Tour-Flaute von Cofidis endet nach 5.456 Tagen

Lafay machte mit cleverem Angriff den Frust von Bilbao vergessen

Foto zu dem Text "Lafay machte mit cleverem Angriff den Frust von Bilbao vergessen"
Victor Lafay (Cofidis) hat die 2. Etappe der Tour de France gewonnen. | Foto: Cor Vos

02.07.2023  |  (rsn) - Als Cofidis zuletzt eine Etappe bei der Tour de France gewann, da war George W. Bush Präsident der USA, Team Milram noch im Radsport aktiv und Tadej Pogacar gerade einmal neun Jahre alt. 15 Jahre liegt das zurück: 2008 gewann Sylvain Chavanel für die französische Mannschaft die 19. Etappe als Ausreißer in Montlucon – Erik Zabel landete damals im Sprint des Feldes auf Rang vier, um noch einmal die zeitliche Dimension zu unterstreichen.

Seitdem stand Cofidis zwar jedes Jahr am Start der Tour de France, blieb bei den Tagessiegen jedoch glücklos. Eine Durststrecke, die auf 297 Etappen oder 5.456 Tage anwuchs – bis Victor Lafay diese Erfolgsflaute nun mit dem Sieg auf der 2. Etappe der 110. Frankreich-Rundfahrt in San Sebastian beendete.

"Unsere Mannschaft hat bei der Tour lange auf einen Etappensieg warten müssen. Seit mehr als fünf Jahren ist das ein Thema, nun konnte ich uns von dieser Last befreien", sagte Lafay im Ziel. Dass der 27-jährige Franzosen ein ernstzunehmender Kandidat für einen Etappensieg ist, zeigte er bereits auf der 1. Etappe in Bilbao:

Dort folgte er als einziger Fahrer kurz vor dem Ziel dem Angriff von Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma) und Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) an der knackigen Steigung zur Côte de Pike, beendete die Etappe schließlich auf Platz sechs. Objektiv ein gelungener Auftakt – doch zufrieden schien Lafay damit nicht.

Lafay erkennt die Schwäche von Jumbo-Visma

"Victor war gestern etwas frustriert, weil er die Attacke der Yates-Brüder verpasst hat. Aber ich denke, er hat auch dort schon gezeigt, wie stark er ist. Heute war der Sieg für uns alle etwas unerwartet. Wir wissen, dass er stark ist, aber schon auf der 2. Etappe zu gewinnen, damit hatten wir nicht gerechnet", sagte Teamkollege Simon Geschke zu NBC Sports im Ziel und fügte bezüglich der "Leidensgeschichte" von Cofidis an: "Es ist kein Geheimnis, dass Cofidis schon lange nicht bei der Tour gewinnen konnte. Für ein französisches Team ist ein Sieg nirgendwo schwieriger und wichtiger als bei der Tour. Das ist riesig für uns!"

Auf dem hügeligen Kurs der 2. Etappe hielt Lafay nun erneut mit den besten Fahrern mit – und zog für den letzten Kilometer die richtigen Schlüsse. "Jumbo-Visma hatte bereits viel Arbeit geleistet und ich sah, dass Wout nicht mehr selbst fahren wollte", so Lafay, der kurz vor der Flamme Rouge aus dem hinteren Teil der 24 Fahrer großen Gruppe antrat, den Schwung nutzte und die entscheidende Lücke aufriss. Die Gruppe zögerte kurz, alles schaute auf Wout Van Aert (Jumbo – Visma) und dessen Helfer Wilco Kelderman und Tiesj Benoot.

Die allerdings konnten die Lücke nicht mehr schließen und so kam auch Van Aert mit seinem Sprint auf den letzten 200 Metern nicht mehr heran. Während Lafay am Zielstrich seine Freude herausschrie, schlug Van Aert wenige Meter hinter ihm verärgert als Zweitplatzierter auf seinen Lenker.

2018 Sieg beim Jedermann-Rennen der Tour de France

"Als ich antrat, machte ich mir keine Gedanken darüber, ob es funktionieren würde. Dann sah ich, wie die Ziellinie immer näher kam und gleichzeitig meine Wattwerte immer mehr sanken. Ich habe dann die Zähne noch mal zusammengebissen und es hat gereicht. Einfach verrückt", so Lafay. Die Zahlen zu seinem Antritt: Eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 56,4 km/h auf dem letzten Kilometer, eine Spitzengeschwindigkeit von 61,2 km/h.

Im Grunde ist es für Lafay allerdings bereits sein zweiter Erfolg bei der Tour de France: 2018 gewann er als Amateur die Jedermann-Etappe der Frankreich-Rundfahrt, die L'Etape du Tour, zwischen Annecy und Grand Bornand in den Alpen. Er nahm damals teil, da das Rennen in der Nähe seiner Heimat Lyon stattfand. Eine Woche später erreichte er Platz zwei bei der U23-Europameisterschaft hinter Marc Hirschi, der heute für das UAE Team Emirates fährt. 2019 wechselte Lafay dann ins Profilager zu Cofidis und gewann 2021 bereits eine Etappe des Giro d’Italia als Ausreißer. 2022 folgte eine Etappe des Arctic Race of Norway.

