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20.05.2020 | (rsn) - Nach der 11. Etappe des d’Italia 2006 waren die Ullrich-Fans im Freudentaumel. Der gebürtige Rostocker hatte völlig überraschend das Einzelzeitfahren über 50 Kilometer von Pontedera mit 28 Sekunden Vorsprung vor dem Italiener Ivan Basso gewonnen. Plötzlich war die Hoffnung wieder da, dass Ullrich wieder eine realistische Chance haben würde, im Sommer um seinen zweiten Tour-de-France-Sieg nach 1997 zu kämpfen. Zumal Lance Armstrong seine Laufbahn zu diesem Zeitpunkt beendet hatte.
Den Etappencoup beim Giro hatte nach der Vorgeschichte niemand erwartet. Er sorgte in seinem direkten Umfeld für eine Euphorie-Explosion. Möglicherweise beschleunigte Ullrichs erster Saisonsieg, der auch sein erster überhaupt bei der Italien-Rundfahrt war, wenige Wochen später seinen Ausschluss von der Tour de France noch vor deren Start in Straßburg.
Denn bis zu diesem Zeitfahrsieg wussten auch seine Betreuer nicht so genau, wie Ullrichs Form einzuschätzen war. Hatte er im Winter wieder zu viel geschludert, um in Topform zu kommen, zumal ihn in diesem Frühjahr weniger die Gewichtsprobleme, sondern Schmerzen im Knie zurückgeworfen hatten? Um nichts zu riskieren, musste Ullrich seinen Anfang April geplanten Start bei der Sarthe-Rundfahrt streichen. Wieder war der Saisonaufbau Makulatur, erst Ende April bei der Tour de Romandie konnte er seinen Saisoneinstand geben.
"Für die Italien-Rundfahrt brauche ich ein paar richtige Berge in den Beinen. Deshalb gehe ich das Risiko ein, aus dem Stand heraus bei der Tour de Romandie zu starten", erklärte Ullrich damals, warum er die anspruchsvolle Rundfahrt in der Schweiz gewählt hatte. Ullrich wusste: "Ich muss durchkommen, wenn ich zum Giro will." Er kam mit viel Mühe durch und belegte mit 49:59 Minuten Rückstand den 115. Platz in der Gesamtwertung.
Um so überraschender die Leistungssteigerung beim Giro, wie auch immer die erreicht wurde. "Ich hatte den alten Jan wiedergesehen“, schreibt Ullrichs Betreuer und Mentor Rudy Pevenage völlig überwältigt in seinem Buch "Der Rudy“, das im Juni auch auf Deutsch erscheinen wird. Das Ergebnis wollte er unverzüglich seinem Freund Eufemiano Fuentes mitteilen. Für den Kontakt zum zu diesem Zeitpunkt schon unter polizeilicher Beobachtung stehenden Madrider Dopingarzt nutzte er normalerweise das PrePaid-Handy einer Bekannten zur Tarnung. Doch der Akku war leer!
"Aufgrund meiner Begeisterung konnte ich es kaum erwarten, schnell mein eigenes Handy zu schnappen und Fuentes anzurufen. Nicht so schlau, sie haben ihn belauscht. So hatten die Ermittlungsdienste und die spanische Polizei plötzlich meine Nummer“, beschreibt der Belgier in seinem Buch seinen großen Fehler, der mithalf, seine und Ullrichs Verstrickung in die Fuentes-Organisation zu belegen.
Möglicherweise beschleunigte dieser Beweis die Operation Fuentes und führte schließlich dazu, dass Ullrich als Doper enttarnt wurde und nicht mehr zur Tour 2006 antreten durfte.
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