Es brodelt zwischen den Sprintern

Jakobsens Knochen halten, sein Rahmen nicht

Von Felix Mattis

Foto zu dem Text "Jakobsens Knochen halten, sein Rahmen nicht"
Fabio Jakobsen (Soudal - Quick-Step) trug Prellungen und Schürfwunden von seinem Sturz auf der 4. Etappe davon - und sein Rad zerbrach an drei Stellen. Ins Ziel rollte er auf einer Ersatzmaschine. | Foto: Cor Vos

05.07.2023  |  (rsn) – Fabio Jakobsen (Soudal – Quick-Step) hatte Glück im Unglück auf der Motorsport-Rennstrecke von Nogaro. Zwar konnte der 26-Jährige nicht in den Sprint um den Etappensieg mit eingreifen, weil er 1,7 Kilometer vor dem Ziel im Kurvengeschlängel stürzte, als es im Positionskampf mit dem später siegreichen Jasper Philipsen (Alpecin – Deceuninck) zum Schulter-an-Schulter-Gerangel der beiden Weltklasse-Sprinter kam. Doch wie sich am Abend bestätigte, ging Jakobsen mit nur oberflächlichen Blessuren aus dem harten Aufprall hervor.

"Fabio hat einige Wunden an seiner Schulter und dem Rücken von dem 'schönen' Asphalt. Ich denke er wird heute Nacht nicht sehr gut schlafen", sagte Teamchef Patrick Lefevere im Ziel und sein Sportlicher Leiter Tom Steels fügte hinzu: "Er hat viel Haut verloren, aber lasst uns hoffen, dass er sich gut erholt und sich auf dem Rad okay fühlt, so dass er sich durch die Pyrenäen kämpfen kann."

Während Jakobsens Körper glimpflich davon kam, endete die Tour an derselben Stelle für Lotto-Dstny-Anfahrer Jacopo Guarnieri. Der Italiener war über Jakosbens am Boden liegendes Rad gestürzt und brach sich das Schlüsselbein sowie drei Rippen – und zerbrach auch das Carbon von Jakobsens Rad. Das nämlich gab gleich an drei Stellen nach, so dass der Rahmen anschließend in Einzelteilen von der Straße getragen werden musste.

"Das Rad ist zerbrochen und mein Körper hat einen harten Schlag bekommen, aber mental bin ich okay. Ich hoffe, dass ich mich heute Nacht gut erholen kann und steige morgen wieder aufs Rad", schrieb Jakobsen am Abend aus seinem Hotelzimmer auf seinen Social-Media-Kanälen. "Ich hoffe wir können bald wieder jubeln." Die nächste Sprint-Ankunft wartet nach zwei harten Pyrenäen-Etappen voraussichtlich am Freitag in Bordeaux.

Dort ist nun zu hoffen, dass es nicht zu so vielen Stürzen kommt, wie auf der Rennstrecke von Nogaro, wo es in einem chaotischen Sprint-Finale gleich drei Mal auf den letzten 1,7 Kilometern krachte. Einige Fahrer berichteten, dass der Asphalt der Motorsport-Strecke rutschiger gewesen sei, als erwartet. Darauf spielte auch Lefevere in seiner Aussage oben an.

Van Poppel: "Philipsen weiß manchmal nicht so ganz, was er tut"

Doch Steels, einst selbst Top-Sprinter und Tour-Etappensieger, merkte an: "Entweder ist es zu eng oder zu breit, natürlich ist immer irgendwas. Die Sache ist einfach, dass bei der Tour die Interessen aller so riesig sind. Es sind sehr viele Sprinter hier und jedes Team versucht, sich zu organisieren. Dann bekommt man Chaos. Und das größte Problem heute war, dass es eine sehr ruhige Etappe vorher war. Dann – um es ganz platt zu sagen – sind im Finale noch viel zu viele Fahrer frisch."

Dass vor allem das Verhalten der Radprofis selbst für die Stürze verantwortliche war, erklärte auch Bora-hansgrohe-Anfahrer Danny van Poppel, der in Nogaro als Sechster ins Ziel kam. Er nämlich war der wohl beste Augenzeuge des Jakosben-Sturzes, den es geben konnte. "Ich war an seinem Hinterrad und konnte sehr gut sehen, was passiert ist. Sie haben sich gegenseitig gerempelt", sagte van Poppel dem niederländischen Sender NOS und führte weiter aus: "Philipsen weiß manchmal nicht so ganz, was er tut, und das ist der Grund, warum Jakobsen zu Boden gegangen ist. Ich hoffe er ist okay."

Tatsächlich war auch auf den TV-Bildern zu sehen, dass Jakobsen sich zwar zu Philipsen hin lehnte, dessen Schulterstoß dann aber doch etwas ruckartiger war und dadurch Jakobsen zu Fall kam. Van Poppel ruderte mit seinen Schilderungen aber dann doch etwas zurück: "Philipsen macht das nicht mit Absicht und es ist auch Teil des Sprintens. Deshalb will ich ihm nicht wirklich die Schuld geben, es ging auch alles sehr schnell", sagte der Niederländer schließlich.

