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30.08.2019 | (rsn) - Alexander Kristoff (UAE Team Emirates) scheint sich auf deutschem Boden einfach pudelwohl zu fühlen. Nachdem der 32-jährige Norweger von 2014 bis 2018 viermal Eschborn-Frankfurt und 2014 außerdem die Cyclassics in Hamburg gewonnen hat, entschied er nun auch erstmals eine Etappe der Deutschland Tour für sich. Kristoff gewann das 202 Kilometer lange zweite Teilstück von Marburg nach Göttingen im Sprint eines 27-köpfigen ersten Fahrerfeldes vor dem Italiener Sonny Colbrelli (Bahrain - Merida) sowie dem Belgier Yves Lampaert (Deceuninck - Quick-Step) und übernahm damit nach seinem zweiten Platz vom Vortag auch die Gesamtführung der viertägigen Rundfahrt der 2.HC-Kategorie.
"Es ist schön, endlich wieder zu gewinnen. Der letzte Sieg war vor der Tour, aber jetzt komme ich vor der WM in Form", freute sich Kristoff, der am 13. Juni den GP Kanton Aargau gewonnen hatte und seitdem nur noch zwei zweite und zwei vierte Plätze ersprinten konnte - Vierter war er bei der EM in Alkmaar sowie bei den Cyclassics in Hamburg am Sonntag, Zweiter zuletzt am Donnerstag auf der 1. Etappe der Deutschland Tour in Halberstadt.
Dem dortigen Sieger, Pascal Ackermann (Bora - hansgrohe), nahm Kristoff nun das Rote Trikot des Gesamtführenden ab, weil der Deutsche knapp 40 Kilometer vor dem Ziel gemeinsam mit Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) den Anschluss ans Hauptfeld verloren hatte. "Das Härteste hat man heute gar nicht im TV gesehen. Das waren die ersten 60 Kilometer Vollgas. Wir waren am Anfang in der ersten Gruppe drin und das hat zu viele Körner gekostet", erklärte Ackermann, der schließlich 16:13 Minuten nach dem Sieger ins Ziel kam.
Kristoff beißt sich durch und wird belohnt
Doch auch Kristoff war zwischenzeitlich nicht bei den Besten dabei. "Ich habe den ganzen Tag gelitten und wurde zwischendurch auch abgehängt. Aber wir kamen zurück und ich fühle mich normalerweise im Finale immer besser", erzählte der Norweger, dem lange Rennen liegen. Auch auf der schweren Schlussrunde um Göttingen musste er noch einmal abreißen lassen, als dort die bergfesteren Fahrer attackierten.
Doch sein UAE Team Emirates brachte Kristoff wieder nach vorne und positionierte ihn gut für den Sprint, den er schließlich aus dem Windschatten von Colbrelli heraus gewann, nachdem der Italiener früh eröffnet hatte. "Ich war kurz etwas eingebaut durch Ben Swift, kam aber da noch raus und konnte dann aus dem Windschatten heraus gewinnen", so Kristoff.
Geprägt wurde die Etappe durch ein höllisches Tempo vom Start weg. So erreichte die um den Sieg sprintende erste Gruppe das Ziel in Göttingen deutlich vor den Angaben der schnellsten errechneten Marschtabelle. Kristoffs Durchschnittsgeschwindigkeit betrug am Ende 46,42 km/h. Trotz des hohen Gesamt-Tempos schaffte es zwischenzeitlich aber noch ein Solist, dem Tag seinen Stempel aufzudrücken: der 19-jährige Zeitfahr-Europameister Remco Evenepoel (Deceuninck - Quick-Step). Er fuhr zwischenzeitlich mehr als dreieinhalb Minuten vor dem Feld, wurde knapp zehn Kilometer vor dem Ziel aber eingeholt und durchgereicht.
So lief das Rennen:
Von Beginn an schlug das Peloton ein hohes Tempo an. Immer wieder wurde attackiert und es bildeten sich unterschiedliche Gruppen-Konstellationen, bis schließlich eine gut 30-köpfige Gruppe stand, der auch Ackermann angehörte. Nach nur einer Rennstunde waren bereits 49 Kilometer zurückgelegt, doch das Feld lief wieder zusammen. Es wurde nun rund um den Edersee bergiger, doch das Tempo ging trotzdem kaum herunter. Eine neue Gruppe bildete sich, aus der heraus Davide Villella (Astana) am Schloss Waldeck den ersten Bergpreis gewann.
