Martin indes dieses Mal genau richtig.

"Ich bin so oft Zweiter geworden bei der Tour"

Gelöst und glücklich über das Gefühl eines Etappensiegs bei der Tour de France, sprudelte es im Siegerinterview und der anschließenden Pressekonferenz nur so aus Martin heraus. Wo sich andere nur wortkarg artig bei ihrem Team bedanken und ansonsten wenig erkenntnisreiche Sätze von sich geben, holte der 31-Jährige weit aus. Er sei nervös gewesen wegen des Gegenwinds auf der Zielgeraden, berichtete er unter anderem, lieferte ausführliche Analysen zum Finale ab und zeigte sich selbst überrascht über seine Verfassung: "Ich hatte einfach gute Beine. Was genau passiert ist, weiß ich auch nicht. Vielleicht das Adrenalin."

Sein erstes Statement drückte jedoch seine ganze Erleichterung über den Erfolg aus: "Es ist schön, dass ich mal wieder gewinnen konnte. Ich bin so oft Zweiter geworden bei der Tour." Gleich viermal belegte Martin in den vergangenen vier Jahren den Platz des "ersten Verlierers" auf Tour-Etappen. Hinzu kamen in diesem Zeitraum je zwei zweite Plätze beim Fléche Wallone sowie bei Etappen der Vuelta a Espana und dem Critérium du Dauphiné, im Vorjahr erreichte er zudem den zweiten Platz bei Lüttich-Bastogne-Lüttich.

Martin war immer dabei, jedoch nie der Sieger. Ein "nearly man", wie die britische Presse Sportler betitelt, die stets nahe am Erfolg sind, diesen aber nie erreichen. Trotz zwei Top-Ten-Ergebnisse 2016 und 2017 im Klassement der Tour: Große Siege wie 2014 bei Il Lombardia oder 2013 bei Lüttich-Bastogne-Lüttich und mit Etappensieg bei der Tour de France verbuchte er schon lange nicht mehr. Es war mal wieder an der Zeit.

Martin brauchte Anlaufzeit beim Team UAE

Einen Fingerzeig für diese Tour lieferte er bereits mit seinem Etappenerfolg beim Criterium du Dauphine im Juni an, als Martin mit einem Antritt drei Kilometer vor dem Ziel die 5. Etappe zur Bergankunft in Valmorel gewann. Ein wichtiger Sieg für die Moral, denn zuvor lief Martins Saison nach Wechsel vom Quick-Step zum Team UAE wenig zufriedenstellend.

"Der größte Unterschied zwischen Quick-Step und UAE ist, dass ich hier zu einem echten Anführer reifen musste. Vielleicht war ich deshalb zu Beginn der Saison nicht so gut, ich musste mich auf diese Rolle einstellen“, sagte Martin darauf angesprochen und fügte an, bei Quick-Step sei er einer unter vielen Top-Fahrern gewesen, bei UAE stünde er mehr im Fokus: "Mir ist klar geworden, dass meine Art die Menschen um mich herum beeinflusst. Wenn ich nervös und gestresst bin, macht das auch alle anderen nervös. Das musste ich begreifen."

Nebenbei bedeutet sein Sieg auch eine Verbesserung in der Tour-Gesamtwertung. Im Mannschaftszeitfahren, keine Paradedisziplin des Iren, verlor er 1:39 Minuten mit seinem Team. Der Coup an der Mûr-de-Bretagne brachte ihn wieder in den Dunstkreis der anderen Klassementfahrer. Martin distanzierte die meisten Favoriten bei der Ankunft um drei Sekunden, Chris Froome (Sky) gar um deren acht. In der Gesamtwertung schob er sich auf Position 21 (+1:27 Minuten auf Spitzenreiter Greg Van Avermaet) nach vorne.

"Alles, was nun geschieht, ist Bonus", sagte Martin mit Blick auf das Klassement, "wir werden sehen, wie weit es in der Gesamtwertung noch geht." Mit einem Etappensieg in der Tasche fährt sich die restliche Tour allerdings entschieden leichter.

