Vuelta: Slowene souverän, Higuita mit Ausreißersieg

Roglic bezwingt Valverde im Sprint und macht ihn ratlos

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Promoz Roglic ist auf gutem Weg, seine erste GrandTour zu gewinnen. | Foto: Cor Vos

12.09.2019  |  (rsn) - Nachdem er auf der gestrigen Vuelta-Etappe zeitweise zittern musste und in der entscheidenden Phase auf sich allein gestellt war, hatten Primoz Roglic und sein Team Jumbo - Visma auf der vorletzten Bergprüfung wieder alles im Griff. Effektiv beschützt von seinen Helfern, verteidigte der Slowene auf dem 18. Teilstück über 178 Kilometer von Colmenar Viejo nach Becerril de la Sierra souverän sein Rotes Trikot. Dabei konnte er seinen Vorsprung im Gesamtklassement sogar etwas ausbauen.

15 Sekunden hinter dem Kolumbianer Sergio Higuita (EF Education First), der als GrandTour-Debütant aus einer 13-köpfigen Ausreißergruppe heraus seinen ersten Tagessieg bei einer dreiwöchigen Rundfahrt feiern konnte, entschied der 29-jährige Roglic den Sprint der ersten Verfolgergruppe vor Weltmeister Alejandro Valverde (Movistar) für sich. Er führt die Gesamtwertung nun mit 2:50 Minuten vor dem Spanier an. Valverde tauschte die Plätze mit seinem Teamkollegen Nairo Quintana (Movistar), der auf dem dritten Rang nun bereits 3:31 Minuten Rückstand aufweist.

"Ich hatte heute gute Beine und die Etappe kam mir sehr entgegen. Ich wollte unbedingt eine Etappe für die Mannschaft gewinnen, weil wir so viel Pech hatten", sagte der 22-jährige Higuita, dessen Kapitän Rigoberto Uran in den Massensturz auf der 6. Etappe verwickelt war, wobei er sich einen Schlüsselbein- und Schulterblattbruch zuzog. "Ich wusste, dass ich eine Chance hatte, im Sprint zu gewinnen, aber auch alleine. Ich konnte einen Vorsprung herausfahren und habe versucht, den zu verteidigen. Ich habe alles gegeben. Es war schön, im Ziel mit den kolumbianischen Fans zu feiern."

Die konnten auch die Vorstellung von Miguel Angel Lopez (Astana) bejubeln, der nichts unversucht gelassen hatte, die anderen Favoriten abzuschütteln und mit mehreren Attacken imponierte. Die erste davon bereits 60 Kilometer vor dem Ziel. Letztlich reichte es nicht, um Roglic und Valverde in Schwierigkeiten zu bringen, doch Quintana und Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates) verloren schließlich den Anschluss. Der 20 Jahre alte Slowene büßte seinen vierten Gesamtrang und auch das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers gegen Lopez ein.

"Ich habe bei meinen Attacken keine Unterstützung durch meine Konkurrenten erhalten. Trotzdem ist es mir heute gelungen, näher an das Podium heranzukommen", sagte Lopez, der nun 46 Sekunden hinter Quintana Vierter ist. "Es gibt noch viel Terrain mit zwei interessanten Etappen, auf denen wir, wenn wir stark sind, noch mehr schaffen können", gab sich der 25-Jährige zuversichtlich, weiter Boden gutmachen zu können.

Valverde ratlos: "Weiß nicht, was man noch tun kann"

Wesentlich zurückhaltender äußerte sich dagegen Valverde zum Kampf um den Gesamtsieg. "Ich weiß nicht, was man gegen Roglic noch tun kann. Wir werden es weiter probieren, aber es wird schwer", meinte der 39-Jährige, der als Tagesdritter zwei (Bonus)-Sekunden gegenüber dem souveränen Träger des Roten Trikots einbüßte.

"Es war wieder ein harter Tag, aber das Team war wieder super stark. Gestern haben wir von Kilometer 0 an die Führung übernommen, um die Ausreißer zu kontrollieren. Heute, als Astana im vorletzten Anstieg angriff, war ich allein, aber Neilson (Powless, d. Red.) war vorne dabei, um auf mich zu warten. Am Ende lag es dann an mir. Ich hatte auch gute Beine. Jetzt müssen wir so weitermachen. Jeder Tag ist wichtig. Wir haben gestern unsere Lektion gelernt. Ich erwarte, dass auch die nächsten Tage Vollgas gefahren wird und es keine einfache Etappe mehr geben wird. Wir sind einen Tag näher am Sieg in Madrid“, sagte Roglic.