Inzwischen hatte der dreifache Tour-de-France-Etappensieger Caleb Ewan (Lotto Soudal), der sich schon auf der 1. Etappe nicht gut gefühlt hatte, das Rennen aufgegeben, und später stiegen noch vier weitere Fahrer vom Rad - darunter auch Luke Rowe (Ineos).
Evenepoel startet 95-Kilometer-Solo
Rund 105 Kilometer vor dem Ziel setzte dann Evenepoel in einer erneut unübersichtlichen Rennsituation zum Solo an und fuhr der Konkurrenz schnell davon. Nur kurzzeitig beruhigte sich das Rennen hinter ihm und das Feld lief wieder zusammen, während der belgische Youngster seinen Vorsprung auf über drei Minuten ausbaute.
Der Junioren-Doppel-Weltmeister von Innsbruck 2018, der sich in seinem ersten Profi-Jahr befindet und in Alkmaar vor wenigen Wochen bereits Zeitfahr-Europameister wurde und Anfang August die Clasica San Sebastian gewonnen hatte, kämpfte von da an in beeindruckender Manier allein gegen das bald wieder jagende Feld, das meist von Bora - hansgrohe und UAE Team Emirates für Ackermann und Kristoff angeführt wurde.
Ackermann verliert den Anschluss
40 Kilometer vor dem Ziel, nach einem längeren Anstieg von Hannoversch Münden hinauf nach Meensen und hinüber zum Bio-Energie-Dorf Jühnde saß Ackermann ganz am Ende des Feldes, so dass die Teams Bahrain - Merida und Ineos die Gunst der Stunde auf offenem Feld nutzten, um den Mann im Roten Trikot unter Druck zu setzen. Sie erhöhten das Tempo noch einmal drastisch, zogen das Peloton wie eine Perlenkette auf und sorgten so dafür, dass es schließlich zerbrach und sowohl Ackermann als auch Alaphilippe sowie der deutsche Youngster Jonas Rutsch (Lotto - Kern Haus) den Kontakt verloren.
Von da an begann auch der Vorsprung von Evenepoel langsam zu schrumpfen, so dass am Stadtrand von Göttingen 25 Kilometer vor dem Ziel nur noch 1:20 Minuten übrig waren. Um ein Haar wäre der Belgier dort mit einem Passanten kollidiert, der scheinbar ungewarnt mit seinem Fahrrad die Straße kreuzte. Evenepoel reagierte aber gut und verhinderte so einen Zusammenstoß.
Lutsenko und Hirschi attackieren
Eine Weile behauptete sich der Belgier anschließend noch an der Spitze und überquerte auch die Ziellinie bei der ersten Durchfahrt 15 Kilometer vor Schluss noch als Solist, doch im Anstieg hinauf zum Bonussprint war es zehn Kilometer vor dem Ziel um ihn geschehen, als aus dem Feld heraus Alexey Lutsenko (Astana) und Marc Hirschi (Sunweb) attackierten.
Das neue Spitzen-Duo fuhr zwölf Sekunden Vorsprung heraus, wurde von den Teams Deceuninck - Quick-Step, Ineos und Bahrain - Merida sowie UAE Team Emirates zwei Kilometer vor dem Ziel aber wieder zurückgeholt. An der 1.000-Meter-Marke schob sich Vincenzo Nibali (Bahrain - Merida) an die Spitze und sein Sprinter Colbrelli ließ hinter ihm kurz locker, so dass der Hai von Messina kurzzeitig einen kleinen Vorsprung hatte, während sich Colbrelli nochmal im Windschatten der Konkurrenz verstecken konnte. Nibali aber kam nicht weg und so eröffnete sein Teamkollege 300 Meter vor dem Ziel vom Hinterrad von Kristoff weg den Sprint. Der Norweger aber folgte ihm sofort und war schließlich der deutlich Schnellste.
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