Mehr Informationen zu diesem Thema

16.06.2021Madiot: “Wir hätten Pinot früher aus der Tour nehmen sollen“

(rsn) - Sein bisher letztes Rennen bestritt Thibaut Pinot (Groupama - FDJ) vor mittlerweile zwei Monaten, als er die Tour of the Alps unter ferner liefen auf Rang 60 beendete. Danach entschied der Fra

23.12.2020Bernal wieder schmerzfrei auf dem Rad

(rsn) - Egan Bernals Genesung macht offensichtlich deutliche Fortschritte. Wie der Tour-de-France-Sieger von 2019 gegenüber dem Internetportal primertiempo.co sagte, könne er wieder schmerzfrei trai

11.12.2020Dumoulin zuversichtlich: “Mir fehlt nur noch ein Prozent“

(rsn) - 2020 war für Tom Dumoulin ein Jahr mit vielen Tiefen und nur wenigen Hochs. Nach dem mit großen Hoffnungen verbundenen Wechsel von Sunweb zu Jumbo - Visma warf zunächst ein bakterieller Dar

15.11.2020Pogacar lobt Roglic als slowenischen Vorreiter

(rsn) - Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) hätte seinem Landsmann Primoz Roglic (Jumbo - Visma) den Tour-de-France-Sieg gegönnt. Das sagte der 22-jährige Slowene im Gespräch mit der spanischen Sp

27.10.2020Bernals Genesung dauert länger als gedacht

(rsn) - Egan Bernals Rückenprobleme, die ihn zum Ausstieg bei der Tour de France und zum vorzeitigen Saisonende zwangen, sind offensichtlich ernsthafter als bisher angenommen. Wie der Kolumbianer geg

10.10.2020Bernal: “Ich hatte eine schwierige Zeit“

(rsn) - Der bei der Tour de France vorzeitig ausgestiegene Egan Bernal (Ineos Grenadiers) wird in diesem Jahr keine Rennen mehr bestreiten. Das kündigte der Kolumbianer auf Instagram an und bestätig

03.10.2020War der Toursieg für Roglic im Zeitfahren unmöglich?

(rsn) - Radsportjournalist Thijs Zonneveld von der niederländischen Zeitung AD hat nach eigenen Angaben Einblick in die Leistungswerte des Tour-Zeitfahrens von Primoz Roglic (Jumbo – Visma) erhalte

24.09.2020Pogacar: “Die Saison ist noch lange nicht vorbei“

(rsn) - Nach seinem Tour-de-France-Triumph hat Tadej Pogacar (UEA - Team Emirates) schon die nächsten großen Ziel im Blick. "Ich muss konzentriert und fit bleiben für die Weltmeisterschaft und die

23.09.2020Viviani: Beim Giro zurück in die Erfolgsspur?

(rsn) - Im letzten Jahr gewann Elia Viviani im Trikot von Deceuninck - Quick-Step  bei der Tour de France eine Etappe und fuhr auf drei weiteren Teilstücken aufs Podium. Die 107. Austragung lief fÃ

22.09.2020UAE Emirates streicht das mit Abstand meiste Preisgeld ein

(rsn) - Kein Wunder: Durch den Gesamtsieg von Tadej Pogacar, der auch das Weiße Trikot als bester Jungprofi sowie die Bergwertung und drei Etappen gewann, sowie den Etappensieg von Alexander Kristoff

21.09.2020Phänomen Pogacar - zu schnell, um wahr zu sein?

