RSNplusStarkes Finale auf 3. Tirreno-Etappe

Arndt und Bauhaus feilen eifrig an der Tour-Bewerbung

Von Felix Mattis und Tom Mustroph

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Nikias Arndt und Phil Bauhaus arbeiten bei Bahrain Victorious sehr gut zusammen. | Foto: Cor Vos

09.03.2023  |  (rsn) – Der Wechsel von Nikias Arndt zu Bahrain Victorious hat sich schon jetzt, Anfang März, für beide Seiten voll ausgezahlt. Das zeigte sich auch am Mittwoch auf der 3. Etappe von Tirreno-Adriatico (2.UWT) in Foligno wieder eindrucksvoll. Der 31-Jährige war im Finale einmal mehr bärenstark und am Ende wurde das Team durch den zweiten Rang von Phil Bauhaus im Sprint hinter Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck) belohnt. Ortskenntnis und Vorbereitung spielten dabei eine große Rolle, aber eben auch pure Power und Cleverness.

"Ich kannte das Finale von 2019. Da war es auch so, dass die, die als Erster und Zweiter um die Kurve kamen, im Ziel auch Erster und Zweiter wurden", erzählte Bauhaus von der mit vielen Kurven gespickten Sprintanfahrt in Foligno. Vor vier Jahren war er dort im Finale untergegangen und beim Sieg von Elia Viviani nur als 16. über den Zielstrich gerollt.

Diesmal lief es um ein Vielfaches besser – auch weil Andrea Pasqualon und Nikias Arndt einen bärenstarken Job machten und Bauhaus dabei halfen, als Vierter hinter den Anfahrern Arndt und Mathieu van der Poel sowie eben Philipsen um die letzte Kurve zu kommen. "Den Plan hatten wahrscheinlich alle, aber es ist gut, dass es bei mir geklappt hat", freute sich der 28-Jährige, der seine Saison bei der Tour Down Under im Januar gleich mit einem Sieg im ersten Massensprint eröffnet hatte und danach sowohl im ersten Sprint der UAE Tour als auch im ersten Sprint von Tirreno-Adriatico jeweils Sechster geworden war.

___STEADY_PAYWALL___ Dass es nun in Foligno gegen Philipsen nicht zum zweiten Saisonsieg reichte, tat Bauhaus nicht weh. "Philipsen ist einer der stärksten und schnellsten Sprinter der Welt. Ich war am Rad gut bedient, aber konnte auch relativ spät starten, deswegen war da nichts zu machen", ordnete der gebürtige Bocholter das Ergebnis ein und hofft nun auf den Sonntag in San Benedetto del Tronto.

Wiederholung des Vorjahres-Sieges in San Benedetto del Tronto?

"Das wird wohl der einzige Sprint noch. Morgen ist eine Mini-Bergankunft und dann gibt es eher ein paar schwerere Tage für mich." Ortskenntnis jedenfalls hat Bauhaus auch dort an der Adria zu Genüge – immerhin gewann er die Schlussetappe von Tirreno-Adriatico an selber Stelle vor einem Jahr.

2022 gewann Phil Bauhaus die Tirreno-Schlussetappe in San Benedetto del Tronto. | Foto: Cor Vos

Dass Bauhaus in Foligno aber überhaupt zum Sprinten kam, hatte er zu großen Teilen Arndt zu verdanken. Denn nachdem das Hauptfeld auf den letzten zwölf Kilometern durch eine Tempoverschärfung von Jumbo – Visma zerrissen war, trug der Neuzugang viel dazu bei, dass es auf den letzten fünf Kilometern doch nochmal zum Zusammenschluss kam.

"Meine Teamkollegen sind gefahren, weil wir auch Landa hinten hatten, aber ich habe versucht, so ruhig wie möglich zu machen, damit, wenn es zusammen kommt, ich dann auch die Beine habe, um aufs Podium zu fahren", lobte Bauhaus. Von Bahrain Victorious hatte es zuvor einzig Pasqualon in die knapp 20-köpfige erste Gruppe geschafft.

Positionskampf mit Bergfahrern – eine spezielle Herausforderung

"Man konnte es vorhersehen. Es war den ganzen Tag hektisch und im Finale gab es nochmal ein offenes Stück. Wenn ich mich richtig erinnere, ist es 2019 dort auch gerissen - wenn auch nicht ganz so extrem wie heute", erzählte Arndt. "Wir wussten also, dass wir in Position sein mussten, aber die größte Schwierigkeit ist es, die Bergfahrer auch dabei zu haben."

Pello Bilbao (mittig) ist für Bahrain Victorious ein wichtiger Klassement- und Bergfahrer mit dem Nikias Arndt (links) und Phil Bauhaus (in Blau, verdeckt) bei der UAE Tour sehr gut auch an der Windkante zusammenfahren konnten. | Foto: Cor Vos

Bei der UAE Tour hatten Arndt und Bauhaus das auf der 1. Etappe mitten in der Wüste vom Al Dhafra Castle nach Al Mirfa hervorragend gemacht. Dort allerdings war auch Pello Bilbao der Bergfahrer im Team, und der bewegt sich sehr gut im Peloton. Mit Mikel Landa nun lief es nicht ganz so rund. An der 5-Kilometer-Marke brachte Arndt in einer kleinen Sechs-Mann-Gruppe dann immerhin noch Co-Leader Damiano Caruso nach vorne zur Spitze, kurz darauf aber war auch der Rest des Feldes wieder beisammen und es ging geschlossen auf die letzten vier Kilometer.

