TdF: Helfer verhinderten größeren Zeitverlust

Vismas Angriffsplan wurde zum Rettungsanker

Von Tom Mustroph aus SuperDévoluy

Foto zu dem Text "Vismas Angriffsplan wurde zum Rettungsanker"
Jonas Vingegaard (links) und Wout van Aert (rechts, beide Visma - Lease a Bike) fanden im Finale der 17. Etappe zueinander. | Foto: Cor Vos

17.07.2024  |  (rsn) - Jonas Vingegaard (Visma - Lease a Bike) versuchte auf der 17. Etappe der 111. Tour de France mit Macht, das Ruder noch einmal herumzureißen. Er scheiterte aber erneut an Tadej Pogacar (UAE Team Emirates) - und erstmals auch an Remco Evenepoel (Soudal - Quick-Step). Vingegaard hatte am Ruhetag angekündigt, nicht aufgeben zu wollen und versprochen, bis Nizza jede Chance zu nutzen, um Pogacar noch zu bezwingen.

Und weil er offensichtlich auch nicht die kleinste Gelegenheit verstreichen lassen wollte, suchten er und sein Team sich auch das 17. Teilstück für eine formidable Offensivschlacht aus. Wie noch nie bei dieser Tour de France geschehen, schickte Visma – Lease a Bike Männer in die Fluchtgruppen vor. Im lange führenden Quartett hielt sich der Belgier Tiesj Benoot auf. In die 46 Mann starke Verfolgergruppe fanden sich Wout Van Aert und Christophe Laporte ein. Und in der Gruppe der Klassementfahrer waren lange Zeit ebenfalls die Hemden von Visma an der Spitze zu sehen.

"Wir wollten heute aggressiv fahren“, bestätigte Benoot im Ziel den Eindruck, den man von außen haben durfte. Er selbst hatte lange Zeit mit dem Etappensieg geliebäugelt. "Unsere Vierergruppe ist richtig schnell gefahren, auch dann, als sich das Peloton in Stücke gerissen hatte. In dieser Gruppe hatte ich sicherlich eine Chance auf den Etappensieg. Aber als diese große Gruppe zurückkam, mit vielen Spitzenfahrern, wusste ich, dass es schwierig werden würde. Vor allem, als Carapaz und Yates beim letzten Anstieg an mir vorbeigeflogen sind“, schilderte er die Ereignisse.

Vom Etappenjäger zum Helfer

Danach orientierte er sich eher nach hinten; wie auch van Aert und Laporte. "Ich war froh, dass ich am Ende noch Jonas etwas helfen konnte. Unser Ziel war ja auch, ihn im Finale zu beschützen“, erklärte er. Und als Fazit meinte der Belgier: "Was wir offensiv geplant hatten, zahlte sich schließlich defensiv aus.“

Denn Vingegaard geriet bei der Attacke von Pogacar unter Druck. Er musste das erste Mal bei dieser Tour sogar erleben, dass Evenepoel einen stärkeren Eindruck machte. "Ich bin froh, dass ich am Ende noch so viele Teamkollegen um mich hatte. Ich muss mich bei ihnen bedanken“, sagte er.

Pogacars Antritt überraschte ihn nicht. "Lidl - Trek hat es für Ciccone schwer gemacht. Und immer, wenn es jemand anders schwer macht, muss man damit rechnen, dass Pogacar das nutzt“, seufzte der Däne. Dieses Mal hatte er beim Folgen allerdings große Mühe. Das war offensichtlich. Und er beschönigte das auch nicht. "Wenn das heute mein schlechter Tag bei der Tour gewesen sein sollte, dann kann ich damit zufrieden sein“, meinte er.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Generell sieht er die Hoffnung auf Gelb noch nicht schwinden. "Ich merke, dass die Form prinzipiell besser wird. Und in den nächsten Tagen wird auch nicht so explosiv gefahren, was mir sicher zugutekommt“, blickte er vor allem auf Freitag und Samstag voraus.

Der Titelverteidiger muss aber auch der Realität ins Auge blicken, dass er bei dieser Tour bisher nur an einem einzigen Tag, jenem im Zentralmassiv, stärker war als Pogacar. An allen anderen Tagen konnte er bestenfalls mit dem Slowenen mithalten. Im Hochgebirge aber - sei es am Galibier, sei es in den Pyrenäen - war sein Herausforderer deutlich besser.

Immerhin zeichnet den Visma-Kapitän aus, dass er sich nicht kampflos in sein Schicksal ergibt. Er denkt – noch – nicht an die Verteidigung des zweiten Platzes, sondern versucht auch verrückte Dinge – wie eben auf dieser 17. Etappe – um Pogacar in Schwierigkeiten zu bringen.

Das schlug bisher fehl. Für die Spannung im Rennen ist es sicher gut, selbst wenn Vingegaard dabei seinen zweiten Platz aufs Spiel setzt. Evenepoel machte erstmals auf einer Bergetappe Zeit auf Vingegaard gut. Nach dem bisherigen Verlauf der Tour ist dem Belgier auch zuzutrauen, dass er beim finalen Zeitfahren die knapp zwei Minuten Rückstand, die er auf den Titelverteidiger noch hat, herausfährt. Dass Vingegaard derzeit nicht an Defensive denkt, ist Beweis für sein Kämpferherz. Zur Verzweiflung allerdings könnte ihn bringen, dass selbst ein prima umgesetzter Angriffsplan gegen das Duo Pogacar & Evenepoel nur noch als solide Verteidigungsstrategie zu gebrauchen ist. Interessant wird, wie er auch mental diesen Rückschlag verkraftet.

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