RSNplusSaisonvorschau Quick-Step Alpha Vinyl

Der Weg an die Weltspitze führt nur am Wolfpack vorbei

Von Daniel Brickwedde

Foto zu dem Text "Der Weg an die Weltspitze führt nur am Wolfpack vorbei"
Quick-Step Alpha Vinyl, das sich selbst als “Wolfpack“ bezeichnet, hat schon wieder die Erfolgsspur aufgenommen. | Foto: Cor Vos

08.02.2022  |  (rsn) - Auch diesmal nehmen wir zu Saisonbeginn die 18 WorldTour-Teams unter die Lupe: Wie lief es im vergangen Jahr, welche Veränderungen gibt es in den Aufgeboten, was ist in der neuen Saison von Quick-Step Alpha Vinyl zu erwarten?

Seit Jahren gewinnt kein Team mehr Rennen als Quick-Step. Daran dürfte sich auch 2022 nichts ändern. Fast jeder Fahrer des 31-köpfigen Aufgebots kann Siege einfahren. Dazu ist das Team erstklassig für die Klassiker aufgestellt, kann auf Weltmeister Julian Alaphilippe bauen und auf einen potenziellen Sprint-Seriensieger. Allerdings büßte die Equipe auch Qualität ein.

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Rückblick auf die Saison 2021

Inzwischen ist es fast schon Gewohnheit, dass Quick-Step die meisten Saisonsiege holt. 2021 machte da keine Ausnahme: 65 Erfolge war der zweitbeste Wert der Teamgeschichte nach 2018 (72). Alleine 25 Siege gelangen in der WorldTour. Insbesondere im Frühjahr lief es gut: Kasper Asgreen gewann die Flandern-Rundfahrt sowie die E3 Saxo Bank Classic, Davide Ballerini den Omloop Het Nieuwsblad und Sam Bennett die Classic Brugge-De Panne. In den Ardennen holte sich Julian Alaphilippe den Flèche Wallonne.

Außerdem sorgte Quick-Step für zwei der großen Geschichten des Jahres: Da waren zum einem die vier Etappensiege von Mark Cavendish bei der Tour de France, womit der Brite die Bestmarke von Eddy Merckx (34 Tour-Tageserfolge) egalisierte und sich auch das Grüne Trikot sicherte. Einen weiteren Etappensieg steuerte Alaphilippe bei. Zum anderen lieferte die Rückkehr von Fabio Jakobsen viele Schlagzeilen: Nach seinem schweren Sturz zum Auftakt der Polen-Rundfahrt 2020 gewann der Niederländer drei Etappen bei der Vuelta a Espana sowie die Punktewertung. Florian Sénéchal verbuchte in Spanien einen weiteren Tageserfolg. Das beste Grand-Tour-Resultat erreichte Joao Almeida mit Platz sechs beim Giro d’Italia, der Portugiese gewann zudem die Polen-Rundfahrt.


Der Dänische Zeitfahrmeister Kasper Asgreen gewann letzte Saison die Flandern-Rundfahrt und davor die E3 Saxo Bank Classic. | Foto: Cor Vos

Das nach langer Verletzungspause mit hohen Erwartungen verbundene Grand-Tour-Debüt von Remco Evenepoel endete hingegen nicht wie erhofft: Der Belgier musste den Giro nach der 17. Etappe aufgeben. Dennoch gelangen dem 21-Jährigen acht Siege im Saisonverlauf, bei Quick-Step jubelte nur Cavendish (10) öfter als Evenepoel. Die Sprinter Jakobsen und Bennett gewann je sieben Rennen, wobei der Ire ab Sommer durch Knieprobleme ausgebremst wurde.

Die wichtigsten Zu- und Abgänge

Relativ früh waren die Abgänge von Almeida (UAE Team Emirates) und Bennett (Bora - hansgrohe) bekannt. Mit Almeida verlor Teammanager Patrick Lefevere den wohl besten Rundfahrer im Kader, mit Bennett einen Weltklasse-Sprinter unter unrühmlichen Umständen. Auch der Weggang von Alvaro Hodeg (UAE Team Emirates) schwächt die Sprint-Abteilung.