"Ab da habe ich mich dann ganz auf Phil konzentrieren können. Das Finale war schwer und hektisch, aber aktuell profitieren Phil und ich davon, wenn es so ist und sich das Feld lang zieht", erklärte Arndt. Bauhaus setzte sich zunächst ans Hinterrad von Fabio Jakobsen und dessen Soudal-Quick-Step-Zug. Kurz nach der 3.000-Meter-Marke holten ihn Arndt und Pasqualon dort ab und wollten ihn weiter mit nach vorne nehmen. Doch Pasqualon verlor kurz darauf Arndts Hinterrad und so büßten der Italiener und Bauhaus nochmal einige Meter ein.

Auch Pasqualon spielte wichtige Rolle

Arndt sortierte sich nun ganz vorne in den ersten Positionen ein und drehte sich dort immer wieder um, um seine Teamkollegen zu finden. An der 2-Kilometer-Marke gab dann Pasqualon am linken Straßenrand nach einem Bunny Hop über einen Gullideckel Vollgas, um Bauhaus an die Spitze zu bringen. Am Hinterrad von van der Poel, ungefähr an fünfter, sechster Stelle, lieferte Pasqualon ihn ab.

Das verlor Bauhaus zwar kurz vor dem Schlusskilometer noch an Philipsen, doch gegen alle anderen Sprinter setzte er sich im Positionskampf hervorragend durch. Arndt führte das Feld vor van der Poel, Philipsen und Bauhaus um zwei enge Kurven – eine regelrechte Schikane - rund 700 Meter vor dem Ziel und scherte dann an der 500-Meter-Marke aus.

Gegen Jasper Philipsen (links, Alpecin - Deceuninck) war in Foligno kein Kraut gewachsen. | Foto: Cor Vos

"Ich habe auf Phil gewartet und im Funk ’now you can go‘ gehört. Dann habe ich mich umgesehen und erkannt, dass Phil unter den ersten Fünf war. Also bin ich als Erster in die Schikane rein und wusste, ich muss das Tempo hochhalten, dass ich aber auch spätestens bei 500 Metern rausgehen muss, weil ich noch zwei Alpecin-Fahrer hinter mir hatte. Die wollte ich nicht ins Ziel führen", schilderte Arndt die letzten zwei Kilometer.

Was folgte war ein Bilderbuch-Leadout von van der Poel um die langgezogene letzte Rechtskurve herum bis zur 150-Meter-Marke, wo Philipsen den Sprint eröffnete und Bauhaus auch aus dem Windschatten heraus angesichts der kurzen Distanz keine Chance mehr hatte, vorbeizuziehen. Im Nachhinein hätte Arndt, angesichts der Tatsache, dass es van der Poel war, der an seinem Hinterrad saß, möglicherweise einen Ticker früher ausscheren sollen, um Alpecin mehr unter Druck zu setzen. Doch das war am Ende dieser bärenstarken Schlussphase über die letzten 15 Kilometer wirklich Kritik auf allerhöchstem Niveau.

Arndt und Bauhaus arbeiten an der Tour-Bewerbung

"Phil ist super drauf. Wir können mit dem zweiten Platz zufrieden sein, auch wenn wir gewinnen wollen. Wenn Philipsen stärker ist, muss man das akzeptieren und trotzdem beim nächsten Mal versuchen, es besser zu machen", bilanzierte Arndt schließlich und verriet radsport-news.com dann auch, dass er und Bauhaus momentan gemeinsam leise auf ein Tour-de-France-Ticket hoffen.

Mit einem Sieg in Tanunda ist Phil Bauhaus bei der Tour Down Under in die Saison gestartet. | Foto: Cor Vos

Bahrain Victorious hatte in der vergangenen Saison keinen Sprinter mit zur Tour genommen, nachdem in den Jahren zuvor Sonny Colbrelli dort dabei gewesen war. 2023 ist die Kader-Zusammensetzung noch offen. Angesichts der Dominanz von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) und Jonas Vingegaard (Jumbo - Visma) sind die Hoffnungen auf den Tour-Sieg für die Bahrain-Kletterer gering und es ist davon auszugehen, dass neben Landa auch Pello Bilbao beim Grand Depart im Baskenland dabei sein wird. Doch das Team voll und ganz nur auf die Berge auszurichten, scheint nicht nötig. Platz für Arndt und Bauhaus könnte also da sein.

"Es besteht die Möglichkeit, dass wir das dieses Jahr mal zusammen angreifen. Wir versuchen alles. Je besser wir jetzt fahren, desto größer werden die Chancen", erklärte Arndt. Die Vorstellung in Foligno jedenfalls war definitiv ein erstklassiges Bewerbungsschreiben.

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