Jakobsen kritisierte Philipsen bereits nach Etappe 3

Nach der 3. Etappe in Bayonne am Montag hatte Jakobsen Philipsen für dessen Verhalten im Sprint gegen Wout van Aert kritisiert. "Man muss die Tür nicht so zu machen", sagte der Europameister da, der in Bayonne direkt hinter den Beiden gesprintet war, als Van Aert zwischen Philipsen und der Bande der Platz ausging und der Jumbo-Visma-Mann deshalb seinen Sprint abbrach.

Philipsen verteidigte sich auf der Pressekonferenz am Dienstagnachmittag nach seinem zweiten Etappensieg gegen die Kritik an beiden Tagen. "Es ist ein gefährlicher Sport, aber man will niemand zu Sturz bringen. Auch ich will einen fairen Sprint", sagte er da und schilderte auch die Situation mit Jakobsen nochmal aus seiner Perspektive: "Fabio hat eine Lücke gesucht. Er war eingezwängt und dann waren auch ein paar Ellbogen involviert. Er kam zu Sturz. Das ist blöd, aber du musst dich auch selbst beschützen."

Nach zwei Sprintankünften brodelt es also zwischen den schnellsten Männern des Pelotons. An den kommenden beiden Tagen in den Pyrenäen gibt es aber im Gruppetto genug Zeit, sich darüber auszutauschen. Was dabei herauskommt, wird man am Freitag in Bordeaux sehen.

Mehr Informationen zu diesem Thema

25.06.2024Tour de France im Rückblick: Die letzten zehn Jahre

(rsn) - Die Tour de France ist die wichtigste Rundfahrt im internationalen Radsportkalender. Vor der am 29. Juni im italienischen Florenz beginnenden 111. Ausgabe liefern wir einen Überblick über d

11.06.2024Cofidis setzt auf erfahrenes Tour-Team inklusive Geschke

(rsn) – Die französische WorldTour-Mannschaft Cofidis präsentierte am Dienstag die ersten sechs Fahrer ihres Tour-de-France-Kaders in einer Presseaussendung und verkündete dabei auch, dass Simon

10.01.2024“Wir brauchen keine vier Soßen“: Wie Roglic Bora besser macht

(rsn) – Primoz Roglic macht Bora – hansgrohe besser. Das lässt sich schon sagen, bevor der Slowene überhaupt ein einziges Rennen gefahren ist. Während sich das erst Anfang März ändern und Rog

07.10.2023Thomas: “Ineos Grenadiers ist ein Team im Wandel“

(rsn) – Der letzte Tour-de-France-Sieg liegt schon vier Jahre zurück und vor allem daran lässt sich ablesen, dass Ineos Grenadiers längst nicht mehr das beste Grand-Tour-Team der Welt ist. Dennoc

30.07.2023Niewiadoma machte ihre Hausübungen für die Pyrenäen

(rsn) – Als am Col d‘Aspin auf der 7. Etappe der Tour de France Femmes die beiden Favoritinnen Demi Vollering (SD Worx) und Annemiek Van Vleuten (Movistar) erstmals in die Offensive gingen, konnte

27.07.202320 Sekunden Zeitstrafe: Vollering und SD Worx entsetzt

(rsn) – Der Kampf um den Gesamtsieg bei der Tour de France Femmes, er war bislang einer um Sekunden. Lediglich deren acht hatte Demi Vollering (SD Worx) an den ersten vier Tagen mit großem Aufwand

27.07.2023Cofidis erfolgreich, aber Geschke “nicht so gut drauf“

(rsn) – Am Sonntag erwartete Simon Geschke (Cofidis) seine Teamkollegen in Paris zum großen Finale der 110. Tour de France, die er auf der 18. Etappe aufgrund heftiger Magenprobleme verlassen musst

26.07.2023Vingegaard euphorisch in Kopenhagen empfangen

(rsn) – Der Sieger der Tour de France, der Däne Jonas Vingegaard (Jumbo – Visma), wurde am Mittwochnachmittag in Kopenhagen von mehreren 10000 Menschen empfangen. Eine große Menge versammelte si

25.07.2023Buchmann zweifelt an seinem Comeback als GC-Fahrer

(rsn) - Für einen Moment war die Hoffnung wieder da. Die Hoffnung darauf, einen Emanuel Buchmann zu sehen, wie er sich im Juli 2019 bei der Tour de France präsentiert und dabei einen sensationellen

24.07.2023Tour-Achter Gall derzeit kein Thema für Bora - hansgrohe

(rsn) – Auch wenn ab August wieder Wechsel verkündet werden dürfen: Bora – hansgrohe und Felix Gall (AG2R - Citroën) werden nicht in einem Satz auftauchen. Nach der starken Vorstellung des Öst

