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26.09.2020 | (rsn) - Anna van der Breggen hat in Imola zwei Tage nach ihrem Sieg im Zeitfahren auch das WM-Straßenrennen gewonnen. Die Olympiasiegerin schloss nach fünf Runden ein 41 Kilometer langes Solo erfolgreich ab und holte sich zum zweiten Mal nach 2018 Gold im Straßenrennen.
Die mit einer Armschiene an ihrem gebrochenen Handgelenk angetretene Vorjahressiegerin Annemiek van Vleuten sicherte sich 1:20 Minuten später im Sprint gegen die Italienerin Elisa Longo Borghini Silber und damit Oranje einen Doppelerfolg. Mit Marianne Vos (+2:01) wurde eine weitere Niederländerin Vierte, gefolgt von der zeitgleichen Liane Lippert, die als Fünfte eine starke Vorstellung des deutschen Teams krönte.
Zum sechsten Mal in den letzten neun Jahren geht der WM-Titel im Straßenrennen der Frauen in die Niederlande. Die 30-jährige van der Breggen attackierte an der vorletzten Überquerung der bis zu 14 Prozent steilen Cima Gallisterna und ward danach nicht mehr gesehen. “Wir wollten das Rennen schwer machen. Ich fühlte mich gut, also attackierte ich. Aber es war wirklich weit. Als ich den Vorsprung hatte, wusste ich, dass es noch 40 Kilometer sind. Das war länger als das Zeitfahren. Zum Glück waren die Verfolgerinnen aber auch schon müde. Ich habe mich darauf konzentriert, zu essen und zu trinken und mein Tempo zu halten“, erklärte van der Breggen im Ziel auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari. “Ich bin jetzt ziemlich müde. Ich werde versuchen, mich zu erholen. Diese Saison läuft ziemlich gut für mich“, so van der Breggen, die nach Jeannie Longo 1995 erst die zweite Frau ist, die Doppelweltmeisterin werden konnte.
Van Vleuten ein "glückliches Mädchen"
In der letzten Runde lösten sich Longo Borghini und van Vleuten ebenfalls an der Cima Gallisterna aus dem Verfolgerfeld. Das Duo, das bei der EM den Titel unter sich ausgemacht hatte, fuhr erneut gemeinsam in Richtung Ziel. Wie in Plouay war die Niederländerin die Schnellere der beiden. Der Start van Vleutens war aufgrund ihres beim Giro Rosa erlittenen Handgelenkbruchs lange fraglich und wurde erst am Freitag bestätigt.
"Wir waren sicher die Besten heute. Vor acht Tagen dachte ich, meine Saison ist vorbei. Ich bin ein glückliches Mädchen, dass ich überhaupt hier am Start stehen konnte. Es war eine Achterbahn für mich. Danke an das medizinische Personal", sagte die 37-jährige van Vleuten, die sich 2019 in Harrogate noch die Goldmedaille vor van der Breggen geholt hatte.
In Harrogate verpasste Longo Borghini als Fünfte noch das Podium, diesmal erreichte die 28-Jährige ihr Ziel. "Die Medaille bedeutet mir sehr viel. Das ganze Land schaut auf uns bei einer Heim-WM und es waren keine leichten Monate für Italien seit dem Februar (wegen der Corona-Pandemie, d. Red.) Die Emotionen sind groß. Es ist immer schön das Nationaltrikot zu tragen, eine Medaille zu gewinnen ist perfekt", sagte Longo Borghini, die bereits 2012 in Valkenburg WM-Bronze geholt hatte.
Lippert krönt starke deutsche Teamleistung
Mit 2:01 Minuten Rückstand erreichte eine zweite Verfolgergruppe das Ziel. Den Sprint der vier Frauen gewann Vos vor der 22-jährigen Lippert. Die Friedrichshafenerin fuhr ein starkes Rennen und gehörte in beiden rennentscheidenden Momenten zu den Besten. “Mit dem fünften Platz bin ich sehr zufrieden. Das ist auch das Ergebnis einer richtig tollen Teamarbeit. Wir hatten Lisa in der Spitzengruppe und sie konnte mir am Berg helfen. Sie war bis zum Schluss da. Das ist mein erstes gutes Ergebnis bei einer Weltmeisterschaft und gibt mir Zuversicht. Ich denke, ich bin jetzt bereit für mehr“, freute sich Lippert nach ihrer Vorstellung im Interview mit dem ZDF.
Die 32-jährige Lisa Brennauer komplettierte das gute Ergebnis der deutschen Teilnehmerinnen. Die Zeitfahrvierte vom Donnerstag gewann nach einem sehr aktiven Rennen und viel Arbeit für Lippert den Sprint des verbliebenen Feldes und wurde Neunte. “Unsere Taktik hat super funktioniert. Ich war vorn in der Gruppe und konnte mich so über die Kuppe retten, als die Attacken der Bergfahrerinnen kamen. Dann konnte ich Liane unterstützen und ihr auch Mut machen, dass das Rennen noch nicht vorbei ist. Und so war es dann auch. Ich bin schon stolz auf Liane“, so Brennauer.
