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17.01.2019 | (rsn) - Auch in diesem Jahr stellen wir zu Saisonbeginn alle 18 WorldTour-Teams vor und analysieren die vergangene Saison, die Transferpolitik sowie die Stärken und Schwächen der Aufgebote.
Teil 1: Team Katusha - Alpecin
Rückblick 2018: Zwei Etappenerfolge durch Marcel Kittel bei Tirreno-Adriatico, ein Tagessieg durch Nathan Haas bei der Tour of Oman, der deutsche Zeitfahrtitel von Tony Martin sowie Nils Politts Etappenerfolg von bei der Deutschland Tour: Die Siegesbilanz von Katusha-Alpecin aus dem Vorjahr passt auf jede Visitenkarte – und ist damit alles andere als zufriedenstellend.
Das WorldTour-Teamranking schloss Katusha - Alpecin auf dem vorletzten Platz ab. Insbesondere Kittels Saison war Sinnbild eines verkorksten Jahres: Das Team setzte immense Erwartungen in den deutschen Neuzugang, doch weder sein Sprintzug noch Kittel selber fanden 2018 in die Spur. Aus dem erwarteten Selbstläufer wurde ein großes Missverständnis. Tiefpunkt der Entwicklung waren die Ereignisse rund um die Tour de France, bei der das Team vor allem wegen kritischer Äußerungen des Sportlichen Leiters Dimitri Konyshev über den hinterherfahrenden Kittel in die Schlagzeilen geriet. Aber auch Ilnur Zakarin blieb deutlich hinter den Erwartungen zurück, auch wenn er die Tour de France auf Position zehn beendete. Einer der wenigen Lichtblicke war der junge Politt, der neben seinem guten Auftritt bei der Deutschland Tour vor allem mit Rang sieben bei Paris-Roubaix imponierte. Ansonsten gilt: Es kann 2019 nur besser werden.
Die wichtigsten Zu- und Abgänge: Auf erkennbare Impulse in der Kaderstruktur verzichtete die Teamleitung. Jens Debusschere (Lotto Soudal) und Daniel Navarro (Cofidis) sind zwar erfahren, allerdings eher als Helfer eingeplant. Gleiches gilt für den jungen Portugiesen Ruben Guerreiro (Trek - Segafredo), der das dünne Kontingent an passablen Berghelfern für Zakarin stärkt. Mit der Empfehlung von drei Etappensiegen beim Giro d’Italia stößt der sprintstarke Allrounder Enrico Battaglin zur Mannschaft.
Mehr Aufmerksamkeit gilt womöglich den Veränderungen im Betreuerstab. Erik Zabel überwacht künftig als Performance-Manager die sportliche Entwicklung, mit Dirk Demol kommt außerdem ein erfahrender Sportlicher Leiter.
Die Abgänge sind sportlich vertretbar: Tiago Machado (Sporting Lissabon), Maxim Belkov (Ziel unbekannt), Maurits Lammertink und Baptiste Planckaert (beide Roompot - Charles) sowie Marco Mathis (Cofidis) lieferten in der vergangenen Saison nur wenige Argumente für eine Vertragsverlängerung. Zudem beendete Robert Kiserlovski seine Karriere, Tony Martin suchte für 2019 eine neue Herausforderung in der niederländischen Equipe Jumbo - Visma.
Im Fokus: Bleiben Erfolge plötzlich aus, steht man künftig umso mehr unter Beobachtung. Dieses Los eines erfolgreichen Leistungssportlers wird auch Marcel Kittel treffen: Wo lagen 2018 die Gründe für die Probleme? Wurden die richtigen Maßnahmen dagegen ergriffen? Ist der mittlerweile 30-jährige Kittel noch der Alte? Das Zusammenspiel zwischen dem Deutschen und Katusha - Alpecin bringt 2019 einige interessante und womöglich kritische Fragen mit sich. Einziger Ausweg: Siege.
