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24.04.2022 | (rsn) - Bora - hansgrohe arbeitete sich mit aktiver Renngestaltung bei den letzten Klassikern aus dem Krankheitstief des Frühjahrs heraus. Platz fünf für Sergio Higuita und eine dominante Vorstellung im Finale durch Aleksandr Vlasov waren bei Lüttich-Bastogne-Lüttich weitere Indikatoren des Aufwärtstrends.
"La Doyenne" löst beim Rennstall aus Raubling noch immer sentimentale Gefühle aus. "Ja, ich war dabei, als wir mit Davide Formolo und Max Schachmann Zweiter und Dritter hier wurden. Das sind schöne Erinnerungen“, sagte Jens Zemke am Quai des Ardennes von Lüttich zu radsport-news.com. Die schönen Erinnerungen beziehen sich auf das Jahr 2019.
Higuita belegte im Sprint der Verfolger den 5. Platz, während sein Bora-Kollege Vlasov auf den Schlussspurt verzichtete und als Letzter der Gruppe die Ziellinie erreichte. | Foto: Cor Vos
Bei der 108. Ausgabe des Ardennenklassikers sah es eine Zeitlang so aus, als könnten sie aufgefrischt werden. Vlasov, Neueinkauf der Raublinger in dieser Saison, machte zehn Kilometer vor dem Ziel erst gewaltigen Druck in der Verfolgergruppe und ließ so den Vorsprung des Ausreißers Remco Evenepoel (Quick-Step Alpha Vinyl) von fast 40 Sekunden auf weniger als die Hälfte schrumpfen.
Als der Elan in der Gruppe erlahmte, beschleunigte Vlasov anderthalb Kilometer später erneut und setzte sich ab. Eine Zeitlang fuhren er und der spätere Sieger Evenepoel im gleichen Rhythmus – und der Vorsprung auf die Verfolger wuchs Sekunde für Sekunde.
Vlasov zeigte die Mentalität eines Siegfahrers
So in etwa sah auch der frühmorgens beschlossene Plan aus. "Wir wollten das Rennen aktiv gestalten und gut in der entscheidenden Gruppe vertreten sein, die sich erfahrungsgemäß bei der Redoute ergibt“, erzählte Zemke später und betonte: "Das ist uns geglückt. Dann war uns aber die Gruppe zu groß. Und deshalb hat Aleksandr attackiert, um sie zu verkleinern.“
Vlasov (links) war in den entscheidenden Phasen des Rennens immer auf der Höhe des Geschehens. | Foto: Cor Vos
Auch das klappte prima. Kurz vor dem Ziel wurde Vlasov dann aber doch von den Verfolgern geschluckt. Ganz konnte sich der Russe das nicht erklären. "Vielleicht habe ich etwas Zeit in den Kurven verloren. Aber so viel kann das auch nicht gewesen sein. Ich habe einfach durchgezogen, und natürlich gehofft, allein anzukommen. Irgendwann kam die Gruppe dann aber doch näher, und ich habe gewusst, es ist jetzt vorbei“, sagte er radsport-news.com.
Tief betrübt wirkte Vlasov einen Tag nach seinem 26. Geburtstag aber nicht. Denn mit der Art und Weise, wie er fuhr, nicht nur hier zwischen Bastogne und Lüttich, sondern auch mit dritten Plätzen beim Fleche Wallonne und in der Gesamtwertung der Baskenland-Rundfahrt sowie dem Sieg bei der Valencia-Rundfahrt – übrigens vor Doyenne-Sieger Evenepoel – kann der Russe vollauf zufrieden sein. Er hat die Mentalität eines Siegfahrers, der seine Chance am Schopfe ergreift, wenn sie sich bietet, und der nicht den Eindruck macht, lange zu grübeln, wenn Dinge mal nicht so laufen wie gewollt.
Ide Schelling führte das Hauptfeld während der Verfolgung der Spitzengruppe an. | Foto: Cor Vos
Immerhin konnte sich sein Rennstall über den fünften Platz von Higuita freuen. Der Kolumbianer ist wie Vlasov ein Neuzugang und auch einer, der Siege und Resultate liefert. Bei "La Doyenne" machte er das, was von ihm gefordert war. Auch er war in der entscheidenden Gruppe. Dass nicht mehr heraussprang als die Ränge fünf und 14 für Higuita und Vlasov lag auch an gleich doppeltem Pech.
Auch ohne Hindley und Kelderman wurde der Plan umgesetzt
Jai Hindley musste wegen Erkältungssymptomen auf einen Start verzichten. Wilco Kelderman wurde in den Massensturz verwickelt. Sein blutiges Gesicht dort löste Sorge aus. "Soviel ich weiß, sind alle Knochen aber ganz geblieben“, gab Zemke vorsichtig Entwarnung. Aber die beiden Kletterer fehlten natürlich. "Wir hatten dann nur Sergio und Aleksandr vorn am Roche-aux-Faucon und keinen Leadout mehr“, sagte er.
Das große Feld in der Roche aux Faucons. Wer hier hinten lag, hatte keine Chance mehr, nach vorne durchzukommen. | Foto: Cor Vos
Aber solche Dinge gehören zu Rennen dazu. Was bei Bora - hansgrohe zu Hoffnung Anlass gibt, ist, dass nach dem hohen Krankenstand im Frühjahr wieder etwas mehr Normalität einzieht, und in dieser Normalität auch Struktur bei Rennen zu erkennen ist. Polyvalente Rennfahrer wie Higuita und Vlasov spielen ihre Stärken in verschiedenen Situationen aus.
Jetzt müssen nur noch die deutschen Rennfahrer des Teams in diesen Flow geraten. Dann kann Bora -hansgrohe auch wieder die ganz großen Ziele ins Auge fassen. Nicht mehr und nicht weniger als eines der besten Teams der Welt zu sein, lautet der Anspruch. Dazu fehlt aktuell noch ein Stück. Aber der Aufwärtstrend ist deutlich erkennbar.
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