24.07.2023Auch ohne Etappensiege imponieren Bauhaus und Zimmermann

(rsn) – Wie im Vorjahr kein Etappensieg und kein Fahrer in den vordersten Regionen des Klassements: Die Bilanz der nur sieben deutschen Starter bei der 110. Tour de France liest sich auf den ersten

24.07.2023Rückblick: Die 110. Tour de France in Zahlen

(rsn) – Drei hart umkämpfte Wochen, 21 Etappen und insgesamt 3405 Kilometer liegen hinter den Teilnehmern der diesjährigen Tour de France. Radsport-news.com blickt auf die 110. Frankreich-Rundfah

Weitere Radsportnachrichten

21.12.2024Schöne Highlights und ein sehr starker August

(rsn) – 22 Jahre ist Fabio Christen (Q36.5 Pro Cycling) alt, und der Schweizer kommt aus einer wahren Radsportfamilie. Schon sein Großvater gehörte zu den besten Straßensportlern und auch sein Va

21.12.2024Red-Bull-Sportchef Aldag über die Transfers von Lazkano und Co.

(rsn) – Es war abzusehen, dass Red Bull – Bora – hansgrohe auch in diesem Winter wieder allerhand Veränderungen am Kader für die neue Saison vornehmen würde. Neun Profis stoßen 2025 zum Team

21.12.2024Vandeputte mit Start-Ziel-Sieg zum ersten Weltcuperfolg

(rsn) – Dank einer technischen Glanzleistung hat Niels Vandeputte (Alpecin – Deceuninck) in Hulst nicht nur einen Start-Ziel-Sieg, sondern auch seinen ersten Weltcup-Erfolg gefeiert. Der Belgier w

21.12.2024Schreiber startet am schnellsten und bleibt bis zum Schluss vorn

(rsn) – Schnellstarterin Marie Schreiber (SD Worx – Protime) hat den Cross-Weltcup in Hulst mit einem Start-Ziel-Sieg für sich entschieden. Lucinda Brand (Baloise – Trek Lions) baute als Zweite

21.12.2024Knolle, Groß, John und Zemke zu rad-net - Rembe - Sauerland

(rsn) - In unserem ständig aktualisierten Transferticker informieren wir Sie regelmäßig über Personalien aus der Welt des Radsports. Ob es sich um Teamwechsel, Vertragsverlängerungen oder Rücktr

21.12.2024Vom Niemandsland nach Alpe d’Huez in wenigen Monaten

(rsn) – Als Ruderin stand Valentina Cavallar schon bei den Olympischen Spielen am Start und ihr Einstieg in den Radsport kam dann doch sehr überraschend. Erst im April fand sie einen Platz bei der

21.12.2024“Riesige Erleichterung“: Auf dem Weg zurück zu alter Stärke

(rsn) – Er war noch nicht ganz wieder der Alte, doch nach zwei krankheitsbedingt schwarzen Saisons hat Maximilian Schachmann 2024 endlich erneut aufblitzen lassen können, wozu er fähig ist. Das ge

21.12.2024Van Empel muss Cross-Wochenende auslassen

(rsn) - Wegen eines Trainingssturzes muss Weltmeisterin Fem van Empel (Visma – Lease a Bike) die beiden Cross-Weltcups in Hulst und Zonhoven an diesem Wochenende auslassen. Wie die Niederländerin a

21.12.2024Die Radsport-News-Jahresrangliste 2024

(rsn) - Auch diesmal starten wir am 1. November mit unserer Jahresrangliste. Wir haben alle UCI-Rennen der vergangenen zwölf Monate (1. November 2023 bis 31. Oktober 2024) ausgewertet - nach unserem

20.12.2024Meisterschaftsdoppel versöhnte nach Olympia-Enttäuschung

(rsn) – Die Olympischen Spiele in Paris hatten die Österreicherin Anna Kiesenhofer (Roland) wieder in den Fokus der medialen Aufmerksamkeit zurückgeholt. Immer wieder wurde ihre Sensationsfahrt v

20.12.2024Van Aert kehrt in Mol zu seiner ersten Liebe zurück

(rsn) - Viel Zeit zur Vorbereitung konnte sich Wout van Aert (30) nicht gönnen. Nach nur drei Tagen im Cross-Training will der Belgier am Montag beim Superprestige in Mol starten. Der Cross-Vizeweltm

20.12.2024Van Schip wegen Drohungen und Beleidigungen gesperrt

(rsn) - Wegen "Beleidigungen, Drohungen und unangemessenem Verhalten“ bei der Bahn-WM in Ballerup (Dänemark) hat die UCI den Niederländer Jan-Willem van Schip vom 27. Dezember 2024 bis zum 1. Febr

RADRENNEN HEUTE
  • Keine Termine