Von namhaften Neuverpflichtungen sah Lefevere ab, stattdessen ist der Kader mit Talenten wie Martin Svrcek (Franco Ballerini Team), Ilan Van Wilder (DSM), Stan Van Tricht (SEG Racing) und Ethan Vernon aufgefüllt worden. Der 22-jährige Schweizer Mauro Schmid (Qhubeka - NextHash) stößt mit der Empfehlung eines Giro-Etappensiegs zur Mannschaft. Louis Vervaeke (Alpecin - Fenix) kommt als Unterstützung für die Klassiker.

Im Fokus: Fabio Jakobsen

Im August 2020 kämpfte er nach dem schweren Sturz bei der Polen-Rundfahrt um sein Leben und die wenigsten hätten ihm damals eine so schnelle und erfolgreiche Rückkehr zugetraut. Jakobsen überraschte jedoch alle, war schon im April wieder im Peloton dabei und gewann sieben Rennen, inklusive der Erfolge bei der Vuelta. In Spanien bewies Jakobsen, dass er weiterhin einer der schnellsten Männer im Feld ist. Mit seinen 25 Jahren hat der Niederländer eine vielversprechende Zukunft vor sich.

Für 2022 ist das Debüt für die Tour de France geplant. Das beste Argument für eine Nominierung sind gerade bei Sprintern Siege: Und da könnte Jakobsen gegen Altstar Cavendish die Nase vorne haben. Zumal der Brite nach einem schwerem Sturz im Dezember beim Genter Sechstagerennen erst später mit der Saisonvorbereitung beginnen konnte.


Fabio Jakobsen sind die schweren Sturzverletzungen nicht mehr anzumerken. Der Niederländer gewann zum Saisonauftakt gleich zwei Etappen der Valencia-Rundfahrt. | Foto: Cor Vos

Aufgepasst auf ... Ilan Van Wilder

Der Wechsel des jungen Belgiers brachte einigen Wirbel mit sich, da Van Wilder seinen Weggang von DSM trotz bestehenden Vertrags forcierte. Auch für die eigene Reputation war das ein gewagter Schritt. Der 21-jährige ist sportlich in der Bringschuld, wieder positivere Schlagzeilen zu liefern. Dass er über Talent verfügt, zeigte Van Wilder bereits 2019 als Dritter der renommierten Tour de l’Avenir sowie im Vorjahr mit Platz 16 bei der Tour de Romandie.

Seine Stärke liegt bislang vor allem auf dem Zeitfahrrad, aber auch auf einzelnen Bergetappen auf WorldTour-Niveau platzierte er sich bereits vorne. Van Wilder bringt alle Anlagen für einen künftigen Klassementfahrer mit. Und dass Quick-Step junge Fahrer auf das nächste Level bringen kann, hat das Team bereits oft bewiesen. Bei Van Wilder sind 2022 weitere Fortschritte zu erwarten, zumal es Quick-Step an ausgewiesenen Rundfahrern fehlt. Der Teamwechsel könnte sich trotz der negativen Umstände also auszahlen.


Ilan Van Wilder erzwang bei DSM seine Vertragsauflösung und wechselte zu Quick-Step Alpha Vinyl. Nun muss sich der 21-jährige Belgier bei seinem neuen Team beweisen. | Foto: Cor Vos

Ausblick auf die Saison 2022

Bei den Saisonsiegen wird Quick-Step auch 2022 Spitze sein. In der Hinsicht steht die Mannschaft quasi nur in Konkurrenz zu sich selbst, die Frage ist, ob man die Vorjahresmarke übertrifft. Der Kader ist weiterhin stark auf die Klassiker und Sprints ausgerichtet – und in beiden Bereichen sollte Quick-Step einmal mehr auftrumpfen.

