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10.06.2022 | (rsn) – Bei der ZLM Tour (2.Pro) herrschte am Donnerstag nicht nur 29 Kilometer vor dem Ziel Chaos. Eine große Spitzengruppe wurde von Bahnschranken ausgebremst. Sie büßte dadurch fast ihren gesamten Vorsprung auf das Verfolgerfeld ein. Statt den ursprünglichen Abstand beider Gruppen wiederherzustellen, ließ die Rennleitung beide Felder mit dem neuen Abstand weiterfahren. Hinzu kam eine – wie bereits am Vortag – gefährliche Zielgerade. Bei der niederländischen Rundfahrt sind brenzlige Situationen kein Einzelfall: Die ZLM Tour ist ein Wiederholungstäter.
Schon bei ihrer letzten Austragung 2019 sorgte die ZLM Tour für Aufsehen. Damals wurde auf der 3. Etappe zwölf Kilometer vor dem Ziel kurzerhand entschieden, dass die letzten zehn Kilometer gestrichen werden, da dort parkende Autos auf dem Kurs für Gefahr sorgten. Damals gewann Amund Grondahl Jansen die Etappe; wegen der Corona-Pandemie war der Etappenzweite Mike Teunissen vor inzwischen drei Jahren der letzte Gesamtsieger.
___STEADY_PAYWALL___Die Ausreißergruppe wurde später durch eine geschlossene Bahnschranke ausgebremst. | Foto: Cor Vos
Nach der notgezwungenen Pause feiert die Rundfahrt gerade ihr Comeback. Von der UCI gab es trotz der chaotischen Zustände im Finale 2019 eine Beförderung. Statt zur 2.1- gehört das Rennen nun zur 2.Pro-Kategorie. Renndirektor Jean-Paul van Poppel erzählte gegenüber Cyclingonline, wie wichtig ihm die Sicherheit im Rennen sei: “Wir wollen unser Image aufpolieren und jetzt wirklich ein gut organisiertes Rennen organisieren und so unsere Visitenkarte bei der UCI abgeben.“
Zielschikane am Mittwoch
Doch die Realität sieht anders aus. Bereits am Mittwoch sorgte die Zielgerade in Kapelle für Stirnrunzeln. Eine Rechts-links-Schikane 120 Meter vor dem Ziel sorgte dafür, dass auf den Klinkern nur noch zwei Fahrer um den Sieg sprinten konnten, den sich Olav Kooij (Jumbo – Visma) sicherte.
Bewegte Bilder des Finales der 1. Etappe
“Es ist immer ein Mix verschiedener Interessen, wenn man einen Kurs entwirft“, erklärte van Poppel, “Gemeinden und Sponsoren wollen das Ziel direkt vor der Tür haben, aber es muss auch sicher sein“, so der Vater der beiden Profis Danny (Bora – hansgrohe) und Boy van Poppel (Intermarché – Wanty – Gobert).
Kreisel im Finale und Zielkurve am Donnerstag
Am Donnerstag sah das Finale kaum besser aus. 350 Meter vor dem Ziel teilte ein Kreisel das Feld in voller Sprintvorbereitung. “Wir waren froh, dass wir da nicht mit dem ganzen Feld ankamen. In den letzten Metern noch so ein Kreisverkehr mit einer Kante in der Mitte, das muss nicht unbedingt sein. 350 Meter vor dem Ziel über so einen Kreisverkehr springen zu müssen sorgt nur für Chaos“, sagte Michel Heßmann (Jumbo – Visma) am Abend im Telefongespräch gegenüber radsport-news.com. Doch der Kreisel war noch nicht das letzte Übel. 75 Meter vor der Ziellinie begann sich die Straße leicht nach rechts zu biegen. Gerade solche Ankünfte sorgen häufig für Stürze, wenn die Fahr- und die Ideallinie verschiedener Sprinter sich kreuzen. “Selbst weiß ich nicht, wie es sich anfühlt, da rumzusprinten, aber auch das muss nicht sein“, urteilte Heßmann über die kurvige Zielgerade.
Bewegte Bilder des Finales der 2. Etappe
Zeitraub an der Bahnschranke
Zu allem Überfluss gab es auch noch den Zwischenfall an der Bahnschranke. Die 20-köpfige Spitzengruppe, die sich an der Windkante gelöst hatte und 1:30 Minuten Vorsprung hatte, wartete wie vorgeschrieben, bis der rot-weiße Schlagbaum den Weg wieder freigegeben hatte. Als sie wieder Fahrt aufgenommen hatten, lagen sie nur noch 30 Sekunden vor den jagenden Verfolgern. “Das ging gar nicht!“, ärgerte sich Heßmann.
Grund für den Unmut war, dass die zweite Gruppe von der Rennleitung nicht - wie im Reglement vorgesehen - wieder auf den ursprünglichen Abstand runtergebremst wurde. “Die haben die Zeit genommen, aber haben uns nicht deutlich sagen können, was jetzt passiert“, erinnerte sich der Deutsche. Obwohl er seine Meinung anzeigte, sah sich die Jury nicht veranlasst, einzuschreiten. Auch Jumbo – Vismas Sportlicher Leiter habe noch mit dem Rennleiter gesprochen – doch auch das half nichts. “Die waren irgendwie total überfordert und so wurde die zweite Gruppe nicht gestoppt. Die waren schon zwischen den Autos, das Rennen ging einfach weiter und die Situation wurde als ‘Race Incident‘ beschrieben“, so Heßmann.
“Dafür gibt es ein Reglement und das muss eingehalten werden. Genauso wie wir Fahrer das Reglement auch einhalten müssen“, befand der Neoprofi. Und genau dort liegt das Problem. Denn Fahrer, die noch bei geschlossenen Bahnschranken die Gleise passieren, waren in der Vergangenheit keine Seltenheit. Dieser Zustand wurde erst in den letzten Jahren durch einige resolute Disqualifikationen abgestellt.
Renndirektor Jean-Paul van Poppel im Gespräch mit Jeroen Meijers (Terengganu Polygon Cycling Team). | Foto: Cor Vos
“Ich würde das, glaube ich, nie machen“, antwortete Heßmann auf die Frage, ob er nächstes Mal den geschlossenen Übergang überfahren wird. “Aber man fühlt sich schon veräppelt und ich denke, ich würde beim nächsten Mal, wenn die Ampel rot blinkt und die Schranken langsam runter gehen, vielleicht noch gut überlegen, ob ich vielleicht doch schnell durchfahre“, relativierte er allerdings. “Das hätte ich vorher nicht gemacht, aber mit dieser Erfahrung im Kopf, macht mich das in dieser Situation nicht sicherer “, fügte er abschließend an.
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