Mit dem Österreicher Marco Haller kehrt nach verletzungsgeplagter Vorsaison zumindest sein etatmäßiger Anfahrer in den Sprintzug zurück, Kevin Poulton ist ab dieser Saison Kittels neuer Trainer. Das Kapitel mit dem deutschen Sprintstar wird allerdings auch zum Bewährungstest für das Team: Bekommt Katusha - Alpecin den vermeintlich besten Sprinter im Peloton auch im zweiten Jahr in Folge nicht in die Spur, rückt unweigerlich auch die Arbeitsweise des Teams in den Vordergrund. In diesem Fall dürften sich die Wege Ende des Jahres trennen. Und was einst als perfekte Imagekampagne gedacht war, würde als großes Fiasko in Erinnerung bleiben.
Aufgepasst auf … Dmitry Strakhov. Der 23-jährige Russe kam als Stagiaire gegen Ende der Saison 2018 ins Team und legte auf Anhieb einige respektable Auftritte hin: Gesamtplatz neun beim Arctic Race of Norway folgte eine starke Deutschland Tour als Helfer und Platz acht im Klassement der Tour of Britain. Strakhov, der sich in seinen Amateurjahren durch Sprinterfolge und Siege auf hügeligen Tagesabschnitten empfahl, erhielt einen Profivertrag bis Ende 2020. In welche Richtung er sich bei den Profis entwickelt, bleibt abzuwarten. Eine lange Eingewöhnungszeit benötigt Strakhov offensichtlich aber nicht – wie seine Ergebnisse aus der abgelaufenen Saison zeigen.
Ausblick 2019: Die Bilanz der kommenden Saison hängt zum großen Teil erneut von Kittel ab – in dieser Hinsicht hat es das Team verpasst, der Situation entgegenzuwirken. Neuzugang Debusschere mag neben einigen Ambitionen bei den Klassikern eine sinnvolle Ergänzung für den Sprintzug sein, zudem kann die Verpflichtung von Erik Zabel helfen. Trotzdem sind Katusha und Kittel früh auf Resultate angewiesen, ansonsten droht mit dem Ballast aus 2018 ein ungemütlicher Saisonstart, der in der Folge das ganze Jahr hemmen kann. Findet Kittel hingegen die Lockerheit und Leistung alter Tage wieder, stehen reihenweise Tagessiege bei großen Rennen an – auch beim Saisonhöhepunkt Tour de France.
Ähnlich große Hoffnungen ruhen auf Zakarin. Der 29-jährige Russe gehört in Bestform zum Kandidatenkreis für die Top Fünf einer großen Landesrundfahrt, steht nach dürftiger Vorsaison allerdings ebenfalls in der Bringschuld. Auf zwei Kapitäne für die Tour de France wie 2018 verzichtet die Teamleitung in der neuen Saison, Zakarin nimmt stattdessen zunächst den Giro d’Italia in Angriff. Bleiben die Ergebnisse allerdings aus, wird es dahinter einmal mehr dünn, denn der Kader ist nicht stärker als 2018 besetzt. Der 24-jährige Politt deutete in den vergangenen Jahren sein Potenzial für die Pavé-Klassiker an und wird 2019 weitere Fortschritte erzielen wollen, ein Siegkandidat ist er aber noch nicht.
Gleiches gilt für die Talente Mads Würtz Schmidt, Jenthe Biermans, Harry Tanfield und Steff Cras. Fahrer wie Nathan Haas, José Goncalves, Simon Spilak, Alex Dowsett oder Neuzugang Enrico Battaglin sind zwar allesamt hervorragende Rennfahrer, aber beileibe keine verlässliche Siegfahrer. Daher bleibt trotz der miserablen Vorsaison irgendwie doch vieles beim Alten: Kittel muss die Saisonbilanz stemmen.
Eckdaten:
Land: Schweiz
Hauptsponsor: Katusha-Sports, Alpecin
Branche: Öl- und Gasförderung, Shampoo-Hersteller
Teamchef: José Azevedo
Radausrüster: Canyon
Fahrer im Aufgebot: 24
WorldTour-Ranking 2018: 17
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