Während der ehemalige Skispringer beste Chancen auf seinen ersten GrandTour-Gesamtsieg hat, steht der Franzose Geoffrey Bouchard (Ag2r La Mondiale) als Bergkönig so gut wie fest, nachdem er zwei der vier Bergwertungen des Tages für sich entscheiden konnte. "Ich habe heute so viele Punkte gesammelt wie ich nur konnte. Wir wussten, dass es schwierig sein würde, Astana im Finale zu widerstehen, deshalb mussten wir so viele wie möglich holen, bevor die Favoriten wieder zurückkommen", erklärte der 27-Jährige, der ebenfalls in der Gruppe des Tages mitmischte und der nun mit 32 Punkten Vorsprung auf den zweitplatzierten Spanier Angel Madrazo (Burgos - BH) aufweist.

 So lief das Rennen:

Auf den 177,5 Kilometern durch Zentralspanien mussten vier Anstiege der 1. Kategorie bewältigt werden, wobei es sich um zwei Berge handelte, die von unterschiedlichen Seiten angefahren wurden. Den Anfang machte der Puerto de Navacerrada (11,8 Kilometer; 6,3%), gefolgt vom Puerto de la Morcuera, einmal von der Nordseite (13,2 Kilometer; 5%) und nach dem Wendepunkt Guadalix de la Sierra von der Südseite (10,4 Kilometer; 6,7%). Nach dem Zwischensprint in Rascafria bei Kilometer 135 stand noch der Puerto de Cotos an (13,9 Kilometer, 4,9%). Vom Gipfel aus folgten 26 Kilometer bis zum Ziel, wo es nochmals sacht bergan ging - alles in allem mussten rund 3.700 Höhenmeter bewältigt werden.

Nach zahlreichen vergeblichen Attacken initiierte Wout Poels (Ineos) schließlich die 13 Fahrer umfassende Gruppe des Tages, zu der neben dem Niederländer noch sein Teamkollege Tao Geoghegan Hart, Higuita, Bouchard, Tobias Ludvigsson (Groupama - FDJ), Nick Schultz (Mitchelton - Scott), Louis Meintjes (Dimension Data), Nelson Oliveira (Movistar), Omar Fraile (Astana), Neilson Powless (Jumbo - Visma), Óscar Rodríguez (Euskadi - Murias) sowie der Deutsche Jonas Koch (CCC) und der Österreicher Hermann Pernsteiner (Bahrain - Merida) gehörten.

Bei einem Maximalvorsprung von mehr als fünf Minuten sicherte sich Bouchard als Zweiter am ersten und jeweils Erster am zweiten und dritten Bergpreis insgesamt 26 Punkte und hat damit das Gepunktete Trikot der Vuelta so gut wie sicher. Am dritten Berg des Tages ging Lopez knapp 60 Kilometer vor dem Ziel in die Offensive, wurde später aber nach einer Solofahrt von rund 20 Kilometern von der Gruppe um Roglic wieder gestellt. Higuita war zu diesem Zeitpunkt schon allein unterwegs, nachdem er in der Abfahrt vom dritten Berg 53 Kilometer vor dem Ziel attackiert hatte. Auch wenn sein Vorsprung auf den letzten Kilometern deutlich schrumpfte, geriet sein erster Tagessieg nie in Gefahr.

Lopez zerlegt die Favoritengruppe

Hinter dem Kletterspezialisten formierte sich zunächst eine rund 20-köpfige Gruppe mit den Favoriten, die mit 1:30 Minuten Rückstand auf den Spitzenreiter den letzten Berg des Tages in Angriff nahm. Roglic hatte mit Sepp Kuss und Powless hier sogar noch zwei Helfer bei sich, die das Tempo kontrollierten. Mit weiteren Attacken in dem 14 Kilometer langen und knapp fünf Prozent steilen Anstieg zerlegte Lopez nicht nur die Verfolgergruppe, sondern sorgte auch dafür, dass letztlich nur noch Roglic, Valverde und Majka ihm folgen konnten.

Higuita erreichte den Gipfel des Puerto de Cotos 26 Kilometer vor dem Ziel mit einem Vorsprung von rund 40 Sekunden auf das Verfolgerquartett. Weitere 20 Sekunden dahinter folgte Pogacar, der im Anstieg den Anschluss verloren hatte, kurz danach kamen Quintana, Meintjes und der Norweger Carl Fredrik Hagen (Lotto Soudal), die schon früher zurückgefallen waren und Pogacar kurz darauf einfingen.

In der Abfahrt sorgte unter den ersten Verfolgern fast ausschließlich Lopez für das Tempo, wogegen sich dahinter die Fahrer in der Quintana-Gruppe abwechselten - ohne allerdings den Rückstand verringern zu können. Im Sprint der ersten Verfolger setzte sich Roglic dann überraschend gegen Valverde durch und konnte so noch sechs Bonussekunden verbuchen. Lopez, an diesem Tag der aggressivste Fahrer, wurde hinter Majka Fünfter und konnte sich im Gesamtklassement an Pogacar vorbeischieben und dem Slowenen das Weiße Trikot abnehmen.

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