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22.09.2019 | (rsn) - Dank einer beeindruckenden Aufholjagd der Frauen hat sich das deutsche Mixed-Team zum Auftakt der 86. UCI-Straßen-Weltmeisterschaften in Yorkshire die Silbermedaille gesichert. In der Besetzung Tony Martin, Jasha Sütterlin, Nils Politt, Lisa Brennauer, Lisa Klein und Mieke Kröger belegte das sechsköpfige Aufgebot des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) auf dem 28 Kilometer langen Rundkurs von Harrogate mit 22 Sekunden Rückstand auf die Niederlande den zweiten Platz und wiederholte damit das Ergebnis von der EM in Alkmaar, wo ebenfalls das Team Oranje zu Gold gestürmt war. Bronze ging diesmal an Großbritannien, das den EM-Dritten Italien mit knappem Vorsprung auf Rang vier verwies.
Jos van Emden, Bauke Mollema, Koen Bouwman, Lucinda Brand, Amy Pieters und Riejanne Markus ließen bei regnerischem Wetter von Anfang an keine Zweifel daran aufkommen, dass sie den ersten WM-Titelgewinn in einem Mixed-Staffel-Wettbewerb feiern wollten. Für die beiden Runden benötigten die Favoriten aus den Niederlanden 38:27 Minuten, was einer Geschwindigkeit 43,06 km/h entsprach.
“Es ist super cool, erster Weltmeister in dieser Disziplin zu sein. Daran muss ich mich erst gewöhnen“, sagte die 30-jährige Brand, die im EM-Team von Alkmaar noch gefehlt hatte. “Es war schwer, sich reinzufinden. Am Anfang dachte ich, ich hätte sehr schlechte Beine. Ich musste gegen die Schmerzen ankämpfen“, kommentierte sie den hügeligen und mit zahlreichen Kurven und kleineren Abfahrten ausgestatteten WM-Kurs.
“Es ist ein fantastisches Gefühl, hier Weltmeister zu werden. Es war so hart, mit nur drei Fahrern das Zeitfahren zu bestreiten. Der Kurs war sehr schwer, er war sehr technisch, ständig hoch und runter und dazu kam der Regen“, sagte Mollema, der nach EM-Gold nun auch den Weltmeistertitel holte. “Wir haben technisch eine gute Vorstellung abgegeben. Jos van Emden und Koen Bouwman haben so gut gezogen. Wir wollten diesen Sieg. Auch die Frauen haben einen tollen Job abgeliefert.
Politt: "Die Kurven zu schüchtern angegangen"
Gegen die überragenden Niederländer war zwar auch die deutsche Auswahl chancenlos, doch dank der famosen Vorstellung der drei Frauen gelang wie schon in Alkmaar nun auch in Harrogate der Sprung auf’s Podium. “Ja klar waren wir mit, ich würde sagen, Bestbesetzung hier am Start. Auch die Niederländer waren in einer richtig guten Besetzung hier. Vielleicht hat uns auch der Regen einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir Männer müssen das ein wenig auf unsere Kappe nehmen“, sagte Politt und meinte damit den fünften Platz, auf dem er, Martin und Sütterlin ihre Runde beendet hatten. “Die Frauen sind Bestzeit gefahren und haben den Rückstand um zehn Sekunden verkürzt. Wir verlieren 33 Sekunden auf dem ersten Stück, haben vielleicht nicht genug Risiko genommen und sind die Kurven etwas zu schüchtern angegangen. Aber trotzdem ist das ein guter Einstieg in die WM.
Nachdem Mieke Kröger im ersten Teil der Runde für das Tempo gesorgt hatte, war die Bielefelderin früh mit ihren Kräften am Ende und überließ Brennauer und Klein das Terrain. Die "beiden Lisas“ zeigten auf den letzten Kilometern eine überragende Leistung und stürmten noch auf den zweiten Platz vor. "Der Stellenwert dieser Medaille ist sehr hoch, es ist ein neues Team", sagte die Allgäuerin über das im Vergleich zur EM auf zwei Positionen veränderte deutsche Aufgebot. "Man muss sich erst reinfinden. Es ist einfach was ganz Tolles. Es macht Spaß, auch mit dem Männerteam zusammenzuarbeiten, füreinander zu kämpfen. Es ist echt eine coole Disziplin."
Das deutsche Team lag letztlich deutlich vor den Briten, die wiederum vier Sekunden schneller unterwegs waren als die Italiener, deren Frauen-Team großes Pech hatte, weil Elisa Longo Borghini wegen eines platten Reifens das Rad wechseln und ihren Teamkolleginnen hinterher jagen musste.
