RSNplusSaisonvorschau Groupama - FDJ

Ist Storer der Backup, wenn Pinots Rücken nicht mitspielt?

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Ist Storer der Backup, wenn Pinots Rücken nicht mitspielt?"
Groupama - FDJ sammelte im vergangenen Jahr 23 Saisonsiege. | Foto: Cor Vos

01.02.2022  |  (rsn) - Auch diesmal nehmen wir zu Saisonbeginn die 18 WorldTour-Teams unter die Lupe: Wie lief es im vergangen Jahr, welche Veränderungen gibt es in den Aufgeboten, was ist in der neuen Saison von den Teams zu erwarten?

Thibaut Pinot ist das Gesicht von Groupama - FDJ. Doch aufgrund von langwierigen Rückenproblemen steht hinter dem Leistungsvermögen des Franzosen mittlerweile ein Fragezeichen. Die zweite Reihe ist nun umso mehr gefordert. Ein Neuzugang könnte dabei für Furore sorgen.

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Rückblick auf die Saison 2021

Immerhin 23 Saisonsiege verbuchte Groupama - FDJ. Verglichen mit vielen anderen Teams ist das eine ordentliche Bilanz. Allerdings fuhr die Equipe von Manager Marc Madiot nur zwei davon in der WorldTour ein: David Gaudu gewann eine Etappe der Baskenland-Rundfahrt und Stefan Küng das Auftaktzeitfahren der Tour de Suisse. Im Trikot der Nationalmannschaft holte der Schweizer später auch den EM-Titel im Zeitfahren. Bei der Tour de France blieb Groupama - FDJ dagegen im zweiten Jahr in Serie ohne Etappensieg, das Desaster schlechthin für Teamchef Madiot. Gaudu verpasste in Frankreich als Elfter zudem die angestrebte Top-Ten-Platzierung.

Ein kleiner Trost – vor allem für ein französisches Team – dürfte Arnaud Démares prestigeträchtiger Sieg bei Paris-Tours gewesen sein. Der Sprinter war mit neun Siegen einmal mehr der größte Erfolgsgarant, zumeist allerdings bei kleineren Rennen. Für mehr Furore sorgte Gaudu als Gesamtfünfter der Baskenland-Rundfahrt und Dritter bei Lüttich-Bastogne-Lüttich sowie mit weiteren Top-Ten-Platzierungen beim Flèche Wallonne und bei Il Lombardia. Eine Überraschung war zum Saisonauftakt Rang zwei des 22-jährigen Briten Jake Stewart beim Omloop Het Nieuwsblad. Der Ungar Attila Valter trug zudem drei Tage das Rosa Trikot beim Giro d’Italia und beendete die Rundfahrt auf Platz 14.

Die wichtigsten Zu- und Abgänge

Mit William Bonnet und Mickaël Delage haben zwei langjährige und aufopferungsvolle Helfer ihre Karrieren beendet, was im Mannschaftsgefüge Spuren hinterlassen könnte. Die Abgänge von Benjamin Thomas (Cofidis) und Simon Guglielmi (Arkéa - Samsic) sind sportlich verkraftbar. Mit dem 23-jährigen Alexys Brunel, der zum UAE Team Emirates wechselte, verlor Groupama - FDJ ein Talent für Eintagesrennen.


2014 belegte Thibaut Pinaut Platz drei in der Gesamtwertung der Tour de France. Seitdem warten die Franzosen auf ein ähnlich gutes Resultat ihres Hoffnungsträgers | Foto: Cor Vos

Der Top-Transfer ist die Verpflichtung des Australiers Michael Storer vom Team DSM. Daneben beförderte Madiot mit Lewis Askey ein vielversprechendes Talent aus dem eigenen Nachwuchs zu den Profis. Der Brite erreichte unter anderem Platz fünf bei der U23-WM. Außerdem sind der endschnelle Bram Welten (Arkéa - Samsic) sowie Quentin Pacher (B&B Hotels) als offensiver Allrounder neu im Team.

Im Fokus: Thibaut Pinot

Seit einem Sturz zum Auftakt der Tour de France 2020 plagt sich der Franzose mit anhaltenden Rückenschmerzen herum. An Radfahren war zwischenzeitlich nicht zu denken. Erst Ende August 2021 kehrte Pinot wieder ins Renngeschehen zurück. Mehr als ein siebter Platz bei der Luxemburg-Rundfahrt sowie Rang fünf beim italienischen Herbstklassiker Coppa Bernocchi sprangen zwar nicht heraus. Es waren aber zumindest Schritte in die richtige Richtung. Der 31-Jährige scheint die Beschwerden in den Griff bekommen zu haben – wobei das gerade bei Rückenproblemen keine dauerhafte Sicherheit bedeutet.

Zumindest soll Pinot 2022 zur Tour de France zurückkehren. Dann allerdings teilt er sich die Kapitänsrolle mit Gaudu und Storer – die Teamleitung geht auf Nummer sicher. Inwiefern es Pinot möglich ist, wieder an sein früheres Niveau heranzukommen, wird eines der bestimmenden Themen bei Groupama - FDJ in der kommenden Saison.