(rsn) - Tadej Pogacar hat mit seinem Toursieg nicht nur Rekorde gebrochen, sondern damit auch Fragen aufgeworfen. Ist der Slowene einfach ein Jahrhunderttalent, für den die üblichen Maßstäbe nicht

21.09.2020Die Tour-Bubbles werden aufgelöst

(rsn) - Die Tour de France ist beendet. Die Bubbles werden aufgelöst. Neue werden errichtet, für die WM, die BinckBank Tour, den Giro d´Italia und die großen Klassiker. Primoz Roglic kann jetzt Tr

Weitere Radsportnachrichten

06.02.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden heute statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über d

06.02.2025Van Gils vorsorglich ins Krankenhaus gebracht

(rsn) – Für Maxim Van Gils endete sein Debut im Trikot von Red Bull – Bora – Hansgrohe früher als erhofft. Der belgische Neuzugang konnte die 2. Etappe des Etoile de Bessèges nicht beenden. I

06.02.2025Buitrago siegt vor Teamkollege Bilbao

(rsn) – Er war der Stärkste Fahrer im Finale: Santiago Buitrago hat die Königsetappe der Volta a la Comunitat Valenciana (2.Pro) nach 166 Kilometern für sich entschieden. Am Alto de Partegat auf

06.02.2025Waerenskjold holt die 2. Etappe

(rsn) – Sören Waerenskjold (Uno-X Mobilty) ist der Sieger der 2. Etappe des Etoile de Bessèges (2.1). Der Norweger siegte nach 166 Kilometern Marguerittes in einem durchaus chaotischen Massensprin

06.02.2025Magnier nach beeindruckendem Comeback wieder der Alte

(rsn) – Als Paul Magnier (Soudal Quick – Step) im vergangenen Jahr direkt aus der U-23 Klasse vom damaligen Teammanager Patrick Lefevere in die WorldTour verpflichtet wurde, hatte man zunächst ke

06.02.2025Wiebes mit der nötigen Geduld zum überlegenen Sieg in Dubai

(rsn) – Lorena Wiebes (SD Worx – Protime) hat zum Auftakt der UAE Tour Women (2.WWT) am Dubai Harbour für klare Verhältnisse gesorgt: Die Europameisterin setzte sich im erwarteten Massensprint a

06.02.2025Bald wieder Mannschaftszeitfahren bei der Tour de France?

(rsn) – Es ist schon eine Weile her, dass es ein Teamzeitfahren bei der Tour de France gab. Letztmals war das 2019 der Fall, als in Brüssel auf der 2. Etappe knapp 28 Kilometer im mannschaftlichen

06.02.2025UCI führt 2026 Neuerungen bei der Startpflicht für WT-Rennen ein

(rsn) – Die UCI nimmt zur Saison 2026 einige Änderungen hinsichtlich der Startpflicht für WorldTeams bei Rennen der höchsten Kategorie vor. Die Unterschiede sind klein aber fein, kommen aber denn

06.02.2025Gravel-DM 2025 in Sachsen

(rsn) - Termin und Location für die Deutschen Gravel-Meisterschaften 2025 sind gefunden. Die Rennen werden in Taura bei Torgau in Sachsen am 30./31. August ausgefahren. Die Dahlener Heide wird dabei

06.02.2025Fisher-Black und Cadzow sind Neuseeländische Zeitfahrmeister

(rsn) - Während die eine ihren Titel verteidigte, fuhr der andere erstmals in der Eliteklasse in das weiß-schwarze Meistertrikot mit dem symbolstarken Silberfarn: Kim Cadzow (EF Education - Oatly) u

05.02.2025Kräftemessen der Topsprinterinnen und was kann Ferrand-Prévot?

(rsn) – Die 3. UAE Tour Women (2.UWT) wird ab Donnerstag zum Aufeinandertreffen der vier besten Sprinterinnen der vergangenen Saison und hält außerdem das Straßen-Comeback von Pauline Ferrand-PrÃ

05.02.2025Vermisster Ex-Weltmeister Freire von Guardia Civil gefunden

(rsn) – Der von seiner Familie als vermisst gemeldete dreimalige Straßen-Weltmeister Oscar Freire ist mittlerweile von der Guardia Civil gefunden worden. Wie es hieß, soll es dem 48-jährigen Span

RADRENNEN HEUTE

    Radrennen Männer

  • Volta a la Comunitat (2.Pro, ESP)
  • Muscat Classic (1.1, OMN)
  • Etoile de Besseges - Tour du (2.1, FRA)