So lief das Rennen:
Mit einem Novum begann in der nordenglischen Region Yorkshire die Straßen-WM. Bei einem Mixed-Teamzeitfahren über 28 Kilometer traten am Nachmittag in Harrogate je zur Hälfte aus Männer und Frauen bestehende sechsköpfige Nationalaufgebote gegeneinander an. Die erste der beiden Runden à 14 Kilometer bestritten die drei Männer, gefolgt von den drei Frauen, die ins Rennen geschickt wurden, nachdem der zweite Starter der Männer das Ziel erreicht hatte. Die Endzeit wurde nach der zweiten Frau genommen.
Erschwert wurde das auf dem hügeligen und technisch anspruchsvollen WM-Rundkurs ausgetragene Rennen durch regnerisches Wetter, das die Strecke vor allem in den engen und kurvigen Passagen rutschig machte. Davon unbeeindruckt zeigte sich die britische Auswahl, das als viertes der elf Teams gestartet, mit 39:18 Minuten die 40-Minuten Marke deutlich unterbot, wobei Anna Henderson auf der Zielpassage Joscelin Lowden abhängte - was allerdings nichts daran änderte, dass der Vorsprung gegenüber den bis dahin führenden Belgiern deutliche 1:41 Minuten betrug.
Großes Pech hatte das Schweizer Team, weil Elise Chabbey beim Herausfahren aus der letzten 90-Grad-Kurve in die Absperrung fuhr, sich dabei zwar nicht verletzte, aber danach das Rad wechseln musste. Da sie die letzte Begleiterin von Marlen Reusser war, musste die Schweizer Zeitfahrmeisterin auf Chabbey warten und ihre im Ziel in Tränen ausbrechende Teamkollegin trösten. Zwar reichte es zunächst mit 36 Sekunden Rückstand noch zu Rang zwei, ehe kurz darauf die französische Equipe die Gesamtzeit der Schweizer noch um vier Sekunden unterbot, Team Britain aber ebenfalls nicht gefährden konnte.
Italien verliert mit Pech den Kampf um die Medaillen
Bei der Zwischenzeit lagen das italienische und deutsche Männerteam praktisch gleichauf, doch van Emden, Mollema und Bouwman setzten hier mit 8:11 Minuten die mit Abstand schnellste Zeit, was sich schon als vorentscheidender Fingerzeig erweisen sollte. Im deutschen Team war der von den Vuelta-Sturzfolgen im Gesicht gezeichnete Tony Martin noch nicht 100-prozentig fit. Deshalb war abgesprochen, dass er alles geben und dann ausrollen lassen sollte, was etwa zwei Kilometer vor dem Ziel auch geschah. Eine der Not geschuldete Entscheidung und sicher eine Schwächung. So rutschten die Deutschen sogar auf Position fünf zurück, nachdem die niederländischen Männer in 18:04 Minuten ihre Runde als schnellste absolvierten hatten.
Danach starteten Kröger, Brennauer und Klein eine furiose Aufholjagd, die das BDR-Team schließlich noch auf den zweiten Platz katapultierte. Dabei verlor Kröger, nachdem sie ebenfalls als Lokomotive alles gegeben hatte, ebenfalls schon frühzeitig den Anschluss, was Brennauer und Klein aber problemlos auszugleichen wussten. Die nationalen Zeitfahrmeisterinnen der vergangenen beiden Jahre stürmten mit zwischenzeitlicher Bestzeit ins Ziel und verdrängten die Britinnen und Briten vom Heißen Stuhl. Kurz darauf wurde die Marke der Deutschen aber erwartungsgemäß noch von den Niederländerinnen unterboten, wobei Brand und Markus ähnlich lange auf ihre dritte Teamkollegin verzichten mussten wie Brennauer und Klein.
Knapp ging es im Kampf um Bronze zu. Nachdem Italien lange auf Medaillenkurs lag, erhielten die Ambitionen des Teams einen herben Rückschlag, als Elisa Longo Borghini etwa auf Mitte des Kurses in Folge eines Plattfußes ihr Radwechseln musste. Nach einer kilometerlangen Aufholjagd schloss sie nicht nur auf dem Schlusskilometer zu ihren Teamkolleginnen auf, sondern führte Tatjana Guderzo auch noch ins Ziel, wogegen Elena Cecchini im Finale abgehängt wurde. Trotz einer famosen Leistung verpasste das Team allerdings knapp den dritten Platz, den es noch bei der EM in Alkmaar erobern konnte. Stattdessen durften die britischen Fans das erste Edelmetall bejubeln.
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