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08.09.2020 | (rsn) - Der Mann von der Grünen Insel triumphierte auf der Île de Ré. Nach seinem Sieg auf der 10. Etappe der Tour de France im Massensprint vor Caleb Ewan (Lotto Soudal) und Peter Sagan (Bora – hansgrohe) flossen bei Sam Bennett (Deceuninck - Quick - Step) die Tränen.
“Ich will mich bei jedem bedanken, der hier bei der Tour involviert ist, dem gesamten Team, Patrick Lefevere, der mir diese Chance gegeben hat, meiner Frau und jeden um mich herum. Ich habe immer davon geträumt, aber nie geglaubt, dass es passieren kann. Aber es ist geschehen, keine Ahnung wieso“, sagte der Irische Meister, nachdem er sich wieder gefasst hatte.
Dass er gerade seine erste Tour-Etappe gewonnen hatte, konnte Bennett zuerst gar nicht glauben: Zu groß waren die Zweifel, ob ihn Ewan, der kurz vor der Ziellinie links aus seinem Windschatten herangeschossen kam, nicht noch passiert hatte: “Ich habe gedacht, dass Caleb mich an der Linie noch überholt hat. […] Ich habe lange gewartet, dachte es ist schon zu spät, als ich angetreten bin und dachte, der Gang wäre zu hoch, erklärte der 29-Jährige.
Während bei Bennett der Knoten platzte, muss Sagan weiter auf seinen ersten Etappensieg bei dieser Tour warten - und zudem muss er dieses Jahr ernsthaft um das Grüne Trikot bangen. Der Slowake war nach der kräftezehrenden Etappe zwar bedient, blickte aber bereits nach vorn: "Es war von Anfang an ein stressiger Tag, wegen des wechselnden Windes, es gab Stürze, das Feld teilte sich und am Schluss war es ein chaotischer Sprint. Bennett hat gezeigt, dass er Etappen und das Grüne Trikot gewinnen kann. Aber wir haben bei der Tour erst Halbzeit. Es gibt noch einige Gelegenheiten, um das Grüne Trikot zurückzuholen“, betonte der 30-Jährige, der in der Punktewertung nun aber 21 Punkte Rückstand auf Bennett hat.
Greipel sorgt im Zielsprint für ersten Lichtblick
Eine starke Vorstellung zeigte André Greipel (Israel Start - Up Nation). Der Hürther wurde nach seinen Verletzungen von der ersten Tour-Woche überraschend Tagessechster und zeigte, dass mit ihm wieder zu rechnen ist. “Als das Feld auseinander riss, waren wir noch mit Hugo Hofstetter, Tom Van Asbroeck und mir vorne dabei. Die beiden haben einen super Job verrichtet, um mich in Position zu halten. Es war ein ziemlich verrücktes Finale mit dem Gegenwind, ich hatte dort meine Probleme, eine gute Position für den Sprint zu finden. Es war ein kleiner Lichtblick am Ende des Tunnels. Nach der schweren Zeit vor der Etappe bin ich froh, dass ich mal wieder vorne mitmischen konnte“, fasste der 38-jährige Greipel den Tag zusammen.
Primoz Roglic (Jumbo - Visma) konnte sich aus den vielen Stürzen heraushalten und verteidigte mühelos das Gelbe Trikot. Der Slowene hätte sich trotzdem einen entspanntere Etappe erhofft: “ Es hätte für den ersten Tag mit dem Gelben Trikot einfacher sein können, vor allem nach den letzten Tagen. Es ist immer eine Herausforderung, nach so anstrengenden Tagen und einem Ruhetag wieder loszulegen. Aber heute ist alles ausgezeichnet und nach Plan gelaufen“, sagte der 30-Jährige, der die Gesamtwertung weiter 23 Sekunden vor Egan Bernal (Ineos Grenadiers) und 28 vor Guillaume Martin (Cofidis) anführt.
Emanuel Buchmann (Bora - hansgrohe) kam mit 5:25 Minuten Rückstand im großen Grupetto ins Ziel und machte damit endgültig deutlich, dass die Gesamtwertung in diesem Jahr kein Thema für ihn ist.
Auch an der Spitze der Nachwuchswertung änderte sich trotz der Sturzeskapaden des Tages nichts: Bernal (Ineos) führt weiter mit 23 Sekunden vor Tadej Pogacar (UAE - Team Emirates). Benoit Cosnefroy (AG2R La Mondiale) ist weiter im Bergtrikot unterwegs, Movistar führt die Teamwertung an.
So lief das Rennen:
Die Flachetappe ohne eine einzige Bergwertung und mit gerade einmal 530 Höhenmetern begann vergleichsweise entspannt: Als um 13.43 Uhr der scharfe Start erfolgte, griffen einzig die beiden Schweizer Stefan Küng (Groupama - FDJ) und Michael Schär (CCC) an. Das Peloton hatte gegen diesen Angriff nichts einzuwenden, hielt die Leine aber kurz: Die Ausreißer aus der Alpenrepublik wurden zwar gnädig vom Hauptfeld entlassen, vor allem aber Deceuninck - Quick - Step und Jumbo - Visma sorgten mit hohem Tempo dafür, dass Küng und Schär nicht über zwei Minuten davon kamen und nach 68 Kilometer wieder eingeholt wurden.
Wie schon auf der 7. Etappe kam es auch auf dem Weg nach Île de Ré Saint-Martin-de-Ré zu einigen Windkannten-Situationen: Deceuninck - Quick-Step forcierte zeitgleich zum Zusammenschluss mit Küng und Schär das Tempo und riss das Hauptfeld in zwei Teile. Auch Thibaut Pinot (Groupama – FDJ), Daniel Martin (Israel Start - Up Nation) und Emanuel Buchmann (Bora - hansgrohe) passten dabei nicht auf und verloren den Anschluss an das Hauptfeld.
Sagan nur am Zwischensprint vor Bennett
Überschattet wurde die Etappe von zahlreichen Stürzen. Während Tom Skujins (Trek – Segafredo) nur zur Tourarzt-Visite musste, ist die 107. Tour-Ausgabe für Sam Bewley (Mitchelton - Scott) beendet: Der 33-jährige Neuseeländer musste das Rennen aufgrund seiner Verletzungen aufgeben.Später erwischte es auch Jonas Koch (CCC). Doch der Tour-Debütant konnte sich wieder aufs Rad schwingen und kam mit Hautabschürfungen ins Ziel.
Den Zwischensprint 40 Kilometer vor dem Ziel gewann Matteo Trentin (CCC) knapp vor Sagan und Bennett. Damit baute der Slowake seinen Vorsprung in der Punktewertung zwischenzeitlich sogar aus. Danach hatten die Teams keine Zeit zum Durchschnaufen, zumal auf der Brücke zur Île de Ré Seitenwind und damit die erneute Windkanten-Gefahr auf die Profis wartete. Tatsächlich griff der bereits zu Beginn der Etappe ausgerissene Küng auf der Brücke an, wurde wenig später aber wieder eingeholt. Das, wenn auch deutlich geschrumpfte, Feld fuhr geschlossen auf die Île de Ré.
Auf den letzten Kilometern machte vor allem Sunweb für den holländischen Sprinter Cees Bol ordentlich Tempo. Doch nachdem das Team einen perfekten Sprintzug aufgebaut hatte, waren es im Finale andere, die im Mittelpunkt standen: Auf den letzten Metern verlies Bennett den Windschatten seines Anfahrers Michael Morkov und jagte seinem ersten Etappensieg entgegen. Weder Ewan links noch Sagan kamen an ihm vorbei.
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