Neuzugang Michael Storer überraschte im letzten Jahr bei der Vuelta mit zwei Tagessiegen und dem Gewinn des Bergtrikots | Foto: Cor Vos

Aufgepasst auf ... Michael Storer

Anfang August verkündete Groupama - FDJ die Verpflichtung des Australiers, der damals gerade mit einem Etappen- und dem Gesamtsieg der Tour de l’Ain seine ersten Profisiege eingefahren hatte. Ein guter Transfer, der angesichts von Storers späterem Auftritt bei der Vuelta a Espana zum regelrechten Coup wurde: In Spanien holte er zwei Tagessiege und das Bergtrikot. Bei DSM fuhr der offensivfreudige Kletterer Resultate ein, zeigte sich aber auch als loyaler Helfer bei großen Rundfahrten.

Groupama - FDJ nimmt Storer nun mehr in die Verantwortung und traut ihm auf Anhieb eine führende Rolle für die Tour zu – auch wenn er sich in dieser Position erst zurechtfinden muss. Darüber hinaus ist ihm auf einzelnen Etappen sowie im Klassement einwöchiger Rundfahrten einiges zuzutrauen. Mit Storer hat Groupama - FDJ möglicherweise einen starken Leistungsträger dazugewonnen.

Ausblick auf die Saison 2022


Arnaud Demare gewann letztes Jahr Paris-Tours. In dieser Saison soll noch der eine oder andere große Sieg dazukommen | Foto: Cor Vos

Teamchef Madiot nennt ambitionierte Ziele: Seine Equipe soll um einen Podiumsplatz bei der Tour fahren. Dafür schickt er mit dem Trio Pinot, Gaudu und Storer seine drei besten Fahrer nach Frankreich. Auf dem Papier besitzt allerdings nur Pinot das Format, um bei einer Grand Tour vorne mitzufahren. Und beim Franzosen sind Zweifel angebracht, ob er sein altes Niveau wieder erreicht. Wenn ja, steht Groupama - FDJ um Klassen besser da und hat einen aussichtsreichen Kandidaten.

Gaudu hingegen wartet noch auf seinen großen Durchbruch als Grand-Tour-Klassementfahrer, auch wenn er 2020 bereits Vuelta-Achter war und dieses Ergebnis mit Rang elf bei der Tour 2021 bestätigte. Storer hat zwar das Zeug, bei der Tour zu überraschen, ein Podiumsplatz ist aber unrealistisch.

Von Storer ist dennoch zu erwarten, dass er eine echte Verstärkung für Etappenrennen sowie ein Kandidat für Tagessiege ist – auch bei den Grand Tours. Gaudu besitzt ebenfalls gute Erfolgsaussichten bei einwöchigen Etappenrennen, aber auch für Klassiker wie den Flèche Wallonne und Lüttich-Bastogne-Lüttich, die er zu seinen Saisonzielen erklärte. Bei diesen Rennen sind Spitzenpositionen bis hin zu Podestplätzen möglich.

Auch Valentin Madouas hat bei hügeligen Eintagesrennen und einwöchigen Rundfahrten das Potenzial für Achtungserfolge. Mit mehr Verantwortung könnte er eine der positiven Entwicklungen der Saison werden und vor allem bei den Ardennenklassikern mit Gaudu ein starkes Duo bilden.


Der Schweizer Stefan Küng soll neben seinen Zeitfahrqualitäten auch seine Stärken bei den Frühjahrsklassikern ausspielen. | Foto: Cor Vos

Deutlich steigern muss sich Démare. Mindestens einen Grand-Tour-Etappensieg wird die Teamleitung von ihm erwarten, dazu weitere Sprinterfolge in der WorldTour. Das Potenzial dazu besitzt Démare allemal. Doch der Mailand-Sanremo-Sieger von 2016 ist in seinen Leistungen zu oft eine Wundertüte. Die Teamleitung schickt den 30-Jährigen diesmal nicht zur Tour, sondern zum Giro, wo er in zwei Jahren insgesamt fünf Etappen gewann und 2020 auch das Trikot des besten Sprinters. Gute Anlagen besitzt Démare aber auch für die flämischen Klassiker.

Für die Pavé-Rennen kommt Küng eine Führungsrolle zu. Realistisch sind Top-Ten-Ergebnisse, für mehr muss schon einiges zusammenkommen. Dazu gehört der Schweizer zu den besten Zeitfahrern der Welt, was dem Team den einen oder anderen Sieg bescheren dürfte. Bei den belgischen Klassikern und generell lohnt zudem der Blick auf den schnellen Jake Stewart. Im Vorjahr wurde er durch einen Sturz in seiner Entwicklung aufgehalten. Knüpft der Brite 2022 an seine guten Leistungen an, sind ihm durchaus vordere Plätze und sogar Siege zuzutrauen.

Auch Valter sowie Neuzugang Welten könnten für den einen oder anderen Achtungserfolg gut sein. Hinzu kommt eine Reihe von starken Allroundern und Etappenjägern wie Rudy Molard, Miles Scotson oder Neuzugang Pacher.

Da die Mischung im Kader stimmt, kann es auch ohne einen erfolgreichen Pinot eine gute Saison werden – wenn denn Démare ein gutes Jahr erwischt und Fahrer wie Gaudu, Madouas und Storer in ihren Rollen wachsen. Und sollte Pinot topfit sein, könnten sich sogar Madiots große Ankündigungen vom Tour-Podium erfüllen.

Eckdaten:
Land: Frankreich
Hauptsponsor: Groupama, FDJ
Branche: Versicherungen, Lottogesellschaft
Manager: Marc Madiot
Radausrüster: Lapierre
Teamranking 2021: 9
Siege 2021: 23
Fahrer im Aufgebot: 28

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