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24.11.2006 | Jörg Ludewig hat in der abgelaufenen Saison die Schattenseiten des Radsports kennen gelernt. Nun hat er mit dem Team Wiesenhof-Felt einen neuen Arbeitgeber gefunden. Mit Radsport aktiv sprach der 31-Jährige über das schwierige letzte halbe Jahr, seine Ziele mit dem Team Wiesenhof und seinen großen Traum.
Jörg, mit dem Team Wiesenhof-Felt hast du endlich ein Team für die kommende Saison gefunden. Wie wäre es weiter gegangen, hätte es mit Wiesenhof nicht geklappt?
Ludewig: Dann wäre ich bei der Firma Carbonsports/Lightweight eingestiegen, mit deren Räder ich auch selbst fahre. Mit der Geschäftsführung habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Wenn also alle Stricke gerissen wären, hätte ich dort anfangen können. Mein Einstieg ist dort jederzeit möglich. Es ist gut zu wissen, so etwas in der Hinterhand zu haben.
Die letzte Saison lief mehr als unglücklich für dich. Im Sommer tauchte ein acht Jahre alter Brief auf, in dem du dich nach Dopingmitteln erkundigt hast. T-Mobile hat die Konsequenzen gezogen und dich vom Rennbetrieb ausgeschlossen. Warst du nicht enttäuscht, dass man dich so einfach aus dem Verkehr zog, obwohl es ja gar keine positiven Tests von dir gab?
Ludewig: Klar, das hätte man auch anders lösen können. Aufgrund der Ereignisse kurz vor der Tour de France hat das Team wohl aber so reagieren müssen. Dabei wurde ich aber fair behandelt. Ich wurde ja nicht suspendiert oder gar gefeuert. Ich habe nach wie vor jeden Monat mein Gehalt bekommen.
Was hast du im letzten halben Jahr, in dem du keine Rennen bestreiten durftest, gemacht?
Ludewig: Die letzten Monate waren natürlich hart für mich. Untätig war ich jedoch keinesfalls. Ich habe aktiv bei der Renovierung unseres Hauses mitgeholfen. Allerdings habe ich auch einige Kilos zugelegt und recht schnell wieder gemerkt, dass mir der Radsport fehlt und ich so schnell wie möglich wieder aktiv Rennen fahren möchte. Mittlerweile sind auch ein paar Kilos wieder abtrainiert.
Im kommenden Jahr fährst du für das Team Wiesenhof-Felt. Wie kam es zum Kontakt und wie liefen die Vertragsgespräche?
Ludewig: Ich war schon kurz davor, beim von Jacques Haanegraaf geleiteten Team Unibet zu unterschreiben. Allerdings hat dann der dortige Sponsor einen Rückzieher gemacht. Er wollte mich wohl wegen meiner Vergangenheit nicht im Team haben. Das war natürlich ein Schock für mich. Ich habe weiter versucht ein Team zu finden und in meiner Verzweiflung sogar mitten in der Nacht Kontakt zu Stuart O`Grady nach Australien aufgenommen. Doch niemand konnte mir weiterhelfen. Dann kam jedoch mein alter Spezi Ole Ternes ins Spiel. Er hatte schnell Kontakt zu mehreren Teams, darunter befand sich auch das Team Wiesenhof. Als klar wurde, dass ich meinen persönlichen Sponsor Alpecin mitbringen würde, wurde das Interesse von Wiesenhof konkreter und es kam schließlich zur Vertragsunterschrift. Allerdings möchte ich klarstellen, dass ich mir meinen Platz nicht erkauft habe.
Das Team Wiesenhof hat im nächsten Jahr eine starke Truppe. Was traust du dem Team zu?
Ludewig: Vor allem bei den Eintagesrennen werden wir sehr stark sein. Da sind wir vielleicht sogar ProTour-tauglich. Steffen Wesemann und Olaf Pollack sind zumindest für Podiumsplatzierungen gut. Vielleicht springt ja auch ein großer Sieg dabei heraus. Ich selbst werde die Jungs so gut es geht unterstützen und bei einigen Rennen wohl auch auf eigene Kappe fahren können.
Wie sieht dein Rennplan für 2007 aus?
Ludewig: In die Saison starten werde ich mit der Tour de Langkawi. Nach einem kurzen Trainingslager geht es für mich mit dem Giro del Capo weiter. Danach kommen dann die Frühjahrsklassiker. Auch für die Tour de Suisse haben wir zumindest eine mündliche Zusage. Meine Highlights werden die Deutschen Meisterschaften, die Deutschland-Tour, die Vattenfall-Cyclassics und Henninger Turm sein. Vielleicht klappt es ja auch mit einer großen Landesrundfahrt. Wir werden ein super Rennprogramm haben. Da wird es garantiert nicht langweilig.
Was willst du in der kommenden Saison für dich persönlich erreichen?
Ludewig: Ich möchte wieder siegen und zeigen, dass man noch mit mir rechnen kann. Ein Sieg ist für mich im nächsten Jahr eigentlich Pflicht. Es wird mir aber auch nichts ausmachen, wenn ich für einen Nachwuchsfahrer arbeiten muss. Hauptsache ein Wiesenhof-Fahrer ist am Ende des Rennens vorne. Ob ich oder ein anderer – das ist nebensächlich.
2007 darfst du nun auch, zum ersten Mal seit langer Zeit, auf eigene Rechnung fahren. Wird das eine große Umstellung für dich sein?
Ludewig: Ich werde ja quasi vom Indianer zum Ersatzhäuptling. Das ist schon eine Umstellung, aber ich freue mich auch darauf. Bei Domina Vacanze war ich vor Jahren in einer ähnlichen Position. Damals bin ich mit dem Druck nicht so gut klargekommen. Allerdings hatte ich da auch nicht das Vertrauen des Teamchefs. Bei Wiesenhof-Felt ist das anders. Das Management mit Raphael Schweda und Jens Heppner sowie die Sportlichen Leiter Ronny Lauke und Markus Schleicher stehen absolut hinter mir. Das wird mir Sicherheit geben und dann klappt es auch mit guten Resultaten.
Neben dir gibt es beim Team Wiesenhof mit Olaf Pollack, Steffen Wesemann und Bas Giling, drei weitere Fahrer, die bei T-Mobile keinen neuen Vertrag bekommen haben. Ihr wollt doch bei den Rennen sicherlich zeigen, dass ihr zu unrecht "aussortiert" worden seid. Wird es da eine besondere Rivalität geben?
Ludewig: Wer im Rennen gegen mich fährt, ist für mich nicht so wichtig. Meine T-Mobile Teamkollegen haben mich im vergangenen Jahr wirklich super unterstützt. Da bin ich sehr dankbar. Ich bin in jedem Rennen motiviert und werde mein Bestes geben, egal ob T-Mobile am Start steht oder nicht. So wird es bei den anderen auch sein.
Mit 31 Jahren kannst du sicherlich noch drei oder vier Jahre auf höchstem Niveau fahren. Siehst du das Team Wiesenhof-Felt langfristig als deine sportliche Heimat oder kannst du dir auch vorstellen, dass für dich auch noch einmal die ProTour drin sein könnte?
Ludewig: Mein großer Traum ist nach wie vor eine Etappe bei der Tour de France zu gewinnen. Dazu muss man im Normalfall ProTour fahren. Aber warum sollte ich nicht mit Wiesenhof wachsen und den Aufstieg in die ProTour schaffen? Ein weiteres ProTour Team würde Deutschland sicherlich gut tun.
Mit Jörg Ludewig sprach Christoph Adamietz
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