Die Massensprints sind mit dem erstklassigen Sprintzug um Michael Morkov fast ein Selbstläufer. Davon dürfte vor allem Jakobsen profitieren. Bei Cavendish bleibt abzuwarten, wie er nach dem schweren Sturz im Winter zurückkommt. In der Form vom 2021 ist der 36-Jährige ein zusätzlicher Sieggarant. Allerdings fehlt durch den Wegfall von Bennett ein weiterer Top-Sprinter, was die Siegausbeute etwas drücken könnte.

Für die Frühjahrsklassiker ist Quick-Step in Breite und Spitze beispiellos aufgestellt, was dem Team taktisch erhebliche Vorteile bringt – und in der Vergangenheit oft siegentscheidend war. Zdenek Stybar, Yves Lampaert, Sénéchal und der endschnelle Ballerini besitzen das Potenzial, auf dem Pavé Siege einzufahren. Als Kapitän für diese Rennen dürfte nach der Vorsaison jedoch Asgreen gelten. Dazu hat das Team mit Fahrern wie Tim Declercq und Bert Van Lerberghe ideale Helfer für das Terrain. Siege bei den flämischen Rennen sind daher fast Pflicht.

Bei den Ardennenklassikern gilt Alaphilippe als großer Favorit für den Flèche Wallonne und als aussichtsreicher Kandidat beim Amstel Gold Race und Lüttich-Bastogne-Lüttich. Auch Evenepoel hat diese Rennen zu seinen Saisonzielen erklärt. Später startet der junge Belgier als Kapitän bei der Vuelta, bei der er weitere Erfahrungen als Grand-Tour-Klassementfahrer sammeln soll. Eine gute Endplatzierung schließt das jedoch nicht aus. Dem Ausnahmetalent sind im Saisonverlauf erneut fünf bis zehn Siege zuzutrauen.


Julian Alaphilippe (links) und Remco Evenepoel sind die Top-Stars des Teams. | Foto: Cor Vos

Ein Rundfahrer von Top-Format fehlt dem Team derzeit allerdings. Nach Almeidas Weggang haben andere Fahrer nun die Chance, sich zu zeigen: Beim Giro führt Fausto Masnada das Aufgebot mit guten Aussichten auf eine Top-Ten-Platzierung an. Daneben ist auf die Entwicklung von Mauri Vansevenant, der ebenfalls beim Giro am Start steht, sowie Mikkel Honore und Van Wilder zu achten.

Und auch ohne Klassementfahrer dürfte Quick-Step bei vielen Etappenrennen und den Grand Tours für Furore sorgen. Zum einen durch Sprintsiege, zum anderen aufgrund der hohen Qualität von Etappenjägern – angeführt von Alaphilippe. Auch der Deutsche Jannik Steimle dürfte seine Chancen erhalten. Denn bei Quick-Step kann im Prinzip jeder Fahrer Siege einfahren – im Vorjahr waren es 18 verschiedene Profis, die mindestens ein Rennen gewannen.

Die belgische Equipe sollte auch 2022 in großer Regelmäßigkeit irgendwo auf der Welt ein Radrennen gewinnen. Und für Teamchef Lefevere dürfte es einmal mehr große Siege bei den Klassikern und bei Grand-Tour-Etappen zu feiern geben. Die Messlatte von 65 Siegen aus dem Vorjahr liegt aber hoch, zumal mit Bennett und Almeida zwei bisherige Leistungsträger fehlen. Das Abo als erfolgreichstes Team im Radsport bleibt aber bestehen.

Eckdaten:
Land: Belgien
Hauptsponsoren: Quick-Step (Alpha Vinyl)
Branche: Bodenbeläge
Manager: Patrick Lefevere
Radausrüster: Specialized
Teamranking 2021: 1
Siege 2021: 65
Fahrer im Aufgebot: 31

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