Der Etappensieg nun in San Sebastian als Franzose bei der Tour de France ist jedoch eine ganz andere Nummer – und dürfte Lafay in den kommenden Tagen zum gefragtesten Mann der heimischen Presse machen. Zumal er mit Platz vier in der Gesamtwertung und Führender der Punktewertung ebenfalls gut im Rennen liegt.

Als Klassementfahrer für das Hochgebirge ist Lafay bislang zwar noch nicht aufgefallen – von drei dreiwöchigen Rundfahrten beendete er nur eine. Als Etappenjäger aber ist er spätestens nach seinem Coup in San Sebastien zu beachten. Und wer weiß, wie lange er auch im Klassement vorne dabei bleiben kann? "Wir werden jetzt nicht aufhören, sondern versuchen, noch eine zweite Etappe zu gewinnen. Vielleicht durch Bryan Coquard, er ist auch sehr stark", sagte Lafay. Oder eben durch ihn selbst.

Mehr Informationen zu diesem Thema

25.06.2024Tour de France im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die Tour de France ist die wichtigste Rundfahrt im internationalen Radsportkalender. Vor der am 29. Juni im italienischen Florenz beginnenden 111. Ausgabe liefern wir einen Überblick über d

11.06.2024Cofidis setzt auf erfahrenes Tour-Team inklusive Geschke

(rsn) – Die französische WorldTour-Mannschaft Cofidis präsentierte am Dienstag die ersten sechs Fahrer ihres Tour-de-France-Kaders in einer Presseaussendung und verkündete dabei auch, dass Simon

10.01.2024“Wir brauchen keine vier Soßen“: Wie Roglic Bora besser macht

(rsn) – Primoz Roglic macht Bora – hansgrohe besser. Das lässt sich schon sagen, bevor der Slowene überhaupt ein einziges Rennen gefahren ist. Während sich das erst Anfang März ändern und Rog

07.10.2023Thomas: “Ineos Grenadiers ist ein Team im Wandel“

(rsn) – Der letzte Tour-de-France-Sieg liegt schon vier Jahre zurück und vor allem daran lässt sich ablesen, dass Ineos Grenadiers längst nicht mehr das beste Grand-Tour-Team der Welt ist. Dennoc

30.07.2023Niewiadoma machte ihre Hausübungen für die Pyrenäen

(rsn) – Als am Col d‘Aspin auf der 7. Etappe der Tour de France Femmes die beiden Favoritinnen Demi Vollering (SD Worx) und Annemiek Van Vleuten (Movistar) erstmals in die Offensive gingen, konnte

27.07.202320 Sekunden Zeitstrafe: Vollering und SD Worx entsetzt

(rsn) – Der Kampf um den Gesamtsieg bei der Tour de France Femmes, er war bislang einer um Sekunden. Lediglich deren acht hatte Demi Vollering (SD Worx) an den ersten vier Tagen mit großem Aufwand

27.07.2023Cofidis erfolgreich, aber Geschke “nicht so gut drauf“

(rsn) – Am Sonntag erwartete Simon Geschke (Cofidis) seine Teamkollegen in Paris zum großen Finale der 110. Tour de France, die er auf der 18. Etappe aufgrund heftiger Magenprobleme verlassen musst

26.07.2023Vingegaard euphorisch in Kopenhagen empfangen

(rsn) – Der Sieger der Tour de France, der Däne Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma), wurde am Mittwochnachmittag in Kopenhagen von mehreren 10000 Menschen empfangen. Eine große Menge versammelte si

25.07.2023Buchmann zweifelt an seinem Comeback als GC-Fahrer

(rsn) - Für einen Moment war die Hoffnung wieder da. Die Hoffnung darauf, einen Emanuel Buchmann zu sehen, wie er sich im Juli 2019 bei der Tour de France präsentiert und dabei einen sensationellen

24.07.2023Tour-Achter Gall derzeit kein Thema für Bora - hansgrohe

(rsn) – Auch wenn ab August wieder Wechsel verkündet werden dürfen: Bora – hansgrohe und Felix Gall (AG2R - Citroën) werden nicht in einem Satz auftauchen. Nach der starken Vorstellung des Öst

24.07.2023Auch ohne Etappensiege imponieren Bauhaus und Zimmermann

(rsn) – Wie im Vorjahr kein Etappensieg und kein Fahrer in den vordersten Regionen des Klassements: Die Bilanz der nur sieben deutschen Starter bei der 110. Tour de France liest sich auf den ersten

