Analyse zu Tirreno-Adriatico

Die “Fantastischen Vier“ dominieren den Radsport noch lange

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Die “Fantastischen Vier“ Van Aert (v. rechts), Van der Poel, Alaphilippe (verdeckt Mitte)und Pogacar (links) | Foto: Cor Vos

16.03.2021  |  (rsn) - Klammert man Primoz Roglic (Jumbo - Visma) aus, der bis zum Schlusstag Paris-Nizza dominierte, so waren in dieser Woche die aktuell wohl besten Radprofis der Welt beim 56. Tirreno-Adriatico im direkten Aufeinandertreffen zu bestaunen.

Tadej Pogacar (UEA Team Emirates) gewann die Königsetappe am Prati die Tivo und entschied souverän die Gesamtwertung und die Bergwertung zu seinen Gunsten. Wout Van Aert (Jumbo - Visma) gewann gleich zwei Etappen und wurde Gesamtzweiter, dazu holte er noch die Punktewertung. Ebenfalls zwei Etappen sicherte sich auf furiose Art und Weise Cross-Weltmeister Mathieu van der Poel (Alpecin-Fenix), Straßen-Weltmeister Julian Alaphilippe (Deceuninck - Quick-Step) schließlich errang einen Tagesieg. So blieben für die Konkurrenz während der sieben Tagen der Fernfahrt gegen die "Fantastischen Vier" nur die Brosamen.

Da Van Aert die Gesamtwertung an den ersten drei Tagen anführte und danach das Blaue Trikot an Pogacar abtreten musste, konnte letztlich nur der Däne Mads Würtz Schmidt (Israel Start-Up Nation) mit einem Erfolgserlebnis die Heimreise antreten.

Mailand-Sanremo verspricht auch ohne Pogacar ein ähnliches Bild

Angesichts der frappierenden Überlegenheit von Pogacar, Van Aert, van der Poel und Alaphilippe sowohl bei Klassikern und Rundfahrten dürfte es künftig für die Konkurrenz nur wenige Chancen auf Siege geben. Schon für Mailand-Sanremo zeichnet sich ein ähnliches Bild wie bei Tirreno-Adriatico ab, denn bei der Primavera werden Van Aert, van der Poel und Alaphilippe den Sieg höchstwahrscheinlich unter sich ausmachen.

Auffällig ist vor allem die Vielseitigkeit der vier Überflieger. Pogacar kann nicht nur klettern, sondern beherrscht auch Klassiker und Zeitfahren, wie er mit Rang vier zum Abschluss bei Tirreno-Adriatico unter Beweis stellte. Alaphilippe kann sprinten, gut klettern und hat auch das Kopfsteinpflaster lieb gewonnen. Ähnliche Stärken weist auch van der Poel auf. Und Van Aert kann mittlerweile alles. Neu hinzugekommen ist bei Tirreno-Adriatico noch die Kategorie Gesamtklassement. Und auch im Zeitfahren hat der Belgier sich noch mal weiterentwickelt. Bei Tirreno-Adriatico ließ er sogar den über ein Jahr in dieser Disziplin ungeschlagenen Weltmeister Filippo Ganna (Ineos Grenadiers) hinter sich.

Das Quartett scheint sich momentan gegenseitig zu pushen. Deshalb gerät nahezu jedes Rennen mit ihrer Beteiligung zu einem Spektakel, was die Rivalen und die Fernsehzuschauer staunend zurücklässt. Wohin das Höher, Schneller und Weiter noch führen wird? Sie haben schließlich allesamt noch mindestens fünf bis zehn Jahre auf Weltklasseniveau vor sich. Den Konkurrenten kann nur Bange werden. Und wenn dann auch noch Wunderkind Remco Evenepoel (Deceuninck  - Quick-Step) zurückkehrt, wird es noch mehr Spektakel geben.

Ineos probiert alles, doch die Siege gehen am Schluss an andere

Gegen die neue Macht im Radsport können selbst die langjährigen Dominatoren von Ineos Grenadiers nur wenig ausrichten. Egan Bernal ist zwar wieder auf einem guten Weg, nachdem er seine Rückenproblemein den Griff zu bekommen scheint. Doch im direkten Aufeinandertreffen kann es der Kolumbianer derzeit bei weitem nicht mit Tour-de-France-Sieger Pogacar aufnehmen.

Selbst wenn Ineos taktisch clever agiert und - wie auf der 2. Tirreno-Etappe - nacheinander Michal Kwiatkowski, Bernal und Pavel Sivakov in die Offensive, sind die Erfolgsaussichten gering - an jenem Tag belegten nämlich Alaphilippe, van der Poel, Van Aert und Pogacar die Plätze eins bis vier. Und selbst Seriensieger Ganna zog am Schlusstag in seiner Spezialdisziplin den Kürzeren.

Pogacar, Van Aert, Landa, Bernal - und dann kam Fabbro

Schon im September 2020 bei der letzten Austragung von Tirreno-Adriatico machte Matteo Fabbro (Bora - hansgrohe) mit einem dritten Etappenrang von sich reden. Diesmal war der 25-jährige Italiener nicht nur an einem Tag einer der Protagonisten, sondern imponierte eine ganze Woche lang. So landete der 52 Kilogramm leichte Bergfloh im Gesamtklassement auf einem beachtlichen fünften Platz und ließ dabei Fahrer wie Joao Almeida (Deceuninck - Quick-Step), Vincenzo Nibali (Trek - Segafredo), Simon Yates (BikeExchange) oder Nairo Quintana (Arkéa Samsic) hinter sich.

In dieser Form wird Fabbro einer der wichtigsten Berghelfer von Emanuel Buchmann beim Giro d`Italia sein. Auch dürfte er immer mehr persönliche Freiheiten bekommen. Und auch im teaminternen "Rundfahrer-Ranking" wird er nach der Tirreno-Woche weiter nach oben geklettert sein. 

Ein Fragezeichen steht bei Bora - hansgrohe dagegen hinter dem Namen Peter Sagan. Nach auskurierter Corona-Erkrankung konnte der Slowake bei seinem Saisondebüt nicht in Erscheinung treten Ein elfter Platz zum Auftakt war sein bestes Resultat. Für Mailand-Sanremo lässt das nicht viel erwarten, so dass Bora - hansgrohe vielleicht sogar alles auf Paris-Nizza-Sieger Maximilian Schachmann setzen wird.

Van Aert und die Ausreißer durchkreuzten die Sprinter-Pläne

Insgesamt enttäuschend verlief die Rundfahrt für die Sprinter, die auf den anspruchsvollen Etappen Selbstvertrauen für Mailand-Sanremo tanken wollten. Auf der flachen Auftaktetappe mussten sich Caleb Ewan (Lotto Soudal) und Fernando Gaviria (UAE Team Emirates) bei der Massenankunft dem furiosen Antritt Van Aerts geschlagen geben. Und auf der ebenfalls flachen vorletzten Etappe nach Lido di Fermo machten die Ausreißer um Mads Würtz Schmidt (Israel Start-Up Nation) den schnellen Männern einen Strich durch die Rechnung

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