Einen Platz hinter der Duracherin wurde die Schweizerin Marlen Reusser Zehnte. “Ein paar Mal hätte ich fast den Anschluss verloren, im Anstieg und in der Abfahrt. Ich habe gelitten, aber am Ende war ich noch immer in der Gruppe. Ich bin sehr froh über dieses Ergebnis, denn ich bin ohne Erwartungen gestartet“, zeigte sich die Silbermedaillengewinnerin vom Zeitfahren mit ihrer Leistung zufrieden.
So lief das Rennen:
Schon nach wenigen Kilometern übernahmen bei strahlend blauem Himmel und Temperaturen knapp unter 20 Grad das niederländische und das deutsche Team bei zunächst gemäßigtem Tempo das Kommando im Rennen. Dabei ließen es die 142 gestarteten Fahrerinnen zunächst aber vergleichsweise ruhig angehen. Sowohl den 2,8 Kilometer langen und im Schnitt 5,9 Prozent steilen Mazzolano-Anstieg als auch kurz darauf die 2,7 Kilometer lange und mit bis zu 14 Prozent deutlich schwerere Cima Gallisterna überquerte das Feld geschlossen - allerdings verloren in den beiden Anstiegen schon zahlreiche Fahrerinnen den Anschluss.
Für die meiste Aufregung sorgte auf den ersten Kilometern ein Sturz van der Breggens, wobei die Zeitfahrweltmeisterin aber unverletzt blieb und eingangs der zweiten Runde wieder von ihren Teamkolleginnen ins Feld zurückgebracht wurde. Mit dabei waren auch weitere, schon früh abgehängte Fahrerinnen.
In der zweiten Runde griff Valerie Demey am Mazzolano an. Die Belgierin sicherte sich maximal 25 Sekunden Vorsprung, wurde aber bereits an der nächsten Steigung wieder gestellt. In der Abfahrt probierte es Alison Jackson, kurz nachdem die deutsche Mannschaft das Tempo etwas erhöht hatte. Als die Kanadierin fast eingeholt worden war, schnellte Grace Brown an ihr vorbei. Jackson sprang zur Australierin und eingangs der dritten von fünf Runden hatte das Duo 25 Sekunden Vorsprung.
Dort formte sich schnell eine neunköpfige Verfolgergruppe mit Lisa Brennauer (Deutschland) Alice und Hannah Barnes (Großbritannien ), Christine Majerus (Luxemburg), Katia Ragusa (Italien), Susanne Andersen (Norwegen), Juliette Labous (Frankreich), Taylor Wiles (USA) und Amy Pieters (Niederlande), die aus dem Spitzenduo wenig später eine elf Fahrerinnen starke Gruppe machte. Am Mazzolano schaffte Mavi Garcia (Spanien) den Sprung nach vorn, wogegen Brown, Andersen und Alice Barnes ins Feld zurückfielen. Die Gruppe baute den Vorsprung bis zum Ende der Runde kontinuierlich auf 2:20 Minuten aus, verfolgt von der Slowenin Eugenia Bujaks, die sich aus dem Feld gelöst hatte.
Van der Breggen ungefährdet, van Vleuten erkämpft sich Silber
In der vorletzten Runde schmolz der Vorsprung der Spitzenreiter am Mazzolano allerdings drastisch zusammen. Bujak schloss 50 Kilometer vor dem Ziel zur Spitzengruppe auf, im Feld verschärfte van den Breggen ein erstes Mal das Tempo. Dadurch dezimierte sie die Gruppe auf noch rund 30 Fahrerinnen, außerdem verkürzte das Peloton den Rückstand an der Spitze auf 20 Sekunden. Kurz darauf lancierte Vos die Favoritengruppe in die Gallisterna, wodurch die Ausreißerinnen gestellt wurden.
Danach folgte der nächste Teil des niederländischen Stufenplans, als van Vleuten beschleunigte. Dadurch fiel die Gruppe 42 Kilometer vor dem Ziel endgültig auseinander.
Van der Breggen, Longo Borghini und Cecilie Uttrup Ludwig konnten folgen, wogegen Lippert zunächst den Anschluss verlor. Wenig später attackierte van den Breggen und fuhr sich in der bis zu 14 Prozent steilen Rampe einen Vorsprung von 15 Sekunden heraus. In der Abfahrt schloss Ex-Weltmeisterin Elizabeth Deignan zur Verfolgergruppe auf, der Vorsprung van den Breggens war da allerdings bereits auf 40 Sekunden angewachsen. Auf dem Circuit von Imola wurden die Verfolgerinnen vom rund 40 Fahrerinnen umfassenden Feld dann aber gestellt.
Die Spitzenreiterin allerdings ging mit 1:45 Minuten auf die Schlussrunde. Diesen Vorsprung baute van der Breggen bis zur Gallisterna sogar auf 2:30 Minuten aus. Dort attackierte Ludwig das Feld, Longo Borghini allerdings war stärker. Letztendlich schloss van Vleuten oben im Anstieg wieder zur Italienerin auf. Kurz dahinter folgte eine fünfköpfige Gruppe mit Lippert, Ludwig, Deignan, Vos und Katarzyna Niewiadoma.
Bis zum Ziel änderte sich an dieser Konstellation nichts. van den Breggen behauptete souverän ihren Vorsprung und konnte frühzeitig die Arme in den Himmel strecken, hinter ihr setzte sich Vorjahressiegerin van Vleuten in einem bis zur Ziellinie hart umkämpften Sprint gegen Longo Borghini durch.
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