24.07.2023Rückblick: Die 110. Tour de France in Zahlen

(rsn) – Drei hart umkämpfte Wochen, 21 Etappen und insgesamt 3405 Kilometer liegen hinter den Teilnehmern der diesjährigen Tour de France. Radsport-news.com blickt auf die 110. Frankreich-Rundfah

Weitere Radsportnachrichten

28.03.2025Radsport live im TV und im Ticker: Die Rennen des Tages

(rsn) – Welche Radrennen finden statt? Wo und wann kann man sie live im Fernsehen oder Stream verfolgen? Und wo geht´s zum RSN-Live-Ticker? In unserer Tagesvorschau informieren wir über die wic

28.03.2025Märkl fehlt am Knokteberg nur etwas Platz zum Ticket in die Top 10

(rsn) – Niklas Märkl (Picnic – PostNL) ist den E3 Saxo Classic nicht zu Ende gefahren – und doch war der 26-Jährige in den flämischen Ardennen nah dran an einem Top-10-Resultat. Denn der Pfä

28.03.2025Auch bei der E3 Classic ist van der Poel eine Klasse für sich

(rsn) – Von der Seite, von vorn, von hinten, von oben: rund 50 Minuten bekamen die TV-Zuschauer aus allen Perspektiven Bilder vom allein fahrenden Mathieu van der Poel (Alpecin – Deceuninck) gezei

28.03.2025Tulett mit Settimana-Doppelschlag, Herzog wird Fünfter

(rsn) – Mit seinem Sieg auf der 4. Etappe der 40. Settimana Internazionale Coppi e Bartali (2.1) hat der Brite Ben Tulett (Visma – Lease a Bike) den US-Amerikaner Magnus Sheffield (Ineos Grenadier

28.03.2025Roglic erwischt die Kante, verliert aber trotzdem die Führung

(rsn) – Es braucht nicht immer Berge, um ein Gesamtklassement ordentlich durcheinanderzuwirbeln. Hier und da reicht auch ein Zwischensprint oder eine kurze Phase Seitenwind, um für einige Überrasc

28.03.2025Highlight-Video der 67. E3 Classic

(rsn) – Mit einer souveränen Vorstellung hat Mathieu van der Poel (Alpecin - Deceuninck) die 67. Ausgabe der E3 Classic (1.UWT) gewonnen und damit die Titelverteidigung gefeiert. Der 30-jährige N

28.03.2025Prudhomme zu Pogacars Roubaix-Debüt: “Nicht damit gerechnet“

(rsn) – ASO-Chef Christian Prudhomme ist begeistert über das anstehende Debüt von Tadej Pogacar (UAE Team Emirates – XRG) beim Klassiker Paris-Roubaix (13. April). “Damit habe ich nicht gerech

28.03.202518-jähriger Shootingstar Ferguson: Unaufhaltsam geradeaus?

(rsn) – Cat Ferguson marschiert unaufhaltsam geradeaus. Dieses Bild passt zum Auftritt der 18-jährigen Britin beim Classic Brügge-De Panne (1.WWT) am Donnerstag, aber auch zu ihrem bisherigen Karr

28.03.2025Arndt fällt nach Wirbelsäulen-OP für lange Zeit aus

(rsn) – Der bei der Classic Brugge-De Panne schwer gestürzte Nikias Arndt hat sich nach Angaben seines Teams Bahrain Victorious bei dem Unfall eine “instabile Wirbelfraktur“ zugezogen. Der 33-j

28.03.2025Gent-Wevelgem im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) – Auch wenn Gent-Wevelgem nicht den Stellenwert der Flandern-Rundfahrt hat, so trug sich in den letzten Jahren das Who ist Who der Klassikerspezialisten in die Siegesliste des flämischen Trad

28.03.2025Für Roglic machen sich drei Wochen Training am Teide bezahlt

(rsn) – Geben die Bergduelle zwischen Primoz Roglic (Red Bull – Bora – hansgrohe) und Juan Ayuso (UAE Team Emirates – XRG) bei der 104. Katalonien-Rundfahrt bereits einen Vorgeschmack auf den

27.03.2025Frisch vom Teide will van Aert seinen Kontrahenten einheizen

(rsn) – Seit dem für ihn eher enttäuschend verlaufenen Openingsweekend hat Wout van Aert (Visma – Lease a Bike) kein Rennen mehr bestritten. Der Belgier zog sich stattdessen zum Training zurück

RADRENNEN HEUTE

    WorldTour

  • Volta Ciclista a Catalunya (2.UWT, ESP)
  • E3 Saxo Classic (1.UWT, BEL)
  • Radrennen Männer

  • Volta ao Alentejo (2.2, POR)
  • Olympia`s Tour (2.2, NED)
  • Settimana Coppi e Barrtali (2.1, ITA)
  • Tour of Thailand (2.1, THA)